Protocol of the Session on May 21, 2015

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Ein sehr guter Ansatz! Der Bertelsmann-Ansatz!)

Eine Ausweitung auf alle Schulen bzw. alle Regionen ist geplant, und auch dafür stehen aktuell 90 Moderatorinnen zur Verfügung. Dieses Programm setzt systemisch auf die Arbeit in den gesamten Kollegien.

(Zuruf von den PIRATEN: Macht das die Landesregierung, oder macht das Bertels- mann?)

Jetzt sage ich aber noch etwas, was auch zur Wahrheit gehört, nämlich dass ein Hauptpersonalrat beschlossen hatte, dass seine Schulen – in dem Fall die Gymnasien – gar nicht daran teilnehmen sollten, obwohl sie wollten. – Auch so etwas gehört zur Geschichte der Inklusion in Nordrhein-Westfalen dazu.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Inzwischen haben erfreulicherweise alle zugestimmt, und es können alle mitmachen. Das ist die gute Botschaft.

(Zuruf von den PIRATEN: Jetzt fehlt nur das Geld und die Umsetzung!)

1 Milliarde € ist für die Piraten vielleicht kein Geld, für Rot-Grün ist das viel Geld. Und wir investieren es gerne.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Eva Voigt-Küppers [SPD]: Hört, hört! – Mi- chele Marsching [PIRATEN]: Das ist zu we- nig!)

Ich möchte noch etwas zu der Frage sagen, wieviel denn investiert werden muss: Ich habe keinen Haushaltsantrag von CDU und FDP gesehen, der 7.000 zusätzliche Stellen gefordert hätte.

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Genau!)

Es gab in der Vergangenheit keinen Haushaltsantrag, der 7.000 zusätzliche Stellen gefordert hätte. Dann hätten nämlich Ihre komischen Finanzkonzepte nicht mehr gepasst – Herr Laschet wollte doch 300 Millionen € bei den Schulen absetzen, meine Damen und Herren. Das ist doch die Wahrheit!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Nach draußen Doppelbesetzung versprechen, hier dann nicht zu liefern und das nicht seriös zu finanzieren – so geht Opposition, verantwortliche Regierung geht so aber nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Eine Opposition, die sich als Regierung im Wartestand versteht, muss da seröser arbeiten.

Ein letzter Punkt. Wer einen solchen Prozess anlegt, der muss wissen, dass das nicht von heute auf morgen geht. Das war uns immer klar. Man kann bei einem solchen umfassenden Prozess nicht einfach den Schalter umlegen, weil Schulen keine Autos sind, die man mal eben in die Werkstatt stellt und morgen fahren alle anders, sondern die Betei

ligten müssen und sollen mitgenommen werden. Das haben wir auf dem Schirm, und das werden wir auch weiter begleiten.

Natürlich finden viele, viele Gespräche – nicht nur in den Schulbesuchen, sondern auch viele andere Gesprächen, und zwar systematisch – im Fachbeirat Inklusion, mit den eben schon erwähnten Hauptpersonalräten, mit den Eltern- und Lehrerverbänden statt. Da gilt, dass wir diesen Prozess systematisch begleiten, dass wir die Entwicklung beobachten, und dass wir bei Bedarf – wenn wir feststellen, dass da systematisch etwas falsch angelegt ist – auch nachsteuern. Das haben wir immer gesagt, und zu dieser Aussage stehen wir als rot-grüne Regierung auch ausdrücklich.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Zu den Zahlen und der Entwicklung, weil Sie suggerieren, dass durch das Gesetz eine massive Veränderung stattgefunden hätte. Auch da will ich die Zahlen noch einmal deutlich nennen.

Wir hatten im Jahr 2011 eine Steigerung des Inklusionsanteils um 3,1 Prozentpunkte. Wir hatten im Jahr 2012/2013 eine Steigerung um 4,8 Prozentpunkte. 2013/2014 hatten wir eine Steigerung um 5,0 Prozentpunkte. Nach Gesetz hatten wir eine Steigerung um 4,4 Prozentpunkte. – Das macht doch deutlich, dass es sich hier um einen schrittweisen und nicht um einen ruckartigen Prozess handelt.

Aber mit dem Gesetz sind in der letzten Stufe 1.130 Stellen zusätzlich im System. Diese Stellen stehen nicht nur irgendwo auf dem Papier, sondern diese Stellen sind in einem Bericht an den Ausschuss auf Punkt und Komma nachgewiesen, weil das Haus alle Daten liefert, die wir zur Verfügung haben. In Vorlage 16/2582 können Sie genau nachlesen, an welcher Schule welche Stelle zusätzlich aus dem Stellenbudget auch ausgebracht worden ist, meine Damen und Herren. Das zeigt, die Summen stehen nicht nur irgendwo im Haushaltsplan, sondern die Summen und die Stellen werden auch an den Schulen ankommen.

In diesem Sinne werden wir weiterarbeiten, die Dinge prüfen, die vorgebracht werden, sie aber auch einordnen – hier bin ich Frau Hendricks sehr dankbar, dass sie noch einmal darauf hingewiesen hat, dass die Menschenrechtskommission auch genau schaut, wer die Prozesse wie anlegt. Das gute Zeugnis, das wir in diesem Zusammenhang bekommen haben, nehmen wir auch mit in den weiteren Diskurs, und lassen uns von einer Studie, die wir zwar ernst nehmen, nicht von diesem Weg der Inklusion abbringen, die wir für die Kinder in Nordrhein-Westfalen gestalten, um unserer Verantwortung einer zukunftsgerechten Bildung gerecht zu werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind am Schluss der Aussprache. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde.

Ich rufe auf:

2 Gesetz zum Bürokratieabbau in den Kommu

nen – Kommunales Bürokratieabbaugesetz

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU Drucksache 16/8649

erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDUFraktion der Frau Abgeordneten Ulla Thönnissen das Wort, die nun gleichzeitig ihre Jungfernrede hält. Bitte schön.

(Beifall von der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Finanzlage der nordrheinwestfälischen Kommunen ist – damit verrate ich Ihnen kein Geheimnis – nicht nur kritisch, sondern längst besorgniserregend, und teilweise sogar dramatisch.

(Beifall von der CDU)

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben die nordrhein-westfälischen Kommunen das Jahr 2014 mit einem Finanzierungsdefizit von mehr als 1,5 Milliarden € abgeschlossen. Nur wenige Kommunen können heutzutage noch einen wirklich ausgeglichenen Haushalt darstellen. Weiterhin befinden sich 174 der 396 Kommunen in NordrheinWestfalen im Nothaushalt oder in der Haushaltssicherung.

Auch die Kassenkredite steigen weiterhin rasant an und belaufen sich inzwischen auf mehr als 26 Milliarden €. Damit machen die nordrhein-westfälischen Kassenkredite – das muss man sich einmal vergegenwärtigen – die Hälfte aller bundesweiten Kassenkredite aus.

Die Defizite der Kommunen in Nordrhein-Westfalen sind demnach durchschnittlich doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt – und das, obwohl sich Nordrhein-Westfalen zum Beispiel bei der Erstattung der Flüchtlingskosten einen ganz schön schlanken Fuß macht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Jeder konnte gestern in der „Kölnischen Rundschau“ den Artikel lesen – ich habe ihn mitgebracht –, in dem die Landesregierung als knauserig bezeichnet wird. Ich will nur die ersten Sätze wiedergeben, denn dann wird deutlich, was ich meine:

„Das Land NRW erstattet den Kommunen nicht einmal die Hälfte der Flüchtlingskosten. Nach einer neuen Untersuchung des Deutschen Landkreistages liegt NRW damit auf dem letzten Platz der Flächenländer.“

(Minister Ralf Jäger: Man soll nicht alles glauben, was in der Zeitung steht!)

Das, meine Damen und Herren, Herr Minister, ist nicht gerade ein Ruhmesblatt und kann getrost als kommunalfeindlich bezeichnet werden.

(Beifall von der CDU)

Wir alle in diesem Haus wissen, dass die Ausgaben für Soziales den größten Posten bei den Kommunen bilden. Das hat auch damit zu tun, dass Nordrhein-Westfalen mit 82 % den höchsten Kommunalisierungsgrad hat. Als Stichwort sei hier die Eingliederungshilfe als rein kommunale Aufgabe genannt. Zum Vergleich: Der Durchschnitt der Flächenländer liegt bei einem Kommunalisierungsgrad von 74 %.

Da verwundert es nicht, dass auch die Untersuchung des FiFo-Instituts in Köln im Auftrag der IHK NRW den Befund aufgriff, dass in NRW die kommunalen Aufgaben in den Bereichen allgemeine Verwaltung und soziale Sicherung überdurchschnittlich hoch sind. Das heißt im Klartext: Bei uns müssen die Kommunen die meisten pflichtigen Aufgaben übernehmen. Sie müssen sie erledigen und das mit, wenn man es freundlich ausdrücken will, teils unauskömmlicher Erstattung. Konnexität? – Fehlanzeige.

Dieses Bild verfestigt sich auch durch einen aktuellen Bericht des Innenministers. Die Nettoausgaben der Kommunen in Nordrhein-Westfalen sind überdurchschnittlich, stellt er fest. Im Mittel der übrigen westdeutschen Flächenländer ist das Sozialausgabenwachstum nur rund halb so stark ausgefallen wie bei uns. Die kommunalen Ausgaben für Soziales liegen bei rund – das muss man sich vergegenwärtigen – 853 € je Einwohner. Das sind satte 40 % mehr als im Bundesdurchschnitt. Die Landesregierung hat dafür keinerlei Erklärung.

All das zeigt, dass es notwendig ist, sich dieses Zustands anzunehmen und dabei nicht nur die Einnahmenseite zu betrachten. Um zu einer wirklichen Entlastung der Kommunen beizutragen, gehört es eben auch, sich ihre Aufgaben genau anzuschauen und insbesondere den Kommunen selbst die Möglichkeit zu geben, überflüssige bürokratische Vorgaben zu identifizieren und im Zweifel konsequenterweise auch abzuschaffen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es drängen sich aber Zweifel auf, ob die rot-grüne Landesregierung überhaupt ein Interesse daran hat, Aufgabenkritik zu betreiben oder Bürokratieabbau tatsächlich in den Blick zu nehmen. Zwei CDUAnträge – der eine zur Einrichtung einer Taskforce „Kommunale Sozialkosten“, der andere zum Dialog

verfahren zum Abbau bürokratischer Vorgaben – wurden von Rot-Grün schnöde abgelehnt, obwohl die kommunalen Spitzenverbände beide Initiativen begrüßt hatten.