Protocol of the Session on July 12, 2019

(Zuruf von der FDP)

Ist das alles falsch, was Sie uns in zwei Jahren versucht haben, weiszumachen?

(Beifall von der SPD)

Wird es denn erst jetzt losgehen?

(Beifall von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann nur eines von beidem stimmen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Ihre – das gebe ich schon zu – sehr atemberaubende Entfesselungsrhetorik, Ihre Wunderwaffe, die Sie hier präsentieren, und diese Ideologie mit dem simplen Glauben, man überlasse einfach alles sich selbst, dann werde es sich schon regeln

(Zuruf von der CDU)

ich sage das gerne –, falsch sind. Das Land wird sich nicht gut entwickeln,

(Beifall von der SPD)

wenn die Politik die Verantwortung für die Landesentwicklung nicht wahrnimmt.

(Zuruf von der FDP)

Mehr noch: Sie – und da kann man miteinander durchaus einig sein – schrauben nicht nur bürokratische Regelungen – wie übrigens auch die letzte Landesregierung – zurück.

(Bodo Löttgen [CDU]: Bitte?)

Sie schrauben nicht nur – wie auch die letzte Landesregierung – überbordende Bürokratie – übrigens mit Ihrer Zustimmung in diesen Punkten – zurück. Wir können uns die Plenarprotokolle dazu gerne ansehen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Sie meinen die letzte CDU/FDP-geführte Landesregierung!)

Nein, Sie schleifen Regelungen, die die sozial verträgliche Entwicklung, die ökologische Entwicklung und die gesellschaftliche Akzeptanz in diesem Land betreffen. Das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen.

(Beifall von der SPD)

Entfesselung ist da eben nur eine neue Chiffre für die alte Ideologie: „Privat vor Staat“ – nicht mehr, nicht weniger.

(Beifall von der SPD)

Die Erfolge Ihres ersten Entfesselungspakets, das ja schon länger durch diesen Landtag gegangen ist,

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

nehmen sich relativ bescheiden aus.

Hier wurde gerade viel darüber gesprochen, dass Wirtschaftsentwicklung wieder ermöglicht werden soll. Das war Ihr Anspruch auch beim ersten Entfesselungspaket.

Wir hatten vor gut zwei Wochen die Gelegenheit, den Konjunkturbericht des RWI zu erhalten. Dieser Konjunkturbericht spricht von 0,7 % Wirtschaftswachstum im Jahr 2019 und von 0,9 % im zurückliegenden Jahr 2018 – einzig und allein dadurch aufrechterhal

ten, dass sich die Konsumnachfrage und die Bauwirtschaft positiv entwickeln – nicht der Bereich der Industrieproduktion und nicht der Bereich der Vorproduktion.

(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])

Ihre Ideologie führt leider eben nicht dazu, Herr Rehbaum, dass sich dieses Land gut entwickelt, sondern sie führt dazu, dass dieses Land bei diesen wesentlichen Fragen nicht vorankommt; sie ist wirkungslos.

(Zuruf von der CDU)

Die Beschäftigungsverhältnisse entwickeln sich positiv in den Bereichen Dienstleistungen, Konsum und Staat. Nichts von alledem ist jedoch in Ihren Entfesselungspaketen angesprochen.

(Beifall von der SPD)

Dann sind Sie auf den Wohnungsmangel eingegangen. Es ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, dass Sie argumentieren, der Wohnungsmangel in Nordrhein-Westfalen sei darauf zurückzuführen, dass wir in diesem Land zu wenig Flächenbevorratung an allgemeiner Siedlungsfläche hätten.

Ich sage Ihnen: Der Wohnungsmangel in NordrheinWestfalen ergibt sich vor allem in den großen Städten und nicht in Albersloh, wie Sie das hier gerade deutlich gemacht haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Der Trend zur Urbanisierung wird sich nicht dadurch aufhalten lassen, dass Sie zusätzliche Flächen in kleinen und kleinsten Gemeinden ausweisen.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Der Trend zur Urbanisierung wird sich aufhalten lassen, wenn in diesem Land endlich eine ordentliche Mobilität möglich ist,

(Beifall von der SPD)

die Menschen an ihren Arbeitsplatz gelangen, die Menschen sich in diesem Lande bewegen können. Darüber können wir uns hier gerne unterhalten.

(Zuruf von der CDU)

Er wird sich vor allem auch nicht an der Frage zusätzlicher Flächen entscheiden, sondern er wird sich vor allem an der Frage entscheiden, dass bereits als allgemeine Siedlungsgebiete ausgewiesene Flächen entsprechend erschlossen werden können. Das ist doch die gemeinsame Herausforderung, die wir haben. Das ist die kommunale Herausforderung, aber auch die auf Landesebene.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will drei konkrete Punkte ansprechen:

Das Fünf-Hektar-Ziel ist in der Tat der erste, der Erwähnung finden muss. Über Jahre hinweg sind die

CDU-Kollegen übers Land gezogen und haben das Fünf-Hektar-Ziel als wesentliches Entwicklungshemmnis hier im Lande Nordrhein-Westfalen gebrandmarkt.

In der Begründung steht drin, es solle gestrichen werden, weil es unwirksam sei.

Eines von beiden kann nur stimmen: Entweder es ist eine unwirksame Regelung, oder es hat die Entwicklung im Lande aufgehalten.

(Beifall von der SPD)

Sie müssen sich entscheiden, was es sein soll.

Trotz aufwendiger Suche wollte Ihnen übrigens kaum ein Beispiel einfallen, an dem Sie das festmachen konnten, an dem Sie eine nicht stattgefundene Entwicklung aufgrund des Fünf-Hektar-Ziels festmachen konnten.

Wir bleiben bei unserem Bekenntnis zum Flächensparen, das Herr Rehbaum hier gerade wiederholt hat. Dieses Bekenntnis zu wiederholen, Herr Rehbaum, aber zwei Sätze vorher anzukündigen, dass man zusätzliche Flächen für Bau in Anspruch nehmen wolle, will für mich und meine Fraktion nicht zusammenpassen.