Protocol of the Session on February 12, 2020

Wir schlagen der Landesregierung vor, einen weiteren Modellversuch durchzuführen, auch wenn es hier schon einige Modellversuche gab, beispielsweise in Brandenburg und in Sachsen, die zu sehr klaren Ergebnissen geführt haben.

Machen Sie es doch in einem Modellversuch einfach so: Legen Sie auf Autobahnabschnitten in NordrheinWestfalen, auf denen es bisher noch kein Tempolimit gibt, Tempo 130 km/h fest, und nach zwei Jahren evaluieren Sie sowohl das Unfallgeschehen als auch den CO2-Ausstoß für diese Streckenabschnitte.

Sie werden feststellen, dass die Unfallzahlen zurückgehen und wir deutliche geringere Schadstoffausstoße auf diesen Streckenabschnitten haben werden.

Dies wäre auf jeden Fall ein Anlass zu einem weiteren Verkehrsversuch in diesem Bereich. Die Zahlen werden sicherlich eindeutig sein. Die Landesregierung sollte auf diesen Kurs einschwenken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich bin relativ sicher, was gleich noch als Argument von den Kolleginnen und Kollegen von der CDU kommen wird, nämlich der Vorschlag eines grünen Bundestagsabgeordneten der letzten Woche, dass man, wenn man ein E-Auto fährt, nachts auch ohne Tempolimit unterwegs sein kann.

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Ich will Ihnen an dieser Stelle sagen, dass sich mir die Intelligenz dieses Vorschlags noch nicht erschlossen hat, dass man, wenn man mit dem E-Auto

unterwegs ist, genauso rast und es auch entsprechend zu Unfällen führt; das wissen wir alle.

Sie wissen, die Grünen sind eine diskursive Partei und durchaus bereit, über neue Vorschläge zu diskutieren. Dieser Vorstoß ist bei uns jedenfalls breit abgelehnt worden. Ich sage es an dieser Stelle direkt, weil ich mir vorstellen kann, dass die Kolleginnen und Kollegen ihn gleich aufgreifen werden.

Es gibt viele gute Argumente dafür – den Klimaschutz, die Verkehrssicherheit, den Verkehrsfluss, die Stauvermeidung –, sich für ein Tempolimit auszusprechen.

Wir sind das größte Bundesland. Wir haben am Freitag im Bundesrat eine entscheidende Abstimmung vor uns. Der Umweltausschuss im Bundesrat hat sich klar für ein Tempolimit ausgesprochen. Schließen wir uns an; geben wir freie Fahrt für Tempo 130 km/h auf allen Autobahnen. Wir wollen, dass sich Nordrhein-Westfalen am Freitag im Bundesrat klar für ein Tempolimit ausspricht.

Weil Kollege Voussem auch immer wichtige Zitate der Weltgeschichte bringt, würde ich gern mit einem Zitat von Victor Hugo schließen:

„Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“

Das gilt auch für das Tempolimit. Seien wir an der Stelle einig. Sprechen wir uns für ein Tempolimit auf Autobahnen aus. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie unseren Antrag unterstützten würden. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU Herr Kollege Lehne das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Abgeordnete von den Grünen! Sehr geehrter Herr Klocke, Sie glauben auch noch an den Weihnachtsmann. Von dem, was Sie über die Niederlande erzählt haben, stimmt aber auch wirklich nichts,

(Beifall von der CDU – Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

weder das mit den Staus noch die anderen Dinge, die Sie eben ausgeführt haben. Sie sehen die Tatsachen nicht, die nämlich dafür sprechen, dass man gerade bei einem Tempolimit mehr Unfälle und mehr Staus hat. Das kann nicht Sinn und Zweck der Angelegenheit sein.

Ihre immer gleichen Parolen zu skandieren, hilft nicht. Lassen Sie mich direkt vorwegsagen: Ihre ideologisch verseuchte Verbotspolitik hilft niemandem und erst recht nicht der Umwelt.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh!)

Unsere Politik unterscheidet sich gewaltig von der Ihren.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Oh, Herr Lehne!)

Sie wollen ausschließlich reglementieren und verbieten. Wir wollen dem Bürger seinen freien Willen lassen, den Staat organisieren und setzen erfolgreich auf Vernunft.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie führen die Diskussion über das Tempolimit wie so viele Debatten in den letzten Jahren zu emotional und überhaupt nicht rational.

Lassen Sie uns einmal gemeinsam die Fakten anschauen, und zwar nicht das, was an Behauptungen von Herrn Klocke kam, sondern was die Fakten sind.

Bereits am 17. Oktober 2019 wurde der Antrag der Grünen zur Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf Bundesautobahnen im Bundestag mit einer deutlichen Mehrheit abgelehnt. Ihr Antrag wurde nur von der Linkspartei, Ihrem ehemaligen Mehrheitsbeschaffer 2010, unterstützt,

(Zuruf von Sarah Philipp [SPD])

was nicht verwunderlich ist, denn ein Tempolimit ist im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD nicht vorgesehen.

Die SPD berief sich bei der Abstimmung auf die Koalitionsdisziplin. Da Ihre Partei im Bundestag ihren Willen nicht durchsetzen konnte, versuchte sie nun trotzig, den Weg über den Bundesrat zu gehen. Am Freitag wird dort über eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen von 130 km/h abgestimmt.

Ihre Forderung, die NRW-Landesregierung solle sich gegenüber der Bundesregierung für ein bundesweites Tempolimit einsetzen und eine Bundesratsinitiative ergreifen, ist je nach Ausgang der Abstimmung am Freitag obsolet.

Was soll Ihr Vorpreschen hier wieder? Warten Sie doch einfach ab, was die Länderkammer am Freitag entscheiden wird.

Ich frage mich jetzt schon zum wiederholten Male, ob Sie Ihre eigenen Anträge überhaupt noch einmal durchlesen, bevor sie ins Plenum kommen. Wenn Sie dies getan hätten, müsste Ihnen der Widerspruch in Ihrem Antrag direkt ins Auge gefallen sein:

Warum soll die Landesregierung einen Modellversuch auf Autobahnen mit Tempo 130 starten und nach zwei Jahren das Unfallgeschehen und den

CO2-Ausstoß evaluieren, wenn doch laut Ihrer grünen Ideologie ein Tempolimit automatisch zu mehr Verkehrssicherheit und Umweltschutz führt? Das haben Sie gerade ausgeführt.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Für Sie!)

Vielleicht möchten Sie uns dies später noch einmal genauer erläutern. Wahrscheinlich hat Sie Ihre eigene Ideologie wieder zu stark geblendet.

In Nordrhein-Westfalen verfügen 39,6 % der Autobahnkilometer über eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Unabhängig davon gilt seit mehr als 40 Jahren eine empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.

Laut ADAC sind Autobahnen die mit Abstand sichersten Straßen Deutschlands. Dort werden pro Jahr etwa ein Drittel aller Kraftfahrzeugkilometer gefahren.

Der Anteil der Verkehrstoten ist im Vergleich dazu mit rund 13 % unterdurchschnittlich. Pro 1 Milliarde Fahrzeugkilometer sterben dort derzeit 1,7 Menschen pro Jahr. Natürlich ist das zu viel; Ihre Geschwindigkeitsbegrenzung ändert jedoch nichts daran.

Ein Zusammenhang zwischen einem generellen Tempolimit und dem Sicherheitsniveau auf Autobahnen ist im internationalen Vergleich nicht feststellbar. Länder mit Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen wie Belgien, Frankreich oder die USA schneiden nicht besser ab als Deutschland.

Auch beim innerdeutschen Vergleich lassen sich auf Abschnitten ohne Tempolimit nicht mehr Unfälle als auf Strecken mit einem Tempolimit von 120 oder 130 km/h feststellen. Eine höhere Unfallschwere ist auch nicht zu erkennen.

Die eigentliche Schwachstelle in Sachen Verkehrssicherheit sind die Landstraßen, auf denen knapp 60 % aller Verkehrstoten registriert werden, obwohl dort nur 40 % der Kfz-Fahrleistung zusammenkommen.

Sie emotionalisieren die Debatte, indem Sie von einer reduzierten Anzahl der Verkehrstoten durch ein Tempolimit auf Autobahnen sprechen, was jeglicher faktenbasierter Grundlage entbehrt.

In Österreich wurde im Rahmen eines Modellversuchs die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen um 10 km/h auf Tempo 140 erhöht. Der Modellversuch hat gezeigt, dass die Zahl der Unfälle sogar gesunken ist und die Umweltbelastung durch das heraufgesetzte Tempolimit minimal gestiegen ist. Was sagen Sie dazu?

Das Straßenverkehrsrecht in Deutschland regelt die Geschwindigkeit von Fahrzeugen ausreichend. Es ist vorgeschrieben, dass die Fahrzeuggeschwindig

keit den Straßenverkehrs-, Sicht- und Witterungsverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung angepasst werden muss.

Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke angehalten werden kann. Die situationsangemessene Geschwindigkeit kann also auch deutlich unterhalb des Tempolimits liegen.

In Ihrem Antrag vergleichen Sie unsere Autobahnen mit denen anderer europäischer Länder. Auch hier bitte ich Sie, ein gewisses Augenmaß zu halten. Das deutsche Autobahnsystem ist das beste der Welt und auf hohe Geschwindigkeiten ausgelegt. Unser Autobahnsystem ist nicht mit denen anderer EU-Staaten zu vergleichen, die auf Geschwindigkeitsbegrenzungen ausgelegt sind.