Protocol of the Session on December 16, 2020

Rechtlich gibt es – darauf ist der Kollege Sträßer schon eingegangen – dieses sogenannte TönisvorstUrteil. Das stellt klar, welche Voraussetzungen das Bundesverwaltungsgericht an die Spiegelbildlichkeit in kommunalen Ausschüssen legt. Das ist so in Ordnung. Es gibt da allerdings keinen Handlungsbedarf.

Inhaltlich, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüße ich es ausdrücklich, dass an vielen Orten die demokratischen Kräfte in Räten und Kreistagen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass

die Vorsitze in den Ausschüssen im Rat und in den Kreistagen angemessen besetzt werden.

Denn das ist doch offensichtlich Ihr eigentliches Problem – auch das ist schon angesprochen worden –: Sie wollen verhindern, dass durch demokratisches Zusammenwirken mehrerer Fraktionen Ausschussvorsitze besetzt werden.

Im Gegensatz zu Ihnen finde ich persönlich das gut und angemessen und rechtlich eben auch unbedenklich.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Eine dem Wählervotum entsprechende Zusammensetzung der Ausschüsse ist, wie gesagt, nicht gefährdet.

Wenn dann verhindert wird, dass die Sitzungsleitung und die Repräsentanz der Fachausschüsse durch Personen stattfinden, die in einer rechtspopulistischen, dem Hass und der Ausgrenzung und dem Faschismus zugewandten Organisation, also der AfD, tätig sind und der angehören, dann, meine Damen und Herren, ist das keine Ausgrenzung, sondern ein gutes Zeichen dafür, dass die demokratischen Fraktionen in den Kommunalparlamenten im engen Schulterschluss

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

dafür sorgen, dass die Ausschussvorsitze ordentlich und angemessen besetzt werden.

Sie haben weder einen Grund, Verfassungsbruch zu reklamieren, noch einen Grund, sich zu beschweren. Sie haben allenfalls Gründe genug dafür, sich für Ihr politisches Verhalten – wie sowohl die Zwischenfrage als auch die Einbringungsrede gezeigt haben – zu schämen.

Meine Damen und Herren, wir werden der Überweisung zustimmen, an dem Antrag allerdings im Weiteren kein gutes Haar lassen.

Nichtsdestotrotz und zum guten Abschluss wünsche ich allen Kolleginnen und Kollegen, dass sie ein friedvolles und gesegnetes Weihnachtsfest verbringen und gut und vor allen Dingen gesund ins neue Jahr kommen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. Darf ich Sie daran erinnern, dass wir uns im Plenarsaal befinden? Erstens bitte ich Sie, Ihre Maske zu tragen.

Zweitens möchte ich Sie bitten, im Nachgang die eine oder andere Formulierung in Ihrer Rede zu überdenken.

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Mangen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin immer wieder überwältigt, Herr Röckemann von der AfDFraktion, von Ihrer frappierenden Ehrlichkeit. Dass Sie Ihrem Vortrag direkt am Anfang schon voranstellen, dass das, was Sie da fordern, sicherlich ohne Sinn ist, finde ich schon beeindruckend. Ich stimme Ihnen da auch voll und ganz zu: Sinn macht das nicht.

Dass Sie es bei so einem trockenen Thema wie der Gemeindeordnung dann auch noch schaffen, die Nazizeit zu bemühen, ist schon hart. Auf die Idee muss man erst einmal kommen.

Ob es zum jetzigen Zeitpunkt der pandemischen Lage seitens der AfD überhaupt sinnvoll ist, den Landtag mit dem Wahlverfahren der Ausschussvorsitzenden kommunaler Ausschüsse zu beschäftigen, mag jeder für sich selbst beurteilen. Ich habe da sicherlich eine andere Meinung als Sie.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf kritisiert die AfD ja, dass die Ausschussvorsitze kommunaler Ausschüsse nach einem anderen Verfahren bestimmt werden als die Summe der Ausschussmitglieder. Bei der Wahl der Ausschusssitze wird das Verfahren nach Hare-Niemeyer angewendet, Listenverbindungen sind zulässig. Das macht ja auch Sinn. Für die Besetzung der Ausschussvorsitze können sich die Fraktionen entweder einigen, oder der Zugriff auf die Ausschussvorsitze erfolgt nach dem dʼHondtschen Höchstzahlverfahren. Listenverbindungen sind hier zulässig.

Der Gesetzentwurf der AfD fordert daher, Zugriffsgemeinschaften, also gemeinsame Listen, bei der Besetzung der Ausschussvorsitze zu untersagen und § 58 Gemeindeordnung NRW und § 41 Kreisordnung NRW entsprechend zu ändern.

Hierfür besteht allerdings überhaupt kein Anlass. Für die unterschiedliche Handhabung bei der Besetzung von Ausschüssen und der Verteilung der Vorsitze gibt es gute Gründe.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes im Tönisvorst-Urteil von 2003 müssen kommunale Ausschüsse die Zusammensetzung und das Kräfteverhältnis im Rat widerspiegeln. Daher sind Zählgemeinschaften dann unzulässig, wenn sie die Sitzverteilung zulasten Dritter verschieben. Das kann die Besetzung der Ausschussvorsitze indes nicht tun. Während allen gewählten kommunalen Mandatsträgern nur über die Mitwirkung in Ausschüssen auch tatsächlich Gehör und Wirkung verschafft werden kann und damit der Wählerwille und das Kräfteverhältnis zwischen verschiedenen Meinungen widergespiegelt wird, gilt das eben nicht für die Ausschussvorsitze. Bei der Verteilung der Vorsitze kommt es nicht auf eine Spiegelbildlichkeit des Rates an, sondern es geht vielmehr um die Selbstorganisation des Rates. Darin ist der Rat frei, und das

soll er natürlich auch bleiben. Eine einseitige Dominanz und damit Verhinderung von Opposition wird auch durch das Verfahren nach d’Hondt wirksam ausgeschlossen.

Kleine Fraktionen haben die Möglichkeit, sich gerade durch das Einigungsverfahren und durch die Möglichkeit von Listenverbindungen einen Ausschussvorsitz zu sichern. Hier setzt das Kommunalrecht gezielt auf Kooperation und Einigung der weit überwiegenden Mehrheit in den Räten und Kreistagen. Bislang habe ich dort auch noch nie Kritik von welcher Fraktion auch immer an diesem Verfahren gehört.

(Christian Dahm [SPD]: Das stimmt!)

Wenn das mit der Kooperation bei einigen Fraktionen nicht funktioniert, dann sollten sich nicht die Spielregeln ändern, sondern eher das Verhalten der betroffenen Fraktionen.

Wir sehen daher hier keinen Handlungsbedarf und werden den Antrag aller Voraussicht nach ablehnen. – Vielen Dank, Glückauf und ein frohes Weihnachtsfest.

(Beifall von der FDP, der CDU und Hans-Willi Körfges [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Mangen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um den § 58 Abs. 2 der Gemeindeordnung. Die AfD möchte gerne Ausschussvorsitze haben und verbindet damit eine größere Beteiligung an der kommunalen Demokratie.

Ich gebe Ihnen mal einen guten Rat: Machen Sie doch einfach eine Politik, die angemessen ist. Machen Sie eine Arbeit, die angemessen ist. Arbeiten Sie auch so an den Geschäftsordnungen mit, wie es angemessen ist. Und sorgen Sie nicht dafür, dass Ihre Art und Weise des scheinbaren Politikmachens dazu führt, dass alle anderen Parteien nicht nur der Auffassung, sondern der gesicherten Erkenntnis sind, dass Sie gar kein Interesse an parlamentarischer Auseinandersetzung haben, sondern im Wesentlichen Spielchen dazu nutzen, um die Demokratie zu gefährden oder in Misskredit zu bringen.

Allein die Äußerung am Ende des Redebeitrags des Einbringers, dass Sie sozusagen die Coronaleugner zum Widerstand aufrufen an einem Tag, wo die Höchstzahl an Toten mit fast 1.000 Menschen zu verzeichnen ist,

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ja!)

zeigt ziemlich deutlich, wes Geistes Kind Sie sind.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Ich kann Ihnen nur sagen – wenn ich jetzt Politikberatung oder Rechtsberatung machen müsste –: Man kann als Rat sogar die Ausschussmenge reduzieren. Man kann die Geschäftsordnung ändern. Man kann das sogar auf die gesetzlich zulässige Zahl an Ausschüssen reduzieren. Das sind dann zwei bis drei Ausschüsse. Dann gibt es gar keine Ausschussvorsitze für Parteien, die geringeren Grades sind.

Deswegen hat das Bundesverwaltungsgericht auch so entschieden, wie es entschieden hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat richtig gesagt, die Repräsentanz derjenigen, die in den Rat gewählt worden sind, muss sich auch in den Ausschüssen widerspiegeln und eben nicht in den Ausschussvorsitzen.

Es sind doch gerade Parteien wie zum Beispiel die AfD, die durch zahlreiche Zählgemeinschaften, Fraktionsgemeinschaften oder sonstige Verbindungen dafür sorgen, dass genau diese Repräsentanz oftmals eben nicht zustande kommt.

Das sehen wir ja auch heute wieder. Zeitgleich – ich hoffe, die sind schon fertig – tagte der Rat der Stadt Essen. Dort hat die AfD tatsächlich heute ein PairingVerfahren abgelehnt – an dem Tag, an dem, wie gesagt, die meisten Toten seit Beginn der Pandemie zu verzeichnen sind. Damit hätte nur die Hälfte der Ratsmitglieder anwesend sein müssen, aber die AfD hat so die Gesundheitsgefahr für alle Ratsmitglieder in Essen erhöht.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: So ist das! – Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Natürlich rufen die Coronaleugner jetzt wieder dazwischen.

Ich finde das schändlich, erbärmlich, und das hat mit Demokratie relativ wenig zu tun.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP – Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Scharrenbach jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der für die antragstellende Fraktion redende Abgeordnete hat ganz zu Beginn eine Frage gestellt. Er hat gefragt: Ist es eigentlich jetzt noch an der Zeit, zwei Paragrafen in der Gemeindeordnung ändern zu müssen? Ich sage Ihnen: nein. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU, der SPD und der FDP – Christian Dahm [SPD]: Vielen Dank!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Es ist mehrfach deutlich gemacht worden, dass wir über eine Überweisung des gerade debattierten Gesetzentwurfes reden, und zwar an den Rechtsausschuss in der Federführung sowie an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen in der Mitberatung. Möchte jemand gegen die Überweisung stimmen? – Das ist nicht der Fall. Sich enthalten? – Das ist auch nicht der Fall. Dann haben wir den Gesetzentwurf Drucksache 17/12059 so überwiesen.

Ich rufe auf: