Wir haben hier im Landtag schon häufig darüber debattiert, wer der bessere Unternehmer ist. In der Regel ist es der Private. Das ist die Auffassung der FDP. Die SPD hat immer gesagt, der Staat sei der bessere Unternehmer, weil er es besser kontrollieren könne. Wir haben bei der Neuen Heimat und anderen Unternehmen erlebt, dass das nicht immer der Fall ist.
Aber heute haben wir doch etwas Eindrückliches erlebt. Vielleicht kann man fragen, an welchen Stellen es klug ist, dass der Staat auch als Unternehmer auftritt. Aber Parteien sollten nicht bei Kreuzfahrtschiffen
oder bei anderen Angelegenheiten in NordrheinWestfalen als Unternehmer auftreten. Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, darauf sollten Sie in Zukunft lieber verzichten.
Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir zur Unterrichtung nicht vor.
Damit sind wir am Schluss der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung über die heute vorliegenden Anträge.
Wir stimmen erstens über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/12053 ab. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Ich frage daher, wer dem Inhalt des Antrags zustimmen möchte. – Das sind die Abgeordneten der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und AfD sowie die fraktionslosen Abgeordneten Langguth und Pretzell. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Gibt es Kolleginnen oder Kollegen, die sich der Stimme enthalten möchten? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. Damit stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 17/12053 einstimmig angenommen wurde.
Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/12057. Auch hier hat die antragstellende Fraktion direkte Abstimmung beantragt, sodass ich nunmehr frage, wer dem Inhalt dieses Antrags zustimmen möchte. – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der SPD sowie die fraktionslosen Abgeordneten Langguth und Pretzell. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP. Enthaltungen? – Enthaltungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Abgeordneten der Fraktion der AfD. Damit stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 17/12057 nicht die Mehrheit des Hohen Hauses gefunden hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit verlassen wir den Tagesordnungspunkt 1 unserer heutigen Plenarsitzung und kommen zu:
reicht! Drohender Kollaps auf den Intensivstationen in NRW – Warum lässt die Landesregierung Krankenhäuser und Kommunen in der bisher schwärzesten Stunde der Pandemie im Stich?
Ich eröffne die Aussprache und erteile der Frau Abgeordneten Kapteinat das Wort. Bitte sehr, Frau Kollegin.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon viel über die aktuelle Lage gesprochen. Wir wollen mit dieser Aktuellen Stunde noch einmal den Blick konkret auf die Intensivkapazitäten in Nordrhein-Westfalen richten.
Es ist egal, welche Zahlen ich Ihnen hier jetzt nennen würde: Wir alle wissen, dass sie viel zu hoch sind. Gestern Mittag war der Stand laut dpa, dass dem DIVI-Intensivregister zufolge die Anzahl der freien Intensivbetten in Nordrhein-Westfalen bereits am Montag unter 15 % gesunken ist.
Über 1.000 COVID-19-Patientinnen und -Patienten liegen auf nordrhein-westfälischen Intensivstationen. Davon werden 631 beatmet. Das sind 60 %. Und wir wissen: Statistisch gesehen, werden 50 % der beatmeten Patientinnen und Patienten das Ganze nicht überleben.
Wir hatten in Nordrhein-Westfalen gestern noch 840 freie Intensivbetten – für 18 Millionen Einwohner. Täglich kommen neue Fälle dazu. Mein Kollege Thomas Kutschaty hat gerade gesagt: Während des heutigen Vormittags hier im Plenum sind bereits über 50 Menschen verstorben. – Die Lage ist dramatisch.
Morgen verabschieden wir uns von dem Lockdown light und versuchen, endlich entschlossener dem Virus zu begegnen, welches nicht mit sich verhandeln lässt. Ministerpräsident Laschet hat dies auch mit den hohen Zahlen der COVID-19-Patientinnen auf den Intensivstationen begründet. Diese Zahlen müssen wir senken. Das kann uns nur gelingen, wenn wir die Zahl der Neuinfizierten senken.
Das alleine wird jedoch nicht reichen. Wir brauchen ein entsprechendes Management im Hinblick auf die freien Intensivbetten, wobei damit nicht nur das freie Bett an sich gemeint ist, sondern selbstverständlich auch das medizinische Personal, das diese Betten bedienen kann. Knapp ein Fünftel aller Intensivbetten wird bereits jetzt von COVID-19-Patienten belegt. In einigen Regionen ist die Situation schon heute deutlich schlechter.
Bereits im September hat die 93. Gesundheitsministerkonferenz das sogenannte Kleeblatt-Konzept für einen länderübergreifenden Patiententransport beim Worst-Case-COVID-19-Szenario beschlossen.
Im Dezember hat das MAGS dann einen entsprechenden Erlass vorgelegt, scheint allerdings leider einen Sonderweg gehen zu wollen. Statt einen Single Point of Contact zu installieren, gibt es hier in Nordrhein-Westfalen Five Points of Contact, also nicht eine Ansprechpartnerin, die den Überblick hat und Entscheidungen treffen kann, und das vor allem
schnell. Nein, der Plan des Ministeriums sieht vor, dass die Kliniken innerhalb einer Kommune erst einmal selbst versuchen sollen, das Problem zu lösen. Erst danach ist der SPoC in Düsseldorf zuständig, der dann wiederum versucht, mit den betroffenen Kommunen eine Lösung zu finden.
So etwas ist zwar ein Superansatz, wenn es darum geht, Kinder zu mehr Selbstständigkeit zu erziehen. Aber hier geht es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod.
Diese Kritik ist im Übrigen nicht nur eine einsame Kritik der SPD-Landtagsfraktion, sondern wird von niemand Geringerem als dem Präsidenten der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Herrn Uwe Janssens, ausgesprochen. Er sagt selber – mit Verlaub der Präsidentin zitiere ich –:
„In Nordrhein-Westfalen ist nicht klar, an wen sich die Krankenhäuser wenden sollen, die COVID19-Patienten verlegen müssen.“
Weiter wird völlig zu Recht kritisiert, dass die Krankenhäuser auch keine konkrete Zahl vom MAGS genannt bekommen, wann eine Verlegung erfolgen soll.
Ich selbst bin immer wieder beeindruckt von den Leistungen, die die Menschen, die unsere Krankenhäuser am Laufen halten, bringen. Hier geht es aber darum, dass sich diese Menschen genau diese Ansagen wünschen, also jemanden, der die Verantwortung übernimmt – Verantwortung auch im Hinblick auf Regelungen bei elektiven OPs.
In der ersten Welle haben wir bereits gewisse OPs reduziert, um Ressourcen und damit natürlich auch Personal zu bündeln bzw. zu schonen. Das Personal, das dadurch frei wird, kann dann an anderer Stelle eingesetzt werden. Diese Verschiebung von Operationen findet jetzt auch statt, aber ohne ausreichende politische Flankierung und ohne klare Ansagen, was die Mehrausgaben und Erlösausfälle der Krankenhäuser angeht. Wir haben hier schon mehrfach für eine Lösung plädiert.
Natürlich habe ich den Appell der Krebshilfe von Montag in den Ohren. Wir riskieren mit der derzeitigen Situation, dass Menschen nicht die angemessene medizinische Behandlung bekommen können, weil das System überlastet ist. Deswegen brauchen wir aber doch erst recht ein klares Konzept für das Aussetzen des Regelbetriebs in Krankenhäusern und Klarheit über die entsprechenden finanziellen Auswirkungen.
Zuletzt hat die Krankenhausgesellschaft NordrheinWestfalen gefordert, dass sich auch NRW der Initiative von Thüringen und Sachsen-Anhalt anschließt, um die Freihaltepauschalen in allen Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen. Denn auch hier geht es um Verantwortung. Es ist, wie ich finde,
das Kerngeschäft von Politikerinnen und Politikern, einen breiten Rücken zu machen, damit sich die Pflegerinnen und Ärztinnen um ihr Kerngeschäft kümmern können: Leben retten.
Und bitte, Herr Minister Laumann, jetzt gleich keine laute, kumpelhafte Laumann-Rede, die in erster Linie die CDU-Fraktion erfreuen soll! Wir haben als größte Oppositionsfraktion wirklich viele Dinge auch sehr kurzfristig mitgetragen, weil es uns um die Sache ging und weil die Lage einfach sehr ernst ist. Deshalb bitte ich Sie um eine ernsthafte Debatte. Sagen Sie uns: Werden Sie nachbessern? Nehmen Sie die Kritik der Expertinnen ernst? Wird es Regelungen zu elektiven OPs geben? – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Kapteinat. – Für die Fraktion der CDU hat nun Herr Abgeordneter Preuß das Wort.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal vielen Dank für die Beantragung der Aktuellen Stunde. Sie gibt der Landesregierung die Möglichkeit, sicherlich gleich zu den einzelnen Fragen, die Sie, Frau Kapteinat, gestellt haben, Stellung zu nehmen, aber auch der NRW-Koalition die Gelegenheit, noch einmal darzulegen, was sie für die Krankenhäuser in NRW getan hat und was sie noch tun wird, um sie auf die Anforderungen in der Pandemie vorzubereiten.
Ich muss dazusagen, dass die Informationen dazu bekannt sind. Es gibt dazu mehrere Verwaltungsvorlagen, die auch Drucksachennummern haben. Darin sind diese einzelnen Maßnahmen beschrieben.
Ich kann nur appellieren, nicht zu versuchen, politisches Kapital aus der aktuellen Situation in unseren Krankenhäusern zu schlagen. Wer Ängste schürt, verspielt das Vertrauen der Bevölkerung in unser Gesundheitswesen. Deshalb müssen wir sachlich mit dem Thema umgehen.
Unsere Krankenhäuser sind nicht nur gut aufgestellt, sondern werden von der NRW-Koalition und der Landesregierung im Zuge der Pandemie auch massiv finanziell unterstützt und nicht alleingelassen. Sie stehen bei allem, was wir an Maßnahmen beschließen und was wir diskutieren, stets im Mittelpunkt der Betrachtung.
Ich darf nur darauf hinweisen, dass wir 100 Millionen Euro aus Landesmitteln im Rahmen der Soforthilfe für Beatmungsgeräte zur Verfügung gestellt haben – mit der Genehmigung zusätzlicher Intensivplätze aus Mitteln des Gesundheitsfonds. Auch der Bund hat Beatmungsgeräte und Monitorgeräte beschafft. So hat sich die Zahl der Intensivbetten von 6.525 im März 2020 bis August 2020 auf 8.035 erhöht.
Erwähnt worden ist gerade auch das Konzept zur Entlastung der Klinikkapazitäten vom 4. Dezember 2020. Mir ist nicht ganz klar, was hier konkret kritisiert wird. Es ist eigentlich nahe liegend, dass man zunächst einmal auf kommunaler Ebene versucht, eine ortsnahe Versorgung zu organisieren.
Die Landesregierung hat sofort nach Ausbruch der Pandemie schon seit März dieses Jahres reagiert und zunächst einmal auflisten lassen, wie viele Intensivbetten in NRW überhaupt zur Verfügung stehen. Eine solche Registrierung oder Auflistung gab es vorher nicht. Dabei geht es nicht nur um das Bettgestell, sondern auch um die Behandlungs- und Betreuungskapazitäten. Zum Bett gehören auch der Arzt und die ausgebildete Intensivkrankenschwester, wie Frau Kapteinat hier zu Recht ausgeführt hat. Fällt diese aus, kann eine intensivmedizinische Behandlung nicht stattfinden.
Also muss alles getan werden, um das Personal gesund zu halten. Deshalb haben Bund und Land schnell dafür Sorge getragen, dass zum Beispiel Schutzmaterialien zur Verfügung stehen. Auch ist Vorsorge getroffen worden, alle möglichen zur Verfügung stehenden Intensivbetten zum Beispiel in Reha-Kliniken zu nutzen.
Es gibt noch eine ganze Reihe von Maßnahmen, mit denen die Landesregierung, aber auch der Bund die Krankenhäuser unterstützen: durch die Beschaffung von Intensiv- und Beatmungskapazitäten – ich habe sie schon erwähnt; sie ist mit Geld hinterlegt –, durch die Tagespauschale in Höhe von 560 Euro für jedes frei gehaltene Bett – an dieser Stelle sei die Bemerkung gestattet: ob eine Operation verschoben werden kann oder soll, entscheidet doch der Arzt und nicht die Politik –, durch Anpassung der Ausgleichsbeträge von bis zu 760 Euro, durch Erhöhung der fallbezogenen Zuschläge von 50 Euro auf 100 Euro für Materialbeschaffung, durch zeitweise Aufhebung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung, durch Befreiung der Krankenhäuser von Abschlägen nach dem SGB V usw. usf.
Dazu kommen noch sehr viele Haushaltsansätze, die wir hier beschlossen haben. Ich denke nur an das Sonderinvestitionsprogramm zur Förderung von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen.
Meine Damen und Herren, die Situation ist ernst, da die Zahl der verfügbaren Intensivkapazitäten abnimmt.
Die Coronapandemie stellt die Krankenhäuser zurzeit wegen der besonderen Behandlungsanforderungen vor große Herausforderungen – Ärzte und Pflegekräfte, insbesondere solche, die auf den Intensivstationen ihren Dienst tun. Wir danken Ihnen dafür.
wicklung Anlass zur Sorge. Deshalb muss alles getan werden, um zu verhindern, dass es zu einer Überforderung der Krankenhäuser kommt. Das war immer das Ziel aller bisher beschlossenen Maßnahmen.
Meine Damen und Herren, man kann es drehen und wenden, wie man will. Am Ende kommt es ganz entscheidend darauf an, den harten Lockdown auch umzusetzen. Die Zahlen müssen runter! Es kann nicht sein, dass die Krankenhäuser es ausbaden müssen, wenn das nicht funktioniert. Es geht also nicht darum, die Situation in den Krankenhäusern zu beklagen, sondern massiv für die Sinnhaftigkeit des Lockdowns zu werben und sich auch klar dahinterzustellen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Professor Janssens alleingelassen fühlt. Er kritisiert – so habe ich das jedenfalls wahrgenommen –, dass der harte Lockdown nicht schon früher gekommen ist.