Protocol of the Session on December 16, 2020

Verständlichkeit und Konsistenz sind nicht nur Grundprinzipien der Krisenkommunikation. Sie erhöhen auch die Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns. Das ist gerade in dieser Krise so enorm wichtig, damit wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger haben.

Schnelligkeit, Wahrhaftigkeit, Verständlichkeit und Konsistenz – das sind die vier Grundprinzipien. Diese vier Grundprinzipien brauchen wir auch im Bereich der Schulpolitik. Hier darf sich nicht wiederholen, was wir in den Osterferien, in den Sommerferien und in den Herbstferien erlebt haben. Das waren Ferien der verpassten Chancen.

Herr Laschet, Frau Gebauer, Sie haben jetzt viele Hausaufgaben für diese Weihnachtsferien bekommen. Und wir erwarten, dass Sie sie auch erledigen. Dass Herr Laschet sich jetzt endlich gegenüber dem kleineren Koalitionspartner FDP durchgesetzt hat und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten auf den eindringlichen Appell der Wissenschaft gehört haben, war dringend notwendig. Aber der Schaden, der in der Schulpolitik angerichtet wurde, ist enorm.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Der nicht vorbereitete Präsenzunterricht geht auf Kosten der Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern. Deshalb muss Frau Gebauer jetzt endlich liefern und den Schulen und Schulträgern den notwendigen Spielraum geben, um lageangepasste pädagogische Konzepte auf den Weg zu bringen.

Deshalb wundere ich mich schon, wenn ich mir die Änderungsanträge der Koalition zur dritten Lesung ansehe. Der einzige Änderungsantrag der Koalition zum Thema „Schule“ betrifft das Schulschwimmen. Das ist ohne Frage ein total wichtiges Thema, aber angesichts einer Situation, in der die Schulen drohen, in dieser Krise aufgrund der schlechten Vorbereitung des Schulministeriums baden zu gehen, wundert es mich sehr, dass diese Koalition nicht mehr auf den Tisch gelegt hat. Denn es geht doch darum, Bildungsgerechtigkeit und Infektionsschutz endlich in Einklang zu bringen.

(Beifall von den GRÜNEN, Thomas Kutschaty [SPD] und Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])

Wir brauchen in diesem Winter und auch im gesamten nächsten Jahr viel Solidarität und Unterstützung. Wir brauchen Solidarität mit denjenigen, die kein Zuhause haben, wenn alle zu Hause bleiben sollen. Wir brauchen Hilfe und Unterstützung für diejenigen, deren Zuhause kein sicherer Ort ist. Wir brauchen

Unterstützung und Angebote für die Familien, die darauf angewiesen sind, dass ihre Kinder in Kita und in Schule ein warmes Mittagessen bekommen.

Denn diese Krise trifft uns alle, aber sie trifft uns nicht gleichermaßen hart. Wir als Politik können aber nicht nur für Solidarität und Gerechtigkeit werben, sondern wir müssen als gutes Beispiel vorangehen, indem wir Maßnahmen zum Infektionsschutz mit Konzepten flankieren, die gerade denen Unterstützung zukommen lassen, die am härtesten durch die Krise getroffen werden.

Wir alle wissen, dass dieses Weihnachtsfest nicht so werden wird wie in jedem Jahr. Unsere Gedanken werden bei denjenigen sein, die wichtige Menschen verloren haben, und auch bei denjenigen, die in den Krankenhäusern um jedes Leben kämpfen.

Politischer Wettstreit um die besten Ideen gehört – auch in der Krise – zu einer Demokratie. Das ist Teil einer Demokratie. Das ist wichtig. Also lassen Sie uns weiter streiten. Lassen Sie uns auch im Jahr 2021 den politischen Wettstreit führen – ich freue mich darauf –, aber immer mit dem gemeinsamen Ziel vor Augen, dass wir diese Pandemie bekämpfen müssen, damit wir nächstes Jahr um diese Zeit wieder gemeinsam mit vielen Freundinnen und Freunden, mit unseren Familien zusammen feiern können. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Rasche.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal auch vonseiten der FDP-Landtagsfraktion herzlichen Dank an André Kuper für seine sehr gefühlvollen Worte, die er heute gefunden hat. Sicherlich hat er im Namen des gesamten Präsidiums gesprochen. Das war gut, das war angemessen. Nochmals danke dafür!

(Beifall von der FDP und der CDU – Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Thomas Kutschaty hat mit zwei Aussagen zu Beginn seine Rede absolut recht. Er hat gesagt, diese Haushaltsdebatte in der dritten Lesung sei nicht vergleichbar mit denen der vergangenen Jahre. Vor dem Hintergrund der Krise ist heute alles etwas anders. Auch seine zweite Aussage, dass man durchaus einmal darüber nachdenken könne, was man tags zuvor in einer dynamischen Debatte gesagt habe, trifft uns alle. Das ist ein guter Vorschlag an uns alle, und dabei sollte sich keiner herausnehmen. Da sind wir auch dabei, und das sogar sehr gerne.

Eine Haushaltsdebatte ist traditionell ein Rückblick auf das laufende Jahr – in diesem Fall 2020 – und ein Ausblick auf das Jahr 2021. Wir sind in dieses Jahr mit einem Haushalt 2020 gestartet, der die wesentlichen Eckpunkte dieser Koalition enthalten hat, nämlich massive Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Sicherheit. Mit dem Haushalt 2020 haben wir auch mit dem Schuldenabbau in Nordrhein-Westfalen begonnen.

Und dann kam Corona – eine absolute Ausnahmesituation. Es kam ein Rettungsschirm von 25 Milliarden Euro in Nordrhein-Westfalen. Wir alle versuchen gemeinsam – die Debatte gestern hat es gezeigt –, aus dieser wirklich sehr schwierigen Krise herauszukommen. Es ist eine verdammt schwierige Aufgabe. Gemeinsam können wir sie in diesem Hohen Hause hoffentlich meistern.

Der Haushalt 2021 stellt im Wesentlichen eine ganz wichtige, grundsätzliche politische Frage, nämlich: Was ist solide Finanzpolitik? Bedeutet solide Finanzpolitik das Erfüllen von vielen, durchaus auch wertvollen Wünschen? Das haben wir gerade in den Reden von SPD und Grünen gehört. Oder heißt solide Finanzpolitik, nach Möglichkeit keine Schulden zu machen, sondern die Ausgaben durch die Einnahmen zu decken?

Nordrhein-Westfalen hat sich an eine Schuldenspirale gewöhnt. 45 Jahre lang gab es hier keine Haushaltseinbringung, die keine Kreditaufnahme vorsah. Die NRW-Koalition von CDU und FDP hat auch in diesem Bereich für einen Politikwechsel gesorgt. Wir haben Prioritäten formuliert – insbesondere Bildung, Infrastruktur und Sicherheit –, und wir haben gezeigt, dass man mit dem Geld auskommen kann.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Was für jede Familie, für jeden Mittelständler, für jeden Handwerker auf Dauer die einzige Möglichkeit ist – nämlich mit dem eigenen Geld auszukommen –, muss und soll – das ist für uns eine Selbstverständlichkeit – für Nordrhein-Westfalen und diese NRWKoalition gelten.

Das haben wir 2017 mit dem Nachtragshaushalt eingestielt. Das haben wir 2018, 2019, 2020 bewiesen, und das werden wir auch in den nächsten Jahren – wahrscheinlich auch über 2022 hinaus – gemeinsam so machen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Sonderausgaben durch die Coronakrise werden gesondert verbucht, aber die Tilgung wird in zukünftige Haushalte einfließen. Das wird eine Belastung sein, die wir gemeinsam stemmen müssen. Das nenne ich solide Finanzpolitik.

Die Schwerpunkte im Haushalt 2021 sind unverändert: Generationengerechtigkeit durch solide Finanzen, Nachhaltigkeit – dazu werde ich gleich noch

einiges sagen –, Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Sicherheit, Anreize für private Investitionen in Nordrhein-Westfalen und die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

Frau Schäffer hat sich gerade in zwei Punkten ihrer Rede auf Berlin bezogen. In jeder Ihrer Reden wird Christian Lindner kritisiert; das ist Standard. Er kann machen, was er will: Sie kritisieren das prinzipiell.

Zum Schluss Ihrer Rede haben Sie sich als Söderfan gezeigt – bemerkenswert.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Das dürfen Sie aber nicht den Grünen in Bayern sagen, ja?)

Wo wir gerade bei Berlin sind, möchte ich noch einmal kurz auf die Haushaltsdebatte der vergangenen Woche in Berlin eingehen. Der Bund macht mal eben so 160 Milliarden Euro neue Schulden. Das ist die Handschrift der SPD; das haben wir hier 45 Jahre lang gesehen. In Berlin wird genau diese Politik fortgesetzt, wenn die SPD in Verantwortung ist –

(Zurufe von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und André Stinka [SPD])

ohne klare Aussagen, wie das getilgt werden soll. Das Ziel scheint offenbar die Bundestagswahl zu sein. Man will möglichst viele Versprechungen machen. Alles wird auf Pump finanziert, um mit einem relativ guten Ergebnis durch diese Bundestagswahl zu kommen.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Dabei ist der ARD-Deutschlandtrend bemerkenswert, der sich mit der Frage beschäftigt, ob sich die Menschen in Deutschland Sorgen machen, dass zu viele Schulden gemacht werden: 63 % der Menschen in Deutschland machen sich erhebliche Sorgen, dass in Deutschland zu viele Schulden gemacht werden. Übrigens sagen das 54 % der SPD-Anhänger auch.

(Beifall von der FDP und Nic Peter Vogel [AfD])

Olaf Scholz hat in seiner Rede versprochen, dass die Coronahilfen endlich fließen. Nach wie vor klappt die Organisation nicht. Abschlagszahlungen lehnt er ab.

Die Folge ist, dass wenige Tage vor Weihnachten und gut zwei Wochen vor Silvester viele Unternehmen Angst um ihre Existenz haben, weil sie die Belastungen, die zum 30.12. auf sie zukommen, nicht tragen können. Die Insolvenz wäre die Folge.

Es sind nicht nur die Unternehmen und die kleinen Geschäfte, die diese Sorgen haben, sondern es sind vor allem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dort beschäftigt sind und die sich Sorgen um ihre Existenz machen. Sie machen sich Sorgen, wie sie weiterhin ihre Familie und ihren Lebensstandard finanzieren können.

Ich hoffe, dass die Bundesregierung, dass Olaf Scholz einlenkt und möglichst schnell Abschlagszahlungen auf den Weg bringt.

In diesem Zusammenhang möchte ich an Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart erinnern, der die Soforthilfen im Frühjahr beispielhaft organisiert hat, ein Vorbild für ganz Deutschland: schnell, unbürokratisch und für jeden verständlich. Es geht also; man muss es nur wollen.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich möchte in fünf Punkten auf den Haushalt 2021 eingehen. Der erste Punkt: Unsere Wirtschaftspolitik – die Wirtschaftspolitik der NRW-Koalition – schafft seit 2017 Vertrauen. In der wirtschaftlichen Entwicklung liegen wir mittlerweile über dem Bundesdurchschnitt; das war in den Zeiten von 2010 bis 2017 unter RotGrün anders.

Im ersten Halbjahr 2020 gab es in Nordrhein-Westfalen 17 % mehr Start-up-Gründungen als im Vorjahreszeitraum. Das heißt, gerade die Start-ups, diese modern denkenden Unternehmen – oft junge Leute, junge Familien – kommen nach Nordrhein-Westfalen.

Sie bleiben nicht in Berlin oder in anderen großen Städten Deutschlands, sondern Nordrhein-Westfalen zieht sie an, weil diese NRW-Regierung eine Willkommenskultur für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen, für moderne Politik und für die Startups Deutschlands etabliert hat.

Ich sage für die NRW-Koalition: Kommt weiterhin nach Nordrhein-Westfalen. Ihr seid herzlich willkommen. Bitte kommt zu uns.

(Beifall von der FDP und der CDU)

In der Wirtschaftspolitik haben wir den vor allem durch die Grünen bedingten Stillstand beendet. Mike Groschek als Landesvorsitzender der SPD hat nicht ohne Grund von einer Durchgrünung NordrheinWestfalens gesprochen und sie beklagt. Dieser Politikwechsel war für NRW verdammt wichtig.

(Vereinzelt Beifall von der FDP)