Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Landesregierung Herrn Minister Lersch-Mense das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, haben wir einen neuen Landesentwicklungsplan auf den Weg gebracht. Das erste Beteiligungsverfahren haben wir ausgewertet. Nach den Herbstferien startet das Beteiligungsverfahren zu den vorgenommenen Änderungen. Heute bringen wir die Novelle des Landesplanungsgesetzes in den Landtag ein. Damit
Lassen Sie mich kurz die wesentlichen Eckpunkte der Änderungen erläutern. Mit der Föderalismusreform 2006 wurde die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Raumordnung geändert. Die Rahmenkompetenz wurde abgeschafft und die Raumordnung in die konkurrierende Gesetzgebung überführt. Dies hat zur Folge, dass die Regelungen des Raumordnungsgesetzes des Bundes unmittelbar wirken, sodass im Zuge der Neufassung des Landesplanungsgesetzes die Vorschriften gestrichen werden sollen, die bereits im ROG enthalten sind.
Wir haben alle Normen des geltenden Landesplanungsgesetzes auf das Verhältnis zum Raumordnungsgesetz des Bundes überprüft und alle Doppelregelungen entfernt. Wir haben uns hierbei vom Zentralinstitut für Raumplanung an der Universität Münster beraten lassen, das uns auch hier wichtige Hinweise geben konnte.
Ergänzende oder abweichende Regelungen haben wir gekennzeichnet und alle Hinweise auf das ausgelaufene Landesentwicklungsprogramm gestri
chen. Dies dient ebenfalls der Vereinfachung und der Rechtsklarheit. Verschiedene Änderungen dienen also der Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes im Lichte der Abweichungsgesetzgebung. Damit stellen wir Rechtsklarheit her und bereinigen das Landesplanungsgesetz um nicht mehr benötigte Regelungen.
Auf einige natürlich auch enthaltende wesentliche materielle Änderungen möchte ich ebenfalls hinweisen.
Zukünftig ist es nicht mehr bereits durch das Landesplanungsgesetz zwingend vorgegeben, dass Vorranggebiete und Eignungsgebiete starr gekoppelt sein müssen. Dies ermöglicht sachgerechte Unterscheidungen auf der Ebene der Regionalplanung, zum Beispiel für die Rohstoffgewinnung und die Windenergienutzung.
Windenergie soll auch außerhalb der Vorranggebiete genutzt werden können. Dies gibt den Kommunen größere Freiheit bei der Ausweisung ihrer kommunalen Konzentrationszonen zur räumlichen Steuerung der Windenergienutzung. Dies korrespondiert übrigens mit dem neuen LEP-Entwurf.
Darüber hinaus sehen wir eine verpflichtende Öffentlichkeitsbeteiligung für Raumordnungsverfahren vor und entfristen die Übergangsregelungen für Änderungen am regionalen Flächennutzungsplan. Dies entspricht inhaltlich voll dem FDP-Gesetzentwurf, der sich bereits in der Beratung in diesem Hohen Haus befindet.
Die derzeitige Überleitungsvorschrift des § 39 Abs. 4 Landesplanungsgesetz räumt der Planungsgemeinschaft aus den Städten Bochum, Essen, Gelsenkirchen, Herne, Mülheim und Oberhausen
nur bis zum 31. Dezember 2015 die Befugnis ein, Änderungen und Ergänzungen des regionalen Flächennutzungsplans vorzunehmen. Mit der Aufhebung der Frist wird diese Befugnis nun verlängert, bis ein Aufstellungsbeschluss für einen neuen Regionalplan Ruhr gefasst ist.
Als Ergebnis der Verbändeanhörung folgen wir Anregungen der Kommunen und verzichten auf eine Regelung zur Ermittlung des Mindestflächenbedarfs von Infrastruktureinrichtungen bei der Festlegung von Umsiedlungsstandorten in Braunkohleplänen und auf die Vorlagepflicht von Bebauungsplänen bei den Regionalplanungsbehörden. Hier bleibt es bei den geltenden Regelungen.
Ein Thema, das derzeit die öffentliche Debatte beherrscht, möchte ich besonders betonen: Die größte Herausforderung ist es, Flüchtlinge unterzubringen und zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Auch die Raumordnung ist gefordert, hier einen Beitrag zu leisten. Dabei stehen wir in einem Spannungsverhältnis: Einerseits braucht gerade das dicht besiedelte NRW klar zu beachtende raumordnerische Ziele. Andererseits müssen wir in Einzelfällen die Möglichkeit haben, Bauvorhaben von besonderer öffentlicher Bedeutung auch gegen kommunale Einzelinteressen durchzusetzen. Dies gilt im Übrigen auch für Forensikstandorte und Justizvollzugsanstalten.
Wir haben im sogenannten Zielabweichungsverfahren, das dazu dient, zügiger Ausnahmen gestatten zu können, vorgesehen, dass für Regionalpläne die Einvernehmensregelungen seitens der Belegenheitsgemeinde und des regionalen Planungsträgers im Falle von baulichen Anlagen des Bundes oder des Landes mit besonderer öffentlicher Zweckbestimmung im Sinne des § 37 Baugesetzbuch in eine Benehmensregelung überführt werden. Dadurch vereinfachen und beschleunigen wir den Ablauf des Verfahrens. Für andere Vorhaben bleibt es bei den bekannten Verfahrensabläufen.
Ich will aber abschließend und für die weiteren parlamentarischen Beratungen ausdrücklich sagen: Ob diese Vereinfachung des Zielabweichungsverfahrens ausreichend ist, um die nötigen Beschleunigungswirkungen zu erzielen, oder ob es planungsrechtlich konforme und zulässige weitere Beschleunigungsmöglichkeiten gibt, sollten wir in den Ausschussberatungen und in der parlamentarischen Anhörung noch einmal intensiv miteinander diskutieren. Wir sind offen für jeden Vorschlag, der in diese Richtung gemacht wird. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung ihre Redezeit um 53 Sekunden überschritten hat. – Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Kollegen Wüst das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Zunächst einmal einen herzlichen Glückwunsch an den neuen Zuständigen, der auch der alte ist, jetzt aber im Ministeramt. So können wir im Plenum weiterhin miteinander über die Themen diskutieren, für die Sie auch früher schon die Verantwortung getragen haben.
Mein Glückwunsch geht auch an den Kollegen Eiskirch, der nach mir spricht – deswegen nehme ich die Glückwünsche vorweg –: Alles Gute für das neue Amt im Bochum! Ich werde zwar bedauern, dass wir nicht mehr die Klingen kreuzen können, freue mich aber auch auf die Zusammenarbeit mit dem Nachfolger. Toi, toi, toi für Deine neue Aufgabe in Bochum!
Der neue Minister hat jetzt schon zum dritten Mal gesprochen. Die neue Wunderwaffe der Landesregierung ist fleißig bei der Arbeit. Ich will Sie deshalb gleich in ganz andere Höhen heben, die die irdische Arbeit der Landespolitik übersteigen: Es drängt sich – besser gesagt: es droht – der Vergleich mit dem jungen Robert Redford auf,
und zwar deshalb, weil Robert Redford eine seiner ersten großen Rollen in dem Film „Der große Bluff“ hatte. Der eine oder andere kennt diesen Film. Ihr Entwurf für ein neues Landesplanungsgesetz ist ein Teil des großen Bluffs, den wir seit April an mehreren Stellen vorgeführt bekommen. Dieser große Bluff heißt „Kurswechsel – weg von einer wachstumsfeindlichen Politik“.
Monate später zeigt sich, dass bei der Landesentwicklungsplanung – so auch im Entwurf für das Landesplanungsgesetz – dieser Kurswechsel ausfällt. Im April wird groß propagiert und der Presse verkauft, man habe jetzt den Landesentwicklungsplan entschärft. Der Klimaschutz sei aus dem Landesentwicklungsplan herausgestrichen worden, die wirtschaftsfreundlichen Teile der Landesregierung hätten sich kraftvoll durchgesetzt, und der Landesumweltminister habe das Nachsehen gehabt.
Was man auf die Schnelle gar nicht sehen konnte, findet sich in § 12 des Entwurfs für das Landesplanungsgesetz. Dort steht nämlich, dass man den Klimaschutz nicht mehr landesweit beachten müsse, sondern bei der Aufstellung der Regionalpläne in allen Regionen des Landes, was am Ende nichts anderes heißt als: landesweit. Das war der erste Teil des großen Bluffs. Man könnte auch sagen, es war ein kleiner Hütchenspielertrick.
Das setzt sich fort, indem man in derselben Kabinettssitzung, in der man zwar die Tabuzonen für die Auskiesung – für die Rohstoffgewinnung – aus dem Landesentwicklungsplan herausnimmt, diese dann aber ins Landeswassergesetz wieder hinein
Dann wird das 5-ha-Ziel vom „Ziel“ zum „Grundsatz“ heruntergestuft. Ziele sind zu beachten, Grundsätze sind in die Abwägung einzubeziehen. Insofern ist das auf den ersten Blick sicher gut für die Entwicklung des Landes.
Durch die Hintertür kommt dann für die Ermittlung des Bedarfs an Flächen in den Regionen wieder die Berechnungsmethode von Professor Vallée ins Verfahren. Diese Professor-Vallée-Methode hat schon vor zwei Jahren für einen Sturm der Entrüstung bei Wirtschaft und Kommunen gesorgt. Man hatte geglaubt, das Thema sei passé, aber auf einmal ist es wieder da.
Auch das Thema „newPark“ will ich hier noch einmal nennen, zu dem man zunächst den Minister reden hörte. Der sagte: Wir haben erst möglich gemacht, dass es einen Kompromiss gibt. – Dann gab es vor Ort Herrn Müller, der genau wusste, dass es diese Landesregierung war, die viele Probleme erst geschaffen hatte, sodass am Ende – so hört man – der Wirtschaftsminister dem örtlichen Landrat geraten hat, gegen die eigene Regierung und deren Politik zu klagen.
Das ist auf den ersten Blick immer der Versuch, einen Kurswechsel weg von der wachstumsfeindlichen Politik zu inszenieren. Hintenherum im Kleingedruckten kann Herr Remmel dann aber ganz unbesorgt seine Themen abhaken. Er hat in jedem einzelnen Punkt seine Position halten können.
Heute Morgen hatten wir nun das Thema „Garzweiler“. Da wird in Sonntagsreden sehr schön gesagt, die Energiesicherheit sei der Teil der Energiewende, den wir liefern könnten. Dann setzt man willkürlich eine Abbaugrenze auf 400 m fest und nimmt RWE die Möglichkeit, 400 bis 600 Millionen t zu fördern. So nimmt man diesem Standort einen Teil der in den Sonntagsreden propagierten Energiesicherheit; denn Sie können – wie es der Kollege van den Berg in der Presse richtig gesagt hat – nicht ausschließen, dass sich jetzt auch andere genau darauf beziehen werden.
Wir geben Ihnen heute mit unserem Antrag zum Landesplanungsgesetz die Möglichkeit, das zu tun, was Sie der Öffentlichkeit so schön verkauft haben, nämlich den Klimaschutz aus der Landesentwicklung herauszunehmen. Das schlagen wir Ihnen vor. Sie können sich ehrlich machen. Sie können den großen Bluff sein lassen. Sie können die Kurswechsel tatsächlich vollziehen, die Sie propagieren. Dazu
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Kollege Wüst hat in seiner Rede gerade alles zusammengerührt, was irgendwie auch nur im Entferntesten mit dem Thema „Landesentwicklung“ zu tun haben könnte.
Das ist ein richtiges Sammelsurium gewesen. Ich weiß nicht, ob Sie eine App haben, bei der Sie die Worte eingeben, auf „einmal mixen“ klicken, und dann kommt so eine Rede dabei heraus – egal ob es der LEP war oder das Landesplanungsgesetz. Ich habe mich gewundert, dass Sie nicht noch ein bisschen über das LEPro gesprochen haben oder das Klimaschutzgesetz. Das war alles einmal schön zusammengerührt.
In Wirklichkeit müssen Sie eingestehen, dass die Landesregierung das geschafft hat, was SchwarzGelb angekündigt und auf halbem Wege abgebrochen hat, weil Sie das politische Zutrauen in Ihre eigenen Reihen sowohl hier im Landtag als auch im Land in den Kommunen nicht hatten – nämlich eine wirkliche Überarbeitung des gesamten Themas „Landesplanung“, mit einem neuen LEP, mit einem überarbeiteten Landesplanungsgesetz und mit der Abschaffung bzw. Einbeziehung des Landesentwicklungsprogramms, sodass wir jetzt eine konsistente Rechtslage haben, sobald all diese Gesetzesvorhaben bzw. der Landesentwicklungsplan das Licht der Welt nicht nur erblickt haben, sondern auch wirksam sind. Wir haben dann ein komplettes, konsistentes Programm rund um das Thema „Landesentwicklungsplanung“.
Herr Kollege Wüst, Sie haben vorhin die Anmerkungen zu dem Film gemacht. Mich hat das, was Sie gerade vorgetragen haben, eher – ich habe keine Ahnung, welches Auto Sie fahren, weshalb Sie das bitte nicht falsch verstehen –an James Deans „… denn sie wissen nicht, was sie tun“ erinnert denn an alles andere.