Protocol of the Session on December 2, 2015

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Lassen Sie uns darum bitte gemeinsam dafür einsetzen, dass alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union jetzt endlich die 2013 beschlossene Einlagensicherungsrichtlinie umsetzen. Lassen Sie uns bitte gemeinsam dafür starkmachen, dass durch ei

ne europäische Lösung das bewiesen erfolgreiche Dreisäulenmodell in Deutschland nicht bestraft wird. Um es klar zu sagen: Eine verordnete Sicherungssystematik wie jetzt von der Kommission vorgelegt, auch wenn sie als Rückversicherung ausgestaltet ist, machen wir nicht mit, wenn dadurch das Risiko der Inanspruchnahme deutscher Spareinlagen

Der Verordnungsvorschlag der Kommission findet deshalb nicht unsere Zustimmung. Jede Lösung, die die besondere Wertigkeit der funktionierenden Sicherungssysteme unserer Sparkassen und Genossenschaftsbanken außer Acht lässt, ist eine schlechte Lösung und findet nicht unsere Zustimmung.

Das, verehrte Damen und Herren, darf aber nicht auslösen, dass wir deshalb jedes europäische Einlagensicherungssystem reflexartig ablehnen. Dem trägt unser Entschließungsantrag in geeigneter Weise Rechnung. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und Mario Krüger [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Kämmerling. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege MartinSebastian Abel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorweg: Ich glaube, es besteht Einigkeit, dass wir unsere Sparkassen und Genossenschaftsbanken schützen wollen und sie nicht erdrosselt werden sollen von europäischen Regelungen. Ich hoffe, dass diese Einigkeit besteht.

Herr Kollege Optendrenk, wenn Sie etwas Gemeinsames machen wollen, ist es vielleicht nicht der richtige Weg, einen Antrag einzubringen, ohne vorher Kontakte aufzunehmen, und ihn dann zur direkten Abstimmung zu stellen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie schütten in diesem Antrag aber auch das Kind mit dem Bade aus: Wenn man es nämlich ernst meint, dass Risiken von Bankenpleiten nicht zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gehen dürfen, wenn wir ernst meinen, dass der nationalstaatliche Rahmen – das haben wir ja schon erlebt, und zwar auch in Deutschland – nicht ausreicht, um Fehlverhalten von Banken aufzufangen, dann muss man dafür sorgen, dass bei Problemen bei einer Einlagensicherung eben gerade nicht das Budget des Nationalstaates herangezogen wird, sondern dass es ein anderes System gibt. Dann geht das nur gemeinsam, dann geht das nur mit einer europäischen Lösung. Diese europäische Lösung brauchen wir.

Deswegen finden wir es richtig, dass man an einer europäischen Einlagensicherung arbeitet, um das System insgesamt stabiler zu machen. Aus diesem Grunde ist falsch, was Sie in Ihrem Antrag sagen, dass Sie dieses Vorhaben in Gänze ablehnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gleichzeitig hat sich das deutsche Einlagensicherungssystem mit Blick auf die Sparkassen und Genossenschaftsbanken bewährt. Die vollkommene Vergemeinschaftung der europäischen Einlagensicherungssysteme in der Form, wie sie jetzt von der Kommission vorgelegt wird, gefährdet allerdings diese Strukturen.

Das deutsche Dreisäulenmodell sollte daher erhalten bleiben. Das hat wortwörtlich der Landtag so auch in einem Änderungsantrag aller Fraktionen, Herr Kollege Optendrenk, am 7. November 2012 Drucksache 16/1322 beschlossen.

Es geht heute um die Frage, was eigentlich passiert, wenn das Einlagensystem eines Mitgliedsstaates nicht ausreicht, weil die Bankenpleite so groß ist, dass das Sicherungssystem das nicht mehr tragen kann. Dann gibt es die Möglichkeit, dass der Nationalstaat einspringt – der Steuerzahler, die Steuerzahlerin. Wir haben in Deutschland erlebt, dass das bei einer großen Bank, einer Privatbank, nicht mehr ausreicht und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler am Ende die Zeche zahlen.

Die Alternative dazu ist ein System, bei dem auch die Banken beteiligt werden. Ich finde, dass die Bankenunion die Banken in der Eurozone robuster gemacht und das Vertrauen in das Finanzsystem und in das Einlagensicherungssystem gestärkt hat. Für eine funktionierende Bankenunion braucht es eine europäische Einlagensicherung. Sie muss für alle Institute gelten – aber nur als Rückversicherung.

Meine Damen und Herren, bestehende Sicherungssysteme, die funktionieren, wie die solide Institutssicherung der deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken, dürfen nicht zerstört werden. Wenn es hierüber Einigkeit gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, dann lassen Sie uns noch einmal darüber reden, ob das Verfahren, das Sie hier aufrufen, wirklich sinnvoll ist oder ob wir vielleicht noch einmal losgelöst von diesem Antrag eine Runde im Ausschuss dazu drehen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Abel. – Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Witzel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zentrale Botschaft dieses Antrages ist das berechtigte Votum gegen

eine europaweite Vergemeinschaftung der Einlagensicherung und ihre Risiken durch grenzüberschreitende Rückversicherung. Eine solche wäre in der Tat fatal. Es gäbe ein hochproblematisches Bailout. Nationale politische Fehlentscheidungen und unterlassene Risikovorsorge würden auf gemeinschaftliche Fonds abgewälzt. Konsequenz wäre gerade nicht die intendierte Stabilisierung des Finanzsektors, sondern der Anreiz zur Unterlassung gebotener eigener Risikoabsicherung.

Das ist deutschen Anlegern nicht zuzumuten. Bereits das letzte Griechenland-Rettungspaket der Großen Koalition ist eine klare Grenzüberschreitung und gegen nationale Interessen, das unsere Bürger leider noch teuer werden bezahlen müssen.

Zusätzlich zur teilweise bestehenden freiwilligen Einlagensicherung hat sich Deutschland am 3. Juli 2015 per Gesetz zur Umsetzung der neuen Einlagensicherungsrichtlinie verpflichtet. Im Übrigen ist damit anders als in anderen europäischen Ländern in Deutschland eine fristgerechte Umsetzung erfolgt.

Bankkunden sollen von erweiterter gesetzlicher Einlagensicherung profitieren, die zukünftig mehr Schutz und weniger Bürokratie verspricht. Dazu gehören beispielsweise die Erweiterung des Sicherungsumfangs auf Fremdwährungskonten, zum anderen die Entbürokratisierung durch automatisches antragsloses Entschädigungsverfahren, des Weiteren die Verkürzung der Auszahlungsfristen von derzeit 20 auf – neu – 7 Arbeitstage, aber auch die vorübergehende anlassspezifische Erhöhung des Schutzumfangs von bislang maximal 100.000 € pro Einleger auf bis zu 500.000 € für sechs Monate, beispielsweise bei einem Immobilienverkauf oder besonderen Lebensereignissen wie Scheidung, Renteneintritt, Kündigung oder Pflegebedürftigkeit.

Das Ziel dieser Beschlüsse ist es, mehr Vertrauen und mehr Solidität herzustellen. Das dürfen wir eben keinesfalls gefährden.

Der vorliegende Antrag ist daher besser als die wortgleiche Entschließung der Großen Koalition im Bundestag, die die in diesem Antrag erhobenen Forderungen mit der bezeichnenden Einschränkung „zum jetzigen Zeitpunkt“, also mit viel mehr Weichspüler, versieht und ausdrücklich die Frage offenlässt, wie CDU und SPD im Bund es denn langfristig mit der EU-Einlagensicherung halten wollen.

Zu Recht verweist auch die „Financial Times“ in diesen Tagen auf ein Positionspapier der Großen Koalition, das in Brüssel zirkuliert und perspektivisch gerade nicht nach einer generellen Ablehnung klingt.

An einer Stelle ist der vorliegende Antrag recht optimistisch und übersieht noch eine Klippe.

Richtig ist, deutsche Einlagen- und Institutssicherungssysteme sind im europäischen Vergleich gut

aufgestellt und sollen nach aktueller Gesetzgebung weiter verbessert werden.

Wahr ist aber auch, dass hierfür in den nächsten Jahren an einigen Stellen noch Hausaufgaben zu erledigen sind. 0,8 % der gedeckten Einlagen müssen bis 2024 zurückgelegt werden. Diese Töpfe sind heute noch lange nicht gefüllt. Insbesondere die Fonds der Sparkassen sind noch ein ganzes Stück von dieser zukünftigen Zielausstattung entfernt.

Die von uns gewollte Abkehr einer EU

Einlagensicherung ist sicherlich durch den DSGVinternen Streit in diesem Jahr nicht einfacher geworden. Wir haben den Finanzminister Norbert Walter-Borjans im Landtag rechtzeitig auf die Folgen dieser vom SVWL losgetretenen Auseinandersetzung hingewiesen, als der Finanzminister diese als Thema für sich noch nicht erkannt hatte.

Die langfristigen Folgen dieses Streits sind noch nicht absehbar. Die EZB untersucht zurzeit die Leistungsfähigkeit der nationalen Institutssicherungssysteme. Sollte sie feststellen, dass diese nicht voll funktionsfähig sind, droht die Aberkennung heutiger Privilegien.

Das beträfe beispielsweise die Nullgewichtung von Krediten im Verbund, ohne die mehr Eigenkapital vorgehalten werden müsste. Auf unsere diesbezügliche Sorge hat auch der Präsident der BaFin bereits öffentlich hingewiesen. Sollten Regulatoren die Eigenkapitalvorteile für verbundinterne Kredite und Beteiligungen zur Disposition stellen oder wenigstens einschränken, könnte dies auch bei unseren Instituten zusätzliche Eigenmittel in einer Milliardengrößenordnung erfordern.

Unsere klare Position gegen eine europäische Vergemeinschaftung der Einlagensicherung ist daher mit dem klaren Appell an eine stringente nationale Umsetzung aller Anforderungen verbunden, die nicht neue Fragestellungen und Probleme aufwirft. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Kern.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Schon Ende 2012 haben wir uns hier im Landtag NRW auf Initiative der Piratenfraktion mit der europäischen Bankenunion beschäftigt. Wir Piraten haben damals die erste Subsidiaritätsrüge in der NRW-Landtagsgeschichte angeregt, nachzulesen in der Drucksache 16/1228.

Wir haben als Piraten dabei auf die Gefahren einer Machtkonzentration bei der EZB hingewiesen, echte

demokratische Kontrolle eingefordert und der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung eine Absage erteilt. Diese Kritik erhalten wir aufrecht.

(Beifall von den PIRATEN)

Kurzum: Wir Piraten haben schon vor über drei Jahren die Systemfehler der verschiedenen Säulen der Bankenunion aufgezeigt.

Zugestimmt wurde unser Subsidiaritätsrüge bekanntlich nicht, von keiner der anderen Fraktionen.

Nun wird also das Thema „Einlagensicherung“ von der CDU wieder aufgegriffen, obwohl man es schon direkt mit der Subsidiaritätsrüge hätte tun können, ja, müssen. Aber damals wollte niemand der anderen Fraktionen dieses deutliche Zeichen nach Brüssel senden. Manchmal sollten Sie das Päckchen annehmen, wenn der Postbote klingelt, und nicht einfach nicht annehmen, nur weil der falsche Absender draufsteht.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Nein, weil es stinkt!)

Da hilft dann auch nicht der abgeschwächte gemeinsame Antrag aller Fraktionen, der eben schon angesprochen wurde.

Meine Damen und Herren, eines ist klar: Neben dem Aufsichts- und Abwicklungsmechanismus darf nicht auch noch ein europäisches Einlagensicherungssystem bei der EZB angesiedelt werden. In der Tat ist die Komplettvergemeinschaftung der Sicherungssysteme für Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsinstitute der falsche Schritt. So weit stimmen wir beiden Anträgen zu. Sie ist vor allem deshalb falsch, weil es zu keiner weiteren wirtschaftspolitischen Machtkonzentration auf EU

Ebene kommen darf, vor allem nicht bei der EZB.