Deswegen bleibt die Landesregierung bei ihrer Einschätzung, dass die geplanten Änderungen, die jetzt im Parlament beschlossen werden, in Übereinstimmung mit der Verfassung und demokratiekonform sind.
Gestatten Sie mir einen letzten Satz. Dass Parlamentarier sich darüber aufregen, dass ein Gesetzentwurf der Landesregierung von den Parlamentariern im Parlamentsverfahren geändert wird, überrascht mich ein wenig. – Danke.
Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt eine Kurzintervention aus den Reihen der Grünen. Der Kollege Mostofizadeh ist angemeldet und hat jetzt das Wort.
Herr Minister Reul, ich bin schon einigermaßen erstaunt über Ihren Auftritt. Wenn Sie uns allen Ernstes vorwerfen, irgendjemand hätte hier in der Debatte gesagt, wir seien erstaunt darüber, dass es einen Änderungsantrag gibt, dann ist das eine Verdrehung der Tatsachen.
Sie haben es in dem Verfahren bisher abgelehnt, ausführlich mit Zahlen und Fakten Stellung zu der Frage zu nehmen, aus welchem Grund es verfassungsmäßig geboten ist, diese Änderung des Wahlgesetzes vorzunehmen.
Sie haben auch in der Aktuellen Stunde vom 16.11.2018, wie dem Plenarprotokoll zu entnehmen ist, wörtlich ausgeführt, eine Auswertung der Kommunalwahlen von 2014 und 2015 zeige, dass es in der Mehrzahl der Fälle zu einer geringen Wahlbeteiligung gekommen sei.
Tatsächlich ist es folgendermaßen gewesen: In den kreisangehörigen Gemeinden hatte in allen Fällen, die untersucht worden sind, derjenige, der in der Stichwahl gesiegt hat, mehr Stimmen als der Kandidat im ersten Wahlgang. In einem Drittel der Fälle ist der unterlegene Kandidat der siegreiche Kandidat geworden.
Herr Verfassungsminister Reul, Sie drücken sich auch heute vor einer systematischen verfassungsrechtlichen Beurteilung des Vorgangs. Das wird in Münster sicherlich von Interesse sein. Aber dass Sie dem Parlament vorwerfen, hier nicht vernünftig zu arbeiten, finde ich schon ein starkes Stück.
Kollege Becker und ich haben eine Kleine Anfrage an Ihr Haus gerichtet. Da haben Sie die Zahlen geliefert und keine Auswertung gemacht. Im Ausschuss wurde gesagt, das Ministerium nehme keine Auswertung vor, um die Zahlen nicht zu verkürzen.
Danke sehr. – Erstens. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir zeigen würden, wo ich gesagt hätte, dass das Parlament nicht ordentlich gearbeitet habe. Das habe ich heute hier nicht gesagt. Da müssen Sie auf einem anderen Stern gewesen sein.
Zweitens. Ich habe dem Parlament und Ihnen auch nicht vorgeworfen, dass Sie hier keine Änderungsanträge gestellt hätten. Ich habe nur gesagt: Ich verstehe nicht, dass sich Parlamentarier darüber aufregen, wenn das Parlament einen Gesetzentwurf der Landesregierung ändert. – Das ist Ihr Recht. Das dürfen Sie. Insofern habe ich die Aufregung nicht verstanden – sonst gar nichts.
Drittens. Ich habe überhaupt nicht gesagt, dass das verfassungsmäßig geboten sei. Ab und zu muss man die Ohren mal aufmachen. Entschuldigung, dass ich das sage.
Ich habe gesagt, dass das möglich ist. Das waren meine Worte. Es ist eine politische Entscheidung, ob man es macht oder nicht macht. Aber verfassungsgemäß ist es. – Danke.
(Beifall von der CDU und der FDP – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das, was Sie sagen, ist schlicht falsch!)
Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächstem Redner erteile ich für die Fraktion der SPD dem Kollegen Körfges das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wahlrecht ist das Betriebssystem der Demokratie. Wenn man das Wahlverhalten beobachtet und aufgreift, kann es gelegentlich zu Änderungen am Wahlrecht kommen, die Sinn machen. Ich erinnere an Debatten, die zum Beispiel im Deutschen Bundestag stattgefunden haben.
Nur, wer ohne Anlass und ohne Grund an unserem Wahlrecht herumfummelt und herumbastelt, der gefährdet die demokratische Legitimation und die politische Glaubwürdigkeit.
Kollege Höne hat eben darauf hingewiesen, dass man durch Anhörungen schlauer wird. Ich sage einmal ganz vorsichtig: Das gilt offensichtlich nur für einen Teil des Hauses und für Kabinettsmitglieder überhaupt nicht.
Herr Minister Reul, wer sich als Verfassungsminister nach dieser Anhörung mit den eindeutigen Aussagen zu verfehlten Vergleichen zwischen Bundestags-, Landtags-, Kommunalwahlen hier hinstellt und diese Vergleiche, die allen Sachverständigengutachten zuwiderlaufen, wiederholt, der ist nicht nur nicht schlauer geworden, sondern der geht ziemlich dreist mit dem um, was in den Anhörungen gesagt worden ist.
Respekt und Chapeau, dass zumindest der Minister – deshalb war Ihr Auftritt für uns doch lohnend – auf die am 02.04.2019 vorgenommene Änderung hingewiesen hat! Wir haben uns nicht über die Änderungsanträge, die im November 2018 gekommen sind, aufgeregt.
Am 02.04.2019 haben Sie die Freundlichkeit gehabt, erstmals den Versuch zu unternehmen, das, was Sie da vorhaben, inhaltlich zu begründen. Als wir dann als Parlamentarier mit dem guten Recht der Opposition gesagt haben, dass es, wenn das eine erstmalige vernünftige Begründung sei, pflichtig einer Anhörung bedürfe, haben Sie das niedergestimmt.
Denn wir hätten gerne die Sachverständigen gefragt, die beim ersten Mal Ihren Entwurf bzw. Ihren Änderungsantrag verrissen haben, und zwar alle juristischen Sachverständigen. Die Professoren Baetge, Morlok und Wißmann haben unisono gesagt, dies sei verfassungsrechtlich bedenklich und beinhalte ein Demokratieproblem.
sechseinhalb Wochen lang schriftstellerisch betätigt, uns das Ergebnis drei Tage vor der Ausschusssitzung vor die Füße geworfen und dann verhindert, dass wir es den Sachverständigen noch einmal vorlegen. So geht man mit den Rechten des Parlaments nicht um.
Zur Einteilung der Wahlkreise: Was da gemacht wird, entbehrt jeder Notwendigkeit. Verfassungsrechtlich ist das nicht notwendig! Herr Schellen hat uns im Ausschuss – gut, dass ein Fachmann da war und nicht der Minister – sehr deutlich gesagt, dass es keinen einzigen Fall in Nordrhein-Westfalen gibt, der ihm bekannt sei.
Ich merke, dass Ihnen das wehtut. Aber fehlende Sachkunde muss hier auch einmal angemerkt werden dürfen.
Es gibt in ganz Nordrhein-Westfalen nicht einen einzigen Fall, den Sie vortragen können, in dem anzunehmen wäre, dass unsere Kommunen die Wahlkreise nicht verfassungskonform gebildet hätten.
Das, was Sie wollen, hat eine ganz andere Motivation. Sie drehen aus parteiegoistischen Gründen auch an dieser Stelle am Wahlrecht.
Zur Stichwahl: Wenn ich die Notwendigkeit der Stichwahl hätte begründen wollen, dann hätte ich Teile aus der Begründung des Antrags von CDU und FDP genommen. Es ist mehrfach gesagt worden: Die Legitimation eines Hauptverwaltungsbeamten, der einem Rat gegenübersteht, ist bescheiden, wenn sie nur auf einer Basis von 20 % bis 30 % beruht.
Wenn im zweiten Wahlgang in Stichwahlen – gerade in Großstädten – Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister und auch die Gegenbewerberinnen und Gegenbewerber mehr Stimmen bekommen als im ersten Wahlgang,