Protocol of the Session on November 25, 2020

Das Modellprojekt würde – das hat auch die Anhörung gezeigt – mindestens drei Jahre in Anspruch nehmen. Es wird mindestens drei Jahre dauern, bis dort Ergebnisse vorliegen.

Es gibt aber schon Ergebnisse in anderen Ländern. Wir sehen, dass in anderen Ländern die Legalisierung ganz klar – da sind wir uns ja auch einig – zu positiven Effekten führt, nämlich zu genau dem, was wir an dieser Stelle auch wollen.

Insofern würde ein Modellprojekt, das auch – Kollegin Wenig hat es angesprochen – vom Bund mehrfach abgelehnt worden ist, nicht weiterbringen. Ich habe es selber hier in Düsseldorf im Stadtrat mit initiiert. Es ist mehrfach am Bund gescheitert.

Daher werden wir den Antrag ablehnen, hoffen aber, dass wir gemeinsam im kommenden Jahr auf Bundesebene das Thema angehen und zu einer Legalisierung und einer kontrollierten Abgabe von Cannabis kommen werden.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nun steht die Redeampel für den neuen PG hier vorne auf grün. Bitte schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht nutzen wir die Sekunde – es wird gerade vorne wieder perfekt desinfiziert und gereinigt – für einen Applaus an alle daran Beteiligten.

(Beifall von allen Fraktionen und Präsident André Kuper)

Vielen Dank. – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Selten wird es so deutlich wie an diesem Punkt, dass hier keine Sachfragen, sondern ideologische Fragen im Vordergrund stehen. Deutlicher konnte es nicht werden als bei dem Punkt, den Herr Kollege Matheisen vorgetragen hat. Er hat sehr eindeutig gesagt, dass es sachlich einen klaren Unterschied zwischen der Position der CDU und der Haltung der FDP gibt.

Ich möchte auf drei Punkte eingehen, und dann komme ich zu dem, was Frau Kollegin Weng ausgeführt hat.

Erstens. Klar ist – darin sind wir uns einig –, dass Verbraucherschutz in der Illegalität nur schwer oder nicht durchzusetzen ist.

Zweitens. Es gibt in diesem Markt keine abschreckende Wirkung durch das Strafrecht.

Drittens. Auch die Nähe zu den Niederlanden führt zu keinerlei Veränderungen des Konsumverhaltens in Deutschland.

Insofern sind alle Verrenkungen, die hier gemacht werden – je nachdem, aus welcher Perspektive sie kommen –, ideologisch geprägt. Bei der CDU dienen sie dazu, eine völlig veraltete, durch nichts zu belegende Drogenpolitik, die überhaupt nicht zwischen den jeweiligen Drogenarten und -stoffen differenziert, zu betreiben. Deswegen argumentieren Sie nicht von der Sache her, sondern aufgrund eines veralteten ideologischen Standpunktes, und das wird der Sache heute Abend nicht gerecht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Frau Kollegin Weng, manchmal ist es schon ein bisschen schwer, das auszuhalten. Wir haben einen sehr klaren Antrag gestellt, und wir haben eine Anhörung durchgeführt. Das Wort „Heroin“ kommt in dem Antrag nicht vor. Ich weiß nicht, ob Sie ihn nicht gelesen oder sich auf eine andere Rede vorbereitet haben. Sie haben über Drogentote gesprochen. Es gibt keine Cannabistoten in Deutschland.

(Nadja Lüders [SPD]: Das hat sie überhaupt nicht behauptet!)

Es gibt keine Studien, die im Zusammenhang mit Cannabis stehen. Das hat mit dem Antrag überhaupt nichts zu tun.

(Beifall von Wibke Brems [GRÜNE] – Verein- zelt Beifall von der FDP)

Insofern kann ich Ihnen auch Folgendes nicht ersparen: Die SPD-Bundestagsfraktion empfiehlt eine regulierte Abgabe in Modellprojekten. Die SPD-Bundestagsfraktion nimmt in einem am Dienstag in der Fraktion verabschiedeten Positionspapier zu Cannabis eine lange erwartete Neuausrichtung ihres Ansatzes für eine wirkungsvolle Entkriminalisierung von Endkonsumenten vor. Die SPD-Abgeordneten wollen den Bundesländern das Recht einräumen, in ihren Kommunen Modellprojekte zur regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu ermöglichen, um so eigene Erfahrungen mit dem Umgang in Deutschland zu sammeln.

Genau das beantragen wir. Das passt überhaupt nicht zu der Argumentation, die Sie hier vorgetragen haben und worüber wir in den Anhörungen diskutiert haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte noch zwei, drei Argumente aus der Anhörung vortragen, die auch in unserem Antrag stehen. Neben dem Verbraucherschutz und dem Jugendschutz argumentieren wir damit, dass wir offensiv auf die Jugend zugehen und für Verhaltensänderungen sorgen. Wenn jüngere Erwachsene im Landtag zu Besuch sind, werde ich immer gefragt, ob ich für die Freigabe von Cannabis bin. Ich sage dann: Ja, aber das sind keine Smarties. – Wir müssen uns anständig damit auseinandersetzen und für einen vernünftigen Umgang sorgen.

Natürlich können wir als Bundesland maximal einen Modellversuch durchführen. Die Grünen und ich sind sofort dabei, wenn es auf Bundesebene eine substanzielle Änderung der Drogenpolitik gibt. Das, was wir in Nordrhein-Westfalen tun können, haben wir in dem Antrag dargelegt. Beide Sachverständige, selbst der BDK, aber auch Herr Wimber, haben sehr eindeutig ausgeführt, dass die Kriminalisierung der Konsumenten völlig falsch ist.

Deswegen ein versöhnlicher Abschluss: Frau Kollegin Schneider hat im Ausschuss gesagt, den Antrag hätten die Grünen möglicherweise gestellt, um die CDU und die FDP zu spalten. Das liegt mir fern. Das können wir an anderen Punkten viel intensiver machen.

Oh! Dieser Antrag wird heute abgelehnt werden. Es wird eine große Mehrheit dagegen geben. Ich werbe aber dafür, sachlich mit dem Thema umzugehen, denn es wird nicht dadurch verschwinden, dass dieser Antrag heute abgelehnt wird. Die Drogenpolitik – das hat Frau Kollegin Weng zu- treffend dargestellt –, die die CDU und andere Kon- servative in den letzten Jahren betrieben haben, ist zum Scheitern verurteilt. Wenn wir etwas Progressi- ves machen wollen, wenn wir den Drogenkonsum und vor allem den Konsum, der wirklich zur Schädi- gung der Gesundheit führt, aktiv bekämpfen wollen, müssen wir etwas anderes auf den Tisch legen als das, was in Deutschland passiert. – Herzlichen Dank. (Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die AfD-Fraktion spricht Herr Dr. Vincentz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es? – Die Grünen stellen fest, dass sich Märkte schwer regulieren lassen. Dieser Erkenntnisgewinn ist an sich eine gute Nachricht. Statt diese Erkenntnis elementar auf Ihre sonst so verbreitete Verbotspolitik anzuwenden, möchten Sie lieber vor kriminellen Dealern einknicken und den Staat selbst zu einem Dealer machen, indem er nun Modellprojekte zur Cannabisabgabe auf den Weg bringen soll.

Die Argumente dabei sind seit mehreren Vorstößen immer die gleichen. Alkohol sei schließlich auch erlaubt. Ja, klar. Der Staat kämpft auch wirklich hart damit. Immerhin sterben jedes Jahr ca. 70.000 Deutsche an den Folgen des Konsums. Es ist nicht unbedingt ein Vorteil, noch weitere Suchtmittel dazuzunehmen.

Es wird immer gerne ausgeführt, dass man die Gerichte entlasten könnte. Dabei wird der Besitz geringer Mengen an Cannabis in Deutschland gar nicht mehr unbedingt verfolgt, er wird sozusagen geduldet. In Nordrhein-Westfalen kann ein Verfahren wegen bis zu 10 g Cannabis eingestellt werden. Und 10 g sind für den Eigenkonsum schon eine recht erhebliche Menge.

Das Argument, dass man den Schwarzmarkt dadurch zurückdrängen könnte, ist kein wirkliches. Neben einem offiziellen Markt wird immer auch ein Schwarzmarkt existieren – das zeigen Studien aus anderen Ländern –, über den weiter Cannabis beispielsweise an Jugendliche verkauft wird. Nur die Dealer können dann aufgrund Ihrer Politik selbst auch leichter an Cannabis kommen.

Die liberale niederländische Drogenpolitik, wenn man sie so sieht, kann auch nicht als erfolgreich angesehen werden. Der Konsum von Cannabis hat dort seit den 1980er-Jahren zugenommen. Diese Politik nachzuahmen ist anscheinend nicht der richtige Weg.

Halten wir fest: Cannabis ist kein einfaches Konsumgut. Zwischen 50 und 90 % aller cannabisabhängigen Personen entwickeln in ihrem Leben eine weitere psychische Störung oder eine gesundheitliche Störung durch Alkohol und andere Substanzen.

Bei 50 % der Patienten mit Psychosen, Schizophrenie und schizophrenieartigen Erkrankungen ist Cannabis involviert. Das Risiko, an Schizophrenie zu erkranken, wird durch den Cannabiskonsum ungefähr verdreifacht, wobei auch die kumulative Dosis eine Rolle spielt.

Chronischer Konsum verursacht einigen Studien zufolge offenbar auch hirnstrukturelle Veränderungen, insbesondere in der Amygdala und im Hippocampus, also in den für die Gedächtnisbildung wichtigen Strukturen. Vor allem nehmen Volumen, Form und Dichte der grauen Gehirnmasse ab. Auch das konnte in mehreren Studien gezeigt werden.

Cannabiskonsum ist mitnichten ein Konsum, der sich nicht auf den Menschen auswirkt oder keine schädlichen Folgen hat. Insgesamt entwickeln etwa 9 % aller Personen, die jemals Cannabis probiert haben, eine Abhängigkeit. Diese Rate beträgt sogar 17 %, wenn der Cannabiskonsum in der Adoleszenz beginnt, und 25 bis 50 %, wenn Cannabinoide täglich geraucht werden, weil der Zugang besonders einfach ist. Die Gesamtzahl der Suchtbehandlungen wegen Cannabiskonsum nimmt in Europa und den USA deswegen rapide zu.

Ausgerechnet die Partei, die sonst alles verbieten möchte, möchte nun aus ideologischen Gründen den Cannabiskonsum legalisieren. Das ist Politik mit ziemlich gespaltener Zunge. Wir werden daher den Antrag ablehnen.

Wenn Sie wüssten, wie viel Feinstaub durch einen Joint freigesetzt wird, dann müssten Sie den Antrag eigentlich auch ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Vincentz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Laumann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weil wir keine Ideologen sind, lehnen wir den Antrag der Grünen ab.

Mit einem Modellvorhaben zur regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene wird man den gesundheitlichen und sozialen Risiken des Cannabiskonsums nicht gerecht. Auch deshalb ist weiterhin keine Mehrheit für die Schaffung der notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Vorstoß auf Bundesebene zu erwarten.

Auch unter Fachleuten wird die Frage der Risiken und des Nutzens einer teilweisen Freigabe von Cannabis natürlich kontrovers diskutiert. Bei den Expertinnen und Experten besteht allerdings dahin gehend Einigkeit, dass Cannabis keine harmlose Droge ist.

Insbesondere für Jugendliche ist der Konsum mit erheblichen psychischen und physischen Risiken verbunden. Vor allem ist zu befürchten, dass eine teilweise Regulierung von Cannabis ein falsches Signal setzt und die besonderen Risiken gerade von Jugendlichen unterschätzt werden.

Der Schwerpunkt der Sucht- und Drogenpolitik in Nordrhein-Westfalen liegt in Maßnahmen im Bereich der Suchtprävention. Ein Ziel bleibt dabei die Eindämmung der Sucht durch eine möglichst frühzeitige Verhinderung des gesundheitsschädlichen Konsums von legalen wie illegalen Suchtmitteln.

Konzepte und Lösungsansätze zur Suchtbekämpfung müssen der individuellen Entstehung und dem Verlauf einer Sucht Rechnung tragen. Dies kommt auch im Leitsatz der Sucht- und Drogenpolitik des Landes „Sucht hat immer eine Geschichte“ zum Ausdruck.

Im Rahmen des Cannabispräventionsprogrammes „Stark statt breit“ werden zielgruppenspezifische Maßnahmen zur Prävention und zur Frühintervention von Cannabiskonsum durchgeführt. Dieses Programm zielt auf die Entwicklung gesundheitsfördernder Einstellungen, auf Wissensvermittlungen, auf eine Aufklärung über die Risiken des Konsums, auf die Befähigung zu einem risikoarmen Verhalten sowie auf den bedarfsgerechten Ausbau der Unterstützungs- und Hilfsangebote ab. Diesen Ansatz halte ich für erfolgversprechender als eine Legalisierung von Cannabis. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Minister. – Damit sind wir am Ende der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 8.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales empfiehlt in Drucksache 17/11863, den Antrag, über den wir gerade debattiert haben, abzulehnen. Wir stimmen deshalb über den Antrag selbst und nicht über die Beschlussempfehlung ab. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU-, SPD-, FDP- und die AfD-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 17/11863 mit dem soeben festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

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