Herr Kollege Engstfeld, es ist richtig, dass wir über Entkriminalisierung nachdenken können. Das müssen wir allerdings mit Bedacht und lediglich in Einzelfällen tun und nicht mit dem Rasenmäher über alle Straftatbestände hinweg. Die Zeit der weichen Welle, die es früher zu Ihrer Zeit gegeben hat, ist vorbei.
Die NRW-Koalition wird sich nicht darauf ausruhen, denn an dem Ziel einer sicheren und personell gut ausgestatteten Justiz in Nordrhein-Westfalen halten wir klar fest.
Daher plant die NRW-Koalition für das kommende Haushaltsjahr über 5 % Mehrausgaben im Bereich der Justiz gegenüber dem Vorjahr, was überdurchschnittlich im Zusammenhang mit dem Gesamthaushalt ist – und das, ohne neue Schulden zu machen.
Frau Bongers, Sie können in diesem Zusammenhang in der Opposition gerne unbesetzte Stellen kritisieren und Lohnzuwächse fordern. Als Sie noch die Regierung waren, haben Sie dazu nichts unternom
men. Die unbesetzten Stellen kommen unter anderem auch daher, dass es wenig geeigneten Nachwuchs gibt; daran arbeiten wir.
Sie haben doch zum Beispiel gesehen, dass wir eine Werbekampagne für die Justiz führen, die offensichtlich gut angenommen wird. Deswegen begegnen wir dem. Wir handeln und reden nicht nur.
Um die Justiz in diesem Land auch weiter zu stärken, werden wir einige Vorhaben umsetzen. Ich möchte daher gerne auf fünf Aspekte kurz eingehen:
Erstens. Um die Staatsanwaltschaften weiterhin personell zu stärken und die Arbeit zu beschleunigen, werden wir mehr als 300 Millionen Euro und somit mehr als 9 % gegenüber dem Vorjahr für die Staatsanwaltschaften ausgeben.
Bei der Generalstaatsanwaltschaft und den Staatsanwälten werden wir 28 neue Stellen schaffen, um die Verfahren zu beschleunigen und auch schneller Anklage erheben zu können.
Zweitens werden wir für die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte neben der Bereitstellung des Personals Sachmittel in Höhe von insgesamt 56,7 Millionen Euro bereitstellen, damit auch die anderen fünf Gerichtszweige vollständig digitalisiert werden können, denn das spart Zeit. Die Akten müssen dann nicht mehr durch die Flure der Gerichtsgebäude hin- und hergeschoben werden.
Drittens werden wir mit insgesamt über 825 Millionen Euro mehr als 6 % mehr in den Justizvollzug investieren. Neben Sachleistungen und Investitionen in die Einrichtungen können damit 124 neue Stellen geschaffen werden. Damit können auch die Angebote für die berufliche Bildung der Inhaftierten ausgeweitet werden, was bei der Rehabilitation sehr helfen wird.
Viertens. Mit über 30 Millionen Euro werden wir über 17 % mehr Geld in die Aus- und Fortbildung investieren und 20 neue Stellen im Bereich der Ausbildung in der Justizverwaltung schaffen, denn die Damen und Herren, die in den Aus- und Fortbildungseinheiten arbeiten, machen eine hervorragende Arbeit, und Unterstützung tut da not.
Die Freien Demokraten haben sich schon lange für die Digitalisierung eingesetzt, weshalb ich als letzten Punkt die Ausgabensteigerung von rund 23 % im Bereich „Sonstige Investitionen“ nennen will, denn davon werden wir über 72 Millionen Euro in die ITAusrüstung investieren, damit Justiz auch digital gut für die Zukunft aufgestellt ist.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Zitat eines bekannten deutschen Kabarettisten wäre eigentlich schon das Wichtigste für den Einzelplan 04 des Haushaltsentwurfs 2020 gesagt, denn jedes Kind versteht, weshalb man eine funktionierende Justiz für einen funktionierenden Rechtsstaat benötigt. Da liegt einiges im Argen. Sehen wir uns einfach mal die Fakten an.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer an den Landgerichten hat wie folgt zugenommen: im erstinstanzlichen Verfahren von 7,9 Monaten im Jahr 2010 auf 10,3 Monate im Jahr 2018, in der Berufung in 2009 von 5,8 Monaten auf 6,7 Monate im Jahr 2018.
Bei Strafverfahren sieht es bei Weitem nicht besser aus: Im erstinstanzlichen Strafverfahren hat die Verfahrensdauer von 7,9 Monaten im Jahr 2009 auf 8,2 Monate im Jahr 2018 zugenommen, die Verfahrensdauer im Berufungsverfahren von 4,1 Monaten in 2010 auf 5,1 Monate im Jahr 2018. Dies ist insbesondere für die Opfer eine Zumutung.
Insgesamt klafft also eine erschreckende Lücke von knapp 350 Vollzeitrichterstellen bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Wie sieht es bei den Verwaltungsgerichten aus? – Wegen Ihrer Politik der offenen Grenzen ächzt diese Gerichtsbarkeit unter den anhängigen Asylverfahren; das ist kein Geheimnis. Gerade deshalb hat auch hier die Verfahrensdauer in Haupt- und Eilsachen erkennbar zugenommen.
Dieses Problem soll nun durch Abordnungen gelöst werden, und das ist der Anfang vom Ende und reine Augenauswischerei. Fragen Sie doch einmal die Richter, ob sie in ihren Stammdienststellen nicht auch dringend benötigt werden. Hier werden nicht die Probleme bekämpft, sondern lediglich die Symptome.
Zu alledem kommen nur noch Abordnungen an den Verfassungsgerichtshof aufgrund der seit diesem Jahr eingeführten Individualverfassungsbeschwerden. Wir haben schon damals im Rechtsausschuss darauf hingewiesen, dass der veranschlagte Personal- und Mitteleinsatz nicht ausreichend sein wird,
Ähnlich trübe sieht es bei den Staatsanwaltschaften aus. Dort ist seit Jahren eine Zunahme an Verfahrenseingängen zu verzeichnen. Die durchschnittliche Dauer der Ermittlungsverfahren hat auch dort zugenommen.
In der Folge reichen die von Ihnen im Haushalt vorgesehenen Stellen natürlich vorn und hinten nicht. Warum? – Die potenziellen Kandidaten nehmen doch lieber Positionen in der Wirtschaft an. Dort verdienen sie zum einen auskömmlicher und müssen sich nicht die engen Dienstzimmer mit ihren Kollegen teilen.
Meine Damen und Herren Kollegen, kommen wir zur nächsten großen Baustelle im Einzelplan 04, dem Justizvollzug; der ist mit besonderen Problemen ausgestattet.
Die Zunahme von nichtdeutschen Gefangenen ist allen bekannt und stellt neue Anforderungen an unsere Justizvollzugsbeamten. Es gibt nicht nur sprachliche Barrieren, religiöse Barrieren – da gibt es noch andere Sachen.
Die Justizvollzugsbeamten stellen mit ihrer Arbeit das Rückgrat unserer Justiz dar. Wir als AfD wissen inzwischen – Sie als Altparteiler müssten es schon länger wissen –, dass in den nächsten Jahren viele lebensältere Bedienstete in den Ruhestand gehen werden.
Schon jetzt dringt aus dem Vollzugsdienst, dass unterhalb des Ersatzbedarfs ausgebildet und diese Problematik in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird.
Deshalb müssen wir hier ansetzen und eine hohe Anzahl an Beamten im Vorbereitungsdienst sicherstellen, was kaum gelingen wird bei der geradezu schäbigen Besoldung.
Ich wage die Prognose, dass es Ihnen nicht gelingen wird, die von Ihnen geschaffenen Planstellen mit Leben zu erfüllen. Damit stehe ich auch nicht ganz allein; das sehen andere auch so.
Dann greifen Sie vielleicht auf Ideen wie von den Grünen zurück. Wir werden alles entkriminalisieren: Schwarzfahren, Rauschgiftkonsum, Diebstahl. Das wird alles entkriminalisiert. Die Bürger werden dann diesen Verfahren, diesen Taten ausgesetzt.
Ich gebe Ihnen mal was mit. Vielleicht entkriminalisieren Sie – das ist vielleicht nicht ganz technisch – Ordnungswidrigkeitenverfahren. Lassen Sie doch Schnellfahren und Falschparken einfach mal wegfallen, sparen Sie da Ihr Personal.
Ja, hat mit Justiz nicht so viel zu tun, aber spart nichtsdestotrotz. Auch Ihnen fehlt es hier natürlich neben Geld und Sachverstand wie immer an Mannstärke zur Umsetzung.
Liebe Kolleginnen, liebe und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Wenn ich jetzt einmal die Ausführungen der versammelten Opposition für mich werte, dann