Protocol of the Session on January 18, 2018

Den Grund, warum die Bergbehörde diese Arbeit dennoch outsourcen möchte, kann ich gleichwohl nachvollziehen. Das führt mich direkt zum zweiten Punkt.

Wenn wir – wie es im Polizeijargon so schön heißt – vor die Lage kommen wollen, benötigen wir mehr Ressourcen. Sowohl personell als auch finanziell ist die Bergbehörde nicht in der Lage, auf Tagesbrüche mehr als nur zu reagieren.

Gleichzeitig bleibt nur wenig Gelegenheit, bei der Risikoanalyse mit großen Schritten voranzukommen. Wenn wir ehrlich sind, brauchen wir mehr Geld und mehr Personal, wenn wir das Problem nicht nur benennen und beseitigen wollen, wo es akut auftritt, sondern zusätzlich alle Meldungen und Informationen schnellstmöglich in einem einzigen Kataster erfassen wollen.

Dies wäre umso wichtiger, weil unter anderem – auch das klingt in der Antwort auf die Große Anfrage an – Bauwillige sehr gut beraten sind, ihr Vorhaben auch in Richtung möglicher Altbergbauschäden abzusichern.

Hier brauchen wir eine offensivere Informationspolitik auf kommunaler Ebene. Neben den zig Prüfungen in einem Bebauungsplanverfahren gehört eben auch ein Blick auf das dann hoffentlich allumfassende Altbergbaukataster. Um diesen Status zu erreichen, benötigen wir, wie gesagt, mehr finanzielle Ressourcen.

Eine Variante, die es deshalb drittens zu prüfen gilt, ist eine zusätzliche Finanzierung über das EFREProgramm ab 2020. Das Land Sachsen macht es uns vor. In der vergangenen und aktuellen Förderperiode fließen dort über 34 Millionen € in die Beseitigung von Gefahren aus obertägigem und untertägigem Altbergbau ohne Rechtsnachfolger, also – über den dicken Daumen gepeilt – rund 3 Millionen € pro Jahr. Das ist eine stattliche Summe, die auch in NRW bestenfalls zusätzlich ab der kommenden Förderperiode zur Verfügung stünde.

Meine Damen und Herren, alles in allem stelle ich fest, dass die Arbeit der Bergbehörde NRW für die kommenden Jahre und Jahrzehnte gesichert ist. Das ist eine gute Nachricht. Damit ist auch die Arbeit des Unterausschusses Bergbausicherheit – auch wenn er vielleicht nicht ewig so heißen wird – gesichert. Wir werden gebraucht, um die passenden Gesetze und Regelungen zu beschließen, mit denen auch diese Folgen des untertägigen Rohstoffabbaus in Nordrhein-Westfalen auf lange Sicht beherrscht werden können.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das beruhigt den Vorsitzenden!)

Vielleicht werden Besucher, denen ich in einigen Jahren von meiner Arbeit im Unterausschuss berichte, wieder wissend nicken, diesmal jedoch, weil sie festgestellt haben: Bergbau und dessen Folgen spielen auch nach dem 31. Dezember 2018 eine wichtige Rolle für die Menschen in Nordrhein-Westfalen. – Glück auf und Gottes Segen!

(Beifall von der SPD und Josef Hovenjürgen [CDU])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schneider. – Als nächster Redner

hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Freynick das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte als Allererstes die konstruktive Arbeit im Unterausschuss Bergbausicherheit lobend erwähnen. Ich habe das bisher als wirklich sehr gute Arbeit empfunden und bin der Meinung, dass wir daran festhalten und weiterhin so arbeiten sollten, wie wir es in der Vergangenheit getan haben.

(Zuruf von der CDU: Das liegt am Vorsitzen- den!)

Natürlich wird das Jahr 2018 für den Bergbau in Nordrhein-Westfalen eine Zäsur darstellen – Sie haben es eben schon ausgeführt –, denn dann endet die Ära des Steinkohlebergbaus in unserem Bundesland. Selbstverständlich stellt sich für uns in der Landespolitik die Frage, welche Folgen dieses Erbe hinterlässt und bereits hinterlassen hat.

Die Folgen des Bergbaus sind nicht von der Hand zu weisen. Uns allen sind Vorfälle wie auf der A45 aus dem Jahre 2012 bei Dortmund noch in guter Erinnerung. Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist die Unterbrechung der S-Bahn-Linie 6 bei Essen.

Festzuhalten ist: Eine effektive Gefahrenabwehr hinsichtlich konkreter und latenter Gefahren in Form von Tagebrüchen ist durch die Bergbehörde in der Bezirksregierung in Arnsberg in Dortmund vorhanden, auch wenn die Bewältigung für die Betroffenen oft eine langwierige und nervenkostende Zeit darstellt.

Das 2011 begonnene Risikomanagement der Bergbehörde untersucht in diesem Rahmen die dem Land rechtlich verantworteten Schächte auf mögliche Gefahren und katalogisiert sie dementsprechend. Das war richtig und wichtig.

Die Zahlen, die nun die Landesregierung im Dezember präsentierte, sind ernüchternd: Nahezu alle bisher untersuchten Schächte – immerhin über 1.000 – weisen eine erhebliche Gefahr für Mensch, Natur und auch Umwelt auf. Es ist wichtig, dass sich die Landespolitik dieser stetigen und potenziellen Bedrohung stellt.

Für die restlichen über 12.000 verlassenen Schächte in NRW sind maßgeblich die heutigen und ehemaligen bergbautreibenden Unternehmen in der Pflicht. Daraus ergibt sich für die Unternehmen im Vergleich zu den vom Land überprüften ca. 2.500 Schächten eine besondere und wichtige Verantwortung.

Als zuständig für die Abwehr konkreter und potenzieller Gefahren des Altbergbaus ist die Bergbehörde nicht auf vollständigem Wissensstand. Weil eine rechtliche Verpflichtung Dritter, Schäden und Gefährdungen des Altbergbaus anzuzeigen, in NRW fehlt, ergibt sich für die Bergbehörde eine unzureichende

und fehlerhafte Übersicht. Das liegt in der Natur der Sache.

Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zeigt glücklicherweise, dass hier erste Schritte in Betracht gezogen werden. So hat Minister Professor Dr. Pinkwart den Willen bekundet, zu prüfen, inwieweit ähnliche Regelungen eines Anzeigeverfahrens bei Arbeiten unter Tage, wie beispielsweise in Sachsen oder Thüringen, auch in NRW möglich und von Nutzen sein könnten.

Einerseits gibt es Käufer von Grundstücken, die nicht wissen, dass sich unter ihrem neuen Eigentum Altbergbaulasten befinden und inwieweit sich die dortigen bergbaulichen Verhältnisse auf mögliche Bauvorhaben auswirken könnten.

Andererseits sind meist grobe Informationen bei der Bergbehörde vorhanden und abrufbar. Eine Aufklärung ist hierbei wichtig. Das leistet die Bergbehörde auch durch Portale im Internet, die für jeden öffentlich zugänglich sind.

Die Pläne der Bergbehörde, die im Netz öffentlich abrufbaren Informationen bekannter zu machen – unter anderem durch die Sensibilisierung von Notaren zu dieser Thematik –, ist ausdrücklich zu begrüßen.

Dabei ist auch zu prüfen, inwieweit die Bergbehörde zur Ausrüstung ihrer Aufgaben ausreichend finanziert ist.

Dies können aber nur erste Schritte sein. Der Abbau von Rohstoffen unter Tage, oft bereits in den vorherigen Jahrhunderten erfolgt, fand meist nahe der Festgesteinsoberfläche statt und ist durch Unwissen und mangelnde Absicherung heute eine große Gefährdung. Diese Umstände stellen eine deutliche Herausforderung dar. Nicht zu vergessen ist auch der illegale und wilde oder schlecht wie gar nicht dokumentierte Bergbau.

Die bekannten Ursachen sind vielfältig. Bergbautreibende Unternehmen, die bereits lange nicht mehr auf dem Markt sind, oder der Uraltbergbau, der eine Dokumentation von Gruben gar nicht erst anstrebte, sind alles Probleme. Dazu kommt, dass Unterlagen durch die Geschehnisse von zwei Weltkriegen unwiderruflich verloren gegangen sind.

All diese Aspekte hängen wie ein stetiges Damoklesschwert über sämtliche Bemühungen, eine hundertprozentige Aufklärung und Absicherung von Altbergbaulasten zu gewährleisten.

Die Bewältigung der Folgen des Bergbaus in NRW bedeutet eine Aufgabe, die sich über mehrere Generationen erstrecken wird. Wir als Regierungsfraktionen werden diese Vorhaben konstruktiv begleiten und auch mitgestalten. Wir laden Sie alle herzlich dazu ein. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Freynick. – Als nächster Redner erhält Herr Loose von der AfD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade als gebürtiger Ibbenbürener berührt mich das Thema „Bergbau und Altbergbau“ sehr. Ich wünsche den Kumpels – darunter sind auch Nachbarn und Freunde – viel Glück, damit sie, wenn sie zum Jahresende das letzte Mal hinabfahren, im nächsten Jahr einen neuen Weg finden werden. Denn sie haben viel für uns geleistet und immer das schwarze Gold für uns herausgeholt.

Die Bergbauleute, die uns durch ihre Lebensleistung über so viele Jahre wirtschaftlich und gesellschaftlich geprägt haben, verdienen unser aller Respekt und unsere Anerkennung.

(Beifall von der AfD)

Das Traurige an dieser Großen Anfrage ist aber, dass sie keine neuen Erkenntnisse zutage fördert. Denn schon im Oktober 2009 hat die grüne Fraktion in der Opposition eine umfangreiche Große Anfrage zu diesen Kosten und den Fragen der Schachtsanierung des Steinkohlebergbaus gestellt. Nicht einmal 100 Tage vor der Einreichung dieser Großen Anfrage waren die Grünen selbst in Regierungsverantwortung.

Es scheint also eine Große Anfrage als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Landesregierung und die Bergbehörde zu sein. Deshalb möchte ich der Regierung, der Bergbehörde und den Altgesellschaften explizit für ihre Mühen und ihre Antworten danken.

Diese Große Anfrage über den Steinkohlebergbau und den Bergbau allgemein ist auch ein ökologischer Kampf, weil versucht wird, den Bergbau grundsätzlich zu verdammen. Das Ganze fügt sich wie bei einem Puzzle zusammen. So sind für die Grünen die Kohlekraftwerke dreckig und die Dieselfahrzeuge Dreckschleudern.

Apropos Dreckschleudern: Wir haben aber unseren Kumpels viel zu verdanken, die sich nicht zu schade waren, auch im Dreck für uns zu graben.

(Beifall von der AfD)

Mit dem Abschied Ende 2018 haben wir zwei Probleme.

Erstens gehen gut bezahlte Arbeitsplätze verloren – für Malocher, die aufrechten Hauptes nach Hause kamen, eine Familie ernähren konnten und vieles für uns alle im Land geleistet haben.

Zweitens verlieren wir auch das technische Wissen. Gerade die Zechen in Bottrop und Ibbenbüren zeichnen sich durch modernste prozessorgesteuerte

Technik aus. In kaum einem anderen Land wurde das schwarze Gold aus so großen Tiefen gewonnen wie bei uns.

Doch was kommt eigentlich als Alternative zu unserem Bergbau? Alle hier schon länger vertretenen Parteien propagieren die erneuerbaren Energien. Doch was heißt das für den Bergbau? Was heißt das für die Sicherheit?

95 % der Weltproduktion von Neodym, das für die Windräder gebraucht wird, stammen aus China. Über die Standards der Förderung von Neodym in China ist nichts bekannt, da China seine Umweltstandards gar nicht veröffentlicht. Und wer erinnert sich nicht an die Schlagzeilen zu den Grubenunglücken in China? Wenn sich China nicht einmal während des Abbaus um die Sicherheit kümmert, was glauben Sie, wie sich die Chinesen um die langfristigen Risiken kümmern werden? Dabei fallen bei der chemischen Trennung von Neodym von anderen Gesteinen zudem hoch toxische Abfallprodukte an, unter anderem radioaktive Elemente wie Uran und Thorium, die zu Krebs führen können.

Es wird somit deutlich, dass wir hier mit zweierlei Maß messen. In Deutschland muss alles schön perfekt und sicher sein, und den Ausländern bürdet man die Risiken auf –

(Beifall von der AfD)

alles letztendlich für das Ziel der Grünen, die vollständige Deindustrialisierung Deutschlands herbeizuführen.

Wenn wir über die Abwicklung des deutschen Steinkohlebergbaus sprechen, müssen wir auch über die RAG-Stiftung sprechen. Die Ewigkeitskosten, derer wir uns bewusst sind, sollen durch das Stiftungsvermögen getragen werden. Die rechtsfähige Stiftung, die aus ca. 20 Mitarbeitern besteht, hat ja nun die fachliche Unterstützung eines Landtagsmitglieds erhalten, welches bereits Mitglied im Sportausschuss ist. Ich wünsche allen dabei viel Kraft. Leider sehe ich diese Person nicht hier – und auch nicht ihren Vorgänger, Herrn Römer, der sicherlich auch einiges zu diesem Thema hätte beitragen können.