Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Mit der Einbringung unseres Entwurfs des Gebührenfreiheitsgesetzes für Gebührenfreiheit an unseren Hochschulen reagieren wir auf den abgeschlossenen Koalitionsvertrag der neuen Mitte-rechts-Koalition in diesem Haus. Dort steht:
„Für eine Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studienbedingungen an den Hochschulen des Landes sind zusätzliche finanzielle Ressourcen unerlässlich. Zur Finanzierung entsprechender Maßnahmen durch die Hochschulen werden wir jedoch auf die Einführung allgemeiner Studiengebühren verzichten. Stattdessen werden wir Studienbeiträge für Studierende aus Drittstaaten einführen und uns am ‚Baden-WürttembergModell‘ orientieren. Sogenannte ‚Bildungsinländer‘ werden bei der Erhebung von Studienbeiträgen ausgenommen. Ebenso werden Ausnahmen für Studierende aus Entwicklungsländern, für anerkannte Flüchtlinge und für Studierende mit besonderen sozialen Härten ermöglicht.“
Hierbei sollen auch entsprechende Stipendienprogramme zum Einsatz kommen. Die zusätzlichen Einnahmen des Landes werden Hochschulen ungeschmälert zur Verbesserung der Studienbedingungen zur Verfügung gestellt.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Hohen Haus haben wir schon häufig über Studiengebühren diskutiert, aber noch nie über einen derart abenteuerlichen Vorschlag.
Das ist eben das Ergebnis von Verhandlungspartnern, bei denen die einen ideologisch getrieben die Einführung von Studiengebühren wollen, die anderen eine rein opportunistische Haltung zum Thema haben.
Herr Dr. Berger, erinnern Sie sich noch an Ihre Aussage vom 16. März dieses Jahres hier an dieser Stelle? – Zitat –:
Landtagsfraktion in diesem Haus. Ich spreche hier für die CDU-Landtagsfraktion und sage es Ihnen noch einmal klar: Wir schließen Studiengebühren aus – vor dem Studium, während des Studiums und nach dem Studium.“
Wie zynisch müssen den Betroffenen die Wahlplakate des großen Selbstinszenierers erscheinen, auf denen er einen Hörsaal und die darin sitzenden Studierenden als Kulisse missbraucht? Gerhard Papke hat recht: Man muss darauf achten, dass die Verpackung nicht wichtiger wird als der Inhalt.
In Wahrheit hätte auf den Plakaten stehen müssen: „Nordrhein-Westfalen hat viele internationale Talente. Zocken wir sie ab!“ – Das ist Kern Ihres Plans.
Sie machen das so, weil Sie sich nicht trauen, flächendeckend Studiengebühren einzuführen, und Sie kassieren bei den Ärmsten und Schwächsten ab, weil Sie dort mit dem geringsten Widerstand rechnen und sich Beifall von anderer Seite erhoffen. Ich finde das unerträglich!
Sie greifen damit den Markenkern von NRW an. NRW ist ein weltoffenes, neugieriges und buntes Land mit langer Einwanderungstradition. Gerade das macht NRW attraktiv für ausländische Studierende und für Unternehmen, die in NRW investieren. Die mit Abstand höchsten Direktinvestitionen aus dem Ausland fließen nach NRW. Genau diesen Ruf beschädigen Sie mit dieser Maßnahme.
Weil Sie wissen, dass das Erheben von Studiengebühren bei international Studierenden große Probleme mit sich bringen wird, formulieren Sie Ausnahmetatbestände. Haben Sie einmal mit den Hochschulen gesprochen, was nach Anwendung der baden-württembergischen Kriterien an Studierenden übrig bleibt, die unter eine entsprechende Regelung fallen? Wir haben das getan.
Staatsangehörige. Nach dem baden-württembergischen Modell würden lediglich ca. 50 Studierende Gebühren leisten müssen, davon der Großteil aus den USA und aus China. Ihre ganze wirtschaftliche Berechnung, dass den Hochschulen mittelfristig 100 Millionen € zusätzlich zur Verfügung stehen, ist vor diesem Hintergrund nichts als ein ungedeckter Scheck, ein unseriöses Versprechen, das nicht eingelöst werden kann.
Deswegen kritisieren die Hochschulen unisono die Pläne in dem Koalitionsvertrag und bitten Sie, Abstand zu nehmen von diesen Überlegungen.
Frau Ministerin, Sie waren Kanzlerin an der Hochschule für Musik und Tanz zu Köln. Sie müssen doch die Brisanz dieses Thema erkennen. Sie verantworten diese unsinnige Passage im Koalitionsvertrag nicht. Fesseln Sie die Hochschulen nicht mit dirigistischen Vorgaben, die diese überhaupt nicht wollen! Wenden Sie Schaden von unserem Land und setzen Sie sich ein für Gebührenfreiheit und gegen eine Ausländermaut in Nordrhein-Westfalen! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Bell. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte-Richter.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Herr Dr. Berger, ich kann es Ihnen nicht ersparen, Sie noch einmal daran zu erinnern, was Sie am 16. März 2017 hier an diesem Pult gesagt haben. Sie haben gesagt: „Die CDU lehnt Studiengebühren ab. Wir lehnen sie vor dem Studium, während des Studiums und nach dem Studium ab.“
Das ist ja keine neue Entwicklung der letzten Monate. Die CDU windet und wendet sich seit Jahren. Wenn es in den Wahlkampf geht, dann behaupten Sie, gegen Studiengebühren zu sein, wenn die Wahl gelaufen ist, dann fordern Sie wieder das Bezahlstudium. In Wahrheit hat die CDU niemals den Plan aufgegeben, hier in Nordrhein-Westfalen Studiengebühren einzuführen.
Aber auch die FDP hat sich in dieser Debatte nicht mit Ruhm bekleckert. Sie haben am 16. März 2017 genau die Regelung als ausländerdiskriminierend bezeichnet, die Sie jetzt in NRW einführen wollen. Das ist nicht nur sozial ungerecht, das ist ein krasser Fehlstart. CDU und FDP haben die Öffentlichkeit vor
„Junge Generationen sollen reich an Chancen sein, nicht an Hypotheken. Die Politik hat genug Geld – die Steuereinnahmen sind auf Rekordniveau.“
So stand es im FDP-Wahlprogramm. Da rauft man sich doch die Haare über eine solche Doppelzüngigkeit.
In Sachsen ist es den Hochschulen freigestellt, ob sie die Ausländer-Campus-Maut einführen wollen. Nur eine Musikhochschule hat sich dafür entschieden. Auch hier bei uns in NRW haben Sie jetzt schon die Hochschulrektoren gegen sich.
„Die Universitäten haben sich in den letzten Jahren verstärkt um Internationalisierung bemüht. Diese Aktivitäten sollten nicht ausgebremst werden.“
Studiengebühren für ausländische Studierende passen überhaupt nicht zu einer weltoffenen Hochschulkultur,
Es geht weiter. Thomas Grosse, Rektor der Hochschule für Musik in Detmold und Sprecher der Landesrektorenkonferenz der Kunst- und Musikhochschulen,
„An den Musikhochschulen in NRW sind im Schnitt etwa 30 % der Studierenden aus dem Nicht-EU-Ausland. Diese exzellenten Leute zu verlieren, wäre eine Schwächung für die Kunst- und Musikhochschulen in NRW.“