Nun gibt es ein paar Maßnahmen, die auf diesem Gipfel beschlossen worden sind. Wichtig ist, dass wir den Blick nicht nur nach Berlin richten – da ist jetzt einiges passiert –, denn es gibt auch Hausaufgaben, die man in Nordrhein-Westfalen machen muss.
Wir alle wissen, dass die Kommunen in anderen Ländern eine stärkere Unterstützung durch ihre Landesregierungen erfahren. Wenn beispielsweise in Bayern 100 % der Kosten übernommen werden, redet man dort in den Kommunen schon anders über die Flüchtlingsproblematik als in den Kommunen hier in Nordrhein-Westfalen, die ohnehin schon unter großen Finanzproblemen leiden, und die die Folgen des Strukturwandels sowie hoher Verschuldung zu tragen haben. Dass sie bis heute nur 25 %, 26 % oder 27 % ihrer Kosten erstattet bekommen, macht die Lage dramatischer als in anderen Bundesländern.
Ich glaube deshalb, dass wir über die vielen Maßnahmen hinaus, die Sie erwähnt haben, drei Aufgabenfelder in den Blick nehmen müssen, die solche
Fragen betreffen wie: Kommen, Bleiben und Gehen. Das hängt eng zusammen. Deshalb werde ich das, was ich im Folgenden vortrage, auch so strukturieren.
In der Bosch-Kommission sitzen wir derzeit mit Spitzenvertretern der Arbeitgeber und der kommunalen Spitzenverbände zusammen, um nach Lösungen innerhalb unserer Rechtssystematik zu suchen. Unsere Rechtsgrundlagen greifen da noch nicht genügend ineinander über: Der Wechsel vom Flüchtlingsstatus hinein in die Integration ist systematisch eigentlich nicht vorgesehen, obwohl das aber in vielen Kommunen der Realität entspricht.
Es geht nicht, dass wenige Länder in der Europäischen Union die gesamte Last tragen, wohingegen zehn, zwölf oder 14 Länder keinen einzigen Flüchtling aufnehmen. Das ist nicht die europäische Solidarität, wie wir sie uns vorstellen.
Unser Königsteiner Schlüssel ist da durchaus ein Modell. Natürlich kann man nicht proportional Flüchtlinge nach Griechenland bringen, also in ein Land, das ohnehin riesige Probleme hat.
Aber die wirtschaftlich stärkeren Länder müssen mehr leisten, als das heute der Fall ist. Nach Griechenland werden derzeit keine Flüchtlinge verteilt,
aber auf manchen griechischen Inseln kommen sehr wohl Flüchtlinge an, insbesondere aus Syrien. Und da muss Europa gleichermaßen auch Griechenland helfen.
Die zweite wichtige Frage ist die nach dem Torwechsel. Insbesondere aus dem Kosovo kommen viele Flüchtlinge, die, wenn sie wüssten, dass sie auch über eine legale Arbeitsmigration kommen könnten, gar nicht erst den Weg über das Asyl gehen würden.
Deshalb sind Informationskampagnen, wie sie die Bundesregierung derzeit im Kosovo durchführt – dort werden denjenigen, die aus gesuchten Berufen kommen, andere Wege aufzeigt als der über das Asyl –, ein richtiger Schritt. Dies würde die Kommu
Der dritte Punkt ist das Bleiben. Viele, die vielleicht nicht als politisch Verfolgte anerkannt werden, werden am Ende doch nicht abgeschoben, wenn sie beispielsweise aus Syrien oder aus dem Irak kommen. Das sind Flüchtlinge, bei denen wir davon ausgehen können: Sie werden auf Dauer bei uns bleiben.
Wenn dem so ist, dann müssen wir das System ändern. Bis vor einigen Jahren gab es sogar noch Arbeitsverbote. Jetzt hingegen muss es das Ziel sein, dass deren beruflichen Abschlüsse schneller anerkannt werden, dass sie schneller Deutsch lernen und dass sie sich schneller aus eigener Kraft ernähren können und nicht von sozialen Leistungen leben.
Das muss jetzt bei dieser Gruppe von Flüchtlingen geleistet werden. Dazu gibt es viele Vorschläge, die die Ministerpräsidenten in der letzten Woche beschlossen haben.
Die neuralgische Stelle jedes Asylverfahrens sind die Erstaufnahmeplätze. Mit der Aufstockung der Zielmarke um 4.000 auf 16.500 Plätze hat die Landesregierung einen richtigen Weg eingeschlagen. Wir sind seit Längerem der Meinung, dass wir in den Erstaufnahmeeinrichtungen 20.000 Plätze
Außerdem sollte bei uns in Nordrhein-Westfalen mehr Aufenthaltszeit in den Erstaufnahmeeinrichtungen veranschlagt werden. Derzeit beträgt die Aufenthaltsdauer dort 14 Tage, bevor die Überstellung in die Kommunen erfolgt. Ziel muss es sein, schon in der Erstaufnahmeeinrichtung zu klären, wer ein Recht hat, dauerhaft hierzubleiben, und wer zurückkehren muss. Das sollte geschehen, bevor irgendjemand in die Kommune überwiesen wird.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dass das BAMF da mehr tun muss, dann haben Sie recht; das ist wahr.
Trotzdem muss eine Landesregierung auch klar sagen: Wir führen zurück, bevor wir in die Kommune überweisen.
Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen hat gestern eine entsprechende Regierungserklärung abgegeben. Darin hat sie gesagt, sie wolle sich auf die tatsächlich heimatlosen Verfolgten und Traumatisierten konzentrieren. Außerdem hat sie zugesagt,
sondern gleich in dem Verfahren schnellstmöglich zurückgeschickt werden. Eine solch klare Aussage würde ich mir auch von dieser Landesregierung wünschen.
Die Ministerpräsidentin hat heute im Bonner „General-Anzeiger“ gesagt, Nordrhein-Westfalen habe – ich zitiere wörtlich – „fast 2.000 Asylanten zwangsweise zurückgeführt“. Ein Viertel aller bundesweiten Abschiebungen finde in Nordrhein-Westfalen statt.
Ich halte es für wichtig, dass wir bei der Frage nach sicheren Herkunftsländern ernsthaft prüfen – wie es auch der Gipfel beschlossen hat –, ob nicht zusätzlich zu Serbien sowie Bosnien und Herzegowina auch Montenegro, Albanien und Kosovo als sichere Drittländer eingestuft werden. Das sind zum Teil Beitrittskandidaten zur Europäischen Union.
(Marc Herter [SPD]: So ist es, aber doch nicht der Kosovo! - Hans-Willi Körfges [SPD]: Fah- ren Sie da hin und informieren Sie sich!)
auch die Zwischenrufer, die Herren Herter und Körfges. Aber dass es so gekommen ist, war nur möglich, weil Ministerpräsident Kretschmann zugestimmt hat. Nordrhein-Westfalen hat dazu nicht Ja gesagt.
Wir schaffen das Ganze eher, wenn wir uns auf diejenigen Flüchtlinge konzentrieren, die wirklich schutzbedürftig sind.