Protocol of the Session on October 8, 2020

„Vor dem Hintergrund, dass der LDI NRW für ganz Nordrhein-Westfalen erst ein Fall eines polizeilichen Zugriffes auf Corona-Kontaktlisten bekannt geworden ist, gehen wir derzeit davon aus, dass die Strafverfolgungsbehörden hier mit dem erforderlichen Augenmaß vorgehen.“

Es ist mitnichten so, dass die Sicherheitsbehörden hier wahllos und unverhältnismäßig vorgehen, so wie es darzustellen versuchen.

(Beifall von der FDP)

Insgesamt können wir festhalten, dass Sie wieder ein Problem aufbauschen und ganz viel ohne Fakten an die Wand malen,

(Zuruf von der AfD)

ohne es zu belegen. Wir haben hier Hürden eingebaut. Dadurch ist gewährleistet, dass kein Missbrauch mit diesen Daten betrieben wird. Das bestätigt uns auch die LDI. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Zuruf von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockmeier. – Es ist eine Kurzintervention angemeldet worden. Die können Sie gerne von Ihrem Platz aus entgegennehmen und erwidern. – Herr Kollege Tritschler, Ihr Mikro ist frei.

Danke schön. – Schade, dass Sie die Zwischenfrage nicht zugelassen haben. Deswegen stelle ich jetzt in der Kurzintervention eine Frage.

Erstens. Wie schützt der Zugriff von Polizeibehörden die Menschen vor Corona? Sie tun so, als ginge es

darum, dass die Menschen schlechter vor Corona geschützt würden. Hier geht es aber um die Frage, ob die Polizei darauf zugreift.

Daran schließt sich meine zweite Frage an. Ihre Parteifreundin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat zum Thema „Polizeizugriff auf Coronagästelisten“ ausgeführt – ich zitiere –:

„Ein Polizeizugriff auf Corona-Gästelisten zur Strafverfolgung ist hoch problematisch. Damit wird das Vertrauen der Bevölkerung in den Corona-Schutz zerstört. Die Bürger müssen wissen, was mit ihren Daten passiert, die sie zur Corona-Prävention abgegeben.“

Ähnlich äußerte sich FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle im Deutschen Bundestag:

„Wer seine Daten in dem Glauben preisgibt, dies sei zur Offenlegung von Infektionsketten gedacht, darf sich nicht plötzlich in einer polizeilichen Ermittlung wiederfinden.“

Vielleicht können Sie mir kurz erklären, ob Ihre zwei Parteifreunde da übertreiben oder Reichsbürger, Aluhutträger, Covidioten oder was auch immer sind.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Tritschler. – Herr Kollege Brockmeier, Ihr Mikrofon ist freigeschaltet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich kann darauf ganz kurz antworten: Natürlich haben die beiden recht.

Im Gegensatz zu Ihnen haben sie anscheinend auch Ahnung von Jura. Sie müssten sich dann nämlich an die StPO begeben und auf Bundesebene beispielsweise § 94 StPO ändern. An der Coronaschutzverordnung hier gibt es aber nichts zu ändern.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockmeier. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir beim nächsten Redner. Das ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Bolte-Richter.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Jetzt ist meines Erachtens schon viel zur Sachaufklärung beigetragen worden.

Natürlich brauchen wir weiterhin die Kontaktnachverfolgungsmöglichkeit. Dafür ist es in Bezug auf die Gastronomie notwendig, Daten von Gästen, Restaurantbesucherinnen und -besuchern, zu erfassen.

Diese Daten sollten natürlich – so ist das auch in allen Rechtsgrundlagen, die jetzt schon mehrfach zitiert wurden, vorgesehen – vorrangig, zunächst und einzig dem Infektionsschutz dienen. Das ist ihr Zweck.

Vom Kollegen Brockmeier ist dankensweiterweise ausgeführt worden, dass es in der Strafprozessordnung selbstverständlich die Möglichkeit der Zweckänderung – die dann auch datenschutzkonform ist, soweit die Verhältnismäßigkeit gegeben ist – dahin gehend gibt, dass Ermittlungsbehörden auf derartige Daten zugreifen. Das ist vor allem dann verhältnismäßig, wenn es um die Strafverfolgung von Delikten schwerer Kriminalität geht, also um Gefahren für Leib, Leben und Freiheit von Personen.

Es ist aber eine Verhältnismäßigkeitsfrage und eine Frage, die rechtlich durch die Strafprozessordnung gelöst ist.

Herr Kollege Bolte-Richter, „Frage“ war ein gutes Stichwort. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Loose.

Von Herrn Abgeordneten Loose? Wenn dafür meine Redezeit angehalten wird, würde ich die Frage annehmen.

Wir halten die Redezeit dann an, wenn Sie uns das Signal geben, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Das war aber gerade nicht der Fall. – Dann nehme ich die Zwischenfrage an.

Sehr geehrter Herr BolteRichter, danke, dass Sie die Frage annehmen. – Das erspart mir die Kurzintervention. Denn ich habe wirklich nur eine kurze Frage.

Sie sagten, bei der Gastronomie sei das mit der Nachverfolgung so wichtig. Der Bevölkerungsaustausch, der Kontakt der Personen, ist beim ÖPNV aber sehr viel größer, und dort werden überhaupt keine Adressen erhoben. Müsste es aus Ihrer Sicht dann nicht auch eine Adresserhebung im ÖPNV geben,

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Ge- sundheit und Soziales: Ach, Leute!)

wenn es Ihnen doch um die Nachverfolgung und den Schutz der Personen geht? – Danke.

Dafür müssen wir die Zeit nicht lange anhalten. Die Antwort lautet: Nein.

(Beifall von Norwich Rüße [GRÜNE] und Hen- ning Höne [FDP])

Der zweite Punkt Ihres Antrags ist genauso obsolet wie der erste. Sie beziehen sich auf eine Aussage des Gesundheitsministers zu privaten Feiern in öffentlichen Räumen. Aber auch die Forderung, die Sie da aufgestellt haben, ist obsolet. Auch in der neuen Fassung der Coronaschutzverordnung ist klargestellt, dass es keine präventive Übersendung von Gästelisten gibt, sondern nach wie vor dabei bleibt, dass Gästedaten nur im Bedarfsfall für die Rückverfolgbarkeit an die Gesundheitsämter übermittelt werden. Auch dieser Punkt ist also überholt.

Wir haben in der Debatte und der Einbringung durch den Abgeordneten Tritschler eben wieder gehört, dass es Ihnen eigentlich nur darum geht, hier noch mal ein bisschen Krawall zu machen. Das machen wir nicht mit – vor allem nicht bei Dingen, die gelöst sind.

Natürlich müssen wir über Aspekte wie Transparenz und Gewährleistung des Datenschutzes, insbesondere auch gegenüber Privaten, sprechen. Das war aber nicht Ihr Ziel mit diesem Antrag. Vielmehr war Ihr Ziel, mal wieder ein bisschen Pogo zu machen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bolte-Richter. – Als nächster Redner hat nun für die Landesregierung Herr Minister Laumann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sache ist im Grunde ja ganz einfach: Wir haben uns Regeln gegeben, um die Ausbreitung des Virus möglichst eng zu halten.

Ich mache mir zurzeit sehr große Sorgen um die Entwicklung in einigen Städten in Nordrhein-Westfalen. Nebenbei gesagt: Es gibt in Nordrhein-Westfalen auch Menschen, die jetzt in den Herbstferien nach Bayern fahren wollen. Da müssen wir erst einmal sehen, wie wir das mit all den Tests hinbekommen. Die Hälfte der Hausärzte ist in den Herbstferien auch im Urlaub. Das ist alles nicht so einfach. In den gleichen Städten müssen wir auch die Altenheime durchtesten.

Ich will Ihnen eines sagen: Die Regeln sind ganz einfach, und wir müssen sie schlicht einhalten: Abstand halten; da, wo wir den Abstand nicht einhalten können, wie in der Straßenbahn, wird eine Maske getragen;

da, wo wir beides nicht einhalten wollen, wie etwa in einer Gastronomie, müssen wir eine Nachverfolgung sicherstellen. – Deswegen ist es richtig, in der Gastronomie diese Listen zu haben.

Ich persönlich bin auch der Meinung, dass ein Gastraum kein privater Raum ist. Eine Gaststätte ist ein öffentlich zugänglicher Raum. Daher ist es meines Erachtens auch kein Problem, dass wir mit diesen Listen den Gesundheitsämtern den Job bei der Nachverfolgung erleichtern.

Heute Abend, während wir hier zusammensitzen, befinden sich in Nordrhein-Westfalen wahrscheinlich rund 45.000 Menschen in Quarantäne. Das alles haben Gesundheitsämter ermittelt. Teilweise muss das von Ordnungsämtern auch ein wenig überprüft werden.

Bei all dem, was wir tun, muss ich auch ein bisschen darauf achten, dass das, was notwendig ist, in irgendeiner Art und Weise effektiv erledigt werden kann. Daher ist es meiner Meinung nach überhaupt kein Problem, dass man, wenn man in eine Gaststätte geht, nachher weiß, dass man da war. Ich finde, dass das überhaupt kein Problem ist.

(Beifall von der CDU – Sven Werner Tritschler [AfD]: Das hat ja auch keiner bestritten!)

Damit ist die Sache für mich in Ordnung.