Wir müssen uns alle zusammen überlegen, ob es richtig ist, eine Methode zur Betäubung einzusetzen, die zwar billig ist – Kohlendioxid ist ein billiges Gas – und gleichzeitig enorme Stückzahlen ermöglicht – in einer solchen Gondel kann man 20 Schweine gleichzeitig betäuben –, die aber dem Tierschutz nicht gerecht wird und die vor allem auch den Ansprüchen, die diese Gesellschaft an den Tierschutz stellt, nicht gerecht wird.
Würde man diese Bilder zeigen, würden viele Bauern ihre Schweine nicht mehr zu den Schlachthöfen bringen, die diese Technik einsetzen, und auch viele Verbraucherinnen und Verbraucher dieses Fleisch nicht mehr kaufen.
Aus unserer Sicht ist das ein Problem. Denn es existieren Alternativen. Es gibt die Möglichkeit, anders vorzugehen.
Man kann Kohlendioxid durch Edelgase ersetzen. Das ist sehr wohl möglich. Edelgase sind zwar teurer. Die Schlachtung würde teurer werden; keine Frage. Aber diese Edelgase verursachen keine Reizung der Schleimhäute und auch keine Erstickungsgefühle bei den Tieren. Sie würden ganz anders wirken. In diesem Fall wäre der Tierschutz gewahrt.
Oder man setzt, wie es zum Beispiel der Schlachthof Tummel im westfälischen Schöppingen macht, einen sogenannten Restrainer ein. Mit solch einer Elektrobetäubung kann man vergleichsweise hohe Stückzahlen erreichen. Das kann man auch in großen Schlachthöfen umsetzen.
Wir Grüne fordern mit unserem Antrag, die seit 30 Jahren praktizierte Betäubung mit CO2 zu beenden. Entweder wird die Gasbetäubung so verbessert, dass sie tierschutzkonform ist, oder wir stoppen sie ganz und ersetzen sie durch andere Methoden wie die Elektrobetäubung.
Das ist – ich will das deutlich sagen – auch im Interesse der Landwirtschaft, denn es geht darum, die Akzeptanz für die Tierhaltung in diesem Land zu erhalten. Es kann nicht sein, dass wir von der Landwirtschaft bei der Ferkelkastration erwarten, dass sie die Tiere vorher betäuben – das ist alles richtig, genauso wie die Forderung, die Kastenstände aufzulösen; dafür sind große Investitionen notwendig –, aber am Ende, wenn das Tier geschlachtet wird, die abnehmende Hand nicht so arbeitet, wie wir es uns vorstellen. Das ist nicht im Interesse der Gesamtbranche Landwirtschaft. Da haben die Schlachthöfe endlich ihre Hausaufgaben zu erledigen.
Wir wollen das mit diesem Antrag anschieben und würden uns über Ihre Unterstützung dafür freuen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Rüße, Sie haben sicherlich zu Recht von den Bildern, die man nicht so schnell aus dem Kopf bekommt, gesprochen. Ich komme vom Elternhaus her auch aus der Landwirtschaft, habe schon eine Sau durch die Elektrozange sterben sehen. Diese Bilder verlassen einen nicht so schnell. Das ist nicht schön, aber Realität.
Es geht darum, eine möglichst tiergerechte Tötung herbeizuführen. Das wird nie schöne Bilder produzieren. Deswegen sollten wir in der Diskussion ehrlich sein. Das Töten von Tieren ist sicherlich kein Wohlfühlthema. Aber es ist notwendig, sich damit zu beschäftigen. Die Gesellschaft ist sich auch ihrer Verantwortung für unsere natürlichen Lebensgrundlagen und für die Tiere bewusst. So gibt es uns Art. 20a des Grundgesetzes in Form einer Staatszielbestimmung mit auf den Weg.
Es ist letztendlich eine Frage des Tierschutzes, wie wir eine möglichst leidensfreie Schlachtung von Nutztieren erreichen. Dazu müssen wir regelmäßig die zugelassenen Verfahren zur Betäubung von Tieren im Rahmen der Schlachtung überprüfen, und das unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Insofern begrüße ich, dass uns der Antrag der Grünen die Gelegenheit bietet, darüber zu diskutieren. Diese Diskussion sollten wir differenziert und möglichst unvoreingenommen führen.
Herr Rüße, in der Realität fährt nicht jeder Landwirt seine zehn Schweine alleine zum Schlachthof. Die Realität ist eine andere, wenn wir die Gesellschaft mit hochwertigen Lebensmitteln – und dazu gehört auch Fleisch – versorgen wollen.
Betäubung gilt noch immer als zuverlässige Art, die angestrebte völlige Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit der Tiere vor dem eigentlichen Schlachtprozess zu erreichen.
Die Betäubung mittels CO2 ist durch die EU-Tierschutz-Schlachtverordnung ausdrücklich zugelassen. Nationale Vorschriften zur Durchführung konkretisieren diese und sorgen in Deutschland sogar für darüber hinausgehende Schutzvorgaben. Dennoch – Sie haben es dargestellt – steht diese Methode aufgrund der aktuellen Kenntnisse in der Kritik. Es geht um die Reizung von Atemwegsschleimhäuten und um mögliche Luftnot vor dem Erreichen der vollständigen Wahrnehmungslosigkeit.
Dabei spielt aber nicht nur die Frage des eingesetzten Betäubungsgases eine Rolle. Betrachtet werden müssen, wie so oft, auch andere Faktoren. So berichten Veterinäre, dass auch stressbehaftete Vorbehandlungen von Schweinen oder bereits die Gestaltung älterer Betäubungsanlagen an sich zu Angstreaktionen führen können.
Eine wichtige Rolle spielt bekanntlich die Dauer des Aufenthalts im Kohlendioxid vor der Schlachtung. Wie so oft kommt es auch hier auf die fachgerechte Umsetzung der Methode an. Das muss natürlich
Es ist daher zu begrüßen, dass sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bereits aktiv für eine Aktualisierung des Forschungsstandes hierzu und für eine Weiterentwicklung der Verfahren einsetzt. Sowohl beim Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit als auch beim Max Rubner-Institut für Ernährung und Lebensmittel laufen entsprechende Forschungsprojekte, um mögliche Alternativen zur CO2-Betäubung zu untersuchen.
Die im Antrag angesprochenen Edelgase Helium und Argon bieten tatsächlich nicht nur Vorteile. Im Falle von Argongemischen gibt es Hinweise darauf, dass das zu erhöhtem Blutdruck und Krämpfen führen kann und Einblutungen im Fleisch entsprechende Folgen sind.
Helium hingegen scheint tatsächlich eine wirksame Betäubung gewährleisten zu können, aber seine physikalischen Eigenschaften, insbesondere seine hohe Flüchtigkeit und die Tatsache, dass es leichter als Luft ist, stellen die Technik vor große Herausforderungen.
Wir hatten gerade eine Diskussion um Arbeitsschutz und andere Dinge. Auch das muss bei der gesamten Diskussion genauso Berücksichtigung finden und in größerem Maßstab praktikabel sein.
Bei Helium kommt noch das zusätzliche Problem dazu, dass die Europäische Union die Versorgungssicherheit als kritisch einstuft. Daraus wird deutlich: Es bleiben viele Fragen offen.
Bevor das Betäubungsverfahren auf der Grundlage von Kohlendioxid abgelöst werden kann, muss ein verlässliches anderes Verfahren sicher zur Verfügung stehen. Dieses Verfahren muss auch geeignet sein, die notwendigen Schlachtkapazitäten sicherzustellen. Diese Diskussion sollte sich am Tierwohl orientieren und nicht zur Umsetzung anderer politischer Ziele missbraucht werden – auch nicht, wenn es um die Betriebsstrukturen im Schlachtgewerbe geht. Das ist eine eigene Diskussion, wir hatten sie zum Teil gerade schon. Die muss ebenfalls geführt werden, auch unter den Erkenntnissen der Coronakrise.
Hier geht es jetzt ausschließlich um die Frage des Tierwohls. Man muss klären, wie man dem starken Fachkräftemangel in dieser Branche begegnet, wie wir verlässliche Schlachtkapazitäten bereitstellen und insbesondere eine zügige Schlachtung ermöglichen können.
Neben den vielen Fragen, die offenbleiben, gibt es eine, die mir relativ einfach zu beantworten zu sein scheint; da gehen unsere Meinungen offenbar auseinander. Sie bitten um Prüfung der Frage, ob ein Unternehmen rechtswidrig handelt, wenn es ein Verfahren einsetzt, das nach der EU-Tierschutz-Schlachtverordnung erlaubt ist, aber an dem laut neuen
wissenschaftlichen Erkenntnissen Zweifel aufkommen. Hier erlaube ich mir den Hinweis auf das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung. Wenn der Staat auf der einen Seite etwas materiell-rechtlich ausdrücklich erlaubt, kann es auf der anderen Seite bei fachgerechter Ausführung nicht zugleich rechtswidrig sein.
Die angesprochene Staatszielbestimmung in Art. 20a des Grundgesetzes adressiert den Staat und damit vor allem uns als Funktionsträger. Wir sind gefragt, die vorhandenen Regeln regelmäßig auch unter diesem Aspekt zu überprüfen. Vor dem Hintergrund freue ich mich auf die Diskussion im Fachausschuss. Wir stimmen der Überweisung natürlich zu. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir leben heute in einer Zeit, in der Lebensmittel in ausreichender Menge zu günstigen Preisen zur Verfügung stehen. Das ist zunächst ein guter Zustand, gesamtgesellschaftlich erzeugt dieser gute Zustand allerdings wesentliche Kollateralschäden. Insgesamt zahlen wir hierfür einen sehr hohen Preis.
Für unsere Landwirte bleibt oft nicht genügend übrig, um ein auskömmliches Einkommen zu realisieren.
Durch Monokulturen wird die Natur geschädigt, Biodiversität, also Artenvielfalt, bei Tieren und Pflanzen zerstört.
So produzierte Lebensmittel sind oft ungesund und qualitativ minderwertig. Sie machen die Verbraucher krank.
Die Situation der Mitarbeiter in landwirtschaftlichen Betrieben und Schlachthöfen ist prekär; wir haben es gerade diskutiert.
Wir müssen die Art und Weise, wie wir unsere Lebensmitte produzieren, komplett überdenken. Wir müssen die Art und Weise, wie wir Lebensmittel produzieren, zukunftsfähig machen.
In dem Antrag der Grünen geht es um die Frage, wie man mit kleinen Eingriffen in die Abläufe der Fleischproduktion unnötiges Tierleid verhindern kann. Die Betäubung von Schweinen mit CO2 kurz vor der Schlachtung wird zu einem schmerzvollen, mit Todesangst verbundenen Überlebenskampf, der bis zu einer Minute dauern kann. Es entstehen Schmerzen, da CO2 auf den Schleimhäuten reagiert und so Kohlensäure entsteht, was zu starken Schmerzen verbunden mit Reizen auf den Schleimhäuten führt.
Zusätzlich entsteht das Gefühl des Erstickens, was zu einem viel zu langen Todeskampf der Schweine führt. Das ist eine aus Tierschutzgründen, aus ethischen Gründen nicht verantwortbare Situation – letztlich hat Tierschutz in Deutschland Verfassungsrang –, insbesondere da es Alternativen gibt, die mit überschaubarem Aufwand umgesetzt werden können.
Die Tiere können mit Strom betäubt werden, was auch nicht wirklich gut ist, da zuvor eine Vereinzelung stattfinden muss, was dann wieder zu Stress bei den Schweinen führt.
Die Nutzung von alternativen Gasen wie Argon oder Helium scheint hier eine Lösung zu sein. Bevor die zu betäubenden Tiere merken, dass etwas mit ihnen passiert, sind sie auch schon betäubt und bekommen von dem weiteren Prozedere nichts mehr mit.