Noch lange nach dem Ende der Mahnwache standen Menschengruppen zusammen. Man konnte merken: Der Redebedarf war groß, und der Schock saß tief. Nie hätte jemand gedacht, dass so etwas in Bottrop geschieht, gerade in Bottrop. Bottrop ist eine von
Migration geprägte Stadt. Die Offenheit der Bevölkerung hat immer zu einem friedlichen Miteinander beigetragen.
Meine Heimatstadt liegt in einer Region, die wie keine andere vom Bergbau geprägt ist. Im Zuge der Schließung der letzten Zeche im Ruhrgebiet fiel bei jeder Rede, bei jedem Festakt auch das Wort „Migration“, auch hier in diesem Haus.
„Industrialisierung“ und „Migration“, diese beiden Begriffe sind im Ruhrgebiet eng miteinander verbunden. Ohne die zugewanderten Arbeitskräfte hätte es diese Industrieregion so nie gegeben.
Aus den als Gastarbeitern ins Land geholten Migranten wurden Nachbarn und Freunde. Sie haben sich bei uns integriert, durch Arbeit, durch Bildung, durch sozialen Aufstieg. In Bottrop hat Migration nie zu ernsten Problemen im Miteinander geführt – nicht früher und auch nicht heute.
Auch deshalb haben die Ereignisse der Silvesternacht die Bürgerinnen und Bürger in Bottrop so schockiert. Diese Tat ist ein Angriff auf uns alle, auf alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.
Eines aber kann ich Ihnen versichern: Die Bottroperinnen und Bottroper stehen zusammen. Wir lassen uns nicht durch fremdenfeindliche Hetze spalten und erst recht nicht durch Terror.
Die Taten der Silvesternacht waren rassistische Terrorakte. Das muss auch so benannt werden. Da gibt es nichts zu relativieren. Ob Einzeltäter oder nicht, ob krank oder nicht: Es spielte keine Rolle für die Frage der politischen Motivation.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich verurteile jeden Akt von Gewalt, ob politisch oder religiös motiviert, ob von links oder von rechts. Hier jedoch haben wir einen terroristischen Akt von rechts erlebt, und das muss auch klar so genannt werden.
Solche Angriffe haben eine Ursache, die tiefer liegt. Hier fühlte sich jemand berufen, den hetzerischen Worten gegen Flüchtlinge und gegen ausländische Mitbürger – Worten, die leider auch wieder Eingang in deutsche Parlamente gefunden haben – Taten folgen zu lassen, vielleicht auch weil er psychisch krank ist.
Sie haben vorhin gesagt, dass die Tat unabhängig von der möglicherweise zugrunde liegenden Krankheit als eine fremdenfeindliche Straftat einzustufen ist. Mag sein.
Aber in dem Zusammenhang möchte ich Sie fragen: Wenn ich dieser Logik folge, ist es dann auch so, dass Sie sagen würden, die Geiselnahme am Kölner Hauptbahnhof war als religiös motivierte Straftat anzusehen unabhängig von der Erkrankung des Täters? Denn das ist ja im Grunde das Gleiche wie das, was Sie jetzt gesagt haben.
Hier ging es ganz klar darum, Ausländer zu töten. Das ist ganz klar ein Angriff von rechts. So einfach ist das.
Wer Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder ihrer sexuellen Orientierung verbal angreift, wer sie diffamiert, wer versucht, sie aus dem öffentlichen Leben zu drängen, wer sie entmenschlicht durch permanente verbale Gewalt, durch ständige Ausgrenzung, durch das Verbreiten von Unwahrheiten, der schafft den Nährboden für solche Taten.
Meine Damen und Herren, hier sind wir alle gefordert. Wir sind gefordert, uns eindeutig und unmissverständlich gegen Rassismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit auszusprechen. Auch ich bitte Sie um die Unterstützung dieses Antrags. – Recht herzlichen Dank. Glück auf!
Wir stimmen erstens über den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/4797 – zweiter Neudruck – ab. Beide Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt.
Wer also stimmt dem Antrag dem Inhalt nach zu? – CDU, SPD, FDP und Grüne. Wer stimmt dagegen? – Die AfD-Fraktion. Wer enthält sich? – Enthaltungen sehen wir nicht. Damit ist der Antrag Drucksache 17/4797 – zweiter Neudruck – mit den Stimmen von
Zum Zweiten rufen wir den Entschließungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/4909 auf. Die Fraktion der AfD hat zu diesem Antrag Einzelabstimmung beantragt. Da diese Fraktion Antragstellerin ist, ist die Einzelabstimmung nach § 42 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung durchzuführen.
Ich rufe also die verschiedenen Ziffern, die wir im Beschlussvorschlag unter Punkt II finden, auf. Es handelt sich um vier Ziffern.
„Der Landtag verurteilt die Tat sowie die geäußerten etwaigen fremdenfeindlichen Aussagen des Tatverdächtigen und wünscht den Geschädigten eine baldige Genesung.“
Wer stimmt Ziffer 1 des Beschlusskatalogs zu? – Die Fraktion der AfD. Wer stimmt dagegen? – CDU, SPD, FDP und Grüne. Gibt es Enthaltungen? – Enthaltungen sehe ich nicht. Damit ist Ziffer 1 abgelehnt.
„Der Landtag verurteilt jede Form der illegalen Gewaltanwendung und jede Gewaltandrohung jenseits des staatlichen Monopols.“
Wer stimmt Ziffer 2 zu? – Die Fraktion der AfD. Wer stimmt dagegen? – CDU, SPD, FDP und Grüne. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist auch Ziffer 2 abgelehnt.
„Der Landtag verurteilt jede Form des politischen Extremismus, wozu neben den im Antrag explizit genannten rechtsextremen und islamistischen Spielarten nachdrücklich auch der Linksextremismus zu zählen ist.“
„Der Landtag vertraut auf die Arbeit der Ermittlungsbehörden und Gerichte und sieht von einer politischen Interpretation der Tat im Vorwege ab.“