Protocol of the Session on July 13, 2018

Bei den freien Trägern der Wohnungslosenhilfe sieht es wie folgt aus: Die Auswertung nach der Art der Unterbringung zeigt, dass die von den freien Trägern gemeldeten wohnungslosen Personen am häufigsten bei Bekannten untergekommen waren, nämlich in 35 % der Fälle.

Insbesondere für wohnungslose Frauen hat diese Unterbringungsform mit Abstand sogar die größte Bedeutung: 44 % kommen bei Bekannten im Falle von Wohnungslosigkeit unter. Frauen wohnten darüber hinaus häufiger bei Familienmitgliedern bzw. bei dem oder der Partnerin als wohnungslose Männer.

Da Sie diesen Begriff „wohnungslos“ irgendwie immer versuchen, öffentlich mit „Man lebt auf der Straße, auf der Platte“ gleichzusetzen,

(Sarah Philipp [SPD]: Wer hat das denn ge- sagt?)

möchte ich Ihnen hierzu die Zahlen nennen: Ohne jegliche Unterkunft, das heißt auf der Straße, lebten 8,3 %; das sind weniger als 2015. Dies traf auf 8,8 % der Männer und auf 6,2 % der wohnungslosen Frauen zu.

Das einmal zur Faktenlage. Ich weiß, dass Sie das immer stört, aber diese Fakten muss man ja auch einbeziehen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Josefine Paul [GRÜNE]: Es geht doch um die Sache! – Jochen Ott [SPD]: Frauenschicksale sind Ihnen egal! Eiskalt!)

Nach dem Ordnungsbehördengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen sind originär die Kommunen für die Unterbringung von Wohnungslosen zuständig. Das, sehr geehrte Frau Abgeordnete Kapteinat, kritisieren Sie als Delegation durch den Landessozialminister auf die Kommunen. Auch das erstaunt, weil Staatsminister a. D. Schmeltzer nichts anderes verschriftlicht und in diesem Plenum in Ihrer Regierungszeit gesagt hat.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sarah Philipp [SPD]: Was wollen Sie jetzt?)

Ist es jetzt etwas anderes, wenn Herr Schmeltzer das sagt, als wenn das Landessozialminister Laumann äußert? – Ich glaube nicht, Frau Abgeordnete.

(Zuruf von Lisa-Kristin Kapteinat [SPD] – Jo- chen Ott [SPD]: Schmeltzer hat viel mehr Herz!)

Gleichwohl unterstützt die Landesregierung seit 1996, und zwar quer durch alle von den Wählerinnen und Wählern zusammengesetzten Landesregierungen, die Wohnungslosenhilfe mit einem Aktionsprogramm bei der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit.

Es richtet sich, auch das ist hier mehrfach schon vorgetragen worden, an unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedrohte und betroffene Haushalte und an Personen, die nach einer erfolgreichen Reintegration in reguläre Mietverhältnisse weiterhin wohnbegleitende Hilfen benötigen.

Für das Programm stehen im Landeshaushalt aktuell 1 Millionen € zur Verfügung. Ein wichtiger Schwerpunkt des aktuellen Programms – damals wie heute – ist die Verhinderung von Wohnungsverlust und die Suche nach neuem Wohnraum, sprich: Im präventiven Bereich liegt der Schwerpunkt.

Anfang 2018 ist ein von Landessozialminister Laumann in Auftrag gegebenes und von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe erarbeitetes Handbuch für kommunale Träger „Handbuch der Hilfen in Wohnungsnotfällen“ veröffentlicht worden. Dieses Handbuch enthält ein umfangreiches Kapitel zur Situation von Frauen in der Wohnungslosigkeit – übrigens erstmals, obwohl Sie das Problem der Wohnungslosigkeit von Frauen in Ihrer Regierungszeit auch schon hatten.

(Nadja Lüders [SPD]: Die Bestandsaufnahme hilft doch niemandem!)

Der Unterschied ist eben, dass es Landessozialminister Laumann angeht und ein entsprechendes Handbuch zur Verfügung stellt, was in einem mehrseitigen Kapitel Antworten auf die Frage gibt, wie man mit der Wohnungslosigkeit von Frauen umgeht.

Darüber hinaus wurde das Aktionsprogramm mit dem Haushalt 2018 um 850.000 €, im Wesentlichen zur Verbesserung der medizinischen Versorgung Wohnungsloser, aufgestockt.

Damit kommen wir einmal zu den Wohnraumfördermitteln. Wir haben, sehr geehrter Herr Abgeordneter Pretzell, offen gesagt fast in jedem Plenum, das sich mit Wohnungslosigkeit beschäftigt – vielleicht sind Sie zu wenig da, um das wahrzunehmen …

(Beifall von der CDU und Sven Wolf [SPD])

Ich habe Ihnen bereits, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete der SPD, bei der letzten Diskussion um den bezahlbaren Wohnraum in NordrheinWestfalen gesagt, dass wir beispielsweise in Gelsenkirchen eine wesentlich höhere Nachfrage nach Wohnraumfördermitteln des Landes NordrheinWestfalen haben, als das im Jahr 2017 der Fall war.

(Sven Wolf [SPD]: Das war damals schon falsch, Frau Ministerin! – Sarah Philipp [SPD]: Es stimmt nicht, was Sie sagen!)

Weil wir die Wohnraumförderrichtlinien des Landes Nordrhein-Westfalen zum 1. Februar 2018 modernisiert haben, haben wir eine – und das freut uns – erstaunlich hohe Nachfrage und Investitionsbereitschaft in den bezahlbaren Wohnraum in NordrheinWestfalen.

(Beifall von der CDU – Sven Wolf [SPD]: Nicht wegen Ihnen, sondern trotz Ihnen!)

Das fällt zusammen mit der deutlichen Ansage dieser Landesregierung, in Nordrhein-Westfalen ein Klima für Neubau zu schaffen, damit mehr Wohnraum in allen Segmenten entstehen kann.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sven Wolf [SPD]: Ausgebremst haben Sie es! – Zurufe von der SPD)

Vor diesem Hintergrund hat das Landeskabinett am 10. Juli 2018, sprich: am gestrigen Tage, mein Haus damit beauftragt, mit der NRW.BANK eine Änderung des Programmvolumens in der öffentlichen Wohnraumförderung einzuleiten.

Wir verhandeln konkret darüber, die mindestens 800 Millionen €, die wir jährlich bis 2022 zur Verfügung stellen, um 300 Millionen € auf 1,1 Milliarden € aufzustocken, damit bezahlbarer Wohnraum in Nordrhein-Westfalen geschaffen werden kann.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das geht einher mit diesem Klima für Neubau, weil die Investoren nach Nordrhein-Westfalen zurückkehren und die Bereitschaft haben, in bezahlbaren

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Mietwohnungsraum zu investieren.

Gleichzeitig haben wir – das haben wir immer wieder deutlich gemacht – die Eigentumsförderung über die öffentliche Wohnraumförderung gestärkt und gestützt, weil wir eben anders unterwegs sind als die Vertreter, die das Thema „sozial“ im Parteinamen führen.

Junge Familien sollen in Nordrhein-Westfalen Eigentum bilden dürfen. Warum wollen Sie unverändert den Menschen vorschreiben, eine Wohnung zu mieten, wenn sie mit der Unterstützung auch Eigentum bilden können?

(Beifall von der CDU und der FDP – Marlies Stotz [SPD]: Darum geht es doch gar nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)

Diese Landesregierung schafft die Voraussetzungen für bezahlbaren Wohnraum in Nordrhein-Westfalen sowohl rechtlich – Sie werden morgen auch die Gelegenheit haben mitzustimmen –, um dieses Klima

für Neubau in Nordrhein-Westfalen zu schaffen, als auch finanziell.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Vor diesem Hintergrund werden wir in den nächsten Jahren in diesem Land endlich höhere Baufertigstellungen erleben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Kommen wir zum dritten Punkt in Ihrem Antrag: Frauenhausplätze. Auch das erstaunt, denn Sie haben in Ihrer Regierungszeit nicht einen Frauenhausplatz in Nordrhein-Westfalen mehr geschaffen, nicht einen einzigen Frauenhausplatz.

(Beifall von der CDU und der FDP – Wider- spruch von Josefine Paul [GRÜNE])

Sie behaupten, dass Frauen in Nordrhein-Westfalen in Frauenhäusern abgewiesen werden, und ziehen Zahlen heran. Sie lassen aber immer einen Satz weg, den wir Ihnen immer mitgeben, mit jeder Tabelle, die Sie anfordern. Denn wir schreiben Ihnen da sehr deutlich rein, dass die Daten Mehrfachzählungen enthalten und es deshalb nicht richtig ist und aus den Daten nicht ableitbar ist,

(Zuruf von Sarah Philipp [SPD])

ob und gegebenenfalls wie viele Frauen in wirklich keinem Frauenhaus eine Aufnahme gefunden haben. Das lassen Sie immer weg und versuchen, die Bürgerinnen und Bürger in eine andere politische Richtung zu ziehen und zu drängen.

(Zuruf von Sarah Philipp [SPD])

Wir haben als Landesregierung sehr deutlich von Beginn an gesagt, dass wir die Frauenhausinfrastruktur finanziell sicherstellen wollen. Wir haben von Beginn an gesagt, dass wir auch in dieser Legislatur dafür Sorge tragen, dass Frauenhausplätze wieder neu aufgebaut werden, meine Damen und Herren.

Das ist der Paradigmenwechsel, den wir mit dieser Politik vollziehen. Der kommt den Bürgerinnen und Bürgern in Nordrhein-Westfalen mehr zugute als die Worte, die Sie hier über sieben Jahre verloren haben. Wir lassen Taten folgen und bleiben nicht bei Worten.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und Josefine Paul [GRÜNE])

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Die Landesregierung hat die Redezeit um drei Minuten 21 Sekunden überzogen. Bei Bedarf würde ich dieses Zeitkontingent weiteren Rednerinnen und Rednern zusätzlich zur Verfügung stellen. – Für die SPD-Fraktion redet die Kollegin Butschkau.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich