Dann hören wir hier von der regierungstragenden CDU-Fraktion so eine – lassen Sie es mich freundlich
ausdrücken – hochphilosophisch anmutende Rede, in der aber keine einzige konkrete Aussage enthalten war, wie wir denn die Situation für die Kinder und Jugendlichen verbessern wollen.
Sich hier hinzustellen und zu sagen, wir haben genug Studien, aber daraus nichts abzuleiten, das ist einfach zu wenig, und das ist auch keine Reaktion auf die berechtigten Interessen der jungen Menschen.
Auch hier verpassen Sie in einer Mischung aus Überheblichkeit und Verdrängung die Möglichkeit, politische Mehrheiten für eine andere Politik zu schaffen. Aber was noch viel schlimmer ist: Sie verpassen es, gesellschaftliche Mehrheiten für eine kinder- und jugendgerechte Politik zu organisieren.
Das hat sich auch schon in der Debatte zur Kampagne „Stimme für die Jugend“ gezeigt. Einen Kinder- und Jugendgipfel, bei dem junge Menschen selbst zu Wort kommen, haben der Minister und Sie abgelehnt. Gleichzeitig haben Sie aber versichert, dass Sie die Anliegen der Kampagne teilen würden. – Nein, was Sie auch heute zum Besten gegeben haben, ist verbale Aufgeschlossenheit bei völliger Ignoranz.
Das ist eindeutig zu wenig. Dann ist es auch kein Wunder, dass Kinder und Jugendliche sagen, dass ihre Situation für die Politik kaum eine Rolle spielt.
Die mangelnde Wertschätzung der Landesregierung für junge Menschen zeigt sich auch daran, dass Sie bis heute nicht bereit sind, mit den kommunalen Spitzenverbänden über einen Erlass der Kita- und OGSGebühren zu verhandeln.
Wer die Probleme von heute nicht angeht, wird nicht glaubwürdig über Perspektiven für Kinder und Jugendliche sprechen können. Auf diese Weise verantworten Sie nämlich nicht nur einen gigantischen Flickenteppich der unterschiedlichen Erstattungsregelungen vor Ort, sondern nehmen den Kommunen auch Spielräume für zusätzliche Maßnahmen in der Kinder- und Jugendarbeit.
Auf Bundesebene wurde ein Coronaaufholpaket von 2 Milliarden Euro beschlossen; davon soll 1 Milliarde Euro gezielt in außerschulische Angebote investiert werden. Gegen diese Mittel für Teilhabe hat sich die CDU lange gewehrt. Warum eigentlich?
Es sollte sich doch mittlerweile herumgesprochen haben, dass junge Menschen mehr sind als Schülerinnen und Schüler. Junge Menschen haben es satt,
Schule ist wichtig, aber das Leben findet nicht nur in Schulbüchern statt. Junge Menschen wollen sich entwickeln, sie brauchen den Kontakt zu Gleichaltrigen und haben ein Recht auf Freizeit und Erholung. Darum kommt es jetzt darauf an, dass die Mittel auch bei der Jugend ankommen. Zu Recht erwartet der Bund dabei auch eigene Anstrengungen der Länder.
Wir wissen, dass die Jugendverbandsarbeit mit ihren Ferienprogrammen und Freizeiten einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann, den Nachholbedarf nach Gemeinschaft und nonformaler Bildung auszugleichen. Die Jugendverbandsarbeit hängt aber seit Monaten in der Luft.
Der Landesjugendring hat jetzt selbst ein umfangreiches Konzept für infektionssichere Ferienangebote der Jugendarbeit erarbeitet und dem Ministerium übersandt. Dazu gehören Hygienestandards und Abstandsregelungen sowie Impfungen für Teamerinnen und Teamer, aber auch eine engmaschige Teststrategie. Ich fände es hilfreich, wenn das Land dieses umfassend erarbeitete Konzept unterstützen würde, damit es endlich Planungssicherheit für Ferienfreizeiten geben kann.
Hilfreich wäre es aber auch, wenn das Ministerium bereit wäre, sich finanziell an den Selbsttests der Jugendverbände zu beteiligen. Ihr bisheriger Umgang mit der Kinder- und Jugendarbeit in dieser Frage stimmt mich allerdings wenig hoffnungsvoll.
Sie hatten versprochen, der Jugendhilfe Selbsttests zur Verfügung zu stellen. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft aber eine riesige Lücke. Allein im Kreis Lippe wurde ein Bedarf von 40.000 Tests angemeldet; bekommen wird das Kreisjugendamt 6.200. Stattdessen gibt es die Empfehlung, …
… gerade bei der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit restriktiv vorzugehen, also keine Tests für Ehrenamtliche, keine Tests für Honorarkräfte, keine Tests für Praktikanten und keine Tests für Freiwilligendienstleistende. Das zeigt Ihre Wertschätzung für Kinder- und Jugendarbeit. Das muss sich dringend ändern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Maelzer, ich frage mich, was Sie hier gerade gemacht haben.
Ich muss ehrlich sagen: Sie haben einen Werbeblock für die Bundesfamilienministerin und für die nächste Bundestagswahl abgehalten. Sie haben sich an der CDU abgearbeitet. Warum machen Sie das? – Ich habe keine richtige Erklärung dafür.
Ich kann mir nur vorstellen, dass Sie schon im Wahlkampfmodus sind. Sie haben gerade bewiesen, dass es Ihnen weder um die Kinder noch um die Jugendlichen, sondern alleine darum geht, dass Sie schon in den Wahlkampf einsteigen.
(Beifall von der FDP und der CDU – Dr. Den- nis Maelzer [SPD]: Das hatten Sie vorher schon aufgeschrieben?)
Die Coronapandemie, die Lockdowns und die daraus resultierenden Schutzmaßnahmen betreffen insbesondere die Jüngsten in unserem Land. Wir alle erinnern uns bestimmt noch an unsere Jugend und daran, wie wichtig sie für unseren weiteren Lebensweg gewesen ist.
Der gemeinsame Alltag in der Kita, in Schulen, das Fahrradfahren zum Baggersee oder das Wochenende nach der Schule auf dem Bolzplatz – all dies ist seit nunmehr einem Jahr nicht mehr in dem uns bekannten Maße möglich, und zwar mit dramatischen Folgen. So haben erst kürzlich die Kinder- und Jugendärzte auf den gravierenden Zustand der Psyche von Kindern und Jugendlichen hingewiesen. Laut den verantwortlichen Ärzten sei es daher notwendig, Schulen und Kitas unter sicheren Bedingungen wieder zu öffnen.
Die Beschreibung der Sach- und Studienlage in Ihrem Antrag ist grundsätzlich richtig, liebe Frau Paul. Kinder und Jugendliche sind stark belastet und fühlen sich bei der Entscheidungsfindung zunehmend vernachlässigt.
Daher bin ich unserem NRW-Familienminister, Joachim Stamp, aber auch unserer Schulministerin, Yvonne Gebauer, sehr dankbar dafür, dass das Versprechen eingehalten worden ist, Kinder und Jugendliche bei weiteren Öffnungsschnitten mit höchster Priorität zu berücksichtigen.
So freut es mich überaus, dass in der heutigen Unterrichtung der Landesregierung verkündet wurde, dass die Kitas ab heute dort in den eingeschränkten Regelbetrieb zurückkehren können, wo der Inzidenzwert unter 165 liegt. Das dürfte mit wenigen Aus
nahmen in ganz Nordrhein-Westfalen der Fall sein. Auch die Schulen gehen ab dem 31. Mai dort wieder zum Präsenzunterricht über, wo der Inzidenzwert unter 100 liegt.
Damit stellt die Landesregierung weiterhin die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in unserem Land in den Vordergrund. Weitere bereits vorgestellte Öffnungsschritte bei den Freizeitangeboten ab Mitte Mai sind ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung:.
Der Kontaktsport im Freien für Gruppen von bis zu 20 Kindern wird bei einem Inzidenzwert von unter 100 wieder erlaubt; ab einem Inzidenzwert unter 50 entfällt die Personenbegrenzung vollständig.
Wir haben eine Öffnungsperspektive für die Freibäder und für die Gastronomie, die endlich unter sicheren Voraussetzungen wieder viel vom schmerzlich vermissten Alltag aus der Zeit vor Corona ermöglichen wird.
Der Antrag der Grünen gibt darüber hinaus weitere Denkanstöße. Einen runden Tisch zu gründen, klingt immer gut. Ein runder Tisch mit allen Akteurinnen und Akteuren der außerschulischen Kinder- und Jugendbildung, der Familienbildung, aber beispielsweise auch mit den Beteiligten an der frühkindlichen Bildung erscheint jedoch sehr ambitioniert, denn die Interessen sind sehr heterogen.
Darüber hinaus befindet sich die Landesregierung grundsätzlich und regelmäßig in einem engen und vertrauensvollen Austausch mit den Menschen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Kinder- und Jugendverbandsarbeit, um zu erörtern, wie unter den jeweils aktuellen Pandemiebedingungen trotzdem verantwortungsvoll Angebote für Kinder und Jugendliche gemacht werden können.
Studien zu den Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche und deren Bedürfnisse während der Coronapandemie sind bereits durch zahlreiche Akteurinnen und Akteure sowie Institutionen in Auftrag gegeben worden oder liegen bereits vor. Ungeachtet dessen teilen wir selbstverständlich Ihr grundsätzliches Anliegen: Die psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen müssen definitiv ins Auge genommen werden.
Ähnliches gilt für den Kinderschutz: Die vorliegenden Meldungen der örtlichen Jugendämter in NordrheinWestfalen deuten zwar auf keinen signifikanten Anstieg der Fälle hin; es steht jedoch zu befürchten, dass möglicherweise das Dunkelfeld aufgrund ausbleibender sozialer Kontrollen größer geworden ist. Es bleibt abzuwarten, ob hier gegebenenfalls Nachholeffekte nach erfolgter gesellschaftlicher Öffnung zu beobachten sind.
Ein wie im Antrag geforderter jährlicher Kinderschutzbericht hätte in unseren Augen jedoch keinen Mehrwert im Vergleich zur jährlichen Kinder- und
Jugendhilfestatistik. Außerdem hat die Landesregierung bereits angekündigt, ab 2022 jährlich komplementär über die Umsetzung ihres Handlungs- und Maßnahmenkonzeptes für den Kinderschutz zu berichten. Auch hier werden regelmäßig Erkenntnisse aus dem Kinderschutz aufgegriffen.
Ich möchte wiederholen: Ihre Analyse der Lage trifft größtenteils zu; das belegen bereits einige Studien und Aussagen von Experten. Die Belastungen der Kinder und Jugendlichen müssen im Auge behalten und angemessen berücksichtigt werden. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.