Protocol of the Session on October 8, 2020

Damit ist die Sache für mich in Ordnung.

Bei privaten Feiern in öffentlichen Räumen – und nur darum geht es bei den Listen – gibt es gute Gründe, warum ich sichergestellt haben will, dass es diese Listen auch wirklich gibt. Die Problematik in Hamm hängt damit zusammen, dass die Listen nicht da waren.

Ich finde, dass wir nach Gesprächen in der Koalition eine gute Lösung gefunden haben: Es ist eine verantwortliche Person zu benennen, die dem Ordnungsamt bekannt ist und die die Liste vorzuhalten hat. Ich hatte das mit Herrn Stamp besprochen, und wir haben eine gute Idee entwickelt. Die Ordnungsämter werden dadurch im Übrigen entlastet.

Damit ist eine gute Lösungen gefunden, an die man am Anfang einer Debatte vielleicht nicht unbedingt gedacht hätte. Aber wir sind ja eben deshalb eine Demokratie, weil wir unsere Ideen miteinander austauschen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU, der FDP und Wolfgang Jörg [SPD])

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit sind wir am Schluss der Aussprache angelangt.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der AfD hat direkte Abstimmung beantragt, sodass ich nunmehr frage, wer dem Inhalt des Antrags

Drucksache 17/11171 zustimmen möchte. – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der AfD sowie der fraktionslose Abgeordnete Neppe. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es eine Kollegin oder einen Kollegen, die oder der sich der Stimme enthalten möchten? – Das ist erkennbar nicht der Fall. Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 17/11171 abgelehnt wurde.

Ich rufe auf:

10 Abschlussbericht der Enquetekommission

„Digitale Transformation der Arbeitswelt in Nordrhein-Westfalen“ (Enquetekommission I)

Abschlussbericht der Enquetekommission I gemäß § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung Drucksache 17/11130

zu dem Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/2405 – Neudruck

Ich darf zunächst dem Vorsitzenden der Enquetekommission I, dem Abgeordneten Bell, das Wort für eine mündliche Berichterstattung geben. Bitte sehr, Herr Kollege Bell.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich freue mich sehr, Ihnen heute das Ergebnis der Arbeit der Enquetekommission I „Digitale Transformation der Arbeitswelt in Nordrhein-Westfalen“ vorstellen zu können. Das ist das Ergebnis einer sehr intensiven Arbeit, die wir in den vergangenen mehr als zwei Jahren miteinander vollbracht haben. Der Bericht ist insgesamt 264 Seiten stark geworden – und das ist er.

(Dietmar Bell [SPD] hält den Abschlussbericht in die Höhe.)

Ich denke, dass alle Beteiligten ein Stück weit stolz darauf sind, Ihnen das Ergebnis hier im Parlament präsentieren zu können.

(Vereinzelt Beifall von der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Die Kommission hat insgesamt 26 Sitzungen durchgeführt. Wir haben elf Anhörungen mit 44 Sachverständigen abgehalten und eine Reihe von Impulsvorträgen gehört. Außerdem haben wir uns entschieden, drei sehr umfangreiche Gutachten in Auftrag zu geben, die sich mit Kernfragen der digitalen Transformation hier in Nordrhein-Westfalen befasst haben.

Das erste Gutachten, das die IW Consult GmbH erarbeitet hat, hat sich mit den Stärken und Schwächen

Nordrhein-Westfalens in Bezug auf die digitale Transformation der Arbeitswelt, sortiert nach Regionen, Branchen, Sektoren und Beschäftigten, befasst.

Das zweite Gutachten, vorgelegt durch das Institut für Wirtschaftspolitik und das Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht an der Universität zu Köln, hat sehr intensiv das Thema „Formen von Erwerbstätigkeit und Anpassungsbedarf des Arbeitnehmer- und Betriebsbegriffs unter arbeitsrechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten“ untersucht.

Das dritte Gutachten ist beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen – in Auftrag gegeben worden und hat sich mit den inhaltlichen und strukturellen Anforderungen an eine Weiterbildungslandschaft im Rahmen der digitalen Transformation der Arbeitswelt befasst.

Daneben haben sehr umfangreiche Literaturrecherchen zu den einzelnen aufgeworfenen Fragestellungen stattgefunden.

Sie sehen: Es ist viel Arbeitsleistung und viel Knowhow in die Arbeit der Kommission geflossen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, damit ist im Ergebnis ein hochaktueller Überblick über den Sachstand der Digitalisierung der Arbeit in Nordrhein-Westfalen entstanden, der sicherlich nicht nur fachspezifisch Interessierten zur Lektüre empfohlen sei. Schließlich – davon bin ich überzeugt – haben wir es mit einem tiefgreifenden Strukturwandel zu tun, der Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahren vor erhebliche Herausforderungen stellen wird.

Deshalb ist es sehr erfreulich – als Vorsitzender freue ich mich besonders darüber –, dass es weitestgehend gelungen ist, eine interfraktionelle Verständigung herzustellen, sowohl, was den Text, als auch, was die Handlungsempfehlungen an den Landtag betrifft. Dafür will ich mich ausdrücklich und sehr herzlich bei meinen Kolleginnen und Kollegen, die in der Enquetekommission gearbeitet haben, bedanken.

Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil es zu Beginn unserer Arbeit nicht zwingend absehbar war. Am Anfang war der Blick ein wenig davon geprägt, dass die eine Seite der anderen unterstellt hat, die Risiken des Transformationsprozesses zu sehr zu betonen und die Chancen zu wenig zu sehen, und die andere Seite der einen das genaue Gegenteil vorgeworfen hat. Dass wir das im kollegialen Diskurs und Austausch auflösen und damit ein gemeinsames Verständnis von Chancen und Risiken des Transformationsprozesses entwickeln konnten, halte ich für durchaus bemerkenswert.

Frau Präsidentin, bei mir läuft keine Zeit. Das ist Ihnen klar?

Herr Kollege Bell, das ist völlig richtig. Wir schalten die Zeit gleich ein, weil wir sie nicht unabhängig von den Redeblöcken einspielen konnten. Wenn die 10 Minuten erreicht sind, wird Ihnen eine Zeit eingeblendet, sodass Sie für die zweite Hälfte eine Orientierung haben.

Das reicht mir völlig. Ich wollte eigentlich auch nicht 20 Minuten reden, sondern nur wissen, wo ich ungefähr stehe.

Ich kann Ihnen das verraten: Sie haben bisher 5 Minuten Redezeit verbraucht.

Perfekt. – Liebe Kolleginnen, liebe Kolleginnen, die Coronakrise hat aktuell den Blick auf die räumliche Dimension der digitalen Transformation sehr stark geschärft. Homeoffice ist in aller Munde. Bestehende kulturelle Hürden in Unternehmen sind rascher gefallen, als wir uns das vorstellen konnten. Die technischen Voraussetzungen für Homeoffice sind aber schon seit 20 Jahren vorhanden gewesen. Das zeigt, dass Veränderungen nicht nur mit technischen Möglichkeiten zu tun haben. Deshalb ist der Blick des Abschlussberichts auch inhaltlich deutlich weiter gefasst.

Ich werde nun stark verdichtet einige Aspekte des Berichts hervorheben, bin aber sicher, dass die Kollegen, die nach mir sprechen werden, das sehr kompetent ergänzen werden.

Der erste Punkt, den ich herausstellen möchte, betrifft die potenzielle Arbeitsmarktbilanz. Nach Einschätzung nahezu aller Expertinnen und Experten wird, was den Beschäftigungssaldo in NordrheinWestfalen angeht, die Bilanz der digitalen Transformation bis zum Jahr 2035 nahezu ausgeglichen ausfallen.

Allerdings ist in dieser Bilanz die Prognose für einzelne Branchen und Regionen unterschiedlich ausgeprägt. Sehr vereinfacht ausgedrückt, wird mit Arbeitsplatzverlusten im verarbeitenden Gewerbe gerechnet, während Zunahmen der Beschäftigungszahlen in den Branchen „Information“ und „Kommunikation“ vermutet werden. Personennahe Dienstleistungen sind hingegen relativ geschützt vor Beschäftigungsverlusten durch die digitale Transformation.

Damit halten sich nach Auffassung der Kommission Chancen und Risiken des sich verändernden Arbeitsmarktes die Waage. Das ist ein sehr wichtiger Befund für die Menschen in unserem Land. Denn die auch in der öffentlichen Wahrnehmung und in betrieblichen Diskussionen vorhandenen Bilder beschreiben häufig in hohem Maße disruptive Beschäftigungsverluste.

Der Bericht enthält auch Einschätzungen zu den Größenordnungen des zu erwartenden digitalen Umbruchs des Arbeitsmarktes in Nordrhein-Westfalen. Das IAB prognostiziert beispielhaft für NordrheinWestfalen, dass 570.000 Beschäftigungsverhältnisse bis 2035 von der Transformation betroffen sein werden.

Ich will deutlich machen, dass die Stärken-undSchwächen-Analyse, die durch das Gutachten sehr stark angeschärft worden ist, auch ein klares Bild regionaler Substitutionspotenziale durch die digitale Transformation zeichnet. Ich denke, es ist ein wichtiger politischer Befund, darauf einen Blick zu werfen.

Wir diskutieren alle sehr intensiv – auch heute Morgen – über den Strukturwandel im Rheinischen Revier. Ich will hier betonen: Wenn wir vorbeugende Strukturpolitik machen wollen, sollten wir uns klugerweise in den Ergebnissen dieses Berichts anschauen, wo die digitale Transformation trotz ihrer Substitutionspotenziale wahrscheinlich zu den größten Arbeitsplatzverlusten führen wird. Das ist sicherlich eine Erkenntnis, die dieser Bericht sehr klar und scharf aufbereitet hat.

Der zweite Punkt ist, dass es eine Stärken-undSchwächen-Analyse auch in Bezug auf die nationale Wettbewerbsfähigkeit von Nordrhein-Westfalen gegeben hat. Sie liefert ein gemischtes Bild für Nordrhein-Westfalen. Die Kommission hat sich dazu ein sehr umfangreiches Bild gemacht. Ich will drei Punkte hervorheben, die in ihrer Gegenüberstellung deutlich machen, dass es hier in Nordrhein-Westfalen sehr positive Aspekte gibt, die gleichzeitig aber mit negativen Aspekten korrespondieren.

Wir haben einen hohen Anteil an Beschäftigten in Zukunftsbranchen des Dienstleistungsbereichs. Allerdings ist die Anzahl der Beschäftigten im MINTBereich noch ausbaufähig.

Viele Beschäftigte arbeiten in wissensintensiven Dienstleistungen. Allerdings fällt die Produktivität im verarbeitenden Gewerbe relativ gering aus.

Wir verzeichnen eine hohe Anzahl an Patentanmeldungen. Allerdings liegen wir im Bereich der digitalen Patentanmeldungen nur im Mittelfeld.

Dies sind einige der Beispiele, die in der Kommission erarbeitet worden sind und die meiner Meinung nach kluge Rückschlüsse für politische Forderungen mit sich bringen.

Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Situation, dass in der öffentlichen Debatte über digitale Transformation häufig die neuen Erwerbstätigkeiten und Beschäftigungsformen im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung stehen. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, ob Crowd- und Clickworking oder Solo-Selbstständigkeit stark zugenommen haben.

Wir können anhand der fachlichen Analysen, die wir vorgenommen haben, sagen, dass Crowd- und Clickworking für Nordrhein-Westfalen nur eine arbeitsmarktpolitische Nischenrolle spielen – aktuell in einer Größenordnung bis 3,4 % und überwiegend als Nebenerwerbstätigkeit.

Das bedeutet aus unserer Sicht, dass man sich bei der Frage, worauf der Fokus gerichtet werden muss, wenn wir über digitale Transformation reden, deutlich stärker auf die beschäftigungsintensiven Unternehmen konzentrieren muss – insbesondere auf die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die Unterstützung benötigen, um den digitalen Transformationsprozess zu bewältigen. Das ist ein klarer Befund, den wir hier erarbeitet haben.

Es ist zudem sehr deutlich geworden, dass die Anzahl der Solo-Selbstständigen – das war auch für mich eine überraschende Erkenntnis – in den letzten 15 Jahren nicht zugenommen hat, sondern seit den Hartz-Reformen auf einem gleichbleibenden Plateau stagniert. Auch das ist für die Wahrnehmung eine wichtige Einschätzung. Wir können an dieser Stelle nicht davon ausgehen, dass das Normalarbeitsverhältnis rückläufig ist.

Der vierte Punkt, den ich hervorheben möchte, betrifft die Frage der Sozialpartnerschaft. Ich zitiere einmal aus dem Bericht:

„Der Veränderung in Richtung einer digitalisierten Arbeitswelt wird aktuell bei Teilen der Belegschaften aber eher mit Sorge und Ängsten begegnet. Obwohl die Netto-Beschäftigungseffekte im Zuge der digitalen Transformation der Arbeitswelt voraussichtlich neutral bis positiv ausfallen werden, besteht auf individueller Ebene die Sorge, den Arbeitsplatz zu verlieren. Mit wachsender Unsicherheit sinkt die Zufriedenheit der Beschäftigten und damit auch die Akzeptanz von Veränderungen in den Belegschaften. Diese Akzeptanz des Strukturwandels ist aber eine wichtige Vorbedingung für eine erfolgreiche Digitalisierung der Unternehmen. Dafür ist die Verdeutlichung der Humanisierungspotenziale notwendig, die die Digitalisierung eröffnet.