Protocol of the Session on November 12, 2020

Dabei gibt es – so viel „Gute Schule“ auch bewegt hat – weiteren Handlungs- und Investitionsbedarf. Werte Damen und Herren, Kollege Sträßer, eine Bildungsgesellschaft braucht doch Lernorte, die Freude machen und die motivieren. Marode und in die Jahre gekommene Schulen mit einer anachronistischen Ausstattung von Sanitäranlagen – das habe ich eben erwähnt – fördern doch das Arbeits- und Lernklima nicht, im Gegenteil.

Ich will Ihnen an dieser Stelle noch einmal etwas entgegenhalten. Sie erwähnen ja immer wieder die Bildungspauschale, die Sie erhöht und dynamisiert haben. Auch das ist in der Anhörung angeklungen. Eine Sachverständige hat sehr deutlich gemacht, dass das noch nicht einmal den Investitionsbedarf deckt, denn dieser ist um ein Vielfaches größer. Damit können die Investitionen in Nordrhein-Westfalen nicht gedeckt werden.

(Beifall von Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD] und Jochen Ott [SPD])

Dieses Argument – das sage ich auch an dieser Stelle – offenbart entweder Ihr Unverständnis der Systematik oder zeigt den durchschaubaren Versuch der Kommunalunfreundlichkeit.

Zum einen kommt die Dynamisierung der Bildungspauschale schon summenmäßig gar nicht an ein Investitionsprogramm „Gute Schule 2025“ heran. Zum anderen kommt durch diese Maßnahmen in der kommunalen Landschaft kein einziger Cent mehr an. Sie nehmen dadurch nur Gelder aus den allgemeinen Schlüsselzuweisungen weg und schichten das einfach in eine zweckgebundene Pauschale um. Das haben wir auch gestern beim GFG schon erörtert.

(Beifall von Marlies Stotz [SPD])

Das widerspricht in zwei Punkten unserer Vorstellung einer kommunalfreundlichen Politik. Zum einen entmündigen Sie damit die Kommunen und handeln im Widerspruch zu Ihren eigenen Ankündigungen, die Subsidiarität zu stärken; zum anderen leiten Sie Gelder von finanzschwächeren zu finanzstärkeren Städten und Gemeinden um. Das ist, wie ich finde, mehr als kontraproduktiv.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Starke Kommunen konnten bisher schon in ihre Bildungsinfrastruktur investieren, während ärmere Kommunen jede Investition doppelt und dreifach hinterfragen mussten. Gleichzeitig handelt es sich bei den ärmeren Kommunen häufig um die Sozialräume, die ganz besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung für Bildung benötigen.

Meine Damen und Herren insbesondere von der CDU, haben Sie ein Einsehen, und legen Sie mit uns ein neues Zukunftsprogramm „Gute Schule 2025“ für gute Bildung auf. Das ist eine gute Investition in eine gute Schulinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Dahm. – Jetzt spricht für die FDP-Fraktion Herr Kollege Haupt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Situation an unseren Schulen ist in der Tat immer noch unzureichend. Die zum Teil stark verbesserungswürdige Infrastruktur unserer Schullandschaft in NordrheinWestfalen wurde auch – das haben Sie gesagt, Herr Dahm – durch die damalige rot-grüne Landesregierung als solche erkannt. Sie wurde aber eben auch von dieser verantwortet und verursacht.

Mit der Auflage des Programms „Gute Schule 2020“ sollten bis zum Jahr 2020 moderne Schulen in ganz Nordrhein-Westfalen geschaffen werden. In der Anhörung haben die Sachverständigen aber zum Ausdruck gebracht, dass der Investitionsbedarf trotz „Gute Schule 2020“ weder beseitigt noch essenziell verringert worden ist.

Dass weitere Gelder für die Infrastruktur unserer Schulen notwendig sind, ist unstrittig. Aber in der Anhörung wurde auch ganz klar gesagt, dass die Probleme vielschichtiger sind.

Oft liegen die Probleme gar nicht so sehr in der Finanzierung oder an zu wenig verfügbaren Förderprogrammen, sondern an der praktischen Umsetzung vor Ort.

Bestätigt wird das auch durch das Verhalten der Stadt Solingen. Es muss doch einen Grund haben, warum Ihr oberster Wahlkämpfer in Solingen die vorhandenen, reservierten Millionen nicht abruft. Nötig wäre das allemal, wie die Ministerin gestern mithilfe entsprechender Zuschriften aus Solingen dargestellt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für Kommunen abrufbare Förderprogramme nicht nur für den Schulbereich gibt es mittlerweile in einer kaum noch überschaubaren Anzahl. Die Abrufung und Bearbeitung – das ist hier schon zur Sprache gekommen – bindet immer mehr insbesondere personelle Ressourcen.

Unser Ansatz als NRW-Koalition ist daher grundsätzlicher Natur, anstatt von einem Förderprogramm zum nächsten zu hüpfen.

(Stefan Kämmerling [SPD: So wie bei der Hei- matförderung?)

Wir versetzen die Kommunen strukturell und verlässlich in die Lage, ihre Aufgaben als Schulträger zu erfüllen und die Infrastruktur der Schulen vor Ort zu modernisieren und auszubauen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Deshalb haben wir die Kommunen bereits in vielfältiger Weise – nicht nur pandemiebedingt – unterstützt. Wichtig ist hier vor allem die auch schon erwähnte Erhöhung der Schulpauschale.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Die Schulpauschale haben wir im Gemeindefinanzierungsgesetz erneut von 683 Millionen Euro auf 723 Millionen Euro erhöht. Zudem haben wir das Ganze für die Zukunft dynamisiert und somit verlässlich gemacht.

Wenn Sie gestern bei der Einbringung des GFG der Ministerin genau zugehört hätten,

(Christian Dahm [SPD]: Haben wir!)

hätten Sie gehört, dass allein in den letzten acht Monaten 525 Millionen Euro zusätzlich für unsere Schulen ausgegeben worden sind und davon allein 310 Millionen Euro an die Kommunen gingen.

(Stefan Kämmerling [SPD]: Dann brauchen wir ja nichts mehr zu machen!)

Dieser Weg ist der weitaus bessere Ansatz, um unsere schulpolitische Infrastruktur nachhaltig und dauerhaft voranzubringen. Das wird auch am ehesten der kommunalen Selbstverwaltung gerecht. Denn wir dürfen eines nicht vergessen: Es gibt durchaus Kommunen, welche in den letzten Jahren und Jahrzehnten massiv in ihre Schulen investiert haben. Sie brauchen das Geld jetzt für andere Maßnahmen. Wir dürfen sie nicht bestrafen, nur weil sie das Richtige zur richtigen Zeit gemacht haben.

Wir alle sehen daran, dass sich das Problem nicht lösen lässt, indem wir allein Investitionsmittel wie beim Programm „Gute Schule 2020“ bereitstellen. Die Mittel müssen auch verwendet und in Maßnahmen umgesetzt werden können. Dazu braucht es neben dem Personal in den Verwaltungen letzten Endes auch Firmen, die das in die praktische Umsetzung bringen.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Damit schneller und effektiver gebaut und saniert werden kann, müssen wir weitere unnötige Bürokratie und realitätsfremde Vorgaben abschaffen. Deswegen haben wir durch das Entfesselungspaket I die öffentlichen Vergaben bereits erleichtert.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

So bekommen wir es hin, dass öffentliche Aufträge auch wieder für den lokalen Handwerker attraktiv werden.

Sie sehen: Es ist eine Kombination vielfältiger Maßnahmen notwendig, damit unsere Kommunen strukturell in die Lage versetzt werden, die Schulen im Lande dauerhaft fit für die Zukunft machen zu können.

Ihr Ansatz, einfach ein Förderprogramm, welches – ich zitiere noch einmal aus der Anhörung –

(Britta Altenkamp [SPD]: Einfach?)

das gesteckte Ziel im Übrigen gar nicht erreicht hat, fortzuschreiben, ohne das große Ganze zu berück

sichtigen, greift aus unserer Sicht leider Gottes zu kurz. Wir werden daher Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der Grünen spricht die Abgeordnete Frau Beer.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu den letzten Ausführungen würde ich sagen: Knapp daneben ist auch vorbei.

(Dietmar Brockes [FDP]: Da kommt wieder die Oberlehrerin!)

Anders kann ich es nicht nennen, wenn man ein Förderprogramm so beschreibt, das derart verkürzt darstellt und sagt: Sie haben das Ziel ja auch nicht erreicht.

Herr Haupt, das waren 2 Milliarden Euro. Wir wissen, dass der Sanierungsstau alleine in nordrhein-westfälischen Schulen bei 9 bis 10 Milliarden Euro liegt. Das kann man nicht mit 2 Milliarden Euro erledigen.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Das ist doch nur eine ganz kleine Rechenkunst. – Herr Hovenjürgen, das gilt auch für Sie.

Deswegen ist die Herausforderung, dass Sie es weiter fortschreiben, weil diese Verlässlichkeit für die Kommunen gebraucht wird. Das kriegen Sie eben nicht hin, indem Sie alleine die Bildungspauschale erhöhen. Dazu ist auch schon etwas gesagt worden. Das ist in der Tat „linke Tasche, rechte Tasche“.

Ich kann die Kollegin Schneckenburger sehr gut verstehen, weil sie eine Schuldezernentin ist, die jeden Cent in Schule und Kita bringt. Das ist aber längst nicht in allen Kommunen so. Deswegen ist es wichtig, sehr klar zur konditionieren, wo die Investitionen getätigt werden müssen. Das muss mit einem weiteren kommunalen Investitionsprogramm unterfüttert werden.

An einem Punkt bin ich bei Ihnen, Herr Sträßer und Herr Haupt. Sie haben gesagt, wir hätten im Moment so viele Förderprogramme. Ja. Diese Programme laufen aber in verschiedene Richtungen. Sie müssen einmal zusammengebunden werden, weil die Kommunen bei den Planungskapazitäten und den Bearbeitungskapazitäten an den Rand ihrer Möglichkeiten kommen.