Protocol of the Session on January 23, 2020

Herr Kollege, ich muss kurz unterbrechen. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Lassen Sie sie zu?

Wenn die Zeit eingehalten wird, gern.

Ja, das kriegen wir noch hin. – Kollegin Brems.

Herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich möchte kurz zum vorherigen Punkt zurückkommen und Sie fragen, warum Sie denn einen Punkt ablehnen, der so eins zu eins in Hessen, wo ja die CDU auch mitregiert, durchgeführt wird? Warum lehnen Sie also die Vereinbarkeit und die Abwägung zwischen Denkmalschutz und Klimaschutz bzw. dem Einsatz von erneuerbaren Energien ab, obwohl dies an anderer Stelle von der CDU befürwortet und sogar eingeführt wurde?

Frau Kollegin Brems, wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie auch herausgehört, dass ich diesen Punkt eben nicht ablehne, sondern vielmehr gesagt habe: Unser Antrag hatte diesen Punkt bereits zum Inhalt, und zwar als einen Aspekt von mehreren. Was wir jedoch nicht möchten, ist, dass Sie jetzt Rosinenpickerei betreiben und herausgelöst von der Novelle des Denkmalschutzes schon einmal so tun, als würden Sie ihn sich zu eigen machen. Wir haben angekündigt, eine umfassende Novelle des Denkmalschutzgesetzes vorzulegen, wo das ein Teilaspekt neben anderen ist.

Warum haben Sie denn nicht zum Beispiel das berechtigte Anliegen nach Barrierefreiheit ebenfalls aufgegriffen? Ich finde, bei dieser Vorgehensweise drängt sich doch vielmehr der Eindruck auf, es geht Ihnen mehr um den zweiten Aspekt, und den ersten unstreitigen bringen Sie nebenher mit hinein, sodass am Ende des Tages nicht auffällt, dass es Ihnen eigentlich wiederum um eine verkappte Kohledebatte geht.

(Beifall von der CDU)

Ich war aber bei den Chancen, die auch einen Abtrag von Kulturlandschaften, die zurück bis in die Jungsteinzeit reichen, bedeuten können. Denn so kann die Archäologie ganze Siedlungsräume komplett untersuchen. Durch den großflächigen Abtrag wurden bereits tatsächlich historische, kulturelle sowie geologische Erkenntnisse gewonnen, die andernorts in der Form und Größenordnung schlichtweg nicht mit vertretbarem Aufwand möglich gewesen wären. Sie sehen also, wie so oft im Leben gibt es auch in diesem Kontext zwei Seiten einer Medaille.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das bürgerschaftliche Engagement zum Erhalt des baukulturellen Erbes unseres Landes gilt es zu unterstützen. Dazu benötigen wir ein modernes Regelwerk, welches zeitgemäß und zukunftsfest den Herausforderungen im Denkmalschutz begegnet. Die Landesregierung hat hierzu angekündigt, noch in diesem Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf einzubringen, der im Gegensatz zu dem hier vorliegenden Entwurf der Grünen sämtliche Aspekte einbeziehen wird.

Wir als NRW-Koalition werden uns also dafür einsetzen, dass dem neuen Denkmalschutzgesetz eine ganzheitliche Betrachtung von Denkmalschutz und Denkmalpflege zugrunde gelegt wird, die neben Barrierefreiheit, Brandschutz, energetischer Sanierung eben auch den Umweltschutz und Einsatz erneuerbarer Energien einbezieht.

Herr Kollege, es gibt einen weiteren Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Jetzt gerne die Zwischenfrage.

Bitte.

Schönen Dank für die Möglichkeit, auch noch einmal zwischenzufragen. – Sie haben gerade die Landesregierung zitiert. Wir sind allerdings jetzt im Jahre 2020. Das Zitat der Landesregierung, noch in diesem Jahre eine Novelle des Denkmalschutzgesetzes einzubringen, hat sich meines Wissens auf das Jahr 2019 bezogen. Würden Sie mir da zustimmen?

Herr Kollege Remmel, ich rede nicht mit Ihnen über Zitate; ich rede darüber, wie wir eine gutes, umfassendes Denkmalschutzgesetz für unser Land bekommen, was eben nicht einzelne Teilaspekte herausgreift, sondern was die gerade von mir skizzierten Punkte mit berücksichtigt. Da geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Ich dachte immer, da hätten wir beide – zumindest auch aus fachlicher Sicht – Konsens und wären sicher, dass wir ein gutes Denkmalschutzgesetz machen wollen, was für

die nächsten 20, 30 Jahre auch hält. Jetzt über Semantik und ein, zwei Monate zu streiten, finde ich ein wenig kleinkariert.

Ich komme zurück. Ich war dabei, dass es auch darum geht, erneuerbare Energien und Umweltschutz einzubeziehen. Wir sind also offen für einen produktiven weiteren Austausch. Für Rosinenpickerei oder die Blockade der Gewinnung von Bodenschätzen

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

mittels Denkmalschutzrecht stehen wir aber sicher nicht zur Verfügung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Herr Becker das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stoßrichtung des Antrags ist uns ja noch einmal vorgestellt worden. Mit Blick auf die Zuschauer, denke ich, muss man einmal sagen, dass der eine oder andere Abgeordnete ein Déjà-vu hatte, weil wir uns ja genau am 24. Mai 2019 schon einmal mit einem Antrag zum Denkmalschutz und zur Denkmalförderung beschäftigt haben.

Damals haben die Regierungskoalition – ich habe es im Protokoll noch einmal nachgelesen – wie auch die Landesregierung darauf hingewiesen, dass in diesem Jahr, in dem wir das vierzigjährige Jubiläum des Denkmalschutzgesetzes begehen, ein neues Denkmalschutzgesetz verabschiedet werden soll. Darauf kann man jetzt warten. Im letzten Jahr wurde gesagt, es soll kommen.

Deshalb nehme ich das Ende einmal vorweg: Wir sind der Auffassung, dass es sich hier um sehr interessante Themen handelt, und werden daher der Überweisung gerne zustimmen. Wir freuen uns auf eine erkenntnisbringende Anhörung, ob allein zu diesem Gesetzentwurf oder gemeinsam mit einem anderen der Landesregierung oder der Koalitionsfraktionen, sei dahingestellt.

Zwei Dinge sind uns aber jetzt schon wichtig, die man in die Diskussion einbringen kann. Die Diskussion um die Nutzungsmöglichkeiten von Baudenkmälern, die Herstellung von Barrierefreiheit, die Nutzung regenerativer Energien oder den Brandschutz ist ja nicht neu. Auch dass die Rechtstellung der Unteren Denkmalbehörden in Rede steht, ist auch nicht neu. Was ist also neu?

Im Kern geht es in dem vorgelegten Gesetzentwurf um die Veränderungsgenehmigungen nach § 9. In diesem Zusammenhang wird auf die Bedeutung der

jeweiligen Denkmalbehörde verwiesen. Das sind faktisch die jeweiligen Kommunen und die Unterausschüsse der entsprechenden Ausschüsse.

Es wird eine Klarstellung in § 9, Erlaubnispflichtige Maßnahmen, vorgeschlagen, und zwar dergestalt, dass in Abs. 2 folgender Satz eingefügt wird:

„Die Behörden haben bei allen Entscheidungen und Genehmigungen die Belange des Klima- und Ressourcenschutzes besonders zu berücksichtigen.“

Dieser Vorschlag ist aus Sicht meiner Fraktion problematisch. Er würde praktisch zu einem Paradigmenwechsel in der Baudenkmalpflege führen. Konkret würden Klima- und Ressourcenschutz vor denkmalpflegerische Aspekte gestellt. Das ist nach unserer Ansicht – bei allem Verständnis – über das Ziel hinausgeschossen. Denn auch wenn es rund 86.000 Denkmäler in unserem Land gibt, werden diese für die Erreichung der Klimaschutzziele sicher nicht entscheidend sein.

Insgesamt betrachtet – das gilt auch für den CDUAntrag aus dem letzten Jahr – ist der Ansatz der Nutzung von Denkmälern und letztlich ihrer wirtschaftlichen Verwertung sicher nicht die Perspektive, die ein verantwortungsvoller Denkmalschutz als Erstes braucht. Das ist vergleichbar mit der Behauptung, dass der Erhalt von Denkmälern nur an moderner Nutzung und deren wirtschaftlichen Betrieb hänge. Aber denkmalwürdige Gebäude sind auch ohne diese Aspekte erhaltenswert.

Deshalb wären wir gut beraten, mit Augenmaß eine Modernisierung des Denkmalschutzes als lohnende Aufgabe zu begreifen, bei der das Baudenkmal mit seinem zentralen Charakter im Mittelpunkt steht und bleibt – also kein Stillstand, sondern situativ angepasste Maßnahmen in Absprache mit Denkmalschutz, Kommune und Eigentümer.

Was den zweiten Teil des Gesetzentwurfs angeht, gebe ich ebenfalls zu bedenken, ob Sie mit Ihrem Vorschlag nicht über das Ziel hinausschießen. Ich frage mich, ob Kern Ihres Interesses die Erhaltung von Bodendenkmälern oder der Stopp des Braunkohletagebaus ist. Denn klar ist doch: Wenn Sie die Ausnahmeregelungen für festgesetzte Abgrabungsgebiete von Bodenschätzen abschaffen wollen, müssen Sie sehen, dass diese riesigen Flächen dem Bodendenkmalschutz wie andere auch unterliegen.

Es erscheint uns fraglich, ob nach Beschluss dieser Änderungen für die Abbaugebiete nicht ein Bestandsschutz gelten würde. Insofern wäre kein Sicherungseffekt, wie von Ihnen intendiert, erzielbar.

Meine Damen und Herren, es bleiben für uns also noch viele Fragen offen. Daher besteht auch hier unser großes Interesse an einer Überweisung des Gesetzentwurfs in die beteiligten Ausschüsse mit einer Expertenanhörung, um den Dingen auf den Grund

gehen zu können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die FDP spricht Herr Kollege Paul.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erkenne, lieber Herr Remmel, dass Sie sich bei den Grünen Gedanken darüber machen, wie Denkmäler genutzt und dadurch erhalten werden können. Sie haben also verstanden: Übertriebener Denkmalschutz, der die Nutzung von Gebäuden erschwert, führt auch zum Verfall.

82.000 Denkmäler sind es ja, darunter 6.100 Bodendenkmäler, die auch hier angesprochen worden sind – alles Zeugen unserer Siedlungsgeschichte, unserer Kultur und unserer Identität, vor allen Dingen aber des bauhandwerklichen Könnens vergangener Generationen.

Unsere Mehrheit im Landtag Nordrhein-Westfalen aus Freien Demokraten und Christdemokraten hat, wie wir finden, seit 2017 schon vieles erreicht, um den Denkmalschutz in unserem Land wieder zu stärken. Mehr Förderungen für private Eigentümer, Kirchen und Kommunen belegen das. In diesem Jahr stehen übrigens inklusive Verpflichtungsermächtigungen 25 Millionen Euro bereit. Daneben gewährt die NRW.BANK zinsgünstige Darlehen in Höhe von bis zu 100 % der Investitionen.

Bei uns in Nordrhein-Westfalen helfen aber auch – das gehört zum Gesamtbild dazu – viele mit, das baukulturelle Erbe zu erhalten. Dafür sind wir parteiübergreifend sicher dankbar.

Die NRW-Stiftung ist einmal vom Land mit der Absicht gegründet worden, ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement zu unterstützen. Sie fördert die Initiativen, die sich um den Naturschutz, die Sicherung denkmalgeschützter Gebäude – da sind wir bei unserem Thema – und die Aufarbeitung historischer Spuren kümmern.

Ich möchte ferner die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und natürlich auch die KfW-Bank nennen, die gerade bei der energetischen Sanierung von Denkmälern besondere Hilfen leistet.

Positiv auf das Anliegen des Denkmalschutzes in unserem Land wirkt sich direkt, aber auch indirekt das aus, was wir in jüngster Zeit unter der Ägide unserer Ministerin Ina Scharrenbach aufgebaut haben, nämlich die Heimatförderung, beispielsweise der HeimatScheck und das Heimat-Zeugnis. Oder denken Sie einmal an die von uns ausgebaute Förderung des Städtebaus und besonders stark der Dorferneuerung.

Zahlreiche Kommunen – wir sind im Kommunalwahljahr – in unserem Land verfügen über eigene Denkmalförderprogramme. Wenn eine Kommune den privaten Eigentümern Mittel zur Verfügung stellt, etwa für Fassaden in den Innenstädten, unterstützt das Land dies mit zusätzlichem Geld, den sogenannten kommunalen Pauschalmitteln.

Mit dem heute vorliegenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden im Wesentlichen zwei Änderungen im Denkmalschutzgesetz vorgeschlagen: erstens ein Vorrang von Klima- und Ressourcenschutz bei allen Entscheidungen in § 9 Denkmalschutzgesetz und zweitens die Abschaffung von Sonderregeln für Abgrabungsgebiete, also in erster Linie Kohleabbaugebiete; Kollege Becker ist gerade darauf eingegangen.

Uns beschleicht auch der Eindruck, den der Redner der SPD eben schon wiedergegeben hat: Es geht bei dem Antrag der Grünen nicht nur um die Denkmäler, sondern auch um Energiepolitik.

Es irritiert schon, dass im Antrag behauptet wird, es würden wertvolle archäologische Funde durch die Kohlebagger zerstört. Fakt ist jedoch, dass selbstverständlich ausreichend Gelegenheit besteht, die Grabungsgebiete vorab fachwissenschaftlich zu untersuchen. Auch eine fortlaufende Überprüfung wird durch das Denkmalschutzgesetz gewährleistet. Diese Maßnahmen bieten doch schon ausreichend Schutz für Bodendenkmäler. Uns ist außerdem kein Fall bekannt, in dem in einem Abgrabungsgebiet ein Grabungsschutzgebiet ausgerufen worden wäre. Die Unterstellungen in der Formulierung des Antrags erscheinen uns also aus der Luft gegriffen. Aber vielleicht erfahren wir in der fachlichen Beratung im Ausschuss ja noch mehr.

Dem Vorschlag zu § 9, lieber Herr Remmel, können wir als Freie Demokraten etwas abgewinnen. Wir sind nämlich auch der Auffassung, dass wir Baudenkmäler besser schützen können, indem wir ihre Nutzung erleichtern und attraktiver machen. Ihrem Umsetzungsvorschlag können wir aber aus mehreren Gründen schon heute nicht zustimmen.

Erstens. Ein genereller Vorrang von Klimaschutz schießt über das Ziel hinaus.