Protocol of the Session on September 14, 2017

Da wurde dann gesagt: Aber das betrifft doch nur wenige Schulen. – Das ist durchaus richtig; denn man kann ja nicht unmittelbar nach der Sommerpause, wenn schon langfristige Planungen in den Kommunen auf den Weg gebracht worden sind, alle Entscheidungen sofort zurücknehmen, die auch in kommunaler Verwaltung sind. Dennoch war es richtig, diesen Schritt zu gehen; denn wir freuen uns über jede einzelne Förderschule, die erhalten bleibt und die nicht geschlossen werden muss wegen Ihrer falschen Entscheidungen von früher.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir wollen die Rahmenbedingungen für Kommunen im ländlichen Raum und in den Ballungsgebieten gleichermaßen stärken. Deshalb haben wir uns in der Koalition darauf verständigt, die finanziellen Rahmenbedingungen von Städten, Gemeinden und Kreisen im ganzen Land im GFG weiter zu verbessern. Insbesondere wollen wir den Einstieg finden in eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger; denn diese werden nicht nur gewürgt durch steigende Sozialabgaben und Steuern auf der Bundesebene, sondern in besonderem Maße auch durch die steigenden Grund- und Gewerbesteuerhebesätze. Unsere Entlastung beginnt deshalb auf der kommunalen Ebene, indem diese Koalition die Steuererhöhungsspirale endlich beendet.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zuletzt: Wir wollen in den ländlichen Regionen die ärztliche Versorgung sichern. Eine wichtige Maßnahme ist eine medizinische Fakultät in Ostwestfalen-Lippe, in Bielefeld; denn wir wissen um den Klebeeffekt.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Wer ein medizinisches Studium aufnimmt, der bleibt dann auch in der Region. Deshalb wollen wir in Bielefeld diesen Schwerpunkt setzen – als klares Signal: Die ländlichen Räume können sich auf diese Koalition verlassen. Wir wollen Fairness, eine faire Balance zwischen Stadt und Land herstellen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

In Infrastrukturfragen gilt dasselbe. In den Metropolen könnte es der marktwirtschaftliche Wettbewerb leisten, dass die Glasfaserversorgung ausgebaut

wird. Da müssten wir nur dafür sorgen, dass die Rohre der Telekom auch für die Glasfaserkabel der Konkurrenz geöffnet werden. Das ist Aufgabe des Bundes bzw. der Bundesnetzagentur.

Im ländlichen Raum gelingt das nicht. Da brauchen wir öffentliche Fördergelder. Deshalb ist es richtig, dass die neue Landesregierung die Grundlagen für die Gigabitgesellschaft auch im ländlichen Raum schaffen will – durch einen Masterplan, finanzielle Schwerpunktsetzungen, einen „Glasfaser first“-Ansatz. Dafür wird das notwendige Geld mobilisiert; denn auch wer auf dem Land lebt, darf durch die Digitalisierung nicht abgehängt werden – er muss Marktzugänge haben.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zum Schluss: Der Anspruch der NRW-Koalition ist, stark in Land und Bund zu sein. Die Selbstverzwergung des größten Bundeslandes ist jetzt beendet. Schon vor einem Jahr haben Politikwissenschaftler gesagt, Karl-Rudolf Korte etwa, dass im Bundesrat innovative Gesetzesvorlagen aus Nordrhein-Westfalen fehlten. Er hat das dieser Tage noch einmal aktualisiert: Nordrhein-Westfalen müsse den klaren Anspruch auf eine Führungsrolle im Konzert der 16 Länder haben. – Das muss sich nun wieder verändern.

Nordrhein-Westfalen war immer Impulsgeber – auch von Entwicklungen im Bund. Daran wollen wir anknüpfen – erstens schon jetzt durch die Initiative für einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer. Zweitens wollen wir gemeinsam eine Bundesratsinitiative erarbeiten für ein neues Einwanderungsgesetz, das wir dringend brauchen – ein Einwanderungsgesetz, das klar differenziert zwischen Asyl, das wir individuell Verfolgten gewähren, und Flucht. Flüchtlingen geben wir Schutz auf Zeit und Förderung, aber in der Regel werden sie – so ist das internationale Recht – wieder in die alte Heimat zurückkehren müssen. Der dauerhafte Aufenthalt ist nur ein Angebot und kein Automatismus.

Und zuletzt: die gesteuerte Einwanderung nach kanadischem Vorbild, klare Kriterien für diejenigen, die zu uns kommen wollen, Akzeptanz des Rechts, deutsche Sprache als minimaler Ausdruck kultureller Integrationsbereitschaft und Verantwortung für den eigenen Lebensunterhalt. Meine Damen und Herren, wer diesen Kriterien genügt, der sollte uns willkommen sein – egal, ob er in der Bibel, im Koran oder im Krimi liest.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Markus Wagner [AfD])

AfD-Programm seit 2013, FDP-Programm seit 1997.

(Beifall von der FDP und der CDU – Markus Wagner [AfD]: Sie waren von 2009 bis 2013 in der Bundesregierung und haben nichts, gar nichts gemacht!)

Meine Damen und Herren, wir haben gemeinsam mit Minister Laumann die dritte Bundesratsinitiative in Vorbereitung. Wir haben im Koalitionsvertrag verabredet, dass wir die Einkommensgrenze bei den Minijobs an die allgemeine Preisentwicklung anpassen wollen.

Das ist zwingend notwendig; denn für den Studierenden ist es eine Chance, unbürokratisch und ohne Sozialabgaben etwas hinzuzuverdienen. Für die Rentnerin und den Rentner, die etwas hinzuverdienen wollen, ist das eine unbürokratische Möglichkeit. Für den Langzeitarbeitslosen, der noch keinen Vollzeitarbeitsplatz bekommen kann, ist das eine Chance, sich zu bewähren und sich auf den Weg zu machen.

Wir wollen deshalb Minijobs und Midijobs an die Lohnentwicklung anpassen und dynamisieren, damit sich für die Menschen, die sich anstrengen, auch mit einem kleinen Job und einem kleinen Einkommen die individuelle Leistung lohnt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin sicher: Nordrhein-Westfalen ist schon heute ein starkes Land. Ich bin überzeugt: In fünf Jahren wird es ein noch sichereres, faireres und moderneres Land sein. Also wird Nordrhein-Westfalen 2022 ein noch stärkeres Land im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sein. Das ist unser Ziel, das ist Mission dieser Koalition und der Freien Demokraten in ihr.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, bitte gestatten Sie mir eine kurze persönliche Schlussbemerkung. Ich habe dem Landtag von Nordrhein-Westfalen von 2000 bis 2009 angehört und gehöre ihm seit 2012 an. So oder so, egal, wie die Bundestagswahl ausgeht, wird dies meine letzte Rede im Landtag von Nordrhein-Westfalen gewesen sein. Ich bin sicherlich nicht jedem im Eifer des Gefechts immer gerecht geworden. Dafür bitte ich um Nachsicht. In jedem Fall aber danke ich für die Zusammenarbeit und spannende Debatten. Ich wünsche Ihnen und dem Haus alles Gute!

(Lang anhaltender Beifall von der FDP und der CDU – Vereinzelt Beifall von der AfD – Verein- zelt Beifall von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender und Abgeordneter Lindner. Auch vom Präsidium aus Ihnen persönlich und beruflich alles Gute für die weitere Zukunft! Das wünscht man sich gegenseitig. Sie haben dem Land auf Ihre Weise in den vielen Jahren gedient. Ich glaube, dass alle, auch wenn man unterschiedlicher Meinung im Hohen Haus ist – deshalb sitzen wir hier zusammen, damit das hier ausgetragen wird –, wissen, dass Sie sozusagen von Jugend an bis in das reifere Herrenalter hier im Landtag auffällig gedient haben. Dafür herzlichen Dank! Ihnen alles Gute!

(Beifall und Heiterkeit von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Jetzt spricht – und antwortet möglicherweise auch auf Sie –

(Beifall von den GRÜNEN)

als nächster Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Fraktionsvorsitzende Herr Klocke.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Präsident! Herr Ministerpräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befinden uns gegenwärtig in durchaus unruhigen Zeiten, in denen vieles in unserem Land, in denen vieles weltweit in rasanten Veränderungen begriffen ist. Mit „Maß und Mitte“ haben Sie gestern, Herr Ministerpräsident, Ihre Regierungserklärung überschrieben. Viele Zeitungen zitieren das heute. Maß und Mitte – ist das nicht in Zeiten internationaler Krisen, in Zeiten der Wetterextreme und der großen globalen Veränderungen etwas unambitioniert und etwas mutlos? – Ich meine, ja.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir stehen in vielen internationalen Problemlagen. Wir erleben die Zuspitzung der Klimakrise mit dem, was wir in den USA gerade beobachten, mit den Stürmen, aber auch hierzulande mit vielen Wetterphänomenen.

Aber wir stehen auch vor einer Bundestagswahl, die in zehn Tagen ansteht.

Herr Ministerpräsident – das haben wir ja gerade bei der Rede von Herrn Lindner erlebt –, Sie sind mal als Politiker als Teil einer schwarz-grünen PizzaConnection gestartet. Sie sind jetzt als Ministerpräsident sehr, sehr, sehr eingegrenzt durch das, was Ihnen der Koalitionspartner an Spielräumen lässt. Herr Lindner hat eben klargemacht, wer eigentlich der tonangebende Faktor in dieser Koalition ist. In der Pizza-Connection gestartet, als gelber Bettvorleger gelandet, Herr Ministerpräsident!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der CDU: Oh!)

Ich möchte gerne einen Punkt herausgreifen, und zwar das Thema „Mieten“. Sie haben ja ein ganzes Portfolio an Themen geliefert, Herr Lindner. Wir haben den Drang in die großen Städte. Wir haben Menschen, die dringend nach Wohnraum suchen. Da hat die letzte Landesregierung vieles getan. Wir sind im letzten Jahr mit 40 % der fertiggestellten Wohnungen in Nordrhein-Westfalen deutscher Meister beim sozialen Wohnungsbau gewesen. Fördermittel werden massiv abgegriffen.

Aber wenn Sie, Herr Lindner, hier gegen die Mietpreisbremse zu Felde ziehen,

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

glauben Sie wirklich, dass das deutsche Mietrecht ausreichend ist, um Mieterinnen und Mieter vor unberechtigten Mieterhöhungen zu schützen? Ich lade Sie gerne mal nach Köln ein. Sie haben ja eben auf Herrn Kollegen Ott reagiert. Das sind nicht nur Wähler der Grünen mit irgendwelchen schicken Altbauwohnungen, sondern es sind die einfachen Leute, die auf Wohnungssuche sind,

(Beifall von den GRÜNEN)

die sich dringend danach sehnen, modernisierten und dennoch bezahlbaren Wohnraum zu finden.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Teilweise erhöhen Vermieter die Miete im Quadratmeterpreis um 5 oder 6 €. Aber es gibt keine Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme.

Sie sagen, das Mietrecht sei ausreichend, um Menschen vor unberechtigten Mietsteigerungen zu schützen. Diese Auffassung teilen wir in keiner Weise, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich habe mich eben bei Ihrer Rede gewundert. Der Applaus der CDU-Fraktion war ja an einigen Stellen sehr dünn. Ich habe auch mal zu Herrn Laumann herübergeguckt, wie er das alles verfolgt hat.

Die wohnungspolitische Frage ist eine der zentralen sozialpolitischen Fragen in diesem Land. Die beantworten Sie nicht. Dazu haben Sie gestern in Ihrer Regierungserklärung nichts gesagt. Sie wollen alle Instrumente abschaffen, die die Vorgängerregierung eingeführt hat, um Wildwuchs, um Mietwucher einzugrenzen. Aber Sie sagen nicht, was kommen soll. Das ist ein schweres Versäumnis Ihrer Regierungserklärung.

(Beifall von den GRÜNEN)