Protocol of the Session on November 29, 2018

Wir haben sogar einen nebenamtlichen Brexit-Beauftragten.

Es gibt mehrere Tagungen, die seit dem Regierungswechsel zum Austausch von Wissenschaftlern, Praktikern und Politik seit Herbst 2017 stattgefunden haben, zum Beispiel zweimal in Düsseldorf, zuletzt vor 14 Tagen in Düsseldorf zum Brexit, seinen Folgen, den Risiken, den Herausforderungen und zu der Frage, was wir in dieser Hinsicht gemeinsam tun können.

Deshalb, Herr Kollege Kutschaty, ist das natürlich richtig, was Sie eben gesagt haben, dass die Situation für uns schwierig ist, dass diese Entwicklung historisch gesehen für uns alle – das haben wir im Dezember 2017 an gleicher Stelle schon einmal diskutiert – in besonderer Weise bedrückend ist, weil unsere Idee von einem friedlichen, einem gemeinsamen Europa dadurch jedenfalls infrage gestellt wird.

Deshalb ist es auch nicht einzusehen, warum wir uns jetzt in Klein-Klein ergehen und nicht gemeinsam über Zukunftskonzepte anders nachdenken sollten, als das vielleicht zwischen 2010 und 2017 hier üblich war.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD: Und was macht ihr jetzt?)

Aber was brauchen wir dafür? Darauf haben Sie eben schon einen Hinweis gegeben, ohne dass Sie das auf die Situation hier übertragen haben.

Es herrscht Unsicherheit in Großbritannien. Es gab Rücktritte von Ministern noch in der letzten Woche, als es um das Brexit-Abkommen ging. Es herrscht Unsicherheit darüber, ob es überhaupt einen BrexitVertrag geben wird oder nicht. Es stellt sich die Frage, unter welchen Rahmenbedingungen Politik stattfindet. Das gilt auch für die Politikwahrnehmung durch Nordrhein-Westfalen – mit all den beschränkten Möglichkeiten, die Sie richtig dargestellt haben.

Wie stellen sich Unternehmen darauf ein? Sie müssen auch in mehreren Szenarien denken. Das erschwert die ganze Situation – übrigens im Gegensatz zum Finanzplatz Frankfurt, wo ganz klar ist, an welchen Stellen Unternehmensverlagerungen in den Euroraum hinein stattfinden. In dieser Hinsicht ist der Bankplatz Frankfurt einfach dominant, Herr Klocke.

Die Situation hier ist viel komplexer. Denn unsere Wirtschaftsstruktur und unsere wirtschaftlichen Verflechtungen sind viel komplexer. Deshalb ist es nicht

nur für uns, sondern auch für Unternehmen, Verbände und alle anderen Akteure viel schwieriger, ein Rezept zu finden, bevor wir wissen, wie sich der Brexit tatsächlich ausgestaltet.

Das hat Friedrich Merz übrigens im September dieses Jahres im Europaausschuss während einer mehrstündigen Diskussion sehr deutlich gemacht. Deshalb verwundert mich schon, dass Sie gerade gesagt haben, Sie wüssten nicht, was er tue; vielleicht wisse er das auch selbst nicht so genau. Schließlich hatten wir dort eine mehrstündige Diskussion. Er hat gesagt: Ich komme wieder. Dann diskutieren wir über alle Fragen, die Sie stellen. Wir diskutieren insbesondere auch darüber, wie die Situation einzuschätzen ist und was wir gemeinsam tun können.

Er ersetzt nicht die Arbeit der Landesregierung, die auf vielfältige Weise stattfindet. Darauf hat er auch nie den Anspruch erhoben. Der Ministerpräsident hat auch nie behauptet, die Handlungen des Europaministers, des Wirtschaftsministers und aller anderen Minister sollten dadurch ersetzt werden.

(Sarah Philipp [SPD]: Sondern?)

Es ist vielmehr eine ergänzende ehrenamtliche Tätigkeit, durch die Expertise, Kontakte und Know-how eingebracht werden. Das haben wir im Europaausschuss so lange diskutiert, bis auch Ihre Kolleginnen und Kollegen keine weiteren Fragen gestellt haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vor diesem Hintergrund kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass es dabei vielleicht doch gar nicht so sehr um den Brexit ging,

(Michael Hübner [SPD]: Sondern?)

sondern dass Sie eher die überraschende Gemeinsamkeit der Anträge von SPD, Grünen und AfD gefunden haben,

(Zuruf von der SPD: Oh! – Michael Hübner [SPD]: Ach du Scheiße! – Christian Dahm [SPD]: Vorsicht!)

weil es um etwas anderes ging, nämlich um die Frage …

(Michael Hübner [SPD]: Wie oft haben Sie sich denn schon mit der AfD abgestimmt? Sie stim- men sich doch gerne ab!)

Ja, ja. Sie stimmen sich immer gerne ab. Vor allen Dingen rufen Sie immer gerne dazwischen, ohne etwas zu sagen zu haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Lieber Kollege Hübner, wer lieber über die Frage des CDU-Parteivorsitzes diskutieren will, wie meine drei

Vorredner das hier – teilweise offen, teilweise verdeckt – getan haben, sollte das ehrlicherweise auch in seinen Antrag zur Aktuellen Stunde schreiben.

(Sven Wolf [SPD]: Es geht um die 20.000 Be- schäftigten bei Ford! Dazu haben Sie noch im- mer nichts gesagt!)

Wenn Sie das aber schon nicht machen, dann möchte ich Ihnen etwas sagen, das wir als Demokraten natürlich auch gerne miteinander ertragen können. Die Bundeskanzlerin hat das im Deutschen Bundestag letzte Woche sehr schön formuliert: Das Schöne an einer freiheitlichen Demokratie ist, dass alle im Parlament über das reden können, was ihnen besonders wichtig ist.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sven Wolf [SPD]: Uns geht es um die Sorgen der Men- schen in Nordrhein-Westfalen!)

Es ist natürlich schön, dass Sie gerne über die CDU sprechen wollen. Denn in dieser Zeit – das ist wahr – kommt es auf die CDU besonders an. Schließlich schlagen sich manche in die Büsche. Manche betreiben reine PR-Shows, manche machen reinen Protest, und manche klettern auf Bäume. Deshalb ist es gut, dass es in Deutschland noch eine Partei gibt, die auch in unübersichtlichen Zeiten Verantwortung übernimmt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)

Danke, Herr Kollege. – Für die FDP erteile ich dem Abgeordneten Nückel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich von dieser Stelle aus für die zahlreichen Genesungswünsche bedanken. Es tut auch nicht mehr so weh.

Große Schmerzen hat mir allerdings die Durchsicht der Anträge zur Ausrichtung der heutigen Aktuellen Stunde bereitet.

(Zurufe von den Grünen)

Herr Kollege Kutschaty, Sie simulieren Brexit-Sorgen. Das ist heute klar geworden. Klar geworden ist auch, was für ein durchschaubares taktisches Manöver der Opposition diese Aktuelle Stunde doch ist. In der Debatte geht es nämlich eigentlich nicht um den Brexit, sondern um Friedrich Merz und die Größe von Büros.

Ihre Anträge sind sprachliche Sättigungsbeilagen, garniert mit Ideenlosigkeit und Gruselvisionen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Seit Friedrich Merz beauftragt ist, versucht die Opposition, sein Amt, seine Person und seine Erfahrungen schlechtzureden und ihn in eine Reihe mit Graf Dracula und Jack the Ripper zu stellen.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Aber eine Aktuelle Stunde ist keine Therapiesitzung zur Bewältigung Ihrer Ängste. Die AfD hat Angst, dass Merz Vorsitzender der Union wird.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die SPD hingegen hat Angst, dass Beelzebub Merz es nicht wird. Denn Sie von der SPD wollen sich eigentlich an ihm erbauen. Deswegen prügeln Sie ihn, weil Sie hoffen, dass sich die Schwarzen dann aus Solidarität um ihn scharen. Welche Selbstüberschätzung!

(Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU)

Die Grünen haben vor zwei Dingen Angst: Der Mann hat Ahnung von Wirtschaft, und beim sehnlichst erwarteten Koalitionspoker wäre er eher schwierig. Deswegen malen Sie hier Bilder an die Wand, die nichts mit der Realität zu haben, sondern eher mit schlechten Kindheitserlebnissen.

(Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU)

AfD, SPD und Grüne suggerieren, der Brexit-Beauftragte könnte eine Art Nikolaus und Knecht Ruprecht in einem sein, der, mit brennender Rute den Briten einheizend, aus seinem großen Geschenkesack die Firmen nur so ausschüttet.

Vielleicht ist der Nikolaus ja gar kein so schlechtes Beispiel. Er hat auch kein großes Büro, ist aber ein segensreicher Mann.

(Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU)

Liebe Opposition, Ihre Angriffe mit Blick darauf, dass Friedrich Merz eben nicht den Inhalt seiner Gespräche mit Unternehmen preisgibt, sind bezeichnend. Gerade in der Vertraulichkeit liegt die Stärke dieses Amtes.

Uns ist schon klar, dass Sie nicht verstehen können, was ein Brexit-Beauftragter tun muss. Unter RotGrün gab es ja gar keine Gespräche mit internationalen Unternehmen. Die Grünen waren damit beschäftigt, den Unternehmen das Leben schwer zu machen, und der SPD reichte es, auf die Frau im Funkloch zu verweisen.

(Beifall von der FDP und der CDU – Lachen von der SPD)