Protocol of the Session on December 16, 2020

Das mag alles total gut und total richtig sein. Aber eine grundlegende Reform oder eine ernst gemeinte Offensive zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes ist das nicht. Das ist eine herbe Enttäuschung für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die FDP spricht seit Kurzem immer so viel von Bildungsgerechtigkeit. Das finde ich total gut. Denn Bildungsgerechtigkeit ist ein wichtiger Baustein von Chancengerechtigkeit für alle Kinder. Klar ist aber auch, Bildungsgerechtigkeit braucht engagierte Lehrerinnen und Lehrer, und Bildungsgerechtigkeit beginnt schon bei den Kleinsten und bei den Kleinen. Wir haben aber schon heute einen massiven Lehrkräftemangel an den Grundschulen. Es fehlen mindestens 900 Lehrerinnen und Lehrer für die Klassen 1 bis 4.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Der Masterplan „Grundschule“ hat sehr lange auf sich warten lassen, aber dieser Masterplan „Grundschule“ ist eine einzige Enttäuschung, allein schon deshalb, weil er die zugesagte Angleichung der Eingangsbesoldung von Grundschullehrerinnen und -lehrern auf A13 völlig außer Acht lässt.

Ja, ich weiß, jetzt werden für 5 % der Lehrkräfte Beförderungsstellen eingerichtet. Aber das ist, ehrlich gesagt, nicht weniger als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wenn in der Laufzeit des Masterplans 5 % der Stellen A13 erhalten sollen, bräuchte es umgerechnet 100 Jahre, um alle Grundschullehrkräfte zu erreichen. Ich finde, Wertschätzung für Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer sieht anders aus. Die Anpassung der Ausbildung muss endlich auch eine Anpassung der Besoldung nach sich ziehen. Und das betrifft natürlich auch die Lehrkräfte der Sekundarstufe I.

Herr Laschet, auch hier haben Sie ein wichtiges Versprechen gebrochen. Legen Sie endlich einen Plan

vor! Schenken Sie den Lehrkräften reinen Wein ein, wann sie endlich mit der Angleichung der Besoldung zu rechnen haben!

(Beifall von den GRÜNEN)

Auf einen Plan für die Zukunft der Kommunalfinanzen warten die Kommunen bislang vergeblich. Die Kommunen sind auch bei diesem Haushalt der große Verlierer. Dabei zeigt uns die Coronakrise doch, wie wichtig die Kommunen und die kommunalen Behörden sind.

Es sind nämlich die Gesundheitsämter, die die Quarantäneverfügungen erstellen und auch die Kontaktnachverfolgung betreiben.

Es sind die Kommunen als Schulträger, die Hygienemaßnahmen an den Schulen umsetzen und Luftfilteranlagen einbauen.

Es sind die Jugendämter, die auch in schwierigen Zeiten Kontakt zu ihren Schützlingen suchen und Familien beraten.

Es sind die Ordnungsämter, die die Einhaltung der Coronaschutzmaßnahmen überwachen.

Und es sind nicht zuletzt auch die Krisenstäbe, die die gesamten Aufgaben koordinieren, die Schutzmaßnahmen umsetzen und für die Information der Öffentlichkeit sorgen.

Es sind übrigens auch die 53 Krisenstäbe der der kreisfeien Städte und der Kreise, die ausbaden müssen, dass ausgerechnet die Landesregierung ihren eigenen Krisenstab noch nicht aktiviert hat.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Land hält extra einen Krisenstab und auch entsprechende Haushaltsmittel vor. Es tut mir leid, Herr Laschet, dass ich in Ihrer Anwesenheit hier doch noch mal den Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zitieren muss.

(Armin Laschet, Ministerpräsident: Bitte!)

Das mache ich gerne.

Markus Söder hat am Sonntag in der Pressekonferenz mit der Kanzlerin nach der MPK bemerkenswerte Sätze gesagt, die ich gerne zitieren möchte. Er sagte:

„Corona ist eine Katastrophe, die unser Leben mehr betrifft als jede Krise, die wir in den letzten 50 Jahren zuvor hatten.“

Corona ist eine Katastrophe, sagt Markus Söder. Die NRW-Landesregierung sieht das aber offensichtlich anders,

(Henning Höne [FDP]: Markus Söder ist eine Katastrophe!)

denn sonst würden Sie den Krisenstab einrichten.

(Armin Laschet, Ministerpräsident: Quatsch!)

Quatsch? Vielleicht unterhalten Sie sich mit dem Innenminister, der gerade nicht da ist, noch einmal darüber. Wir haben die Debatten – Herr Pfeil weiß das, und auch andere, die hier sitzen – mehrfach im Innenausschuss geführt, und Herr Reul konnte mir nicht erklären, warum dieser Krisenstab nicht eingesetzt wird.

(Zuruf von Armin Laschet, Ministerpräsident)

Ich hatte selber das Gefühl, dass er selbst noch nicht einmal die Geschäftsordnung der Landesregierung zum Krisenstab gelesen hatte, denn daraus geht ziemlich klar hervor, was die Aufgaben sind und wann man einen Krisenstab aktiviert. Demnach hätte der Krisenstab längst aktiviert werden müssen.

Es geht im Übrigen auch nicht darum, wie kleinkariert die Grünen in Sachen Geschäftsordnung sind. Manchmal sind wir das, das gebe ich gerne zu. Der Grund ist doch, dass die Krisenstäbe für eine einheitliche Kommunikation sorgen. Sie sorgen dafür, dass Informationen von der Landesebene an die Kommunen gehen. Und das ist derzeit nicht der Fall. Reden Sie mal mit den Kommunalos vor Ort! Reden Sie mal mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern!

(Armin Laschet, Ministerpräsident: Haben wir!)

Sie werden Ihnen bestätigen, dass es ein echtes Problem ist, dass diese Informationen nicht einheitlich an die kommunale Ebene gelenkt werden. Da lassen Sie wirklich Ihr schlechtes Krisenmanagement auf dem Rücken der Kommunen aus. Und ist wirklich eine ignorante Haltung, die ich nicht nachvollziehen kann.

(Beifall von den GRÜNEN und Thomas Kutschaty [SPD])

Obwohl hier jeder im Raum weiß, wie wichtig die Funktion der Kommunen in dieser Krise ist und wie wichtig die Kommunen für unser Gemeinwesen sind, lässt die Landesregierung sie am langen Arm verhungern. Jetzt kommt neben der ohnehin schon schwierigen finanziellen Situation vieler Kommunen auch noch die Last in der Coronakrise hinzu. Während Bund und Länder den Kommunen für die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer für das Jahr 2020 eine Kompensation zugesagt haben, werden die Kommunen im Jahr 2021 im Regen stehen gelassen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Wer sagt das denn?)

Herr Lienenkämper, Sie lösen die Probleme der Kommunen in der Coronakrise nicht, wenn Sie heute kreditfinanzierte Zuweisungen geben.

(Henning Höne [FDP]: Wie hoch sind denn die Ausfälle für 2021? – Bodo Löttgen [CDU]: Was haben wir denn für 2021 erstattet?)

Sie schaffen damit in absehbarer Zeit neue Probleme,

(Beifall von den GRÜNEN)

denn Sie treiben die armen Kommunen nur weiter in die Schuldenspirale. Und das ist ja nicht das einzige Problem. Dazu kommt auch noch die Veränderung der Systematik des GFG: Indem Sie Schlüsselzuweisungen absenken und Pauschalen anheben, wird ein größerer Teil der Mittel unabhängig der Finanzkraft der Kommunen bereitgestellt. Im Ergebnis bedeutet das weniger Geld für die finanzschwachen Kommunen. Das ist ein echtes Problem.

(Beifall von den GRÜNEN)

On top kommt die immer noch nicht gelöste Altschuldenproblematik. Ministerin Scharrenbach hatte bereits für Anfang 2019 ein Konzept angekündigt. Davon fehlt immer noch jede Spur. Dabei läuft im Jahr 2020 – also dieses Jahr – der Stärkungspakt aus. Das Land spart ab dem nächsten Jahr, ab dem Jahr 2021, die Zuführung der Mittel und damit durchschnittlich 440 Millionen Euro pro Jahr.

Mit diesen Mitteln könnte das Land einen großen Schritt in Richtung Altschuldenlösung machen. Doch es passiert nichts. Das ist aus meiner Sicht ein Offenbarungseid, der zeigt, dass die Landesregierung offensichtlich kein Interesse an einer Altschuldenlösung hat. Sie sitzen das Problem der Kommunalfinanzen aus. Aus meiner Sicht und aus Perspektive der Kommunen ist das blanker Hohn.

(Beifall von den GRÜNEN und Sven Wolf [SPD])

Sehr geehrte Damen und Herren, mit dieser Woche gehen wir bis mindestens Mitte Januar in einen Lockdown. Jetzt ist es an der Zeit, an Konzepten für die Zeit nach Mitte Januar zu arbeiten. Wir brauchen einen Stufenplan, der verlässlich aufzeigt, wann und ab welchem Inzidenzwert welche Schutzmaßnahmen erfolgen oder Lockerungen eingeleitet werden können.

Und wir brauchen auch endlich eine echte HotspotStrategie – eine Strategie, bei der Minister Laumann nicht den betroffenen Kommunen die Verantwortung vor die Füße kippt, sondern die landesweite Regelungen schafft, welche Maßnahmen bei einem Inzidenzwert von über 200 gelten.

Im Übrigen brauchen wir eine Strategie, die die Städte im kreisangehörigen Raum berücksichtigt. Denn momentan schauen wir nur auf die Kreise. Wir schauen nicht in den kreisangehörigen Raum. Ich kann Ihnen sagen: In meinem Kreis liegt der Inzidenzwert unter 200. Zumindest war das gestern noch der Fall. Ich weiß aber, dass es auch in meinem Kreis, dem Ennepe-Ruhr-Kreis, Kommunen gibt, die inzwischen bei einem Wert von über 200 liegen.

Wir haben keine Maßnahmen dafür, weil auch diese Landesregierung nichts vorgibt. Ich finde das wirklich fatal. Auch hier lassen Sie die Kommunen komplett

alleine. Das geht nicht. Das ist ein schlechtes Krisenmanagement, und das müssen Sie dringend ändern.

(Beifall von den GRÜNEN)

Verständlichkeit und Konsistenz sind nicht nur Grundprinzipien der Krisenkommunikation. Sie erhöhen auch die Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns. Das ist gerade in dieser Krise so enorm wichtig, damit wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger haben.