Das ist alles wirklich ganz unglaublich. Das ist Regierungsslapstick. Das ist alles andere als verantwortungsvolle und verlässliche Politik für das größte Bundesland.
Ich muss Ihnen zugestehen: Mit der Episode um das Sozialticket bleibt diese Landesregierung ihrer bisherigen Linie treu.
Im Verkehrsausschuss erklärt der Verkehrsminister in der vergangenen Woche: Die aktuelle Landesförderung wird von 40 Millionen € für das nächste Jahr zunächst um 5 Millionen € gekürzt. Der Haushaltsansatz soll 2019 auf 20 Millionen € abgesenkt wer
den. – Erst auf Nachfrage kommt dann etwas kleinlaut: Und 2020 läuft es dann aus. – Das heißt also: 0 € ab 2020.
Die Mobilität von mehr als 300.000 Menschen mit geringem Einkommen sollte mal eben so auf dem Altar der Haushaltskonsolidierung geopfert werden. Wege zur Arbeit, zur Fortbildung, zur Teilhabe an der Gesellschaft werden mal eben so versperrt.
So schürt man existenzielle Ängste. Das ist nicht nur sozialpolitisch unanständig; das ist verkehrspolitisch genau das Gegenteil von zukunftsfähiger Mobilität.
Nach diesem sozialpolitischen Paukenschlag setzt sich das Regierungschaos in NRW fort. Ministerpräsident Laschet erklärt, man werde noch mit den Kommunen und Verkehrsverbünden sprechen. Der Minister verkündet gestern, dass die Förderung des Sozialtickets im Jahr 2018 bei 40 Millionen € verbleiben soll; man wolle das Jahr 2018 für Gespräche nutzen.
Wenn man es Ihnen positiv auslegen wollte, könnte man sagen: Sie haben im letzten Moment Ihr Gewissen wiedergefunden. – Negativ ausgelegt: Sie haben einfach gemerkt, dass diese Entscheidung dem Ansehen der Landesregierung schadet und Sie hier mit Ihrer Politik für Besserverdiener eindeutig den Bogen überspannt haben.
So sehr wir auch die Entscheidung von gestern begrüßen, diesen Irrweg vorerst nicht zu gehen, so sehr bleiben doch weiterhin Fragen offen:
Was hat denn am Ende den Ausschlag dafür gegeben, dass der Verkehrsminister gestern zurückrudern musste? War es die Einsicht? Oder war es einfach mangelnde Absprache?
Hat der Ministerpräsident höchstpersönlich die Notbremse gezogen? Oder haben die regierungstragenden Fraktionen rebelliert und ihrer Landesregierung die Gefolgschaft verwehrt?
Und die entscheidende Frage, die die Menschen draußen doch bewegt, ist: Wie geht es mit dem Sozialticket nach 2018 eigentlich weiter?
Diese Landesregierung hat durch ihr Verhalten zum Sozialticket viele Menschen in Nordrhein-Westfalen zutiefst verunsichert und alarmiert. Der Ministerpräsident wäre gut beraten, wenn er die Sorgen und Ängste, die dadurch ausgelöst wurden, schnellstmöglich ausräumt. Die Menschen sollten erfahren, worauf sie sich einstellen müssen. Alles andere ist unseriöse und planlose, aber vor allen Dingen verantwortungslose Chaospolitik.
Wir fordern die Landesregierung auf, die Zukunft des Sozialtickets auskömmlich und nachhaltig zu sichern. Wir brauchen in Zukunft mehr Sozialticket und nicht weniger Sozialticket.
Wir finden es gut, dass Sie jetzt Gespräche führen. Wir hätten es aber noch besser gefunden, wenn Sie diese Gespräche geführt hätten, bevor Sie eine faktische Abschaffung dieses Tickets verkünden und Hunderttausende Menschen verunsichern.
Das wäre der richtige Weg gewesen: mit Vernunft und Seriosität. – Ganz herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion begrüßt ausdrücklich die Ankündigung des Verkehrsministers vom gestrigen Tag, das Sozialticket aufrechtzuerhalten. Das Sozialticket bleibt, meine Damen und Herren.
(Beifall von der CDU – Lachen von der SPD – Michael Hübner [SPD]: In aller Deutlichkeit macht sie das! – Weitere Zurufe von der SPD)
Auch im kommenden Haushalt wird die NRWKoalition 40 Millionen € für das Sozialticket zur Verfügung stellen. CDU und FDP werden gemeinsam schon in der nächsten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses den Ansatz um die notwendigen 5 Millionen € erhöhen.
Damit schaffen wir die Voraussetzungen, dass die Gespräche mit Kommunen und Verkehrsverbünden über eine Neuordnung des Ticketwesens – und darum geht es – und eine Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV unbelastet von der Debatte der vergangenen Tage fortgeführt werden können.
Wir stehen dafür ein, dass Bedürftige und Arbeitsuchende Mobilitätsangebote nutzen können. Individuelle Mobilität bedeutet Teilhabe. Deshalb wird es jetzt und auch in Zukunft ein entsprechendes Angebot geben.
Wir erwarten aber auch, dass diejenigen, die auf bloße Ankündigung hin ganz schnell Fahrpreiserhöhungen beschlossen haben, diese umgehend und vollständig wieder zurücknehmen.
(Beifall von der CDU und der FDP – Nadja Lü- ders [SPD]: War das der Vorschlag Ihres Ver- kehrsministers?)
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir einen kurzen Rückblick. Wie ist denn das Sozialticket entstanden? Die Einführung war ja nun nicht Ihr Wunschkind.
Nein. – Sie war vielmehr das Ergebnis einer Nötigung der damaligen rot-grünen Landesregierung durch die Linken im Jahr 2011.
(Beifall von der CDU und der FDP – Lachen von der SPD – Zuruf von der SPD: Sie ma- chen sich lächerlich!)
Sie haben sich damals am Machterhalt orientiert und nicht an den besten Lösungen für die Menschen im Land.
Warum haben Sie sich denn nie dafür interessiert, dass von den 1,2 Millionen Anspruchsberechtigten gerade mal 300.000 dieses Ticket in Anspruch genommen haben?
Sie haben ja bis heute keine zuverlässigen Informationen darüber, wer das Ticket in Anspruch genommen hat und was die Voraussetzungen waren. Es hat Sie auch nie interessiert, dass es bestimmte Teile des Landes gab, in denen die Betroffenen dieses Ticket nicht in Anspruch nehmen konnten.
Wir reden über den heutigen Tag und über diese Wahlperiode. Deshalb werden wir das ändern. Wir werden die Informationen besorgen. Wir werden uns nicht auf dem Status quo ausruhen, so wie Sie es getan haben.
Denn es darf nicht vom Wohnort des Betroffenen abhängen, ob er das Ticket in Anspruch nehmen kann oder nicht.
Meine Damen und Herren, richtig ist, dass die Mitteilung eines Vorhabens durch den zuständigen Minister im Rahmen der Haushaltsberatungen Unsicherheiten hervorgerufen hat.