Protocol of the Session on December 16, 2020

(Beifall von den GRÜNEN)

Natürlich gibt es auch einen massiven Verlust an Grünland. Aber all das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der entscheidende Faktor wohl tatsächlich der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bzw. Pestiziden in der Landwirtschaft ist. In puncto Insektensterben kann man den Zusammenhang gerade auch mit neueren Pflanzenschutzmitteln, den Neonicotinoiden, nicht wegdiskutieren. Hier ist ein massiver Einfluss auf die Insekten festzustellen.

Sie haben das in Nordrhein-Westfalen am Ende zu entscheiden. Ich persönlich bin allerdings sehr enttäuscht, dass es jetzt wieder zu Ausnahmegenehmigungen gekommen ist und Neonicotinoide tatsächlich eingesetzt werden dürfen. Ich würde mir zumindest wünschen, dass das Land sehr stringent überprüft, ob das wirklich sein muss oder ob es nicht auch Alternativen gibt.

Ich vermute, dass diejenigen, die gleich reden dürfen, ihre Redemanuskripte gestern Nachmittag oder heute Morgen noch ein bisschen umschreiben mussten. Die Antwort auf unseren Antrag ist ja eigentlich Folgende: Nun warten Sie doch mal ab. Wir regeln das auf Bundesebene im Insektenschutzgesetz. Da passiert schon was. – Aber diesbezüglich stellen wir fest, dass man sich erstens ineinander verhakt hat und dass zweitens am Ende doch nichts dabei herauszukommen scheint.

Ich diskutiere mittlerweile schon lange über Agrarpolitik und bin immer wieder entsetzt, dass man zwar Bestimmungen macht – wie jetzt gerade auch wieder aus dem BMEL gekommen –, die erst mal gut

klingen, aber bei denen man förmlich spürt, dass die Ausnahmen zur Regel werden und sich am Ende nicht viel verändern wird.

Vor acht Jahren wurde der Nationale Aktionsplan Pflanzenschutz installiert, dessen klares Ziel die Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln war. Das klappt aber nur, wenn das Wetter stimmt. Stimmt das Wetter nicht, klappt es auch nicht, weil es dann einen gleichbleibend hohen Pflanzenschutzmitteleinsatz gibt. Wir kommen einfach kein Stück weiter runter.

Hier schließt sich aus unserer Sicht der Kreis: Wir wollen wenigstens in unseren Naturschutzgebieten keine Pestizide. Sehr spannend fand ich, dass die Bundeskanzlerin, als man ihr auf einer Veranstaltung sagte, dass in Naturschutzgebieten Pflanzenschutzmittel eingesetzt würden, völlig entgeistert erwiderte: Das kann doch in Naturschutzgebieten nicht sein. – Das war für sie gar nicht vorstellbar.

Ich finde, wenn etwas nicht vorstellbar ist, sollte man dem nachgeben und sagen: Wir schützen unsere Naturschutzgebiete vor dem Eintrag von Pflanzenschutzmitteln. – Das ist der Kern des Antrags. Wir wollen an dieser Stelle endlich ein Stück weiterkommen. Wir können nicht immer nur reden, wir müssen endlich auch stringent handeln. An der Stelle muss deutlich mehr passieren. Das wäre ein kleiner Schritt.

Hinzu kommen die weiteren Punkte, die in dem Antrag erwähnt werden, etwa endlich einen verlässlichen Bericht darüber zu erhalten, was wir einsetzen und was da passiert.

Außerdem gilt es, die Alternativen voranzubringen. Ich war vor ein paar Tagen bei einem Bauern, der regenerative Landwirtschaft betreibt. Das ist ein hochspannendes Thema, da müssen wir ran. Auch die Landwirtschaftskammer muss etwas machen, damit wir da vorankommen. Konventionelle und ökologische Bauern beschäftigen sich mit dem Thema „Boden“ und wissen genau, dass sie ihrem Boden nichts Gutes tun.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Diese Ansätze voranzubringen und dann das zu tun, was wir mit dem Antrag erreichen wollen, würde der Insektenvielfalt und der Artenvielfalt insgesamt deutlich helfen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rüße. – Als nächste Rednerin hat nun für die Fraktion der CDU Frau Abgeordnete Kollegin Winkelmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Jahr 2020 ist auf der Zielgeraden. Wir alle schauen auf außergewöhnliche Monate zurück. Das gilt insbesondere für die Landwirtschaft.

Die Situation auf unseren Höfen, in den landwirtschaftlichen Betrieben in Nordrhein-Westfalen ist dramatisch. Wir nehmen das sehr ernst. Ein paar Zahlen zur Verdeutlichung: Innerhalb von Monaten ist der Preis für Schlachtschweine von über 2 Euro auf 1,20 Euro/kg zurückgegangen; der Preis für Ferkel von über 90 Euro auf nur noch 22 Euro. Das ist ein krasser Preissturz. Auch alle anderen Produktionsbereiche sind betroffen. So erhält der Kartoffelbauer aktuell für 100 kg mickrige 3 Euro; von den Milchpreisen ganz zu schweigen.

Von den Einreiseproblem für die Saisonarbeiter und der zeitweisen Schließung großer Schlachthöfe über die geringere Nachfrage durch die Schließung der Gastronomie und durch wegfallende Veranstaltungen bis hin zu den Exportbeschränkungen wegen der Afrikanischen Schweinepest kommt in dieser Krise für die landwirtschaftlichen Betriebe eins zum anderen.

Kurzum: 2020 war ein dramatisches Jahr für unsere Bäuerinnen und Bauern – und jetzt wollen die Grünen den Betrieben zum Schluss noch ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk machen.

(Dr. Christian Blex [AfD]: Ihre Ministerin auch!)

Es soll keine Pestizide in Naturschutzgebieten mehr geben und in Pufferzonen auch nicht außerhalb davon. Das klingt erst mal schön, Kollege Rüße hat es gerade geschildert. Die Folgen sind aber enorm. Ich kenne eine Reihe von Landwirten bei mir im Wahlkreis, die ihre Flächen größtenteils in Naturschutzgebieten haben. Wenn nun auch noch die Pufferzonen hinzukommen, bedeutet das einen weiteren gravierenden Verlust durch nicht nutzbare Ackerflächen. Das haben Sie gerade noch bemängelt. Daher gibt es schon eine kleine Diskrepanz zwischen Ihrer Rede und Ihrem Antrag.

Sie wollen mit einem Federstrich alles verbieten, ohne irgendeinen Ausgleich für Ernteeinbußen zu ermöglichen.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Davon lese ich in Ihrem Antrag nichts, nur einmal mehr Verbote, Verbote, Verbote.

(Beifall von der CDU und der FDP – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Weniger Flächenver- brauch, liebe Kollegin!)

Frau Kollegin Winkelmann, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Rüße.

Gerne am Ende der Rede. – Ich habe mich bei der Lektüre Ihres Antrags auch gefragt, was mit den Biobauern ist,

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

die bekanntermaßen auf eine Reihe von Pflanzenschutzmitteln pflanzlichen, tierischen, mikrobiellen oder mineralischen Ursprungs zurückgreifen dürfen. All diese Landwirte sollten Ihren Antrag lesen.

Kommen wir dazu, wie wir mit dem wichtigen Thema umgehen können. Das Thema ist uns natürlich wichtig; der Insektenschwund und der Verlust der Biodiversität beschäftigten uns alle massiv.

Wie gehen wir als CDU Nordrhein-Westfalen damit um? – NRW ist das erste Bundesland, das die Entwicklung der Insektenfauna systematisch betrachtet und überprüft. Zahlen und Fakten sind die Grundlage für unsere Politik. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass viele Faktoren zu einem Rückgang der Biodiversität beitragen. Zu nennen sind die Zerstörung und Fragmentierung von Lebensräumen, die Eutrophierung der Landschaft durch Stickstoffeinträge aus der Luft, zum Beispiel durch den Verkehr, die regelrechten Steinwüsten in deutschen Vorgärten, der globale Klimawandel und natürlich auch die Landwirtschaft.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Ach, doch?)

Sie ist aber eben nicht der einzige Grund. Statt über das generelle Verbot notwendiger Pflanzenschutzmittel zu sprechen, sollten wir deshalb besser darüber reden, wie man die verschiedenen Interessen zusammenbringen kann.

Damit kommen wir zu dem wichtigen Thema „Landwirtschaft 4.0“. Wo es geht, müssen wir mithilfe intelligenter Technik weiter daran arbeiten, so wenig Pflanzenschutzmittel und Dünger wie möglich auszubringen, und zwar sowohl in Naturschutzgebieten als auch anderswo. Das sind die Veränderungen, die wir brauchen.

(Beifall von der CDU)

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat mit dem Investitionsprogramm Landwirtschaft ein ganz wichtiges Projekt für eine derartige Technik auf den Weg gebracht.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das ist die größte Pflanzenschützerin von allen!)

Die darin enthaltenen 800 Millionen Euro bedeuten einen echten Technologieschub auf unseren Feldern. Ab dem 11. Januar können Landwirte diese Mittel beantragen.

Auch die NRW-Koalition hat ihre Hausaufgaben gemacht. So haben wir unter anderem den Studiengang Precision Farming an der Technischen Hochschule OWL auf den Weg gebracht und wollen mit dem Landeshaushalt 2021 weiterhin die Landwirtschaftskammern stärken. Denn sie sind ganz wich

tige Ansprechpartner für die Landwirte, wenn es um die Biodiversität und den Gewässerschutz geht.

Noch ein kleiner Hinweis: Das Zulassungssystem für neue Pflanzenschutzmittel ist in Europa bestimmt das schärfste weltweit. Das ist auch gut so.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Dann ist ja alles prima!)

Aber in Zukunft sollte es mehr und mehr darum gehen, neue sichere Schutzmittel schneller zuzulassen und neue Technik zu erforschen. Das wäre eine echte Hilfe für unsere Landwirte und für unsere Umwelt.

Ihr Antrag aus der Mottenkiste ist das sicher nicht und sollte deshalb lieber wieder in selbige zurückgelegt werden.

Ganz zum Schluss will ich an dieser Stelle aber nicht nur über die Betroffenheit der Landwirte sprechen. Denn es geht in dieser Debatte doch um so viel mehr. Es geht um die Versorgungssicherheit in unserem Land. Selbst in der Coronakrise waren die Supermarktregale ständig voll.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Dass dem so ist, das haben wir unseren Landwirten und unserem hohen Selbstversorgungsgrad gerade bei den Grundnahrungsmitteln zu verdanken.

(Beifall von der CDU und Dr. Werner Pfeil [FDP])

Dass es so bleibt, ist unser Anspruch als CDU in Nordrhein-Westfalen.

Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Umweltschutz – das sind unsere Leitlinien und die Basis für die weitere Diskussion. Nur so kann Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen funktionieren.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)