Protocol of the Session on December 16, 2020

(Beifall von den GRÜNEN)

Ja, Herr Laschet, Herr Lienenkämper, Zukunftsinvestitionen kosten Geld. Sie kosten jetzt Geld. Aber sie zahlen sich später aus.

Sie hatten in den vergangenen Jahren das Glück von Steuermehreinnahmen in Milliardenhöhe. Sie müssen jetzt die Kommunen fit für die Zukunft machen und einen nachhaltigen Strukturwandel einleiten.

Sie schmücken sich ja gerne, Herr Pinkwart, mit einer Wasserstoffstrategie oder IN4climate, zerschlagen aber gleichzeitig die über die Landesgrenzen hinaus renommierte EnergieAgentur.NRW. Damit lassen Sie aus ideologischen Gründen seit Jahrzehnten gewachsene Strukturen einfach vor die Wand fahren. Ich finde das unverantwortlich.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Pariser Klimaabkommen ist nun ziemlich genau fünf Jahre alt. Am 12. Dezember 2015 hat sich die Weltgemeinschaft in Paris verpflichtet, den globalen Temperaturanstieg auf maximal 2, wenn möglich sogar auf unter 1,5 Grad zu begrenzen.

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich letzten Freitag darauf verständigt, dass bis 2030 mindestens 55 % der CO2-Emissionen eingespart werden und die Klimaneutralität in der EU bis 2050 erreicht wird.

Auch wenn wir Grüne – das gebe ich zu – uns ein höheres Ziel bis 2030 gewünscht hätten, so sind die gesteckten Ziele doch ein klarer Handlungsauftrag für uns hier in Nordrhein-Westfalen. Denn NRW kommt als Industrie- und Energieland eine besondere Rolle zu, der wir gerecht werden müssen und der diese Landesregierung aktuell bei Weitem nicht gerecht wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Klar ist auch – ich weiß, dass viele hier das nicht wahrhaben wollen –: Ohne einen früheren Kohleausstieg sind die Klimaziele der EU überhaupt nicht zu erreichen.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Hen- ning Rehbaum [CDU])

Wenn wir noch einmal auf das letzte Jahr zurückgucken, auf die Kommunalwahl, dann muss man klar sagen: Diese Kommunalwahl im September war auch eine Klimawahl. Die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land erwarten, dass wir in Sachen Klimaschutz vorankommen, und zwar schneller vorankommen. Die Klimakrise ist da, sie ist real. Genauso wie in der Coronakrise braucht es hier ein entschiedenes,

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

ein wissenschaftsbasiertes, ein zielorientiertes Handeln. Der Lockdown light bei der Coronakrise hat doch schon nicht geklappt. Ein Klimaschutz light wird uns erst recht nicht aus der Klimakrise führen. Maß und Mitte reichen beim Klimaschutz nicht aus. Wir brauchen Mut, wir brauchen Zuversicht, und wir brauchen eine Regierung, die endlich anpackt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Denn anstelle eines ambitionierten Klimaschutzes hier in Nordrhein-Westfalen verhindert Minister Pinkwart den Ausbau erneuerbarer Energien. Er legt eine Leitentscheidung für das Rheinische Revier vor, die weder leitet noch entscheidet, sondern viele Fragen offenlässt in Bezug auf die Zukunft der Dörfer und den Hambacher Wald.

(Henning Höne [FDP]: Forst!)

Wenn Sie den Hambacher Wald wirklich schützen wollen, dann folgen Sie unserem Vorschlag, und kaufen Sie den Wald. Kaufen Sie den Wald, damit er in eine Stiftung überführt wird

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

und endlich Ruhe einkehren kann.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich weiß gar nicht, was die Zwischenrufe sollen. Ich dachte, es gäbe hier im Haus mittlerweile so etwas wie einen Konsens, was den Schutz des Waldes angeht. Dann handeln Sie doch! Dann kaufen Sie den Wald doch, damit Ruhe einkehren kann!

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Hen- ning Höne [FDP])

Klar ist aber auch: Ohne Verkehrswende sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Doch was macht Verkehrsminister Wüst? – Er setzt immer noch auf immer mehr Straßen. Beim Radverkehr hingegen geht es nicht voran. Der dringend notwendige Ausbau des Bahnnetzes läuft, wenn überhaupt, nur schleppend. Aber umweltfreundliche und klimaschonende Mobilität

(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])

muss jetzt im Fokus stehen. Mit den Verkehrskonzepten von gestern werden wichtige Zukunftschancen verpasst.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Deshalb: Steuern Sie um. Investieren Sie mehr Geld,

(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])

um Mobilität, Klimaschutz und Lebensqualität für alle zu ermöglichen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dieser Haushalt lässt wichtige Zukunftsinvestitionen in den Klimaschutz vermissen. Unsere Haushaltsanträge für die Förderung von kommunalem Klimaschutz, für die Umstellung auf eine klimaneutrale Landesverwaltung oder auch für mehr Radverkehr haben Sie von CDU und FDP abgelehnt. Das ist völlig unbestritten Ihr demokratisches Recht. Aber ob es klug ist, auf Klimaschutzinvestitionen zu verzichten, werden nachfolgende Generationen beurteilen. Ich befürchte, das Urteil wird für Sie nicht gut ausfallen. Denn das, was wir aus der Coronakrise mitnehmen müssen, gilt auch für die Klimakrise: auf die Wissenschaft hören und entschieden handeln, um den Schaden zu begrenzen, so lange es noch irgendwie möglich ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn ab heute der Einzelhandel geschlossen und damit das Weihnachtsgeschäft gestoppt ist, dann ist das für viele Inhaberinnen und Inhaber des Einzelhandels wirklich dramatisch. In vielen Wirtschaftsbereichen, in der Gastronomie, der Veranstaltungsbranche, im Gastgewerbe, bedeuten die weitreichenden Schutzmaßnahmen schwere finanzielle Einschnitte, die auch existenzgefährdend sein können. Wir wissen das alle aus Gesprächen auch in unseren Wahlkreisen.

Ja, wir Grüne stehen hinter den Schließungen. Das haben wir ja gestern in der Debatte noch einmal deutlich gemacht. Denn nur mit Kontaktbeschränkungen werden wir die Ausbreitung dieses Virus stoppen und damit in der Konsequenz dann auch Menschenleben schützen.

Wichtig ist aber, dass Hilfsmaßnahmen schnell und unbürokratisch kommen, und zwar möglichst bald und nicht erst Mitte nächsten Jahres.

Die Infektionszahlen und die Beschränkungen gehen auch an der Industrie nicht spurlos vorbei. Angesichts einer drohenden Rezession fordern Wirtschaftsexperten jetzt vor allem öffentliche Investitionen. Der Staat muss jetzt in Forschung, in Bildung und in nachhaltige Infrastruktur investieren und damit auch die Konjunktur ankurbeln.

Wir haben einen Grünen Zukunftspakt NordrheinWestfalen vorgeschlagen mit Investitionen in die Schulinfrastruktur, mit Vorschlägen zur Digitalisierung

unserer Hochschulen, mit einer klimaneutralen Landesverwaltung, mit Klimaschutz in den Kommunen und für Radwege.

Herr Laschet, Sie haben es in den letzten Jahren leider verpasst, und zwar trotz massiver Steuermehreinnahmen in den Jahren 2017 bis 2019, ausreichend Mittel für nachhaltige Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz in die Hand zu nehmen. Dass Sie diese Investitionen nicht tätigen, zeigt, dass Sie keinen Zukunftsplan, keine Vision für NRW über den Wahltag im September 2021 hinaus haben.

(Henning Rehbaum [CDU]: Sechsmal so viel wie die Grünen!)

Das ist eine fahrlässige Politik für unser Land.

(Beifall von den GRÜNEN – Henning Reh- baum [CDU]: Sechsmal so viel wie die Grü- nen!)

Ja, ich bekenne, ich lese manchmal auch Broschüren und Magazine von anderen politischen Stiftungen. Insofern darf ich Ihnen heute eine Broschüre der Heinrich-Böll-Stiftung sehr ans Herz legen. Diese Broschüre, der Infrastrukturatlas, zeigt die Investitionen sehr deutlich. Daraus geht deutlich hervor, dass in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern viel zu wenig Geld öffentlich investiert wird.

Das sind übrigens nicht die Erhebungen der Heinrich-Böll-Stiftung, sondern das sind die Zahlen vom Statistischen Bundesamt. Während Bayern im Jahre 2019 pro Kopf rund 650 Euro investiert hat, investierte Nordrhein-Westfalen nur rund 280 Euro pro Kopf. Das ist weniger als die Hälfte der Investitionen in Bayern. NRW liegt im Ländervergleich weit abgeschlagen.

Dabei war es doch Herr Laschet, der in der Debatte zum letzten rot-grünen Haushalt 2017 mehr Investitionen eingefordert hat. Laschet versprach eine EinDrittel-Lösung bei den Steuermehreinnahmen. Sie haben damals gesagt: Das bedeutet Schuldenabbau, Investitionen und Entlastungen der Bürger. Dieses Versprechen, Herr Laschet, haben Sie gebrochen, und das ist für die Infrastruktur in diesem Land fatal.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft identifizierte Ende 2018 eine bundesweite Investitionslücke von 450 Milliarden Euro bis 2030. Das Land und auch Nordrhein-Westfalen hätten längst mehr investieren müssen. Aber spätestens jetzt, spätestens in dieser Krise brauchen wir einen Konjunkturmotor. Es gilt auch hier, die richtigen Weichen mit Investitionen in Forschung, Bildung, nachhaltiger Infrastruktur zu stellen, die Nordrhein-Westfalen zukunftsfest aufstellen.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Hen- ning Rehbaum [CDU])

Die Koalitionsfraktionen haben es in diesem Jahr durchaus spannend gemacht und ihre Änderungsanträge erst zur dritten Lesung des Haushalts vorgelegt. Wer dachte, die Zeit wäre vielleicht genutzt worden, um auf die Kritik in der Haushaltsanhörung einzugehen und umfangreiche Investitionen zu beantragen, wurde leider enttäuscht. Nichts dergleichen haben Sie beantragt.

Auch eine Attraktivitätsoffensive – sie ist unter anderem von den Gewerkschaften eingefordert worden – für die öffentliche Verwaltung wäre notwendig gewesen. Die Forderungen lagen auf dem Tisch. Stattdessen beantragen Sie dreimal 100.000 Euro in der Finanzverwaltung, der Justiz und bei der Polizei, mit denen jetzt Busse finanziert werden sollen, die durchs Land fahren und für die jeweiligen Ausbildungsgänge werben.

Das mag alles total gut und total richtig sein. Aber eine grundlegende Reform oder eine ernst gemeinte Offensive zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes ist das nicht. Das ist eine herbe Enttäuschung für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst.