Mit dem neuen Landesentwicklungsplan haben wir als NRW-Koalition bereits die richtigen Weichen gestellt. Wir fördern damit regionsübergreifend eine Willkommenskultur für alle, die Wohnungen bauen wollen, Unternehmen entwickeln und Arbeitsplätze schaffen möchten. Wir entlasten die unter Druck stehenden Städte und stärken damit bewusst die ländlichen Räume. Die große Herausforderung bei der Schaffung von Wohnraum ist und bleibt die Verfügbarkeit von bebaubaren Grundstücken.
Baulandentwicklung gehört daher zu unseren dringlichsten Aufgaben. Zugleich wollen wir aber ressourcenschonend mit landwirtschaftlichen Flächen umgehen. Deshalb ist es umso wichtiger, alle bereits vorhandenen Wohnraumpotenziale auch vollständig auszuschöpfen. Ein Baustein ist dabei die Weiterentwicklung des § 35 des Baugesetzbuches, welcher die Zulässigkeit von Bauen im Außenbereich regelt.
Meine Damen und Herren, Sie alle werden mir zustimmen, dass es sinnvoll ist, leer stehende Gebäudebestände zu reaktivieren und so Verfall oder Zerfall zu vermeiden.
In unserem Fokus stehen dabei Immobilien, die durch Umbau, Ausbau oder aber auch in eingeschränktem Maße Ersatzneubau einer neuen Nutzung zugeführt werden können. Die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten von Gebäuden, etwa der Umbau einer alten Scheune in Wohneinheiten, sollten auf möglichst einfachem und unbürokratischem Weg umsetzbar sein. Ein solches Vorgehen eröffnet neue Wohnperspektiven im ländlichen Raum – und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz ohne zusätzlichen Flächenverbrauch.
Nachdem wir dazu bereits mit der Entfristung der Regelung zum endgültigen Wegfall der Siebenjahresfrist nach § 35 Abs. 4 Nr.1 c Baugesetzbuch von unseren landesrechtlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht haben, sehen wir weiteren Handlungsbedarf, insbesondere im Katalog der sogenannten begünstigten Vorgaben in § 35 Abs. 4 Baugesetzbuch. So könnte beispielsweise die Anzahl zulässiger
Wohneinheiten bei Umnutzung erhöht werden. Eine Weiterentwicklung dieser Regelung ermöglicht so eine höhere Ausnutzung von Wohnraumpotenzialen in Bestandsgebäuden.
Wie Sie wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, läuft derzeit auf Bundesebene ein Gesetzgebungsverfahren zur Reform des Baugesetzbuches. Die Landesregierung wird daher in unserem Antrag gebeten, sich beim Bundesgesetzgeber weiter dafür einzusetzen, § 35 Baugesetzbuch zu reformieren, um den ländlichen Raum zu stärken und im Sinne von Nordrhein-Westfalen Arbeit, Wohnen und Umwelt auch im Baugesetzbuch stärker miteinander in Einklang zu bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor zweieinhalb Jahren sind wir als NRW-Koalition mit dem Ziel angetreten, mehr Wohnraum in allen Marktsegmenten zu schaffen. Dies schließt ausdrücklich Entfaltungsmöglichkeiten für ländlich geprägte, dörfliche Strukturen ein.
Lassen sie uns also heute eine weitere richtige und wichtige Entscheidung treffen, um Menschen auf dem Land eine weitere Perspektive zu geben. Wir brauchen eine nachhaltige Landwirtschaft. Wir brauchen attraktive Wohn- und Arbeitskonzepte. Wir brauchen starke Städte, Gemeinden und Kreise, denn sie sind nicht nur Ausdruck wirtschaftlicher Stabilität, sondern vor allem Zuhause und damit Heimat für Menschen in Nordrhein-Westfalen.
Ihnen allen wünsche ich in diesem Sinne ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest und alles Gute für 2020. Auf die weitere gute gemeinsame Arbeit im Sinne der Menschen in unserem Land! – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Schrumpf. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Kollege Paul das Wort. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schaue den Kollegen Markus Diekhoff an und sage: Jetzt kommt, lieber Markus, gleich in direkter Abstimmung eine weitere weihnachtliche Entscheidung im Landtag von NordrheinWestfalen.
Wir haben dabei zwei Ziele. Wir setzen auf gutes Leben im ländlichen Raum, darauf, dass man da gut wohnen kann. Wir wollen es erleichtern, vorhandene ehemalige landwirtschaftlich genutzte Gebäude umzunutzen, und zwar erstens, um dort zu wohnen oder zu vermieten – das folgt auch unserer wohnungspolitischen Strategie, nach der die ländlichen Räume die Großstädte entlasten sollen –, zweitens, um dort Geld zu verdienen, etwa einen Laden zu betreiben oder wohnverträglichem kleinem Handwerk und Gewerbe Raum zu geben. Wir haben dabei immer die Eigentümer im Außenbereich im Blick. Oft sind es ja die Bauernfamilien, die ihre finanzielle Existenz in der Zukunft sichern müssen.
Was wollen wir denn? – Eine verfallene Scheune oder lieber zeitgemäße Wohnungen für Menschen, die das Leben auf dem Lande lieben, und das sind sehr viele? Wollen wir einen abgängigen Kotten oder besser einen hübschen Hofladen zur Versorgung mit heimischen Lebensmitteln? Wollen wir ein vergammeltes Altenteil oder darin lieber eine funktionale Werkstatt oder gar ein Coworking Space im Grünen mit schnellem Netz? Wenn wir lieber all diese positiven Lösungen wollen, müssen wir es den Menschen im Außenbereich erleichtern, diese Lösungen zu schaffen.
Daher schlagen wir Freie Demokraten und Christdemokraten dem Landtag vor, sich gegenüber dem Bund für eine Reform des § 35 Baugesetzbuch starkzumachen. Hier wird ja im vierten Absatz geregelt, wie und welche sogenannten begünstigten Vorhaben im Außenbereich genehmigt werden können.
Diese Möglichkeiten sind recht beschränkt. Es kann nur einmal – Kollege Schrumpf ist darauf eingegangen –, nicht mehrfach umgenutzt werden. Warum eigentlich? Das ist alles nicht mehr praxisgerecht, nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen, dass wiederholt umgenutzt werden kann und dass dort mehr Wohnungen entstehen können.
Mit unserer Initiative gegenüber dem Bund für eine Reform des Baugesetzbuches wollen wir den Bauern und den Eigentümerfamilien mehr Entwicklungsmöglichkeiten auf ihren Höfen geben,
es erstens vielerorts einen Mangel an preisgünstigem Wohnraum gibt und zweitens die Menschen im ländlichen Raum gut und gerne dort leben sollen, dann schließen Sie sich bitte alle unserer Initiative an. – Gesegnete Weihnachten!
Vielen Dank, Herr Kollege Paul. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD Herr Kollege Becker das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit den gesegneten Weihnachten ist das so eine Sache, vor allem wenn Sie von „unserer Initiative“ sprechen. Man muss festhalten: Das, was uns die Koalitionsfraktionen mit diesem Antrag unter den Weihnachtsbaum gelegt haben, ist auf eine andere Art und Weise, als es die AfD mit ihrem vorherigen Copy-and-paste-Antrag macht, maximal ein netter Versuch. Das ist die eigentliche vorweihnachtliche Erkenntnis in diesem Hause: Die einen machen copy and paste, und die anderen setzen sich in einen längst fahrenden Zug, der kurz vor dem sicheren Bahnhof steht. Eigene Ideen, wie man das Wohnungsproblem dieser Zeit lösen kann: null.
Die Änderung des Baugesetzbuches, um die es hier geht, ist doch nicht die Idee der Koalitionsfraktionen, Herr Paul.
Ich frage mich, was Sie glauben, wie wir uns auf die Reden hier vorbereiten. Diese Idee ist doch vielmehr Ausfluss der Baulandkommission – das Wort kommt bei Ihnen nirgends vor –, die bis Juli 2019 getagt hat. Hier wird eine Empfehlung umgesetzt. Insofern ist der Antrag für die Galerie. Sie springen auf einen fahrenden Zug auf.
Denn die Novelle des Baugesetzbuchs läuft bereits. Es gibt einen Referentenentwurf. Der befindet sich bis zum 3. Januar in der Ressortabstimmung in den Bundesministerien. Dann folgt die Verbändeanhörung. Länderseitig ist bereits gesagt worden, es gebe keine Bedenken. Von daher sind keine weiteren Probleme in der Umsetzung zu erwarten.
Die in Rede stehenden Änderungen sind Kompromisse innerhalb der Großen Koalition. Wir wollen die Anzahl der möglichen Wohnungen von drei auf fünf auf der jeweiligen Hofstelle erhöhen – ohne Inanspruchnahme zusätzlicher Flächen. Sie wissen, eine weitere Aufweichung lehnt die SPD ab. Deswegen lehnen wir auch Ihren Antrag ab.
Wir lehnen den Antrag aber noch aus einem weiteren Grund ab. Wir können nämlich nicht feststellen – jetzt
könnten wir die ganzen Diskussionen der letzten Wochen und Monate wiederholen –, dass Sie die richtigen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Menschen in NRW ihren Wohnsitz selbstbestimmt wählen und heimatnah leben können. Genau das tun Sie nämlich nicht. Dank Ihrer Politik wird in unserem Land zu wenig gebaut. Es gibt zu wenig mietpreisgebundenen Wohnraum. Sie sollten sich daher einmal Gedanken machen, wie man das ändern kann, statt sich mit der Politik anderer zu schmücken.
Ich wünsche Ihnen in den nächsten Tagen die Ruhe, darüber nachzudenken. – In diesem Sinne: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und frohe Weihnachten!
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Klocke das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum Verfahren hat bereits der Kollege Becker einiges gesagt, nämlich dass es sich hier um eine Empfehlung der Baulandkommission handelt und dass in Berlin bereits ein entsprechendes Verfahren in Gang gesetzt worden ist. Wahrscheinlich war die Überlegung in den Koalitionsfraktionen, kurz vor Weihnachten noch einmal einen Antrag zu machen, den man dann in den entsprechenden Verteiler hineinbringen kann, um darauf hinzuweisen, dass man Gutes bewirkt. Das ist ja auch ein bisschen …
Genau. Aber man nutzt es. Das ist ja immer nachvollziehbar, auch wenn wir es an der Stelle kritisieren.
Wir als Grüne haben Bedenken, dass, weil Sie in einigen Punkten im Antrag deutlich unkonkret bleiben, die Richtung, in die Sie gehen, zu mehr Flächenfraß und zu mehr Zersiedlung führt, als wir das heute schon haben.
Grundsätzlich unterstützen wir die Richtung. Sie hätten aber schon stärker präzisieren müssen, dass das nicht eintritt, was jedenfalls unsere Sprecher aus dem ländlichen Raum befürchten, dass es nämlich zu mehr Flächenfraß kommt und dass die baulichen Anlagen, die jetzt bestehen, entsprechend ausgeweitet werden. Deswegen unterstützen wir den Vorschlag aus der SPD-Fraktion, bei maximal drei Wohneinheiten zu bleiben.
Zu sagen, wir wollen aufgegebene Höfe auch nutzen können, wollen sie entsprechend wieder zu Wohnanlagen zurückführen, wir wollen den Menschen eine
Perspektive im ländlichen Raum geben, um da zu leben und möglicherweise Wohnen und Arbeiten miteinander zu verbinden, das halten wir grundsätzlich für einen richtigen Ansatz. Deswegen werden wir den Antrag auch nicht ablehnen, sondern uns enthalten.