Ich freue mich natürlich auch auf die Ausführungen von Herrn Priggen und bin gespannt, ob er sich an meiner Person bzw. an meiner Rede so abarbeiten wird, wie das Herr Römer bei Herrn Kaiser getan hat.
Meine Damen und Herren, es ist gut, dass das unwürdige Geschachere – Herr Römer, von Ringen würde ich hier nicht sprechen, sondern ich spreche auch von Geschachere –,
zulasten von Kindern und Kommunen zunächst einmal ein Ende gefunden hat. Die Kommunen haben völlig zu Recht hart in der Sache gerungen. Insbesondere dem Landkreistag und dem Städte-
und Gemeindebund ist es zu verdanken, dass die Landesregierung Schritt für Schritt ihre wirklichkeitsfremden Positionen räumen musste.
Wir haben großes Verständnis für die Kommunen. Denn für viele Kommunen ist es unverzichtbar, möglichst zeitnah die Gelder zur Umsetzung dieser Inklusion zu erhalten. Bei aller Euphorie in diesem Hause von Rot-Grün sei an dieser Stelle auch gesagt: Man kann und darf Zweifel haben, ob die 175 Millionen € tatsächlich ausreichen werden. Auch das werden wir prüfen.
Daher ist es richtig, dass die Landesregierung in den Folgejahren jährlich zu einer kontinuierlichen Überprüfung der tatsächlich entstehenden Kosten ein Stück weit von den kommunalen Spitzenverbänden – ich weiß, das hören Sie jetzt nicht gerne, aber ich sage es trotzdem – gezwungen worden ist.
Inklusion ohne Qualität verdient aber den Namen nicht. Genau diesen Weg wollte Rot-Grün bisher – vielleicht auch darüber hinaus – beschreiten. Daher mussten die Kommunen nicht nur um ihrer Finanzen willen hart verhandeln, sondern sie haben vor allen Dingen für gute Förderbedingungen der Kinder an ihren Schulen gekämpft. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen. Es bleibt ein schaler Beigeschmack, dass die guten Förderbedingungen für Kinder mit Behinderungen – aber natürlich auch für Kinder ohne Behinderungen – insbesondere einer Bildungsministerin abgetrotzt werden mussten.
Wir werden jetzt sehr genau beobachten, wie sich Rot-Grün in den nächsten Jahren zum Beispiel bei den höheren Aufwendungen für die Integrationshilfe verhalten wird. Interessant dürfte in diesem Zusammenhang werden, ob es dann Jahr für Jahr zwischen Rot-Grün und den kommunalen Spitzenverbänden wieder ein solches Gefeilsche um diese Kosten geben wird.
Es ist eine Einigung erzielt worden. Das ist richtig. Man muss aber auch – Herr Kaiser hat das schon ausgeführt – fragen: Was hat denn dieses monatelange Gezerre eigentlich gezeigt?
Herr Römer, Sie schütteln da schon mit dem Kopf. Sie – respektive Frau Löhrmann – haben doch ganz klar Schritt für Schritt Ihre Positionen räumen müssen.
Wir wären heute tatsächlich weiter als da, wo wir jetzt stehen. Die Wahrheit ist: Rot-Grün wollte sich
Die Kommunen haben sich völlig zu Recht nicht am Nasenring durch die Manege führen lassen. Herr Kaiser hat schon – ich möchte es aber an dieser Stelle noch einmal tun – ausgeführt: Frau Ministerin, Sie haben hier im Rahmen der vielen Inklusionsdebatten, die wir schon geführt haben, wiederholt eben nicht die Wahrheit gesagt.
Ich sage Ihnen gleich, warum. Sie haben immer behauptet, die Kosten der Inklusion ließen sich gar nicht berechnen. Eine Kostenfolgeabschätzung wäre nicht möglich.
Herr Zimkeit, zu Ihnen komme ich gleich. – Natürlich ist das bei allen öffentlichen Veranstaltungen – im Schulausschuss und auch hier in diesem Gremium – immer wieder gesagt worden. Es ist immer wieder gesagt worden, dass hier eine entsprechende Kostenfolgeabschätzung nicht möglich sei. Das ist aber eine falsche Behauptung, denn sowohl die Gutachter der kommunalen Spitzenverbände als auch Prof. Klemm haben anhand der Beispielkommunen dargelegt, dass es eben doch machbar ist, Kosten im Rahmen des Inklusionsprozesses aufzulisten. Sie erkennen die Kosten auch an. Das ist ja letztendlich die Folge der heutigen Einigung.
Sie haben auch immer gesagt, den Kommunen entstünden keine quantifizierbaren Mehrkosten. Auch das ist widerlegt worden. Sie erkennen diese Kosten jetzt an. Wenn es die Kosten gar nicht gäbe, müssten Sie sie letztendlich heute nicht anerkennen.
Zu guter Letzt: Sie haben über Monate hinweg behauptet, diese Kosten seien nicht konnexitätsrelevant. Auch dies haben Sie bei internen und öffentlichen Veranstaltungen gesagt. Von dieser Position sind Sie heute ebenfalls – nach gut über einem Jahr – abgerückt und erkennen jetzt zumindest diese 175 Millionen € an, von denen wir aber nicht wissen, ob sie tatsächlich ausreichen.
Ich weiß nicht, ob Sie klug gehandelt oder gerissen verhandelt haben. Auf jeden Fall haben wir im Rahmen des Inklusionsprozesses wertvolle Zeit verloren. Die Kommunen stehen jetzt vor einer gewaltigen Aufgabe, die sie bis zum Sommer leisten müssen. Herr Priggen, jetzt bringe ich Sie ins Spiel. Wenn Sie sagen, wir hätten auch eher fertig werden können: Das ist richtig. Dann hätte aber eben auch das, was Sie jetzt anerkennen, von Ihrer Seite aus weitaus früher erfolgen müssen.
Herr Schneider vom Städte- und Gemeindebund hat völlig zu Recht erklärt, dass es ein Irrglaube von Ihnen, Frau Ministerin Löhrmann, ist, Inklusion sei zum Nulltarif zu haben. Das hat er von Anfang an immer wieder gesagt. Er hat – nach harten Verhandlungen und nach dem, was Sie den Kommunen zugestehen – mit dieser Äußerung natürlich völlig recht.
Wir haben jetzt hier eine zumindest vorläufige Einigung mit den Kommunen erzielt; aber die Folgen Ihrer verfehlten Strategie schlagen jetzt in den Kommunen und an den Schulen voll durch. Herr Kaiser hat dazu schon Einiges gesagt. Es besteht trotz der Tatsache, dass die drei Verbände auf den Kompromiss eingegangen sind, weiterhin die verheerende Situation, dass Sie jetzt zwar zahlen, aber im Sommer ein grottenschlechtes Gesetz in Kraft tritt. Das muss man ganz klar zum Ausdruck bringen.
Es hat nach wie vor qualitative Schwächen. Diese bleiben trotz der Einigung. Sie geben keine präzisen Qualitätsstandards für inklusive Klassen vor. Es gibt keine vernünftigen Qualitätsstandards zur Ausstattung, und es gibt keine umfassende Unterstützung der Pädagogen durch vorgelagerte universitäre Anbindung. Weiterhin sind – das ist das große Thema – für Eltern nach wie vor keine Wahlrechte gesichert.
Was sich jetzt in den NRW-Kommunen als Folge dieser rot-grünen Gesetzgebung abspielt, können wir jeden Tag der Presse entnehmen. Allein die Frage der Größe der inklusiven Klassen stellt vor Ort ein sehr großes Ärgernis dar. Die Größe der fünften Klasse kann begrenzt werden, dazu müssen aber eben in vier Parallelklassen jeder Klasse mindestens zwei Schüler mit sonderpädagogischem Bedarf vorhanden sein. Wenn die durchschnittliche Zahl der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht erreicht wird, sind die Klassen eben riesig. Außerdem – auch das wissen Sie – bezahlen letztlich die anderen Klassen den Preis für solche kleineren Klassen. Da muss man sich nicht wundern, wenn Herr Beckmann vom VBE von einer Mogelpackung oder von Augenwischerei spricht.
Letztendlich wird diese verkorkste Strategie bei der Frage der Konnexität zum Mühlstein für die Engagierten und Verantwortlichen in den Schulen vor Ort.
Kern dieser Inklusion – das sollten wir nie aus den Augen verlieren – ist es, für alle Kinder gleichberechtige und bestmögliche Chancen zu eröffnen.
Die Aspekte der bestmöglichen Chancenentfaltung und der Förderqualität bedingen unterschiedliche Angebote. Für die einen Kinder bildet die allgemeine Schule das bestmögliche Angebot, für die ande
Sie aber haben das massive Schließungsprogramm für Förderschulen angezettelt. Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen berichten mittlerweile zuhauf, wo überall in den Förderschulen das Licht ausgeschaltet wird.
Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Zimkeit: Selbst Abgeordneten der Regierungsfraktionen wird bei diesem Vorgehen etwas mulmig. In Oberhausen zum Beispiel drängt die Bezirksregierung laut Pressemeldungen auf schnelle Anpassungen bei den bestehenden Förderschulen. Sie sind schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im dortigen Schulausschuss, und Sie werden dahin gehend zitiert, dass der Zeitplan sehr knapp sei und dass weder die Politik noch die Elternverbände und Schulen –
lassen Sie mich doch ausreden! – die Entscheidungen von erheblicher Tragweite angemessen beraten könnten. Sie – so wird berichtet – forderten dann die Schuldezernentin auf, mit der Bezirksregierung über die Frage in Dialog zu treten, ob nicht auch eine spätere Entscheidung möglich sei. – Sie nicken.
Da muss ich mich dann doch fragen, wieso Sie dann hier für ein derartiges Gesetz die Hand heben, wenn Sie vor Ort genau dieses Gesetz bzw. die Auswirkungen derart kritisieren. So werden Sie zwar Ihrem Anspruch als Kommunalvertreter gerecht, aber Sie hätten hier genauso gut mitarbeiten und dafür Sorge tragen müssen, dass dieses Gesetz eben nicht so verabschiedet wird, wie es verabschiedet worden ist.
Wir wissen ganz genau, dass die Zahl der Förderschulen im Rahmen des Inklusionsprozesses sinken wird. Bei einem derart sensiblen und von Ängsten besetzten Thema müssen aber die Eltern von Kindern mit Behinderungen mitgenommen werden. Sie umgehen dies ebenso sowie den Punkt, dass für diese Eltern eine Wahlmöglichkeit nicht nur auf dem Papier, sondern vor Ort tatsächlich bestehen muss.
Wenn man weiß, dass 83 % der Bürger lieber ein erreichbares Förderschulangebot aufrechterhalten möchten – unbeschadet der Tatsache, dass sie für den Inklusionsprozess sind –, dann wird klar, dass das Gesetz diesem Anspruch letztendlich nicht gerecht wird. Da wird eher in Quoten als in Individuen gedacht.
Gerade im ländlichen Raum wird die Entwicklung für viele Kinder zu einer mittleren Katastrophe führen. Der Weg der Zwangsinklusion bedeutet eine weitere Hypothek für die Akzeptanz dieses wichtigen Inklusionsprozesses.
Das sage ich an dieser Stelle ausdrücklich, weil es nämlich keine Wahlmöglichkeiten mehr für die Eltern vor Ort gibt. Das ist mit dem Erlass über die Mindestgrößen ausgemacht.