Protocol of the Session on November 15, 2017

Im Rahmen des Haushaltsvollzugs haben wir bereits in diesem Jahr seit Regierungsübernahme sparsam gewirtschaftet. Wir drehen jeden Euro zweimal um, bevor wir ihn ausgeben. Deshalb können wir auch jetzt schon eine Summe in Höhe von rund 120 Millionen € dem Pensionsfonds für 2017 zur Verfügung stellen. Im weiteren Haushaltsvollzug werden wir versuchen, weiter frei werdende Mittel auch in dieser Weise zu verwenden.

Wir werden übrigens nicht nur investieren und konsolidieren, sondern auch modernisieren.

Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist unser erster Gestaltungshaushalt. Er folgt einer klaren politischen Priorisierung. Die Menschen in NordrheinWestfalen wünschen sich ein moderneres Land – und keine medienwirksame Symbolpolitik mehr. Teure Blitzmarathons, Videotagebücher und andere kurzfristige Werbegags bringen den Menschen in Nordrhein-Westfalen überhaupt nichts.

Modernisierung bedeutet für uns: Wir müssen die dicken Bretter bohren, also Strukturen verändern, und zwar so, dass auch die nachfolgenden Generationen davon profitieren.

Das gilt übrigens zuallererst für den Staat selber. Deswegen brauchen wir auch da eine Fokussierung. Wir wollen staatliche Ausgaben künftig nicht mehr an der Höhe der dafür verwendeten Steuergelder messen, sondern allein an deren Wirkung und an dem erzielten Nutzen.

Dafür wollen wir die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen schaffen. Dazu gehören Digitalisierung und neue Steuerungsinstrumente in der Verwaltung.

Im Übrigen lohnt sich ein Blick nach Europa. Wieso schaffen es zum Beispiel die estnischen Behörden, komplett auf Papier zu verzichten und den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern digital zu führen?

Wir wollen das auch für Nordrhein-Westfalen erreichen. Unser Ziel ist die vollständige Digitalisierung der Landesverwaltung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das hilft übrigens nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch den Beschäftigten in der Verwaltung selber und ist damit eine echte Win-win-Situation.

Dezentrale Einheiten sind auch in der Stadtplanung von hoher Bedeutung. Eine Stadt ist nur so modern wie ihre einzelnen Viertel. Auf den Landeshaushalt übertragen bedeutet das: Ein guter Haushalt stärkt auch die Kommunen.

Genau das geschieht durch diesen Etat für 2018. Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen erhalten im nächsten Jahr rund 1 Milliarde € zusätzlich vom Land.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das sind ungefähr 10 % mehr Mittel als in diesem Jahr, nämlich insgesamt 11,7 Milliarden €.

Unsere Kommunen werden finanziell an vielen anderen Stellen entlastet: bei der Unterbringung von abgelehnten Asylbewerbern in Einrichtungen des Landes, bei den Kitas, bei den Kosten der Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge, beim Kommunalinvestitionsförderungsgesetz.

Meine Damen und Herren, alle Zuweisungen an die Kommunen im Haushalt zusammen betragen sage

und schreibe 26,5 Milliarden €. Damit liegt der kommunale Anteil an den Gesamtausgaben des Landes bei über einem Drittel; genau sind es 35,6 %.

Das ist ein gutes Zeichen für die Kommunen und für den Zusammenhalt im Land Nordrhein-Westfalen. Davon bin ich fest überzeugt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Eine andere Stelle, an der Sie sehen, was passiert, wenn fantasielos verwaltet wird, ist die Verkehrsinfrastruktur. Wir brauchen endlich wieder ein gutes, ein funktionierendes Verkehrsnetz.

Deshalb ändern wir die Art und Weise, wie in Nordrhein-Westfalen Straßen gebaut werden. Um wichtige Straßenbauprojekte kümmert sich künftig eine eigene Stabsstelle für Baustellenmanagement.

Allein 38,35 Millionen € fließen zusätzlich in den Erhalt und den Ausbau von Landesstraßen. Bis zum Jahr 2021 sollen die Mittel dafür auf fast 260 Millionen € anwachsen.

Nachhaltige Modernisierung bedeutet übrigens auch, dass wir es den Pendlern erleichtern, auf das Fahrrad umzusteigen. Deswegen werden wir die Radwegeförderung allein im nächsten Jahr um 50 % erhöhen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Einen echten Modernisierungsschub wollen wir ins Ruhrgebiet bringen. Der jahrzehntealte Strukturwandel im Ruhrgebiet darf keine politische Entschuldigung mehr für das Versäumnis sein, Strukturen nachhaltig zu modernisieren. Dort wollen wir ansetzen, um gemeinsam mit der Europäischen Union und dem Bund eine Strategie zu entwerfen, damit das Ruhrgebiet endgültig den Anschluss an den Rest des Landes schafft. Den Startschuss wird eine große Ruhr-Konferenz im nächsten Jahr geben. Die zupackenden Menschen zwischen Hagen, Herne und Hamm haben jedenfalls Besseres verdient als das, was sie in den letzten sieben Jahren erlebt haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Keine der großen Herausforderungen – von der Digitalisierung über die Energiewende bis hin zur Globalisierung – endet an der Porta Westfalica oder am Aachener Dom. Deshalb ist es wichtig, dass Nordrhein-Westfalen eine wahrnehmbare Rolle spielt, wenn in Brüssel oder in Berlin Weichenstellungen für unser Land vorgenommen werden.

Nordrhein-westfälische Unternehmen sind beispielsweise unmittelbar betroffen, wenn in Brüssel über die Digitalisierungsstrategie der EU verhandelt wird. Massive nordrhein-westfälische Interessen sind auch berührt, wenn in Brüssel über die neue Förderperiode europäischer Strukturfonds ab 2021 gesprochen wird.

Kurzum: Es bringt nichts, dass eine Landesregierung in Düsseldorf ständig mit dem Finger nach Berlin zeigt, wenn es um finanzielle Verantwortung geht,

(Zuruf: Weiß Herr Laschet das?)

dort und in Brüssel aber auf Tauchstation geht, wenn strukturelle Veränderungen verhandelt werden. Unser Anspruch ist, das starke Land Nordrhein-Westfalen mit einer starken Stimme in Berlin und in Brüssel sichtbar zu machen, meine Damen und Herren. Unsere Interessen müssen dort kraftvoll vertreten werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vor uns liegt eine Menge Arbeit, damit die Schwerpunkte im Landeshaushalt wieder so fokussiert werden, dass das Versprechen vom Aufstieg in Nordrhein-Westfalen wieder einlösbar ist. Um im Bild der Stadtplanung zu bleiben: Im Haushalt, den wir bei der Regierungsübernahme vorgefunden haben, waren zentrale Bauten nahezu baufällig, und die wichtigsten Plätze waren verwahrlost. Wir beginnen mit dem Haushalt 2018 damit, endlich wieder zu restaurieren und umzubauen.

Ein besonders eindrückliches Beispiel dafür ist der Bereich der inneren Sicherheit. In den letzten Jahren haben mehr und mehr Menschen Angst um ihre Sicherheit und ihre körperliche Unversehrtheit bei uns in Nordrhein Westfalen. Wir sagen hier ganz klipp und klar: Ein Kind, das heute bei uns geboren wird, soll sicher leben, denn ein sicheres Leben gehört zum Aufstiegsversprechen, das wir für NordrheinWestfalen wieder einlösen möchten.

Die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land halten dabei für uns ständig ihren Kopf hin. Wir wollen deswegen ihre Ausrüstung verbessern, die Zahl der Polizistinnen und Polizisten verbessern und die Ausstattung durch Verwaltungsassistenten so neu organisieren, dass sie noch mehr Zeit auf der Straße verbringen können. Unsere innere Sicherheit ist zentrales Anliegen dieser Landesregierung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deshalb haben wir alleine für 2018 für die innere Sicherheit 58,2 Millionen € mehr vorgesehen als noch im Vorjahr. Wir werden statt bislang 2.000 künftig Jahr für Jahr 2.300 neue Polizistinnen und Polizisten in den Polizeidienst unseres Landes einstellen. Hinzu kommen noch einmal 500 Verwaltungsassistenten. Wir schaffen mit zusätzlichen 650 Planstellen die Voraussetzung dafür, dass geprüfte Kommissaranwärterinnen und anwärter auch übernommen werden können. Das sind alles gute Beiträge für die innere Sicherheit in unserem Land.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir werden uns auch um die Bekämpfung organisierter Kriminalität, krimineller Clans und die Finanzierung des internationalen Terrorismus kümmern. Wir

haben zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen zwischen Finanzministerium, Innenministerium und Justizministerium vereinbart, dass wir bei der Zusammenarbeit nicht mehr als Erstes über unsere Kompetenzen und Grenzen sprechen, sondern über unsere Gemeinsamkeiten, und dass wir das miteinander austauschen, was wir austauschen können, um diesem Terrorismus endlich entgegenzutreten mit einer eigenen Taskforce, für die wir über 50 neue Stellen schaffen. Ich will nicht, dass am zweitgrößten Finanzplatz Nordrhein-Westfalen die Finanzierung von internationalem Terrorismus, internationaler Steuerhinterziehung und organisierter Kriminalität stattfindet. Es müssen Experten eingestellt werden, die das wirksam bekämpfen. Wir haben uns auf den Weg gemacht, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ein sicheres Leben gibt es nur in einem Rechtsstaat. Funktionierende Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justiz sind unverzichtbar, um jedem Einzelfall im Wortsinn gerecht zu werden und Willkür auszuschließen. In Nordrhein-Westfalen wurde die Justiz über Jahre hinweg finanziell so stark vernachlässigt, dass die Grenzen des Rechtsstaates allein durch personelle Überforderung fast erreicht gewesen wären. Schon heute dauert ein zivilrechtliches Verfahren oft länger als ein halbes Jahr – neue Herausforderungen wie die immer größeren Klagewellen in den vielen Asylverfahren einmal ganz beiseitegelassen.

Justitia hält in Nordrhein-Westfalen allzu oft keine Waage und kein Richtschwert mehr in den Händen, sondern stattdessen ein prall gefülltes Überstundenkonto, und über ihr kreist der Pleitegeier. Wir wollen Justitia Waage und Richtschwert zurückgeben und schaffen deshalb 1.135 neue Stellen in der Justiz; fast 200 davon sind für neue Richter und Staatsanwälte.

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es nicht mehr und nicht weniger als Folgendes: Mit dem Haushalt 2018 leiten wir eine drastische Kehrtwende für mehr Gerechtigkeit in unserem Land ein.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Um aufsteigen zu können, bedarf es einer frühen helfenden Hand. Das sind natürlich vor allem liebevolle Eltern. Die gibt es allerdings leider nicht per Gesetz, auch wenn das wirklich zu wünschen wäre. Was es aber mit diesem Haushalt geben wird, ist eine deutliche Verbesserung für die Situation unserer Kleinsten, für die Kitabetreuung, für Schulen, für Familien und für die Integration.

Ein Kind, das heute in Nordrhein Westfalen geboren wird, soll die besten Startbedingungen für ein selbstbestimmtes Leben erhalten – egal übrigens, ob es in Detmold, in Duisburg oder in Düren lebt, egal ob die Eltern gemeinsam oder alleine erziehen oder ob die

familiären Wurzeln in andere Teile unserer Welt reichen. Deshalb führen wir die Förderung der kommunalen Integrationszentren fort und stellen für sie beispielsweise über 15 Millionen € bereit. Die Vorgängerregierung hatte übrigens die Einstellung dieses Programms vorgesehen.

In einem Satz, meine Damen und Herren: Aufstieg durch Bildung darf bei uns in Nordrhein Westfalen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das Kitarettungsprogramm war dringend notwendig. Es wird weiter am dicken Brett zu bohren sein. Deswegen werden wir die strukturelle Unterfinanzierung der Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen schrittweise beseitigen. In einem ersten Schritt erhöhen wir dafür die Mittel für frühkindliche Bildung mit diesem Haushaltsgesetz um 177 Millionen € gegenüber dem Vorjahr. Das entspricht über 19.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen und 150 Familienzentren in Nordrhein-Westfalen. In einem weiteren Schritt werden wir das System grundlegend modernisieren, indem wir das bestehende Finanzierungssystem vereinfachen.

Das Herzstück dieses Aufstiegs durch Bildung, meine Damen und Herren, sind aber natürlich nach wie vor die Schulen. Sie wurden in den letzten Jahren gleich doppelt gebeutelt. Einerseits gab es zu wenig Lehrer und zu wenig Geld für Gebäude und die technische Ausstattung, andererseits sollten die Schulen auch noch zum Experimentierfeld bei der mangelhaft vorbereiteten und unterfinanzierten Inklusion werden.