Protocol of the Session on November 27, 2019

„Eliminierung“ – das sind die Begriffe in Ihrem Antrag.

(Helmut Seifen [AfD]: Jetzt machen Sie sich aber lächerlich, oder?)

Sie nutzen Ihren Antrag für eine weitere, zusätzliche Ausweitung der Sprache und verwenden dafür ein Entsorgungsvokabular.

(Helmut Seifen [AfD]: Sind Sie sich nicht zu schade dafür?)

Lesen Sie doch noch einmal, was Sie geschrieben haben. So, wie Sie hier schreiben und reden, wird man weder den heimischen noch den fremden Pflanzen und Tieren gerecht.

Aber noch viel weniger haben die Menschen, die sich vor Ort ehrenamtlich für den Gesundheitsschutz und den Naturschutz einsetzen – wie zum Beispiel in meiner Heimatstadt Overath –, und diejenigen, die sich hauptamtlich in unseren Artenschutzbehörden engagieren, solche Anträge und eine solche Wortwahl verdient.

(Beifall von der CDU, der SPD und Verena Schäffer [GRÜNE])

Herr Kollege Deppe, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Nein, ich habe ja noch gar nicht richtig begonnen. Der soll erst mal bis zum Ende zuhören.

Ihr Antrag strotzt nur so vor Ungenauigkeit und Suggestion, um wieder einmal eine Ihrer braunen Geschichten spinnen zu können.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Die Europäische Union – mit der beginnen Sie ja Ihr Verwirrspiel im Antrag – führt eine Liste von aktuell 49 invasiven Pflanzen- und Tierarten mit europaweiter Bedeutung.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Die Liste nennen Sie, aber die Zahl erwähnen Sie gar nicht. Vielmehr verfälschen Sie den Eindruck, indem Sie auf einmal die Angabe „1.100 gebietsfremde Tierarten“ einführen.

Abgesehen davon, dass das Bundesamt für Naturschutz 773 Arten nennt, haben diese beiden Begriffe wenig bzw. fast gar nichts miteinander zu tun. Sie sollten vielleicht weniger bei Wikipedia abschreiben.

Gebietsfremde Arten sind nach der gängigsten Definition Arten, die erst nach der Entdeckung Amerikas erstmals in Europa angetroffen wurden. Beispielsweise die Kartoffel, der Mais oder das Meerschweinchen gehören zu den gebietsfremden Arten.

Eine Reihe von Baumarten, die wir seit Jahrzehnten in unseren Parks und Wäldern anpflanzen, hilft uns jetzt sogar dabei, unsere Wälder angesichts des Klimawandels zu stabilisieren. Dazu gehört übrigens auch der Baum des Jahres 2020, die Robinie. Diese Arten sind weder invasiv noch gefährlich, sondern sie helfen uns beim Erhalt unserer Ökosysteme.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Invasive Arten sind im Gegensatz dazu die Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, die gebietsfremd sind und gleichzeitig heimische Arten, Biotope und Ökosysteme gefährden. In Deutschland ist das laut Bundesamt für Naturschutz bei etwa 80 Arten der Fall. Zusätzlich gelten weitere 90 Arten in Deutschland als potenziell invasiv.

In Nordrhein-Westfalen nennt unsere Fachbehörde, das LANUV, 45 invasive Tierarten und 34 invasive Pflanzenarten. Davon sind drei Pflanzen als gefährlich für den Menschen anzusehen: die Beifuß-Ambrosie, die Gewöhnliche Seidenpflanze und die Herkulesstaude.

Bei den Tierarten sind Nutria und Bisam als für den Menschen gefährlich anzusehen. Andere Arten beeinträchtigen das Ökosystem wie zum Beispiel der Signalkrebs, der fast zum Aussterben der Edelkrebspopulation geführt hat.

Aber sind diese Arten nun gefährlicher als einheimische Ratten, die dieselben Krankheiten übertragen, als der Knollenblätterpilz, als der Eichenprozessionsspinner oder als der Borkenkäfer? – Diese Arten sind

nicht gebietsfremd. Ist Ihr Weltbild etwa so, dass einheimische Schädlinge gut und fremde Schädlinge schlecht sind? – Das ist doch die Botschaft, die Sie verbreiten möchten.

(Beifall von der CDU und der SPD – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Übrigens findet eine Reihe von Arten erst durch den Klimawandel zu uns. Aber dass es wärmer wird, finden Sie von der AfD ja positiv.

In einem einzigen Jahr – 2007 – verendeten in Nordrhein-Westfalen 30.000 Schafe und 8.000 Rinder an der Blauzungenkrankheit. Warum das so war? – Übertragen wurde die Krankheit von Gnitzen. Das sind winzige Mücken, die aus Nordafrika hierher geweht wurden und die hier aufgrund der Erwärmung geeignete Überlebensbedingungen vorfanden.

Mit Sicherheit ist der Klimawandel das viel größere Risiko für unsere Ökosysteme als eine Reihe fremder Arten, die Ihnen jetzt als Variante für Ihre erneute fremdenfeindliche Propaganda herhalten soll.

(Beifall von der CDU und der SPD – Vereinzelt Beifall von der FDP und den GRÜNEN)

Wir stehen für biologische Vielfalt, und die erhalten wir vor allem durch Nutzung und dadurch, dass der Mensch eingreift, wenn wir Natur gestalten – sowohl fördernd als auch begrenzend. Das ist unsere Aufgabe und nicht Ihr fremdenfeindliches Gequatsche.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Dr. Christian Blex [AfD]: Ge- meinsam kann man immer Müll erzählen! – Zuruf: Da geben Sie das beste Beispiel ab! – Dr. Günther Bergmann [CDU]: Das sagt ge- rade der Richtige!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Deppe. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Spanier-Oppermann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Deppe, ich habe Ihrer Rede aufmerksam zugehört, und ich bin Ihnen dankbar für diese klaren Worte. Daraufhin habe ich meine Rede noch einmal durchgeschaut und gedacht, dass ich mich Ihren Worten sehr gern anschließen würde.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Schließlich geht es heute um eine Überweisung. Ich bedanke mich noch einmal, dass Sie das so gesagt haben. Das trifft haargenau unsere Auffassung.

Wir sind ein buntes Land, ein tierisches und pflanzliches Einwanderungsland. Manche Einwanderer, auch im tierischen und pflanzlichen Bereich, sind

längst zu Vorzeigebürgern geworden. Vielen Dank noch einmal an die Kollegen der CDU. Wir stimmen der Überweisung zu.

(Beifall von der SPD, der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Spanier-Oppermann. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Abgeordneter Diekhoff das Wort.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mich an diesem Antrag neben allem, was schon genannt wurde, tatsächlich entsetzt, ist die Tatsache, dass er in weiten Teilen wortwörtlich von der Homepage des NABU abgeschrieben wurde. Das wundert mich ein bisschen, denn die „Ökoterroristen“ sind sonst keine Freunde der AfD. Daher ist das zumindest bemerkenswert.

Alles Weitere, was in dem Antrag steht, ist zum Großteil unnötig. Die AfD wirft der Landesregierung ein achselzuckendes Jetzt-sind-sie-halt-da vor, was die invasiven Arten betrifft. Das ist nicht der Fall. Schon unter Schwarz-Gelb ist alles geregelt worden. Im Jahr 2008 haben das IM und das MUNLV die Einzelheiten zur Bejagung invasiver Arten abgesprochen. Daher brauchen wir das Tierschutzgesetz nicht anzupassen. All das ist erfolgt.

Insgesamt sind, wie schon gesagt, 12.000 gebietsfremde Arten in Europa unterwegs – das entspricht auf Deutschland heruntergebrochen etwa 1 % –, und davon sind nur wenige Arten so invasiv, dass sie bejagt werden müssen. Das ist heute schon möglich. Es werden keine neuen Vorschriften und Gesetze benötigt. EU-, Bundes- und Landesrecht bieten bereits eine ausreichende Grundlage zum Schutz des Ökosystems. Daher ist der Antrag überflüssig. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Diekhoff. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Rüße das Wort.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag hat eine Vorgeschichte. Wir haben das Thema schon im Jahr 2018 hinreichend diskutiert. Dass Sie einen ähnlichen Antrag noch einmal einbringen, zeigt aus meiner Sicht – damals haben Ihnen alle Fraktionen erklärt, dass es an der Stelle gar keinen Handlungsbedarf gibt, da bereits entsprechende Regularien vorhanden sind; das, was passiert, ist somit hinreichend –, dass es Ihnen im Kern – und das hat der

Kollege Deppe bereits ausgeführt – um etwas ganz anderes geht.

Das zeigt sich auch daran, dass das Thema der invasiven Arten von vielen AfD-Fraktionen aufgegriffen wird. Das scheint ein Lieblingsthema von Ihnen zu sein. In Wirklichkeit geht es Ihnen nur darum, fremdenfeindlich agieren zu können.

Folgendes gibt mir in dem Zusammenhang zu denken: Ich habe mir Ihren ersten Antrag aus dem Jahr 2018 noch einmal angeguckt. Daran kann man die Entwicklung Ihrer Partei im Vergleich gut ablesen. Der erste Antrag war in der Wortwahl noch deutlich, deutlich, deutlich gemäßigter. Dieser Antrag zeigt, dass Sie sich radikalisiert haben, wie sich Ihre Partei insgesamt radikalisiert hat. Es ist schade, dass Sie hier in den Landtag invadiert sind. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD, der CDU und von Dr. Werner Pfeil [FDP])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rüße. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung in Vertretung für Frau Ministerin Heinen-Esser Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen das Wort. Bitte sehr, Frau Ministerin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Weltbiodiversitätsrat hat am 6. Mai in Paris in seiner globalen Gesamtübersicht zum Zustand der biologischen Vielfalt bestätigt, dass die gezielte Einführung oder die unbeabsichtigte Einschleppung von gebietsfremden Tier- und Pflanzenarten weltweit eine erhebliche Gefährdungsursache für die einheimische Fauna und Flora darstellt.

Aus diesem Grund gibt es seit 2015 die in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar geltende europäische Verordnung zum Schutz gegen invasive gebietsfremde Arten. Diese Verordnung ist neben der Vogelschutzrichtlinie und der Richtlinie zum Schutz von Flora, Fauna und Habitat ein weiteres zentrales Rechtsinstrument für die Erhaltung der Biodiversität.