Sie hätten vorher Betreuungskonzepte auf den Weg bringen müssen, statt jetzt schulterzuckend danebenzustehen.
Auch bei der Abstimmung mit dem Koalitionspartner scheint es ja zu knirschen. Zwar springt der Ministerpräsident – das hat er auch am Mittwoch gemacht – der Schulministerin demonstrativ bei. Aber an der Basis scheint es doch erheblich zu knirschen. So liest
man von der Fraktionsvorsitzenden der CDU in Wuppertal, dass sie sich enttäuscht sehe. Wörtlich sagt sie:
„Damit stellt sich die Landesregierung nicht nur gegen den ,Solinger Weg‘, sondern auch gegen das Engagement der Schulen vor Ort.“
Aha. So viel zur großen Einmütigkeit und zum einhelligen Weg, den die Landesregierung hier beschreitet.
An der Basis sieht das doch ganz anders aus. Herr Ministerpräsident, es würde mich schon interessieren, wie Sie das eigentlich Ihrer CDU-Basis vor Ort erklären wollen.
Frau Ministerin Gebauer, es ist trotzdem immer noch nicht zu spät. Verlassen Sie den von Ihnen eingeschlagenen Irrweg. Tun Sie wirklich etwas für die Bildungsgerechtigkeit in diesem Land. Ermöglichen Sie jetzt alternative Modelle.
Unterstützen Sie vor allem die Schulen und Schulträger, die sich in der Kommunikation auch von ihrer Dienstherrin alleingelassen fühlen. Beziehen Sie endlich auch diejenigen in die Kommunikation und die Abstimmungsprozesse mit ein, die es am Ende betrifft. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Paul. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der CDU Frau Abgeordnete Kollegin Schlottmann das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie sagte unser Gesundheitsminister vorgestern? Die Situation ist doch ganz einfach. – Und damit hat er verdammt recht. Wir haben ein ganz klares Ziel: So viel Normalität wie irgend möglich für unsere Schülerinnen und Schüler.
Noch einmal für diejenigen, die es nach unseren Ausführungen in den vergangenen Tagen augenscheinlich noch nicht verstanden haben: Präsenzunterricht ist unbestritten die beste Form der Beschulung. Warum? Weil unsere Kinder ein Recht auf Bildung haben. Ziel ist und bleibt dabei das Lernen im Klassenraum, weil Schule mehr ist als nur ein Lernort. Sie ist auch ein Ort der Begegnung, des sozialen Miteinanders und der Gemeinschaft. Außerdem stellt Schule den Lebensmittelpunkt der Kinder dar und gibt ihnen notwendige Strukturen.
Doch wir alle wissen, dass wir ein zweites Modell brauchen, falls die Infektionszahlen steigen und der Präsenzunterricht nicht mehr allumfassend möglich ist.
Das haben wir längst. Der zweitbeste Weg ist in diesem Fall das Lernen im Hybrid- und Distanzunterricht. Wir haben im Sommer gesehen, dass diese Modelle notgedrungen funktionieren.
haben wir uns als NRW-Koalition dagegen entschieden. So haben wir den Weg für ein reguläres bundesweites Abitur frei gemacht.
Ich erinnere mich an die Aussage von Frau Beer am 27. April dieses Jahres: generelle Prüfungen absagen, Durchschnittsabitur einführen. – Hätten Sie, liebe Kollegen der SPD und der Grünen, sich damals durchgesetzt, hätten lediglich die Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen ohne vergleichbare Abschlüsse dagestanden.
Wir hatten ganze fünf Verdachtsfälle und drei positiv Getestete unter 88.000 Abiturientinnen und Abiturienten. Alle acht haben nachgeschrieben und auch bestanden. Hier bestätigt sich unser Weg der individuellen Lösungen.
(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Marlies Stotz [SPD]: Sie sollen doch jetzt die Probleme lösen! – Zuruf von Nadja Lüders [SPD])
Auch in der jetzigen Situation dürfen wir nicht alle über einen Kamm scheren. Wir müssen uns die kleinsten Einheiten, also die einzelnen Schulen, konkret ansehen.
Hier gilt es, individuell zu entscheiden, ob man den Präsenzunterricht zum Schutz der Kinder für eine bestimmte Zeit in ein Schichtmodell umwandeln oder gar aussetzen muss. Den Schulleitern vor Ort wird die größtmögliche Entscheidungskompetenz zugebilligt. Mithilfe von Gesundheitsamt und Schulaufsicht kann vor Ort eingeschätzt werden, ob ein Wechselmodell von Präsenz- und Distanzunterricht notwendig und sinnvoll ist. Darüber hinaus sind ihnen durch das Ministerium bereits Instrumente zur Umsetzung an die Hand gegeben worden.
Im Übrigen hat Nordrhein-Westfalen als bisher einziges Bundesland eine Rechtsgrundlage für den Distanzunterricht; darum beneiden uns andere Bundesländer.
(Beifall von der CDU – Eva-Maria Voigt-Küp- pers [SPD]: Das brauchen Sie uns nicht zu er- zählen! Wir wissen das!)
Diese ganz individuelle Betrachtung von Schule zu Schule ist uns elementar wichtig. Lassen Sie mich das an einem Beispiel erläutern. Wenn es in einer Großstadt wie Düsseldorf in einer Schule im Norden mehrere Coronafälle gibt, müssen Teile oder gar die ganze Schule in Quarantäne. So weit, so klar. Sollten wir in diesem Fall auch eine Schule im Düsseldorfer Süden komplett zumachen und damit deren Schülern und Schülerinnen die Chance auf Präsenzunterricht nehmen, obwohl ihre Schule überhaupt keinen Fall hat?
Zurzeit reden wir oft von Verhältnismäßigkeit. Die kann ich bei Ihrer Begeisterung für den Solinger Weg beim besten Willen nicht erkennen.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Jede einzelne Stunde, jeder Tag und jede Minute, zu denen wir für unsere Kinder – nach Einzelfallbetrachtung – Präsenzunterricht stattfinden lassen können, ist die Mühe wert und ist wichtig und richtig.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, meine Damen und Herren, wie Sie das Wort „Bildungsgerechtigkeit“ weiter in den Mund nehmen und als Monstranz vor sich ertragen. Wer leidet denn am meisten unter den pauschalen Regelungen dazu, weg vom Präsenzunterricht zu gehen? Richtig: die Familien in unserem Land. Vielen ist es in diesem Jahr wirklich gut gelungen, mit großen Anstrengungen Erstaunliches zu leisten, damit das Distanzlernen funktioniert.
Doch wir müssen besonders die im Blick behalten, bei denen es nicht funktionieren konnte und auch in Zukunft nicht funktionieren wird.
Wir dürfen die Kinder aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien sowie alleinerziehende Mütter und Väter nicht vergessen.
Das würden wir aber tun, wenn wir Schulen in unterschiedlichen Situationen gleich behandeln würden. Auch künftig müssen wir im Blick behalten, ob es hier allein …
(Zuruf von Verena Schäffer [GRÜNE] – Jose- fine Paul [GRÜNE]: Das ist doch alles wider- sprüchlich, was Sie da machen!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was mich an dieser Stelle sehr betroffen macht, ist, dass Sie die Zukunft unserer Kinder zum Spielball Ihrer Politik machen wollen.