Protocol of the Session on May 24, 2019

Die Landesregierung nimmt den Antrag der Fraktion sehr gerne zur Kenntnis, da er die von uns ebenso eingeschätzte wichtige Europaarbeit der kommunalen Ebene noch einmal unterstreicht und mir die Gelegenheit gibt, auf die Erweiterung des Wettbewerbs zur Auszeichnung „Europaaktive Kommune“ hinzuweisen und darüber hinaus aufzuzeigen, dass wir in der Ergänzung mittlerweile auch die zivilgesellschaftlichen Engagements besonders auszeichnen.

In dem Bereich der Subsidiarität und in Bezug auf EU-Fördermittel haben wir neue Initiativen umgesetzt.

Zum Thema „Taskforce Subsidiarität“: NordrheinWestfalen begrüßt, dass die Kommission in all ihren Folgeabschätzungen und Begründungen eine Subsidiaritätsprüfung vornehmen wird. In Nordrhein-Westfalen machen wir das bereits heute. Die Landesregierung unterzieht bereits heute alle Rechtsschutzvorhaben einer Subsidiaritätsprüfung, und wir sind der Auffassung, dass die Kommission nur dann tätig werden sollte, wenn das Handeln auf EU-Ebene auf einer unteren Ebene nicht geleistet werden kann. Das Subsidiaritätsprinzip ist nicht irgendein Hirngespinst, sondern ist Vertragsbestandteil des EUVertrages.

Wir begrüßen ausdrücklich das Vorhaben, die Prüffrist für nationale Parlamente zu verlängern und die Fristen für die Stellungnahmen der Parlamente von acht auf zwölf Wochen zu verlängern.

Ebenso begrüßen wir die Gründung der regionalen Kontaktstelle des AdR, die die Erfahrungen betroffener regionaler und lokaler Akteure bei der Umsetzung des EU-Rechts besser erfassen und darauf aufbauend Verbesserungsvorschläge formulieren soll.

Es freut mich sehr, dass sich Nordrhein-Westfalen mit seinem Antrag durchsetzen konnte und nun zu den 20 Kernregionen innerhalb der EU gehört, die für die zweijährige Pilotphase diesem Netzwerk angehören. So haben wir die Chance, die von EURechtsetzungsvorschlägen betroffenen Akteure besser einzubinden und damit Bürgernähe zu erzeugen.

In der Arbeit der regionalen Hubs sehen wir einen Paradigmenwechsel. Nach dem eher passiven Subsidiaritätsprinzip haben wir nun aktive Möglichkeiten von gelben und roten Karten; wir haben es aber auch in der Hand, selber europäische Rechtsetzung aktiv mitzugestalten.

Zur Auszeichnung „Europaaktive Kommune“ und „Europaaktive Zivilgesellschaft“: Am 5. November 2018 wurden die ersten 25 Kommunen dauerhaft als „Europaaktive Kommune“ ausgezeichnet. Mit der neugeschaffenen Auszeichnung „Europaaktive Zivilgesellschaft“ hat die Landesregierung ihren Blick über die kommunale Arbeit hinaus auch auf die Zivilgesellschaft erweitert. Die Bewerbungsfrist für die

diesjährigen Auszeichnungen „Europaaktive Kommune“ und „Europaaktive Zivilgesellschaft“ endete am 9. Mai. Wir haben rund 30 qualitativ hochwertige Bewerbungen.

Die EDICs haben erfolgreich mitgearbeitet bei gemeinsamen Veranstaltungen zur Europawahl. Die Landesregierung ist aktiv und nutzt alle Möglichkeiten, die Europaarbeit kommunaler und zivilgesellschaftlicher Akteure anzuspornen und zu würdigen. Dabei freuen wir uns über die Unterstützung und Begleitung aller Kräfte.

Die Förderprogramme der europäischen Struktur- und Investitionsfonds werden beim Land in sogenannter geteilter Mitverwaltung umgesetzt. Dadurch können die Bedürfnisse im Land genau adressiert werden. Außerdem geschieht die Umsetzung der Förderprogramme mit unseren Kommunen.

Das Thema der Vereinfachung und das in direktem Zusammenhang mit einer erfolgreichen Umsetzung stehende Programm besitzen für die Landesregierung hohe Priorität.

Das Motto „Entfesselung“ gilt auch für die europäischen Struktur- und Investitionsfonds. Die Landesregierung erwartet, dass die verschlankten Verordnungstexte für die kommenden Förderperioden die Praxis erleichtern und den Zugang leichter handhabbar machen werden.

Wir setzen uns dafür ein, dass zum Start der neuen Förderperiode ein schlanker, effektiver Verwaltungsaufwand und damit ein optimaler Mitteleinsatz erreicht wird, der die Akzeptanz der Förderprogramme erhöht.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir Ihren Antrag, sehen aber keine Veranlassung, irgendetwas Neues darin zu sehen, das wir unterstützen sollten. – Danke.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Damit liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung erstens über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 17/6325. Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? – Das sind die Abgeordneten der SPD. Wer ist dagegen? – Das sind die Abgeordneten von CDU, FDP, AfD und der fraktionslose Abgeordnete Neppe. Gibt es Enthaltungen? – Enthaltung der Grünen. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir stimmen zweitens über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 17/4120 ab. Der Ausschuss für Europa und Internationales empfiehlt mit Drucksache 17/6280 – Neudruck –, den Antrag Drucksache 17/4120 abzulehnen. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache

17/4120 selbst und nicht über die Beschlussempfehlung. Wer möchte dem folgen? – Das ist die SPD. Wer ist dagegen? – Das sind CDU, FDP, AfD und der fraktionslose Abgeordnete Neppe. Wer enthält sich? – Enthaltung der Grünen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

8 Gesetz zur Einführung der Zustimmungswahl

für Bürgermeister und Landräte

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Drucksache 17/6267

erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Abgeordneten Tritschler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Stichwahl ist das so eine Sache. Die CDU und etwas widerwillig auch die FDP verweisen auf den Umstand, dass an den vergangenen Stichwahlen häufig nur sehr wenige Wähler teilgenommen haben.

SPD und Grüne wiederum verweisen darauf, dass eine relative Mehrheit im ersten Wahlgang unter Umständen ebenfalls nur sehr wenige Wähler umfasst.

Für beide Szenarien gibt es tolle Beispiele und tolle Gegenbeispiele. Beide Szenarien sind unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten schwierig.

Zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme gehört aber auch, dass beide Parteien, die mal Volksparteien waren, hier ganz eigene Interessen vertreten. Die CDU, die inzwischen flächendeckend eine strukturelle, aber eben auch nur eine relative Mehrheit hat – sogar in Großstädten wie Köln –, erhofft sich reiche Beute, und die chronisch schwindsüchtige SPD fürchtet um Pfründe, denn so, wie es jetzt aussieht, kann sie, wenn überhaupt, nur noch per Stichwahl ein Bürgermeisteramt oder das Amt eines Landrats erobern.

Die jeweiligen Anhängsel machen das durchsichtige Spielchen mit, die FDP allerdings mit vernehmbarem Murren. Ich habe es selbst miterlebt, wie Ihre Parteifreunde im Kölner Stadtrat Ihnen die Gefolgschaft verweigert haben. Aber ich nehme an, sie müssen das nicht umsonst machen.

Jetzt haben wir also folgende Situation: Gut ein Jahr vor der Kommunalwahl hat die Landesregierung ein Wahlrecht durchgeprügelt, das höchst umstritten ist und bei dem nicht klar ist, ob es einer verfassungsgerichtlichen Prüfung standhalten wird.

Aber genau die steht bevor: Die Gegner haben eine Klage bereits in Aussicht gestellt. Deshalb brauchen

Sie mir jetzt auch nicht gleich zu erzählen, dass das Thema schon erledigt ist; das wird jetzt monatelang, und zwar möglicherweise bis kurz vor der Wahl, vor sich hin köcheln.

Darüber hinaus kann man davon ausgehen, dass bei wechselnden Mehrheiten hier im Hause diese Änderung wieder rückgängig gemacht wird – dann zum zweiten Mal.

Meine Damen und Herren, das Wahlrecht ist aber ein denkbar schlechter Raum für das Wechseln politischen Kleingelds. In einer funktionierenden Demokratie muss es sich auf breite Mehrheiten und auf breite Akzeptanz stützen und von hoher Kontinuität gekennzeichnet sein.

Das alles ist hier aber erkennbar nicht der Fall. Da wir zu keinem dieser beiden Machtblöcke gehören und auch nicht gehören wollen, machen wir mit unserem Gesetzentwurf einen Vorschlag, frei von Eigeninteressen.

Das Zustimmungswahlrecht, das wir hier vorschlagen, ist denkbar einfach: Anstatt einer Stimme hat der Wähler so viele Stimmen, wie er möchte bzw. wie viele Kandidaten es gibt. Der Kandidat mit den meisten Stimmen ist gewählt. So einfach ist das.

In der Praxis aber wird er den oder die Kandidaten wählen, den oder die er bevorzugt. Wenn er dieses denkbar einfache Wahlrecht nicht versteht und einfach weiter wählt wie bisher und eine Stimme abgibt, dann ist diese natürlich auch weiterhin gültig und wirksam.

Meine Damen und Herren, so bekommen Sie das Beste aus zwei Welten: Sie bekommen viele Wähler, klare Mehrheiten und nur einen Wahltermin. Ach ja, und die mit dem Verfassungsgerichtsprozess verbundene Unsicherheit hätte sich ebenfalls erledigt.

Da bleibt jetzt eigentlich nur noch ein Problem: Der Antrag ist von einem bösen Rechtspopulisten gestellt worden, und dem können Sie natürlich nicht zustimmen. Deshalb zitiere ich zum Abschluss eine Organisation, die wahrlich nicht unter Rechtspopulismusverdacht steht, nämlich „Mehr Demokratie e. V.“ – Zitat:

„Bei der Wahl mit nur einer Stimme werden Sympathisanten von weniger aussichtsreich erscheinenden Kandidaten wider ihren Willen motiviert, das kleinere Übel eines mehrheitsfähigen Kompromisskandidaten zu wählen, damit ein nicht noch unbeliebterer Kandidat siegt. Bei der Zustimmungswahl können die Wähler beide Bewerber oder ihren tatsächlichen Favoriten wählen, ohne dass die eigene Stimme an Gewicht verliert. Bei diesem Wahlsystem ist nur ein Wahlgang nötig. Das Argument von CDU und FDP, dass die Wahlbeteiligung bei Stichwahlen im Vergleich zum ersten Wahlgang niedriger liegt, wird hier aufgenommen und das Problem mit einem für

Bürger und Kandidaten vorteilhafteren Wahlrecht gelöst.“

Gerne erläutere man der Landesregierung diesen Vorschlag. – Meine Damen und Herren, das Angebot sollten Sie annehmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank. – Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter HoppeBiermeyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir feiern in diesen Tagen 70 Jahre Grundgesetz. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben einen Bauplan für eine stabile deutsche Demokratie vorgelegt.

Art. 28 des Grundgesetzes sagt, dass das Volk in Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben muss, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. An diesen Maßstab halten wir uns und überprüfen regelmäßig die Praktikabilität und Sinnhaftigkeit des Kommunalwahlgesetzes.

Diesem Maßstab wird Ihr Gesetzentwurf leider nicht gerecht. Das, was Sie vorhaben, schießt weit über das Ziel hinaus. Sie berufen sich auf irgendwelche Webseiten und werfen unbegründet und undurchdacht Modelle in den Raum. Dafür ist unsere kommunale Demokratie zu wertvoll, und das Thema ist zu ernst.

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

Die Politikverdrossenheit in der Gesellschaft hat in den vergangenen Jahren leider zugenommen, und die Wahlbeteiligung hat sich tendenziell verringert. Was Sie an dieser Stelle also auf keinen Fall machen sollten, ist, den Wahlgang komplizierter und aufwendiger zu gestalten. Darum sind Ihre Modelle auch ungeeignet.