Protocol of the Session on November 26, 2020

Das hätte man früher nicht geglaubt. Das hätte man früher nicht geglaubt.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ich hätte früher auch nicht geglaubt, dass so was wie Sie ins Parlament kommt! – Weiterer Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Denn dieser Haushalt bestätigt den politischen Kurs der Landesregierung, und der hat mit liberal gar nichts mehr am Hut.

Alle müssen sparen, nur diese Landesregierung nicht. Sie gibt munter weiter Geld aus, und Frau Heinen-Esser macht mit ihrem Haushalt nun wirklich keine gute Figur. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Das war Herr Abgeordneter Dr. Blex für die Fraktion der AfD. – Nun hat für die Landesregierung Frau Ministerin HeinenEsser das Wort.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Jetzt holt sie uns mal wieder auf den Boden der Tatsachen zu- rück!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur eins an Sie, Herr Kollege Blex,

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

bevor ich auf den Haushalt zu sprechen komme und genauer erläutere, wo unsere Schwerpunkte sind.

Sie bejubeln hier tatsächlich das Veto von anderen EU-Mitgliedstaaten. Wissen Sie, was Sie damit erreichen? – Dass hinterher unsere Landwirte überhaupt kein Geld bekommen.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Sie sind derjenige, der hier im Landtag in NRW steht und bejubelt, dass die EU darüber verhandelt, nicht in die Gänge kommt.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Sie bejubeln das. Wenn wir hinterher Verzögerungen bei den Zahlungen haben, dann werde ich landauf, landab sagen, die AfD bejubelt, dass Sie, liebe Landwirte, kein Geld bekommen,

(Beifall von der CDU und der SPD – Josef Hovenjürgen [CDU]: So ist das!)

und zwar egal, ob das für öko oder für konventionell ist. Das war Ihre Aussage hier.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Das ist nicht in Ordnung und ein Schlag ins Gesicht der Landwirte. Ich glaube, Ihre Rede heute hat allen Landwirten im Land gezeigt, was sie von Ihnen zu halten haben, nämlich Nullkommanull, gar nichts, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der SPD)

Jetzt mal zu ein paar Themen, zu unseren Schwerpunkten. Ein Thema ist das Thema „Tierhaltung, Tierwohl“. Das ist ein zentrales Thema. Herr Stinka hat noch einmal den Schweinebereich angesprochen. Wir brauchen dringend die Umsetzung der Nutztierhaltungsstrategie, und zwar einerseits der Nutztierhaltungsstrategie, die wir in Nordrhein-Westfalen aufgebaut haben, und andererseits der, die aus dem Bund kommt. Das verzahnt sich miteinander.

Wir geben Geld für die zwei Ställe in Haus Düsse, anhand derer wir zeigen wollen, wie Landwirtschaft funktionieren kann, und zwar tierwohlgerecht und auch noch so, dass es genehmigungsfähig und wirtschaftlich möglich für die Landwirte ist. Das ist ein Riesenschritt.

Was haben wir sonst gemacht? Zum 1. Dezember – Kollegin Winkelmann hat es schon gesagt – wird die Tierschutzbeauftragte bei uns anfangen. Sie wird sich ja nächste Woche auch im Ausschuss vorstellen. Jetzt muss ich einmal ehrlich sagen: Was war das hier für ein Geschrei in diesem Landtag – das konnte ich damals nur von außen beobachten –, wir hätten mit Tierschutz überhaupt nichts zu tun.

Jetzt muss ich Ihnen mal eines sagen: Wir sind in Deutschland das Land, das den Tierschutz wirklich nach vorne treibt. Wir sind die Treiber der Nutztierhaltungsstrategie. Wir haben eine Tierschutzbeauftragte. Wir haben das Gifttiergesetz ins Leben geru

fen. Wir haben die Tiergesundheitsdatenbank errichtet und, und, und. Unsere Bilanz ist exzellent. Wir zeigen damit ganz genau, dass Tierwohl und Landwirtschaft Hand in Hand gehen. Ganz egal, ob es um Biolandwirtschaft oder um Ökolandwirtschaft geht – es geht tatsächlich um das Tierwohl.

(Beifall von der CDU)

Dann wurde hier das Thema „Nachhaltigkeit und Klimaanpassung“ angesprochen. Wir haben die Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet, was immer – das wissen Sie auch aus Ihrer Regierungszeit – ein großer Kraftakt ist, weil alle Ressorts mitgehen müssen. Wir haben es geschafft. Alle Ressorts sind mit an Bord. Ich denke, dass wir gute Leitplanken haben, um in Zukunft nachhaltiger zu wirtschaften, zu konsumieren und zu leben.

Ein Thema, das hier kritisiert wurde, ist die grüne Infrastruktur. Ich glaube, da haben wir den allerwenigsten Nachholbedarf. Nicht nur, dass wir jetzt aus dem Konjunkturprogramm noch mal in die grüne Infrastruktur investiert haben und 60 zusätzliche Maßnahmen in ganz Nordrhein-Westfalen umsetzen; nein, im Rahmen der Ruhrkonferenz stellen wir 8,5 Millionen Euro für grüne Infrastrukturprojekte im Ruhrgebiet bereit. Die Ruhrgebietsoberbürgermeisterinnen und -bürgermeister freuen sich darüber, dass sie damit Parks und sonstige Gartenanlagen etc. nach vorne bringen können.

Über die Ruhrkonferenz generieren wir 250 Millionen Euro auf zehn Jahre für grün-blaue Infrastruktur, um wirklich Klimaanpassungsmaßnahmen umzusetzen, dafür zu sorgen, dass das Klima in den Hitzeinseln deutlich besser wird. Denn in der Tat – Herr Rüße hat es gesagt –, wir sind mitten im Klimawandel angekommen. Abschließend werden wir das Klimaanpassungsgesetz verabschieden, natürlich nachdem wir es erst einmal hier beraten haben. Damit werden wir das erste Bundesland sein, das ein Klimaanpassungsgesetz hat – so wie der Bund auch die Anpassungsstrategie hat.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Unser größtes Sorgenkind ist im Moment der Wald.

(Unruhe)

Pscht!

57 Millionen Euro investieren wir in den Wald, allein in die Extremwetterrichtlinie weit über 36 Millionen Euro. Wir haben das Antragsverfahren so vereinfacht, dass man jetzt auch einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn durchführen kann.

Zum Jahresende sind wir in der Tat etwas knapp dran. Aber wir sehen zu, dass wir bald auf die Verpflichtungsermächtigung gehen können, um den Waldbesitzern auch jetzt noch zu helfen, ihre Maßnahmen entsprechend umzusetzen. Wir brauchen dieses Geld. Hier danke ich noch einmal allen im Landtag, die uns unterstützen, mehr Geld auch für das nächste Jahr zur Verfügung zu stellen. Denn der Wald ist der größte Klimaschützer, den wir im Moment in Nordrhein-Westfalen haben. Und den müssen wir bewahren. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin Heinen-Esser.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen zu dem Teilbereich a) von Einzelplan 10 nicht vor, sodass wir am Schluss der Aussprache angekommen sind.

Wir kommen zu:

b) Verbraucherschutz

Ich darf hierzu die Aussprache eröffnen und für die Fraktion der SPD der Frau Abgeordneten Blask das Wort geben.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hinter uns liegt auch aus der Perspektive des Verbraucherschutzes ein besonderes, man könnte sagen, ein besonders fürchterliches Jahr. Die Beratungskräfte in den Verbraucherzentralen mussten ihre Arbeit fundamental umstellen, um die Erreichbarkeit für Verbraucherinnen und Verbraucher während der Pandemie zu gewährleisten und dabei auch einem erhöhten Beratungsbedarf gerecht zu werden.

Denn eines ist klar: Die Coronapandemie ist eine Zeit der Verunsicherung. Wie verhalte ich mich richtig? Wo und wie kaufe ich ein? Wohin kann ich überhaupt noch in Urlaub fahren? Geht das überhaupt noch? Wie gehe ich nun mit meinen Verträgen um? Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstellen hatten es also – wie natürlich auch viele andere in unserer Gesellschaft – mit einer doppelten Belastung zu tun: komplett neue Bedingungen der Beratung, stark erhöhter Bedarf in vielen Feldern. Diese Herausforderungen haben sie angenommen und mit Bravour bestanden. Und sie haben den Menschen Sicherheit gegeben.

Sie haben Themen-Hotlines geschaltet, haben Videochats angeboten, haben Musterbriefe für Verbraucherinnen aufgesetzt, waren in den sozialen Medien

unterwegs und haben es so geschafft, den enormen Beratungsbedarf mit dem Minus an physischer Präsenz in Einklang zu bringen. Unser Dank und unsere große Anerkennung für diese Leistung!

Danken möchte ich an dieser Stelle auch der Ministerin, nämlich dafür, dass sie diese enorme Leistung auch anerkannt und in ihrem Haushaltsentwurf im Einzelplan 10 angemessen honoriert hat. Die Verbraucherberatung ist im Moment wichtiger denn je und muss neue Wege gehen. Dafür ist eine gute und solide finanzielle Basis notwendig und unabdingbar. Diese Basis ist mit der geplanten Aufstockung der institutionellen Förderung der Verbraucherzentrale von 16,5 Millionen auf 21 Millionen Euro gegeben. Das ist gut, das ist richtig, und das hat auch unsere volle Zustimmung, Frau Ministerin.

Nun gilt es, mit diesem Geld auch die richtigen Weichen zu stellen und negativen Trends entgegenzuwirken, die durch die Pandemie massiv verstärkt wurden. Über das Thema „Fluggastrechte und Entschädigungen“ werden wir uns gleich noch ausführlich unterhalten. Das möchte ich im Moment nicht weiter vertiefen.

Eine massive Lawine sehe ich allerdings im Bereich der privaten Verschuldung auf uns zurollen. Die Creditreform hat kürzlich ihren alljährlichen Schuldenatlas herausgegeben und in der Analyse von der „Ruhe vor dem Sturm“ gesprochen. Das Bild passt, meine Damen und Herren. Seit Beginn der Pandemie waren oder sind bis zu 7,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Viele Menschen mit geringem Einkommen können ihrer selbstständigen oder teilberuflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen. Schätzungen zur Folge kämpfen derzeit 2 Millionen Freiberufler oder Soloselbstständige um ihre Existenz und stehen am Rande einer Überschuldung. Der Lockdown im November verschärft diese Problematik zusätzlich.

Wir müssen also davon ausgehen, dass sich die Überschuldungssituation im kommenden Jahr drastisch verschärfen wird. Auch mit einem Anstieg der Privatinsolvenzen ist zu rechnen. Auf diese Situation müssen wir uns vorbereiten, und wir müssen die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen vorbereiten. Das kann aber nicht nur mittels eines warmen Geldregens geschehen. Hier müssen wir politisch eingreifen, die komplizierte Situation der Schuldnerberatung vom Kopf auf die Füße stellen und auch präventiv tätig werden, bevor wir von der Lawine überrollt werden und nur noch reagieren können.

An dieser Stelle möchte ich nicht nur ein Lob für Sie aussprechen, Frau Ministerin, für die solide Finanzierung der Verbraucherzentrale, sondern auch dringend an Sie appellieren, die Situation der privaten Überschuldung und der Schuldnerberatung in den Blick zu nehmen und aufzugreifen. Die Vorlage dafür haben wir mit unserem Antrag zur Schuldnerberatung schon geliefert. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)