Protocol of the Session on May 23, 2019

Die volle Weitergabe der Integrationspauschale ist eine notwendige Maßnahme zur Finanzierung dieser wichtigen Aufgabe. Ja, das sage ich durchaus selbstkritisch – auch in Richtung der früheren Landesregierung. Das hat aber rein gar nichts mit einer auskömmlichen FlüAG-Pauschale zur Finanzierung von Lebensunterhalt und Unterkunft der Flüchtlinge zu tun. Hier versuchen Sie, die berechtigten Ansprüche der kommunalen Spitzenverbände zur Höhe der FlüAG-Pauschale kleinzurechnen.

In der letzten Debatte im Landtag führten Sie aus, Sie müssten das noch mit den kommunalen Spitzenverbänden diskutieren. Das Ergebnis sieht nun so aus, dass Sie die Ansprüche schlicht und ergreifend verneinen und abbügeln. Sie führen doch gar keine Debatte mit den kommunalen Spitzenverbänden. Sie Interpretieren das Gutachten von Professor Lenk so, dass Sie die niedrigsten Werte der empfohlenen FlüAG-Pauschale bereits jetzt als gesetzt betrachten.

Dazu kommt aber noch ein viel größeres Problem. Ich zitiere noch einmal aus dem Lenk-Gutachten:

„Die Kosten bzw. Aufwendungen der derzeit geduldeten Flüchtlinge, für die keine FlüAG-Pauschale gezahlt wird, belasten die Kommunen in einem immer stärker werdenden Maße.“

Hier gibt es weder vom Bund noch vom Land Unterstützung für unsere Städte. Sie wissen genau, dass viele in der Kommune auftretenden Folgekosten, wie zum Beispiel Auffangklassen an den Schulen, zusätzliche Kitaplätze, mehr Schulsozialarbeiter, nicht ausreichend gegenfinanziert sind.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Diese Kosten wachsen den Kommunen über den Kopf. Diese Auswirkungen könnten mit höheren Pauschalen zumindest gelindert werden. Das sagt das Gutachten aus, und das wissen Sie auch.

Die Kommunen haben in den Zeiten der hohen Flüchtlingszuwanderung Herausragendes geleistet, und sie leisten es heute noch. Ich möchte es noch einmal sagen: Lassen Sie die Kommunen bitte nicht im Regen stehen! – Glück auf!

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Göddertz. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Terhaag.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach Durchsicht des vorliegenden Antrags der grünen Fraktion ist man geneigt, zu sagen: Und täglich grüßt das Murmeltier. – Denn wieder einmal diskutieren wir heute über einen Antrag zur Finanzierung der Kosten für Flüchtlinge bei den Kommunen. Inhaltlich gibt es gegenüber dem letzten Antrag der grünen Fraktion und der zugehörigen Debatte im März-Plenum nicht viel Neues zu lesen und zu erzählen.

Eigentlich sollten wir uns hier im Landtag in einem Punkt einig sein: Bundesfinanzminister Olaf Scholz – SPD – darf sich seiner Verantwortung nicht entziehen. Der Bund ist für das Asyl- und Aufenthaltsrecht zuständig und damit auch finanziell für die daraus entstandenen Aufwendungen verantwortlich.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Deshalb können und dürfen wir nicht hinnehmen, dass die Beteiligung des Bundes an den Ausgaben der Länder und Kommunen von jährlich 4,7 Milliarden Euro auf nur 1,3 Milliarden Euro geschrumpft werden soll. Das ist ein Bruch der vollmundigen Versprechen des Bundes, die Länder, Städte und Gemeinden mit den Folgen der Migration nicht alleinzulassen.

Die Forderungen der Kollegen der SPD zur Unterstützung der Kommunen verlieren aufgrund der Ankündigung ihres Bundesfinanzministers jegliche Glaubwürdigkeit.

(Beifall von der FDP – Stefan Kämmerling [SPD]: Das ist gar nicht unser Antrag! Der ist von den Grünen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir benötigen eine verlässliche und dauerhafte Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Kosten für die Integration von Geflüchteten. Dafür setzt sich unsere Landesregierung – vorneweg unser Integrationsminister Dr. Joachim Stamp – ein.

(Beifall von der FDP)

Dazu braucht es keine gesonderte Aufforderung wie in dem uns vorliegenden Antrag. Die NRW-Koalition kennt die Herausforderungen genau, vor denen die Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme und bei der Integrationsarbeit standen und noch stehen.

Ich wiederhole es vor allem für die Kollegen aus der SPD-Fraktion und der grünen Fraktion gerne noch einmal: Die NRW-Koalition hat bereits 2018 als ersten Schritt den Städten und Kommunen 100 Millionen Euro aus der Integrationspauschale des Bundes zur Verfügung gestellt.

(Stefan Kämmerling [SPD]: Wie viel stand im Wahlprogramm?)

Im laufenden Haushaltsjahr leiten wir die Mittel aus dieser Pauschale in der vollen Höhe von 433 Millionen Euro an die Kommunen weiter. Den entsprechenden Gesetzentwurf hat die Landesregierung gestern eingebracht. Wir lassen die Städte und Gemeinden mit der Aufgabe der Integration also nicht allein.

(Beifall von der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme gern noch zum zweiten Punkt des Antrags, die Bearbeitung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes. Die Universität Leipzig hat bekanntermaßen eine Evaluation der Ist-Kosten für die Flüchtlingsunterbringung erstellt und daraus Empfehlungen zur Anpassung der FlüAG-Pauschale abgeleitet. Diese sehen eine Spreizung zwischen kreisfreien Städten und kreisangehörigen Gemeinden vor und werden deshalb von den kommunalen Akteuren durchaus unterschiedlich bewertet.

Auch schon in der letzten Plenardebatte haben die Kollegen der Opposition eine schnelle Regelung gefordert.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Schnell ist relativ! Ein halbes Jahr liegt das vor!)

Wir wollen aber eine möglichst breit getragene Regelung erreichen und nehmen uns daher die nötige Zeit für Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden. Nur so können wir zu einer sachgerechten Lösung kommen. Undurchdachte und unabgestimmte Schnellschüsse in der Landespolitik sind nicht Sache der NRW-Koalition. Dieser Politikstil ist mit dem Regierungswechsel endlich zu Ende gegangen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

In diesem Zusammenhang steht aber auch die Frage der Kostenübernahme für Geduldete.

Herr Kollege Terhaag, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Mostofizadeh will …

Nein, ich rede jetzt weiter.

In diesem Zusammenhang steht aber auch die Frage der Kostenübernahme für Geduldete. Für hier Geduldete erstattet das Land die Kosten für bis zu drei Monate über den Abschluss des Asylverfahrens hinaus. Das ist schon deutlich länger als die Regelung des Bundes, der sich nur für einen einzigen Monat an den Kosten beteiligt.

(Monika Düker [GRÜNE]: Aber nicht von Rot- Grün!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kennen aber auch die Sorgen der Kommunen hinsichtlich der Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Geduldeten. Um eine kurzfristige Entlastung zu erreichen, sehen wir bei der Änderung des Teilhabe- und Integrationsgesetzes eine befristete Sonderregelung vor. Damit können die Städte und Gemeinden bisher nicht abrechenbare Kosten für Geduldete aus Mitteln der Integrationspauschale decken.

Neben der finanziellen Unterstützung entlasten wir die Städte und Gemeinden auch bei der Zahl der zu versorgenden Geduldeten. Auch das wiederhole ich gern noch einmal für die Kollegen der Opposition: Der Asylstufenplan wird schrittweise die Zuweisungen an die Kommunen reduzieren.

Minister Dr. Stamp hat zudem einen Erlass erstellt, der auf die Menschen zielt, die schon lange mit einer Duldung hier leben. Mit diesem Erlass geben wir den kommunalen Ausländerbehörden eine Anleitung, wie der bundesrechtliche Spielraum für die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis bei nachhaltiger Integration besser genutzt werden kann. So können Menschen, die am Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben, unsere Sprache lernen und straffrei geblieben sind, einen gesicherten Aufenthaltsstatus erhalten.

Das alles zeigt: Wir nehmen die Sorgen und Nöte in unseren Kommunen ernst. Aus diesem Grund ist dieser weitere Antrag obsolet, und darum werden wir ihn ablehnen müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Terhaag. – Für die AfD-Fraktion spricht Frau Kollegin Walger-Demolsky.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, auch wir waren erinnert an das Murmeltier, Herr Terhaag. Viel Mühe haben Sie sich mit dem Antrag wohl nicht gegeben. Ähnliche Anträge haben Sie schon früher formuliert und gestellt.

Aber in einem Punkt ist der Antrag durchaus zustimmungsfähig. Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen – eine ganz alte Regel. Es kann also prinzipiell nicht sein, dass die Bundesregierung einerseits durch ihre Politik Verursacherin der Kosten ist, zum Teil eben auch der Kosten, die von Geduldeten verursacht werden, sie aber andererseits nicht vollständig aus ihren eigenen Mitteln finanzieren will.

Die Proteste der Länder sowie der Städte und Gemeinden haben den SPD-Bundesfinanzminister nach ersten noch ganz anders lautenden Überlegungen zumindest zu der Erkenntnis gebracht, dass der Bund für die Finanzierung der anerkannten Flüchtlinge weitestgehend verantwortlich ist. Was dem

Bund scheinbar nicht klar ist, ist, dass seine Gesetzgebung und seine schwache Außenpolitik zumindest teilweise auch für den Verbleib vieler Geduldeter verantwortlich ist.

Dem Steuerzahler könnte es im Prinzip vollkommen egal sein, aus welchem Haushalt die Finanzierung kommt. Aber dem Steuerzahler ist es nicht egal, wenn Kosten produziert werden, die vermeidbar wären.

Integrations- und Unterbringungskosten für abgelehnte Asylbewerber sind zu einem großen Teil vermeidbar, wenn regelmäßig Remigration den Vorzug vor Integration bekäme. Tatsächlich wird an dieser Stelle nun die Verantwortung der Kommunen deutlich. Denn wie oft sind es die Ausländerämter vor Ort, die großzügig Gebrauch von Duldungen machen, aber Rückführungsoptionen nur zögerlich prüfen.

Die kommunalen Verantwortlichen beugen sich so dem Druck von Sozialverbänden und anderen politischen Einflussnehmern wie unter anderem dem Flüchtlingsrat, der kürzlich noch auf seiner Seite eine Verlinkung zur staatsfeindlichen interventionistischen Linken hatte und diesen Link auch erst kurz nach unserer Anfrage – der meines Kollegen Seifen – bei der Landesregierung gelöscht hat.

(Helmut Seifen und Christian Loose [AfD]: Hört, hört!)

Diese Mitverantwortung aller Ebenen ist auch der Hauptgrund, warum wir nicht der Meinung sind, dass man auf Biegen und Brechen die Städte entlasten muss. Stattdessen sollte man die Städte deutlich auffordern, zuvorderst die Remigration vieler Geduldeter zu forcieren, die eben nicht in der Lage sind, sich selbst zu finanzieren.

Den Städten, insbesondere denen, die von der SPD oder von SPD und Grünen regiert werden, empfehle ich, in der Zwischenzeit ihre Leistungen zu überprüfen. Auch hier haben sich seit 2015 immer mehr zum Teil überflüssige und zum Teil doppelte Strukturen entwickelt, die so nicht dauerhaft bestehen bleiben können und sich schon gar nicht ausweiten sollten. Große, zum Teil weitgehend leerstehende Containerdörfer sind dabei nur ein Kostenfaktor, der die Städte drückt, während anerkannte Flüchtlinge, aber auch vollfinanzierte Geduldete längst in Wohnungen leben.

Selbstverständlich kann man um die Töpfe streiten, aus denen Finanzierungen erfolgen sollen. Man darf dabei aber niemals vergessen, dass es am Ende immer der Steuerzahler ist, der als Leistungserbringer die Lasten trägt. Daher müssen Leistungen und Ausgaben sinnvoll gestaltet werden und regelmäßig auf den Prüfstand kommen. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)