die mit Fällen konfrontiert sind, bei denen zu mehr als 97 % von Anfang an klar sein könnte, dass gar kein Schutzgrund gegeben ist.
Es ist Ihnen anscheinend auch völlig egal, was diese irrationale Haltung mit unserem Land und dem öffentlichen Diskurs macht.
Ihrer Partei, sich in dieser Form gegen diese richtige und notwendige Entscheidung des Bundestags zu stellen, leisten Sie den Populisten Hilfe und den Geflüchteten einen Bärendienst.
Denn wie sieht es denn aus? Die Klassifizierung als sichere Herkunftsstaaten ist in Wahrheit nur die Umkehr der Beweislast. Möglicherweise kommt sogar hinzu, dass man sich die Einzelfälle noch genauer anschauen kann, weil dann einfach Kapazitäten frei werden.
Wenn durch eine spezielle Rechtsberatung aufgeklärte Flüchtlinge aus Algerien, Marokko und Tunesien gezielt ausführen können, was ihnen im Heimatland aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung oder ihrer Religion widerfahren ist, dann sinkt doch die Gefahr, dass einzelne Aspekte untergehen oder fälschlicherweise nicht berücksichtigt werden.
Also tun Sie bitte nicht so, als wäre eine solche Einstufung das Ende des Asylrechts. Bringen Sie nicht immer alles durcheinander. Bitte vergleichen Sie in der Debatte nicht immer Tomaten mit Gurken.
Die Anerkennung als sichere Herkunftsländer ist eine pragmatische Gewährung des Flüchtlingsschutzes. Es kommt darauf an, klarzumachen, wer gute Chancen hat und bei wem das eben nicht der Fall ist.
Meine Damen und Herren, liebe Grüne, lassen Sie besonders im Interesse von Nordrhein-Westfalen nicht zu, dass Ihre Parteifreunde diese Entscheidung im Bundesrat aufs Spiel setzen. Es wäre grob fahrlässig, die Akzeptanz des Grundrechts auf Asyl erneut mit Ihrer ideologischen Blockade zu gefährden.
FDP und CDU haben diesen Antrag im Rahmen einer Aktuellen Stunde eingebracht. Sie halten es für notwendig, darüber zu diskutieren. Wenn Sie dann die ersten 40 Sekunden meiner Redezeit ablaufen lassen, um sich intern mit irgendjemandem zu streiten,
Gleiches gilt übrigens für den Egovorwurf in Richtung der Grünen. Es ist respektlos, es so darzustellen, als sei Skepsis in diesem Fall nicht angebracht, als sei dies kein Thema, bei dem man ganz genau überlegen muss, was das für den Einzelnen bedeutet, als müssten wir uns nicht klarmachen, dass es in unseren aktuellen Verfahren auch immer wieder Flüchtlinge gibt, die vielleicht nicht so behandelt werden, wie es aufgrund des Asylrechts angebracht wäre.
Gleichwohl geht es darum, zu überlegen, was der Bundestag verabschiedet hat. Der Bundestag hat gesagt: Wir wollen vier Länder als sichere Herkunftsländer qualifizieren. Wir wollen den Menschen aus diesen Ländern, die tatsächlich einen Anspruch auf Schutz haben, weiterhin die Möglichkeit geben, Schutz in Deutschland zu erhalten – aber eben mit einer geänderten Beweislage.
Trotzdem – ich glaube, das wurde mit meiner Vorbemerkung schon deutlich – ist das keine Entscheidung, die der SPD leichtgefallen ist. Denn wir wissen alle – da darf sich niemand etwas vormachen –, dass es in diesen Ländern auch Personengruppen gibt, die verfolgt werden.
Nicht umsonst war das der Punkt, weshalb unsere Bundestagsfraktion gesagt hat, dass wir für diese Gruppen eine gesonderte Rechtsberatung brauchen. Wir müssen sicherstellen, dass diese Menschen im Zuge ihres Asylverfahrens alle Unterstützung an die Hand kriegen, um dieses womöglich bestehende Recht auch durchzusetzen. Denn es ist sehr schwierig, hier ohne Kenntnis des Systems Asyl zu beantragen, wenn man gleichzeitig aus einem Land kommt, in dem man nicht einmal laut über seine sexuelle Orientierung, seinen Glauben oder seine Vorstellung von einem freien Journalismus reden darf.
Deswegen haben wir § 29a Asylgesetz ausgehandelt, und wir werden sehr genau darauf achten, dass das auch gewährleistet ist.
Für mich ist insbesondere nach der Vordebatte nicht ganz klar, warum wir das Thema heute in einer Aktuellen Stunde diskutieren. Denn meines Wissens war NRW im Bundesrat kein sogenannter Wackelkandidat. Und aus den beiden vorhergegangenen Reden ist auch nicht deutlich geworden, dass CDU und FDP überlegen, was ihr Abstimmungsverhalten angeht.
Wir müssen aber auch darüber nachdenken: Was bedeutet dieses Gesetz in der Realität? Bisher haben weniger als 2 % der Schutzsuchenden aus diesen Ländern tatsächlich Anspruch auf Asyl. Das heißt, selbst wenn man davon ausgeht, dass vielleicht der eine oder andere Entscheid zu ihren Lasten fehlerhaft entschieden wurde, sind weitere 90 % der Verfahren hoffnungslos, belasten unsere Behörden, Gerichte vor Ort und in der Konsequenz nicht nur die Schutzsuchenden, die aus sehr guten Gründen, sondern auch diejenigen, die vielleicht aus anderen Gründen gekommen sind.
Ich glaube nicht, dass man sich in Lebensgefahr begibt, nur um wirtschaftlich etwas besser dazustehen. Aber auch diese Menschen werden belastet. Denn sie geben vor Ort einen Teil ihres Zuhauses auf, verlassen ihre Familie, geben unter Umständen ihren Job auf, um dann nach einer gewissen Zeit zu merken: Nein, in Deutschland habe ich auch keine Perspektive.
Wichtig kann auch Folgendes sein, um bestimmten Märchengeschichten von Schleppern etwas entgegenzusetzen: Wenn wir uns angucken, was sich bei den Balkanländern in den letzten Jahren verändert hat, so stellen wir einen deutlichen Rückgang der Anträge von Nichtberechtigten fest, während gleichzeitig die Schutzquote der tatsächlich Zuerkannten sogar leicht gestiegen ist.
Gleichzeitig müssen wir uns aber fragen: Was bringt uns das? Denn wir sprechen hier nicht von einer sehr überschaubaren Zahl von Flüchtlingen, sondern schon von einer fast nicht mehr sichtbaren Zahl von Flüchtlingen, die aus diesen Staaten kommen. Das heißt, die Problematik, die gerade zum Teil aufgefächert wurde, besteht so gar nicht.
Das ist auch nicht die große Lösung. Wenn wir uns angucken, dass wir allein im letzten Jahr 15.493 ausreisepflichtige Personen ohne Duldung in NordrheinWestfalen hatten, dann merken wir: Wir brauchen vielleicht eine gewisse Zeit, bis wir an den Punkt kommen, dass jemand vollziehbar ausreisepflichtig ist, aber an diesen Punkt kommen wir.
Die Problematik liegt also ganz woanders. Wir müssen sehen: Wie verhält es sich mit fehlenden funktionierenden Abkommen, was Herkunftsländer angeht? Warum funktioniert der Innenminister da nicht? Was ist mit fehlenden Passersatzpapieren? Was ist mit Ländern, die zum Teil ein fehlendes Interesse daran haben, ihre eigenen Staatsbürger wieder zurückzunehmen?
Das sind Dinge, die tatsächlich helfen könnten, die Situation zu entspannen, und nicht diese aufgebauschte Debatte heute Morgen zur Anerkennung von sicheren Herkunftsländern. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Fraktion der Grünen erteile ich der Abgeordneten Frau Aymaz das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Ja, nachdem im Jahre 2017 die GroKo im Bundesrat damit gescheitert ist, die drei Maghrebstaaten Tunesien, Marokko und Algerien als sicher einzustufen, versucht die Bundesregierung nun erneut, die Maghrebstaaten und – neu dazugekommen – Georgien als sichere Herkunftsländer zu erklären.
Unsere Haltung zu dem Thema ist ganz klar. Mit uns wird es keine Anerkennung von Marokko, Algerien, Tunesien und Georgien als sichere Herkunftsländer geben.