Dass es für bestimmte Tätigkeiten wie die Essensausgabe sinnvoll sein kann, Beschäftigte einzusetzen und dass Sie das gesetzlich regeln wollen – geschenkt. Das Problem ist nur, dass die hier gefundene Regelung ungenügend ist, weil der Gesetzentwurf völlig offen lässt, welche und ob nicht sogar alle polizeilichen Befugnisse auf Bedienstete übertragen werden können.
Um Klarheit zu schaffen, hätten sie im Sinne der Kritik aus der Anhörung nachbessern müssen. Das haben Sie leider versäumt.
Auch beim Thema „Fixierung“ möchte ich noch mal auf die Anhörung eingehen. Aus unserer Sicht sind die Schwellen für die Anwendung der neuen Regelungen im Gesetzentwurf viel zu niedrig. Es ist grundsätzlich richtig und durch die Rechtsprechung geboten, dass es vor Fixierungen ärztliche Stellungnahmen und richterliche Anordnungen geben muss. Aber Sie regeln das nur für den Fall, dass sämtliche Gliedmaßen an den im Polizeigewahrsam vorgesehenen Fixierungsstellen gefesselt sind. Was ist, wenn nur zwei Gliedmaßen gefesselt sind, was aber trotzdem zur vollständigen Bewegungseinschränkung führt?
Und was ist, wenn alle Gliedmaßen gefesselt sind, aber eben nicht an den Fixierungsstellen? Dann greift die Regelung nicht. Das halte ich persönlich für ein riesiges Problem.
Das ist eine Engführung der Regelung – das wurde in der Anhörung erläutert. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum Sie das mit einer geringfügigen Nachbesserung im Gesetz nicht einfach geändert haben. Ich verstehe es einfach nicht.
Dann noch ein Satz – oder vielleicht drei Sätze – zum Thema „Entfristung der Bodycam“. Herr Sieveke, so eindeutig wird die deeskalierende Wirkung von Bodycams durch die Evaluation nicht nachgewiesen.
Ich finde, da könnten wir alle mal ein Stück weit herunterfahren. Es ist überhaupt keine ideologische Frage. Marc, ich würde dich bitten, über den ersten Satz des Forschungsberichts der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung – das ist unsere Fachhochschule – hinaus zu lesen. Da wird das Ganze sehr differenziert dargestellt.
Wir wissen aus der Evaluation, dass Polizeibeamtinnen und -beamte, die Bodycams tragen, häufig ihr Verhalten ändern. Aufgrund dieses veränderten Verhaltens werden sie zum Teil sogar eher zum Ziel von Angriffen.
Wir sagen den Beamtinnen und Beamten zwar, dass sie besonders geschützt seien, wenn sie Bodycams tragen, aber das ist überhaupt nicht so. Im Gegenteil: Das Risiko, Opfer zu werden, ist zum Teil sogar höher, wenn Sie diese Bodycams tragen. Ich meine, das muss man mindestens zur Kenntnis nehmen.
Ich bin überhaupt nicht dafür, diese Bodycams abzuschaffen. Ich bin dafür, dass man sie weiter erprobt. Ich finde es aber falsch, den Schluss zu ziehen, sie zu entfristen und ins ganze Land zu tragen. Man hätte zumindest noch mal eine Befristung für fünf
Das ist eine riesige Aufgabe, bei der ich auch noch nicht erkennen kann, wie Sie die angesichts des Fortbildungsbedarfs, den wir gerade überall haben, schlüssig umsetzen wollen. Man hätte also sagen können, dass man sich in fünf Jahren noch mal anschaut, wie viel das gebracht hat. Hat es die Sicherheit der Beamtinnen und Beamten erhöht oder nicht? Das ist doch die entscheidende Frage.
Sie bessern den Gesetzentwurf trotz Kritik nicht nach. Ich hoffe, lieber Marc, dass damit deine Frage beantwortet wurde, warum wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen diejenigen schützen, die uns schützen. Diese einfache Maxime sollte nicht nur uns eine Verpflichtung gegenüber unseren Polizeibeamten sein, sondern auch das Leitbild eines Staates im Umgang mit den Trägern hoheitlicher Gewalt bestimmen, der an der Erhaltung von Recht und Ordnung interessiert ist. Eben musste ich feststellen, dass dies für die Grünen wohl nicht zu gelten scheint.
Das vorliegende Siebte Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes ist hingegen ein richtiger kleiner Schritt in diese Richtung.
Der Wegfall der Befristung für die Einführung der Bodycams ist eine notwendige Formalie. Dass die Einführung von Bodycams richtig und wichtig ist, wurde bei der Anhörung von allen Polizeigewerkschaften deutlich herausgestellt.
Auch wir sehen vor dem Hintergrund des gestiegenen Gewaltpotenzials, das unseren Polizeibeamten täglich auf unseren Straßen entgegenschlägt, in den Bodycams ein adäquates Mittel, das einerseits abschreckend wirken kann, andererseits aber auch Rechts- und Handlungssicherheit für unsere Polizeibeamten bringt.
Aus unserer Sicht – auch hier schließen wir uns der Haltung der Polizeigewerkschaften an – spricht nichts gegen eine befristete bzw. fallbezogen länger
fristige Speicherung der Aufnahmen und deren Verwertung vor Gericht. Es würde den Sinn einer Bodycam geradezu konterkarieren, wenn man die Aufnahmen nicht speichern dürfte und einer späteren gerichtlichen Verwertung entzieht. Der abschreckende Effekt einer Bodycam liegt ja gerade darin begründet, dass potenzielle Angreifer wissen, dass sie später mithilfe der Aufnahmen zur Verantwortung gezogen werden können.
Uns fehlt an dieser Stelle – das möchte ich ganz deutlich betonen – neben der defensiven Ausrüstungsverbesserung im Rahmen der Bodycams jedoch eine offensive Handlungsalternative für unsere Polizeibeamten. Aus unserer Sicht müssen Distanzelektroimpulsgeräte, also Taser, zeitnah und flächendeckend eingeführt werden. Bei den heutigen vielschichtigen Gefahrenlagen, denen unsere Polizei ausgesetzt ist, wird eine dritte verhältnismäßige Handlungsoption zwischen dem oft zu gefährlichen Einsatz körperlicher Gewalt in der Nahdistanz und dem häufig unverhältnismäßigen Einsatz einer Schusswaffe dringend benötigt. Ein Taser würde diese Lücke schließen und unseren Polizeibeamten ein stärkeres Auftreten ermöglichen sowie eine rechtssichere und verhältnismäßige Handlungsoption bieten.
Wir halten es daher für ein falsches Signal an unsere Polizeibeamten in NRW, dass Minister Reul die Einführung der bereits erprobten Taser auf unbestimmte Zeit verschiebt und diese auf der Prioritätenliste nicht weit oben ansiedelt. Insbesondere die Möglichkeit der Kopplung der Taser mit einer Bodycam, sodass bei einem Ziehen der Waffe automatisch eine Videoaufzeichnung startet, erleichtert unseren Polizeibeamten in kritischen Situationen die Arbeit.
Dass Taser notwendig sind, zeigt allein die Tatsache, dass in NRW die gewalttätigen Angriffe auf Polizisten ansteigen. 9.308 Attacken waren es in 2018. In fast 1.000 Fällen wurden Polizeibeamte verletzt, in 464 Fällen schwer. In neun Fällen kam es sogar zu einem Mord- bzw. Tötungsversuch.
Unser Nachbarland Rheinland-Pfalz hat den Taser schon flächendeckend eingeführt, seine Polizeibeamten geschult und durchweg gute Erfahrungen gesammelt. Wir sollten dies in NRW ebenfalls umsetzen und von den Erfahrungen unseres Nachbarlandes profitieren.
Den zweiten großen Regelungsteil dieses Änderungsgesetzes, nämlich den Einsatz von Regierungsbeschäftigten im Polizeidienst, sehen wir grundsätzlich positiv. Unsere Polizeibeamten können hierdurch entlastet werden und sich ihren eigentlichen Kernaufgaben besser widmen. Natürlich bildet der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 Grundgesetz die Grenze der Einsatzmöglichkeit von Regierungsbeschäftigten, da sie keine Träger hoheitlicher Befugnisse sind, aber Art. 33 steht dem eben auch
nicht entgegen. Dementsprechend haben wir damit keine Probleme. Wir sehen auch nicht, dass die Polizei durch Regierungsbeschäftigte ersetzt werden soll, sondern sie soll ergänzt werden.
Die Konkretisierung für die Fixierung festgehaltener Personen schafft darüber hinaus Rechts- und Handlungssicherheit für unsere Polizeibeamten. Auch die vorläufige Anordnung einer Fixierung durch den wachhabenden Polizeibeamten vor Ort unter der Bedingung einer folgenden richterlichen wie auch ärztlichen Stellungnahme erleichtert den Vollzugsalltag unserer Polizeibeamten.
Wenn irgendjemand eine Frage hat, was Fixierung bedeutet, dann soll er sich doch einfach mal in der Psychiatrie und den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften umsehen. Dann weiß er, was Fixierung bedeutet, und muss hier nicht die Frage stellen, was es bedeuten könnte.
Wir stimmen also dem Gesetzentwurf, der zwar nicht weitgehend genug ist – siehe Taser –, aber in die richtige Richtung geht, sowie dem Änderungsantrag zu.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wagner. – Als nächster Redner spricht für die Landesregierung Herr Minister Reul.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Kurz zum Taser: Die rechtlichen Grundlagen für den Taser sind im Sicherheitspaket Eins schon beschlossen. Es gibt überhaupt keine Notwendigkeit, in diesem Gesetz noch etwas dazu zu sagen. Die rechtlichen Fragen sind geklärt.
Zweitens. Wir haben in diesem Polizeigesetz vor einem Jahr Voraussetzungen geschaffen, um die Polizei handlungsfähiger zu machen, und nach einem Jahr kann man sagen: Das funktioniert. Das ist gut. Das war vernünftig.
Wir haben im letzten Jahr auch kontrovers über Gewahrsam diskutiert, und wir haben neue Gewahrsamstatbestände geschaffen und die Gewahrsamshöchstfristen angepasst.
Begleitend dazu werden jetzt in diesem Gesetzentwurf die Rechte von in Polizeigewahrsam festgehaltenen Personen gestärkt. Mich wundert, dass das in der Debatte eine so geringe Rolle spielt. Herr Lürbke hat darauf hingewiesen. Das ist eine sehr bedeutende Stärkung der Rechte festgehaltener Personen.
Dazu gibt es für bestimmte Fixierungen, die bisher schon zulässig waren und besonders belastend sind – das ist also erst einmal nichts Neues –, neu einen Richtervorbehalt. Damit setzen wir als erstes
Bundesland die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vom Sommer 2018 um. Auch das stärkt wieder die Rechte der betroffenen Personen. Das will ich nur betonen.
Um den Regelungen zum Vollzug des Polizeigewahrsams mehr Verbindlichkeit zu verleihen, nehmen wir sie in eine Rechtsverordnung auf, übrigens auch als erstes Bundesland. Darüber kann man sich streiten, aber ich meine, das ist klug, sinnvoll und rechtssicherer. Anderswo ist der Gewahrsamsvollzug – wie bisher übrigens bei uns auch – ausschließlich in Form von nicht verbindlichen Verwaltungsvorschriften geregelt.
Bisher weiß ich also gar nicht, warum man da nicht zustimmen kann. Ich hätte mir gewünscht, dass das eine viel größere Zustimmung im Parlament bekommt.
Der nächste Punkt: Zukünftig wollen wir wie auch andere Bundesländer Beschäftigte, die keine Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte sind, einsetzen – das ist ein strittiger Aspekt, den man verschieden beantworten kann. Wir wollen Polizeibeamte von diesen Tätigkeiten entlasten.
Aber, Herr Ganzke – und damit finde ich, dass das Argument, das auch einige Sachverständige vorgetragen haben, nicht ganz stichhaltig ist –, auch in Zukunft wird die Gesamtverantwortung für die polizeiliche Gewahrsamseinrichtung bei den Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten liegen. Wie im Gesetzentwurf ausdrücklich vorgesehen, werden die neuen Bediensteten ausschließlich – Zitat – „zur Unterstützung der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten“ tätig werden.