Protocol of the Session on October 8, 2020

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein bekanntes Handlungsmuster aus totalitären Staaten: Immer wenn es für die Mächtigen politisch eng wird, wird ein echter oder unechter, ein innerer oder äußerer Feind aktiv, und man lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit auf diesen Feind und auf das Regime, das ihm vermeintlich entschlossen und tatkräftig entgegentritt. Die regimetreuen Medien begleiten diesen Krieg der gerechten Sache mit passenden Jubelmeldungen.

Dieses Drehbuch hat George Orwell in seinem eindrucksvollen Werk „1984“ sehr plastisch geschildert. Das lässt sich aber in jeder Bananenrepublik, jedem sozialistischen Moloch und leider zunehmend auch bei uns beobachten.

Seit Jahren türmen Sie Steuergeld für den Kampf gegen den vermeintlichen Extremismus – natürlich immer nur den Rechtsextremismus – aufeinander. Hunderte, ja Tausende von linksgrünen Parteigängern haben keinen anderen Auftrag als die angeblich ja so vielen Rechtsradikalen in unserer Republik aufzufinden, an ihrem schädlichen Tun zu hindern und bestenfalls umzuerziehen.

Folgt man Ihrer Darstellung, wüten Rechtsradikale an jeder Ecke, bei den Behörden, in der Polizei, überall – schlimm, schlimm, schlimm.

Ihre staatlich alimentierten Rechtsextremismusbekämpfer versagen offenbar fortwährend, aber das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, ist: mehr Steuergeld, mehr Projekte, mehr Planstellen.

Um das mit alternativen Fakten zu unterlegen, erfinden Sie einfach Rechtextremismus. Die SPD-eigene Friedrich-Ebert-Stiftung – merken Sie sich den Namen – macht das immer besonders eindrucksvoll mit

der sogenannten Mitte-Studie. Sie befragt regelmäßig Deutsche und kommt dann zu dem Schluss, dass etwa die Hälfte irgendwie extremistisch sei.

Beispiel: Wer dem Satz „Bei der Prüfung von Asylanträgen sollte der Staat großzügig sein“ nicht zustimmt, ist nach SPD-Definition schon rechtsradikal, zumindest aber Rechtspopulist, und das ist ja fast genauso schlimm.

Vielleicht aber, liebe SPD, ist er einfach nur normal im Kopf. Das wird in unserem Land, vor allem zunehmend aber auch in unserer Politik selten.

Super ist dieser Popanz auch für alle Hinterbänkler dieser Welt. Da kann man mit jeder noch so absurden Forderung und Äußerung Presse bekommen. Das gilt auch für glücklose Sänger, Künstler, Sportler oder Schauspieler, die gerne mal den Antifaschisten mimen, um sich oder ihre unverkäuflichen Erzeugnisse zu vermarkten, denn dafür sind immer Schlagzeilen garantiert.

Genauso ist das jetzt auch mit der Reichskriegsflagge. Statt sich mit den zumindest diskussionswürdigen Anliegen der Demonstranten gegen die Coronamaßnahmen auseinanderzusetzen, haben Sie lieber ihre Fähnchen thematisiert oder Fähnchen, die einige zur Demo mitgebracht haben. Das spart nämlich lästige Diskussionen, denn man kann die Leute dort viel einfacher und billiger als Rechtsradikale, Covidioten, Reichsbürger oder sonst was stigmatisieren. Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung, …

(Christian Dahm [SPD]: Das merkt man!)

Hören Sie doch mal zu! Das ist auch Demokratie. Das lernen Sie noch.

… warum man zu so einer Demonstration gegen Infektionsschutzmaßnahmen eine Reichskriegsflagge mitbringen muss.

(Christian Dahm [SPD]: Ich habe sehr gut zu- gehört! – Gegenruf von Andreas Keith [AfD]: Sie haben nicht zugehört!)

Es erschließt sich mir nicht, denn einen größeren Gefallen kann man den politischen Gegnern natürlich nicht machen. Dass aber wieder irgendwelche drittklassigen Provinzschranzen von SPD und CDU daraus einen Naziskandal fabrizieren, …

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Fühlen Sie sich angesprochen?

… erschließt sich mir genauso wenig.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Das ist Geschichtspolitik für Leute, die zu viel Guido Knopp geschaut haben und folglich glauben, die deutsche Geschichte beschränke sich auf 1933 bis 1945.

Alle Altparteien im Haus wollen jetzt also die Reichskriegsflagge verbieten, vorangetrieben von der SPD, und die sogenannten bürgerlichen Hasenfüße laufen natürlich hinterher. Und da machen Sie auch keine halben Sachen, meine Damen und Herren von der SPD.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Sie wollen nicht nur die Reichskriegsflagge des Deutschen Reichs und des Norddeutschen Bunds verbieten, nein bitte auch gleich noch die Kriegsflagge der Weimarer Republik. Die war zwar eine Republik, wie der Name schon sagt, und auch eine Demokratie, aber dann wohl auch irgendwie Rechts und Nazi. Der SPD ist inzwischen wohl sogar ihre eigene Vergangenheit peinlich. Umgekehrt wäre es wohl auch so.

Die Fahne war ein offizielles Symbol Deutschlands unter Reichspräsident Friedrich Ebert von der SPD.

Die Redezeit.

Also, wenn Sie Nazis bekämpfen wollen, meine Damen und Herren, dann nennen Sie vielleicht erst einmal Ihre Stiftung um, denn Herr Ebert ist ja Ihrer Logik nach dann wohl auch ein Nazi. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Das war der Abgeordnete Tritschler. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Reul das Wort.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Was willst du dazu noch sagen?!)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Eine Vorbemerkung: Das war gerade eine Rede der besonderen Art. Ob Sie dem Anliegen Ihrer Partei oder der Wähler, die Sie gewählt haben, damit einen Gefallen tun, Herr Tritschler, indem Sie das Thema „Rechtsextremismus“ so verharmlosen, wie Sie es gerade gemacht haben, daran habe ich meine Zweifel.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Das war eine Rede nach dem Muster: Alles verharmlosen, was eine rechtsradikale, rechtsextremistische Gefahr ist.

Der zweite Teil war die Beschimpfung demokratischer Kräfte. „Provinzschranzen“ – das werde ich nicht vergessen. Das ist ungeheuerlich!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es gab schon einmal jemanden in Deutschland, der die demokratischen Kräfte verunglimpft hat. Immer

dasselbe! Sie machen einen Riesenfehler und liefern täglich Argumente dafür, dass wir mit Ihnen so umgehen, wie wir mit Ihnen umgehen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Josef Hovenjürgen [CDU]: Herr Tritschler, Sie sind ein schlimmer Het- zer!)

Zum Thema selbst: Im Grunde ist fast alles gesagt. Wer die Rede gerade gehört hat, weiß, warum wir uns darum kümmern müssen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ich will damit nicht alle in einen Topf werfen, aber diese Rede hat die Beweisstücke dafür geliefert, dass man achtsam sein muss.

Die Reichskriegsflagge wird geschwenkt bei Anlässen, die damit gar nichts zu tun haben. Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker mischen sich unter Demonstranten, die es recht meinen. Keiner hier im Saal wird diejenigen, die da demonstrieren, weil sie ein Anliegen haben, in Misskredit bringen. Keiner! Ich kenne keinen.

Aber wenn sich darunter die Rechtsextremisten, die Verschwörungstheoretiker mischen, wenn die

Reichskriegsflagge benutzt wird, um zu provozieren – das ist doch der Sinn der Sache –, dann ist Schluss und dann muss man Einhalt gebieten.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es dient der Provokation. Diese Provokationen gab es nicht nur bei dieser Demonstration in Berlin, sondern die gibt es auch bei uns und unter uns. Genau das erschüttert mich. Es ist bekannt, dass Rechtsextremisten Versammlungen nutzen, um für ihre Zwecke Propaganda zu machen. Darauf haben wir im Verfassungsschutzbericht schon mehrfach hingewiesen.

Die Vertreter des Rechtsstaats müssen dabei Grenzen setzen und klare Kante zeigen: „Bis hierhin und keinen Millimeter weiter!“, übrigens auch zum Schutz der richtigen Demonstranten, der echten Demonstranten, die ein Anliegen haben.

Mit der Verwendung der Reichskriegsflagge ist für mich diese Grenze definitiv überschritten. Zum Beispiel nutzen Reichsbürger diese Flagge bei Versammlungen. Sie wollen damit ihre Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland symbolisch dokumentieren.

Sie können sich bestimmt vorstellen, dass mir als Innenminister das zutiefst zuwider läuft. Diese Gruppen haben wir deshalb fest im Blick.

Ich stimme dem Antrag in der Intention total zu. Rechtsextreme, rassistische, antidemokratische Provokationen müssen selbstverständlich entschieden

bekämpft werden. So etwas will ich im öffentlichen Raum nicht sehen.