Protocol of the Session on December 5, 2014

Ich sage Ihnen: Das liegt an Ihrer Fundamentalopposition. Sie behaupten auch, wir hätten in Deutschland das beste Jagdrecht. Nein, das ist falsch: Wir bekommen mit diesem Gesetz hier in NordrheinWestfalen das beste Jagdrecht in Deutschland!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Widerspruch von der CDU und der FDP)

Es ist auch notwendig, dass wir es einführen, weil sich die Welt in den letzten Jahren weiter gedreht hat, weil Tierschutz und ökologische Belange in dieser Gesellschaft inzwischen einen anderen Stellenwert haben. Genau deshalb werden wir jetzt eine verkürzte Liste der jagdbaren Arten bekommen. Genau deshalb werden wir bestimmte Jagdpraktiken, die Sie auch keinem mehr erklären können, abschaffen. Die Baujagd wird rausfliegen. Auch die Totschlagfalle wird rausfliegen. Und das ist auch richtig so!

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir werden auch den Abschuss von Katzen verbieten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gerade in Bezug auf diesen Punkt verstehe ich überhaupt nicht, wieso Sie und auch der Landesjagdverband sich da total verweigert haben. Wer in

diesem Jahr – im Jahr 2014 – darauf beharrt, er dürfe den Abschuss von Katzen noch vollziehen, und meint, er könne das heute noch genauso machen wie in den 30er-Jahren – da war das vielleicht noch üblich –, der liegt völlig daneben und befindet sich nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Noch eines sage ich Ihnen: Ich kann auch nicht akzeptieren und dulden, dass Sie immer von dem ländlichen Raum sprechen. Ich rede ja auch nicht von den Jägerinnen und Jägern; denn eine Menge Jägerinnen und Jäger haben mir gesagt, dass sie freiwillig schon lange keine Katzen mehr schießen, weil sie nämlich wissen, dass das überhaupt nicht mehr vertretbar ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich würde mich freuen, wenn Sie von der CDU und der FDP sowie auch der Landesjagdverband an dieser Stelle endlich einmal diesen Jägerinnen und Jägern folgen und mit dem Starrsinn, den Sie da an den Tag legen, aufhören würden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aus meiner Sicht – Herr Busen, Sie haben das eben eindrucksvoll unter Beweis gestellt – ist von Ihnen in der Debatte um ein neues Jagdrecht in den letzten Monaten eine Totalblockade vorgenommen worden. Das geschah selbst an einer Stelle, wo ich dachte, dass Sie das begrüßen würden. Sie müssten es als Jäger begrüßen, einen Schießnachweis einzuführen. Man kann darüber diskutieren, wie oft der stattfinden soll. Ich verstehe nicht, dass Sie das nicht begrüßen. Es geht dabei doch darum, dass jemand mit Waffen hantiert, die eine Tötungswirkung haben. Sie wissen das selbst viel besser als ich. Es geht dabei um öffentliche Sicherheit. Da müssten Sie doch sagen: Jawohl, das ist ein guter Punkt, den unterstützen wir ausdrücklich. – Aber selbst dazu haben Sie auf den Regionalkonferenzen gesagt, es sei alles Quatsch. Ich verstehe es nicht!

(Beifall von den GRÜNEN – Karlheinz Busen [FDP]: Bundesgesetz!)

Nein, das ist doch Unfug! Das hat doch mit Bundesgesetz nichts zu tun! Herr Busen, ich greife das auf: Ich habe mich erkundigt, dass es kein Problem ist, den Schießnachweis auf Landesebene einzuführen. Wir haben auch im Tierschutzgesetz eine Bestimmung, dass man in ausreichendem Umfang über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen muss, um ein Wirbeltier töten zu dürfen.

Kenntnisse erwirbt man sicherlich durch den Jagdschein – das ist auch gut so –, aber seine Fähigkeiten, das tun zu können, muss man gelegentlich nachweisen. Hin und wieder muss man nachweisen, dass man es kann. Und dazu gehört das sichere Schießen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mich ärgert Folgendes: Wir haben in diesem Gesetz eine Menge guter Positionen, die das Jagdrecht deutlich nach vorne bringen. Ich nenne beispielsweise den Punkt, die Mindestdauer von Pachten auf fünf Jahre zu reduzieren. Das ist hervorragend, weil es auf beiden Seiten mehr Flexibilität erlaubt. Ich würde Ihnen gerne eine Menge Briefe von Bäuerinnen und Bauern zur Verfügung stellen, die sich über Wildschäden beklagt haben, die sie nicht ersetzt bekamen. Es ist hervorragend, dass wir die Frist jetzt von einer Woche auf zwei Wochen verlängern, damit sie ihren Anspruch durchsetzen können.

Mit dem Verbissgutachten werden wir endlich die überhöhten Wildbestände im Wald zurückführen können. Dasselbe gilt für den Punkt „Fütterung und Kirrung“. Schon das beweist hinreichend, dass es notwendig war, das Gesetz zu novellieren. Kein Gesetz – auch nicht das bestehende Jagdrecht – ist für alle Ewigkeiten in Stein gemeißelt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist unsere Aufgabe, Gesetze immer wieder an neue gesellschaftliche Erwartungen und neue Normen – der Tierschutz ist vom Minister erwähnt worden – anzupassen. Das machen wir jetzt.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Ich sage Ihnen eines: Wenn wir das Landesjagdrecht so lassen würden, wie es ist, dann würden wir die Jägerschaft in dieser Gesellschaft komplett in eine Sackgasse führen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich bin mir sicher, dass, in zwei oder Jahren – wenn wir diese Debatte, die wir sehr emotional führen, abgeschlossen haben – viele Jäger, wenn wir dann mit ihnen noch einmal darüber diskutieren, sagen werden: Diese Gesetzesnovelle war doch gut und richtig. Viele werden auch sagen: Das war nicht das von Ihnen prophezeite Ende der Jagd, sondern ein guter Neuanfang für die Jagd in NordrheinWestfalen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rüße. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, für die weitere Debatte weise ich darauf hin, dass die Landesregierung ihre Redezeit um zwei Minuten und 54 Sekunden überzogen hat.

Wir haben noch zwei Debattenredner, nämlich Kollege Rohwedder für die Fraktion der Piraten und Herr Kollege Deppe. Die anderen Fraktionen haben ihre Redezeit bereits zu einem großen Teil überzogen – das zur Klarheit. – Herr Kollege Rohwedder, Sie haben das Wort.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) : Vielen

Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Aufgrund eines neuen Bundesjagdrechtes und weil das alte Landesjagdgesetz nach Verlängerung ausläuft, befassen wir uns heute mit dem Entwurf eines Jagdgesetzes mit ökologischem Anspruch. Es sind also nicht nur die angeführten formellen Gründe, die für ein neues Gesetz sprechen. Der Minister hat es schon gesagt: Die Gesellschaft und ihre Sicht der Dinge verändern sich ebenso wie die natürlichen Voraussetzungen der Jagd.

Neue Arten wandern ein, alte ausgerottete Arten kehren zurück. Die Zusammensetzung und die Biodiversität ändern sich. Manche Arten vermehren sich stark, andere gehen genauso stark zurück. Für diese Rückgänge ist im Übrigen überwiegend nicht die Jagd verantwortlich; aber die Jagd muss darauf reagieren. Nicht zuletzt brachte europäische höchstrichterliche Rechtsprechung den neuen Aspekt der Jagdbefriedung durch private Grundeigentümer aus ethischen Gründen.

Wir begrüßen die bisherigen Möglichkeiten der Partizipation für Betroffene – seien es die Naturschutzorganisationen oder der besonders aktive Landesjagdverband, der auch aus eigener Kraft Großveranstaltungen durchführte und sich damit als Organisation aktiver Bürger wirklich in die Diskussion einbrachte. Das ist eine Art der Bürgerbeteiligung, die wir ausdrücklich begrüßen, auch wenn wir mit den dort vorgetragenen Inhalten nicht 100%ig übereinstimmen.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir sind dem Landesjagdverband aber dankbar für diese Großveranstaltungen. Im Entwurf sehen wir positive wie negative Entwicklungen. Ich begrüße ausdrücklich das Verbot von Bleimunition, auch die Streichung etlicher Arten aus dem Katalog der jagdbaren Arten. Viele dieser Arten hatten eh schon eine ganzjährige Schonzeit. Und das mit dem Katalog verbundene Hege- und Pflegegebot ist für viele dieser Arten gar nicht durchführbar: Seehund, Großtrappe, Samt- und Trauerente. Wann verirrt sich schon einmal ein Seehund den Rhein hinauf bis nach Düsseldorf? Die Großtrappe ist ein Brutvogel mit einigen Dutzend Brutpaaren in Brandenburg, ein Standvogel, der nur in sehr harten Wintern Kälteflucht durchführt. Im Jahre 2012 ist tatsächlich einmal eine Großtrappe in Nordrhein-Westfalen gesehen worden.

Samt- und Trauerenten sind arktische und subarktische Arten, die in Nord- und Ostsee überwintern, von denen einige wenige Exemplare auch mal weiter nach Süden fliegen, die auf den großen Stauseen dann zu sehen sind. Die können Sie gar nicht schießen. Selbst wenn die Jagd auf die Tiere erlaubt wäre, dann wäre die Jagdstrecke gleich null, weil sie hier so gut wie nie auftreten. Auch Hege und Pflege können Sie für solche Arten nicht wirk

lich sinnvoll durchführen. Von daher können sie aus dem Katalog raus.

Auch der bisher gestattete Abschuss von Katzen und Hunden kann wegfallen. Weniger als 100 abgeschossene Hunde im Jahr zeigen, dass das Problem gar nicht mal so groß sein kann. Die meisten streunenden Katzen dürfen gar nicht geschossen werden, weil sie sich zu dicht an menschlichen Siedlungen aufhalten. Wir haben schätzungsweise 500.000 streunende Katzen im Land, wovon etwa 5.000 bis 7.000 geschossen werden, also 1 bis 1,5 %. Das hat keinen Einfluss auf die Bestandsentwicklung dieser Katzen. Deshalb ist der vernünftige Grund, den das Tierschutzgesetz für die Tötung eines Wirbeltieres fordert, hier entfallen.

Dass Schutzgebiete jetzt wirklich Schutzgebiete sein sollen, das begrüße ich auch ausdrücklich.

Es gibt in diesem Entwurf aber auch Punkte, bei denen über das Ziel hinaus geschossen wird, wenn der Ausdruck in diesem Zusammenhang erlaubt ist.

(Beifall von den PIRATEN)

Wer Jagd gestattet, muss auch eine vernünftige Jagdhundeausbildung ermöglichen. Das geplante Ausbildungsverbot an der lebenden Ente wird zu einem Ausbildungs- und Prüfungstourismus für Hunde führen. Das hatten wir schon mal. Damit ist niemandem gedient. Warum kann man aus den Fehlern der Vergangenheit nicht lernen? Ich frage mich, warum das wieder eingeführt werden muss.

(Beifall von den PIRATEN)

Ebenso ist die Wiedereinführung einer Jagdsteuer kontraproduktiv. Sie wird nicht zu mehr Einnahmen führen, sondern zu mehr Ausgaben, weil die Jäger völlig zu Recht die Verträge aufkündigen, die an den Wegfall dieser Bagatellsteuer gebunden waren.

Die bisherige Diskussion und die Veränderungen im Entwurf, die es bisher schon gegeben hat, zeigen aber, dass die Regierungsfraktionen Argumenten und vielleicht auch öffentlichem Druck zugänglich sind. Ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende gute Kompromisse finden können. Ich freue mich auf die weitere Diskussion mit allen Betroffenen.

Ein Beispiel für eine nicht konstruktive Herangehensweise ist der FDP-Antrag, der schon im Titel ein geplantes Jagdverbot unterstellt. Der Vorwurf, der Jagdgesetzentwurf sei ideologisch geprägt, fällt voll auf diesen Antrag zurück, der nicht nur ideologisch, sondern auch populistisch formuliert ist.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Leider war auch die Rede von Herrn Busen zur Begründung dieses Antrags – bis auf den Teil, der sich mit dem Verdienst der Jäger befasste – populistisch.

Aufgrund der geänderten Ausgangsbedingungen in Natur und Gesellschaft, wie eingangs schon ausgeführt, ist ein neues Jagdgesetz sinnvoll. Es ist für mich in der vorliegenden Entwurfsform noch nicht in allen Details der Weisheit letzter Schluss. Aber die Aufforderung, liebe FDP, den Entwurf komplett zurückzuziehen, hilft hier gar nicht weiter.

Wir stimmen der Überweisung des Gesetzentwurfs und des Antrags zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN und Norbert Mees- ters [SPD])