Protocol of the Session on October 8, 2020

Vor der Sommerpause haben meine wissenschaftliche Mitarbeiterin Frau Tull und ich diesen Antrag geschrieben. Dass dies mit dem Bundespapier und der großen medialen Debatte, die es um das Thema gibt, zusammenfällt, ist sozusagen allein der Strukturierung von Anträgen bei uns in der Fraktion zu verdanken.

Wir hätten ihn auch schon vor der Sommerpause einbringen können. Dieser Antrag hat wirklich nichts mit dem Papier der Bundestagsfraktion zu tun, sondern stammt aus unserer NRW-Feder. Deswegen ist er nicht besser oder schlechter, aber bitte glauben Sie nicht, dass das zentral in Berlin geplant wird. Diesen Antrag haben wir uns selber ausgedacht.

Zweitens zum Kollegen Al-Wazir und der A49: Das ist keine Autobahn, deren Realisierung von einer schwarz-grünen Koalition beschlossen wurde. Trotzdem kann Herr Al-Wazir in der aktuellen Situation nichts anderes machen, als diesen Bau nach Recht und Gesetz voranzutreiben; davon bin ich überzeugt.

Diese Proteste etc. sind legitim, aber der grüne Verkehrsminister hat zum jetzigen Zeitpunkt keine Chance zu intervenieren. Alles andere wäre Schaumschlägerei.

Drittens zum Radverkehr. Ich bin immer erfreut, wenn es mehr Geld für den Radverkehr gibt. Am allermeisten würde ich mich allerdings darüber freuen, wenn das Geld auch real verbaut würde. In den

letzten Etatansätzen war es immer so, dass viele Millionen Euro …

Die Zeit.

… an den Finanzminister zurückgeflossen sind. Das heißt, ich würde mich außerordentlich darüber freuen, wenn die jetzt vorgesehene Summe für 2021 auch eins zu eins verbaut würde. Dann wäre ich zum ersten Mal in meinem Leben mit CDU-Politik komplett zufrieden. – Danke und Ihnen alles Gute für Ihre Arbeit.

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Nun hat Herr Kollege Moritz noch einmal das Wort.

Wenn ich von Herrn Klocke ein Lob für die CDU-Politik in Aussicht gestellt bekomme, ist dem nichts hinzuzufügen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dann sage auch ich Ihnen noch einmal herzlichen Dank, Herr Kollege Moritz. Wenn Sie das nächste Mal im Landtag Nordrhein-Westfalen begrüßt werden, wird die korrekte Anrede „Herzlich willkommen, Herr Bürgermeister Moritz“ lauten. In diesem Sinne alles Gute im Namen des Hohen Hauses. Bleiben Sie gesund, und treffen Sie immer kluge und richtige Entscheidungen. Herzlichen Glückwunsch.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der nächste Redner ist für die SPD-Fraktion Herr Kollege Dudas.

Lieber Herr Moritz, auch von mir alles Gute für Ihre nächste Station. Wahrscheinlich werden Sie gleich verwundert sein, dass meine Rede Ihrer Rede in vielen Punkten sehr ähneln wird.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Der vorliegende Antrag stellt die bestehenden Verkehrsvorhaben auf Landes- und auf Bundesebene infrage und begründet dies mit Einsparungen beim Ausstoß von CO2 im Straßenverkehr.

Vorab möchte ich sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, die von Ihnen im Antrag beschriebene Notwendigkeit einer Mobilitätswende ist eine richtige Feststellung.

Der CO2-Ausstoß im Verkehrssektor ist einer der Bereiche, in dem bis heute keine wesentlichen Reduzierungen stattgefunden haben. Daher müssen wir

gerade auch die Schiene als alternativen Verkehrsträger stärken, zumal bis heute keine Gleichberechtigung der Verkehrsträger herrscht.

Ihre Schlussfolgerungen und Ihre konkreten Forderungen nach einem Moratorium bestehender Vorhaben kann ich allerdings nicht nachvollziehen; schließlich ist eine funktionierende und gut ausgebaute Infrastruktur die Lebensader für unsere Mobilität und damit auch für unsere Wirtschaft. Sie schießen daher mit Ihrer Forderung weit über das Ziel hinaus.

Lieber Herr Kollege Klocke, Sie stellen selbst völlig zu Recht in Ihrem Antrag fest, dass es in vielen Regionen und Kommunen kaum eine – und häufig auch gar keine – Alternative zum Autoverkehr gibt.

Ja, das stimmt. Ich kenne das aus meinem Heimatwahlkreis sehr gut. Während in meiner Heimatstadt Lüdenscheid noch ein funktionierendes Bussystem und eine meist ansprechende Taktung existieren und wir über zwei Bahnlinien verfügen, über die wir gut an das Ruhrgebiet und das Rheinland angebunden sind, sieht es nur wenige Kilometer weiter eher dürftig aus:

Kleinere Kommunen sind nur eingeschränkt über ÖPNV und SPNV zu erreichen. Sobald man einen Ort jenseits des Zentrums erreichen möchte, geht ohne Auto fast gar nichts mehr. Ein etwas außerhalb gelegenes Ziel wird dann mit Bus und Bahn schon zu einem kleinen Abenteuerausflug.

Hinzu kommt unsere heimische industriell geprägte Wirtschaft, die notgedrungen noch über viele Jahre auf den Transport der Güter per Lkw angewiesen sein wird. Es wäre daher gerade auch mit Blick auf wirtschaftliche Entscheidungen von Unternehmen fatal, wenn Planungen für einen Infrastrukturausbau von uns mal eben auf Eis gelegt würden.

Die grüne Forderung mit Blick auf den Bundesverkehrswegeplan hat daher eher Schaufenstercharakter.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Herr Klocke, trotz Ihrer Kurzintervention geht es auch darum, sich gegenüber Ihrer verärgerten Wählerklientel noch einmal gezielt zu profilieren, um bundespolitischen Aussagen wie denen von Herrn Hofreiter und Co. mehr Gewicht zu verleihen.

Wie wir jüngst erfahren haben, gibt es bei Ihnen intern Unstimmigkeiten, wie es künftig mit Autobahnprojekten etwa im benachbarten Hessen weitergehen soll. Man kann aber auch sagen: Egal, Profilierung gehört eben zum politischen Geschäft.

Selbstverständlich haben auch die Diskussionen hier im Landtag vor allem um politische Ebenen Gewicht und eine entsprechende Signalwirkung. Dennoch möchte ich daran erinnern, dass die Entscheidungen für den Bundesverkehrswegeplan 2030 nicht einfach

so getroffen wurden und danach ohne Überprüfung stumpf umgesetzt werden.

Vielmehr wird es zur Halbzeit eine Evaluierung geben, und bei den konkreten Planungsverfahren für Straßenbaumaßnahmen müssen auch immer entsprechende Umweltstandards eingehalten werden.

Neben Umweltverträglichkeitsprüfungen sind auch Prüfungen zur Wirtschaftlichkeit und zur Kosten-Nutzen-Relation der einzelnen Projekte durchzuführen. Jetzt auf die Bremse zu treten, ist daher nicht sinnvoll.

Um die Verkehrswende zu erreichen, müssen wir umsteuern und andere Verkehrsträger wie zum Beispiel die Schiene stärken, aber ohne gleichzeitig das Straßenverkehrsnetz aktiv zu schwächen,

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

denn die Mobilitätswende kann nur über eine Gleichberechtigung aller Verkehrsträger erfolgen.

Halten wir daher Folgendes fest: Das Ziel der Mobilitätswende ist richtig und muss forciert werden.

Ein Moratorium für notwendige Projekte allerdings wäre der falsche Weg und ist mangels kurzfristiger Alternativen kontraproduktiv.

Die Folge wäre ein weiterer Anstieg von Staus. Dies würde nicht nur die Wirtschaft schwächen, sondern auch Herrn Wüst noch mehr frustrieren als seine bisherige Verkehrspolitik.

Natürlich stimmen wir der Überweisung zu, und wir freuen uns auch auf die Diskussion im Ausschuss. – Ich danke Ihnen an dieser Stelle für die Aufmerksamkeit.

Herr Moritz, ich wünsche Ihnen noch einmal alles Gute für Ihren weiteren Weg.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dudas. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Reuter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Überprüfung und Moratorium der geplanten Straßenneu- und Ausbauprojekte im Bundesverkehrswegeplan und Landesstraßenbedarfsplan in NRW“ – ein Antrag wie er entlarvender nicht sein könnte. Das ist reine Klientelpolitik für die örtlichen Bürgerinitiativen.

Der Antrag zielt auf eine grundlegende Neuausrichtung der Verkehrspolitik in Land und Bund oder, besser gesagt, auf einen Systemwechsel ab. Nein, eigentlich handelt es sich um die verordnete

Verkehrswende von oben durch Verlangsamung und Verdoppelung von Prozessen.

Der Antrag stellt einen Generalangriff auf die Straßeninfrastruktur dar. So wird eine Neubewertung aller Neu- und Ausbaumaßnahmen eingefordert, obwohl tatsächlich bereits umfängliche Prüfungsverfahren die verkehrliche Notwendigkeit untermauert haben, die Umweltverträglichkeit in vielfältiger Hinsicht nachgewiesen und eine demokratische Legitimierung durch unterschiedliche Gremien geschaffen wurde.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir reden dabei in der Regel von jahrelang, teils jahrzehntelang vorbereiteten Projekten. Da aber die dabei gefundenen Ergebnisse Ihnen in Oppositionszeiten nicht gefallen, soll der ganze Prüfungsprozess von vorne beginnen. Wie Klimaaspekte nunmehr allerdings neu bewertet werden sollen, bleibt dabei offen.

Grundsätzlich dient bei jedem Infrastrukturvorhaben vorhandene Kritik betroffener Anlieger Ihnen zur Begründung von demokratischen Defiziten. Die Bedeutung dieser Infrastruktur als Teil eines verkehrlichen Netzes wird dabei unterschlagen.

Die eigentliche erforderliche Abwägung sämtlicher Belange wird auf die Belange der Kritiker reduziert. Das hat System und ist geeignet, jede Infrastruktur zu verhindern.

Die Projekte im BVWP und Landesstraßenbedarfsplan infrage zu stellen, heißt, sämtliche umfänglichen Prüfungen, die genau den verkehrlichen Bedarf analysiert und festgestellt wie auch die Belange der Umwelt berücksichtigt und abgewogen haben, auszuhebeln.