Protocol of the Session on September 25, 2013

Aber wenn man eine solche Situation hat, dann muss man doch alles, was man an Stellhebeln hat, bewegen, um die Situation zu verbessern. Deswegen muss die Landesplanung in NordrheinWestfalen von der Stelle kommen, und die Blockade zwischen Umweltschutz auf der einen Seite und Landesplanung auf der anderen Seite muss in der Landesregierung durchbrochen werden und darf nicht einfach vor sich her wabern.

Ich glaube, dass wir einen Konsens zwischen Rot und Grün, aber auch in unserer Gesellschaft über Industrie- und Gewerbegebiete brauchen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die kleinkarierte Klimaschutzpolitik der Grünen der wirtschaftlichen Dynamik in Nordrhein-Westfalen nicht guttut, sondern eher ein Hemmschuh ist, den wir besser nie angezogen hätten und den wir schnell wieder ausziehen sollten.

(Beifall von der CDU)

Wir müssen alles tun, um den Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen zu beschleunigen. Dass wir auf diesem Gebiet hinter dem Bundestrend liegen, ist wahrscheinlich das sozialpolitisch größte Problem, das wir in NordrheinWestfalen haben. Die Wahrheit ist: Inwiefern man Menschen mitnimmt und Teilhabe für Menschen organisiert, entscheidet sich in allererster Linie an ihrer Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt.

Da ich weiß, wo wir besonders große Sorgen haben, was die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit angeht, habe ich im Sommer die Entscheidung, dass Sie keine Verantwortung für den newPark in der Emscher-Lippe-Region übernehmen wollen, einfach nicht verstanden. Denn da sind die Probleme am größten.

Meine Damen und Herren, ich hatte eben in meiner Rede schon etwas zur kommunalen Selbstverwaltung gesagt. Wir haben nun 60 Gemeinden, die herangezogen werden, um den sogenannten Kommunalsoli zu finanzieren. Sicherlich ist in diesen Gemeinden die Situation nicht überall gleich. Aber ich war jetzt einmal im Kreis Siegen-Wittgenstein, wo insgesamt fast 15 Millionen € bei den Kommunen abgeschöpft werden.

Eine Kommune davon ist die Gemeinde Wilnsdorf. Mit deren Zahlen habe ich mich mal etwas mehr beschäftigt. Diese Gemeinde soll nächstes Jahr 650.000 € zahlen. Dabei ist Wilnsdorf gerade dem

Nothaushalt entronnen durch ein dort im Gemeinderat verabschiedetes hartes Sparprogramm. Wilnsdorf hat 3.400 € Schulden pro Einwohner. Das ist im Übrigen ein Drittel mehr als in Bottrop oder Leverkusen, denen der Kommunalsoli zugutekommt. Das ist doch erst einmal verrückt, oder?

Das Zweite ist: Im Haushaltssicherungskonzept der Gemeinde Wilnsdorf, wie es heute vorliegt, steht, die Anzahl der Ratsmandate soll reduziert werden, ebenso die Anzahl der Ausschüsse, die Anzahl der Ausschussmitglieder und der sachkundigen Bürger. Das macht 30.000 € Einsparung im Jahr aus. Die Reduzierung von Ausgaben bei Jubiläen macht 29.000 € im Jahr aus. Die Reduzierung des Aufwands für Schulen aufgrund von Demografiegewinnen macht insgesamt 200.000 € für die nächsten Jahre aus. Dazu kommen weitere Maßnahmen in dieser kleinen Gemeinde wie die Pflege von Grünflächen durch Ehrenamtler, die Erhöhung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer, der Hundesteuer und der Vergnügungssteuer.

Wo sollen weitere Einsparungen für den Kommunalsoli herkommen? Wilnsdorf spart, dass es quietscht, und die rote Landesregierung setzt mit dem Kommunalsoli noch eine Art Strafsteuer obendrauf.

(Beifall von der CDU)

Wenn Sie, wie ich es getan habe, mit Ratsmitgliedern aus dieser Gemeinde reden, dann finden Sie dort die Stimmung vor, dass die erst einmal sagen, sie wollen gar nicht mehr für den nächsten Gemeinderat kandidieren. Sollen die doch von Düsseldorf hier einen Kommissar einsetzen.

Ich hatte nicht den Eindruck, dass das nur die Leute mit meinem Parteibuch so sahen. Die Leute sind wütend, weil sie sich um das, was sie sich erspart haben, was sie sich durch mutige Entscheidungen an Handlungsspielräumen erarbeitet haben, betrogen fühlen. So können wir keine Kommunalsanierung in Nordrhein-Westfalen machen.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, ich will das hier nur sagen. Die Milliardenschulden, die manche Kommunen in Nordrhein-Westfalen haben, sind ja nicht an einem Tag entstanden. Die sind alle irgendwie von einer Kommunalaufsicht in den Jahren irgendwann einmal genehmigt worden.

(Minister Ralf Jäger: Verdopplung zwischen 2005 und 2010! – Zurufe von der SPD)

Ich kann Ihnen nur sagen: In der Zeit von Innenminister Wolf hatten wir die strengste Kommunalaufsicht in Nordrhein-Westfalen. Darüber haben Sie in ganz Nordrhein-Westfalen damals geschimpft.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Minister Ralf Jäger)

Aber sei es, wie es sei. Diese Schulden, Herr Jäger, sind nicht nur in den fünf Jahren entstanden.

(Minister Ralf Jäger: Verdopplung in fünf Jah- ren!)

Ich sage Ihnen: Die sind nicht nur in den fünf Jahren entstanden.

(Minister Ralf Jäger: Verdoppelt!)

Bei einer Regelung, bei der man sogenannte Kassenkredite nicht von der Kommunalaufsicht genehmigen lassen muss, muss man sich nicht wundern, dass das dann der Ausweg ist – den NordrheinWestfalen als einziges Land hat – und wir mittlerweile die Kassenkreditführerschaft in ganz Deutschland errungen haben.

(Beifall von der CDU)

Ich glaube nach sieben Jahren Mitgliedschaft in diesem Landtag, dass wir in Nordrhein-Westfalen in Wahrheit dringend das Gemeindefinanzierungsgesetz, das GFG, neu denken müssen. Das GFG wird von niemandem mehr verstanden –

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

mit seinen fiktiven Hebesätzen, mit seinen komplizierten Analysen, mit seiner Einwohnerveredelung usw.

(Zuruf von der SPD: Das hätten Sie doch al- les ändern können, wenn Sie es gewollt hät- ten!)

Lassen Sie uns doch erst einmal darüber reden, was wird jetzt tun, bevor wir solchen Gemeinden wie Wilnsdorf die Pistole auf die Brust setzen.

(Beifall von der CDU)

Denken Sie doch einmal in einer Sache daran, nicht nur weiter so zu machen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Sie mit diesem Gemeindefinanzierungsgesetz in Nordrhein-Westfalen die Probleme nicht gelöst bekommen. Meine politische Erfahrung, die ja nun auch ein paar Tage alt ist, sagt mir eines: Ein Solidarsystem, das so kompliziert ist, dass es keiner nachvollziehen kann, ist nie ein Solidarsystem, das Akzeptanz erfährt.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Es ist nun mal so: Transparenz ist die Mutter des Vertrauens und der Akzeptanz.

(Beifall von Dr. Joachim Paul [PIRATEN])

Deswegen ist das mit diesem GFG nicht zu machen. Wenn die Kommunalaufsicht unter wem auch immer das alles hat laufen lassen, dann muss man zugeben, egal, welche Landesregierung es war, dass Landesregierungen dabei Schmiere gestanden haben. Deswegen hat das Land auch eine Mitverantwortung für das, was über Jahrzehnte in Nordrhein-Westfalen an dieser Stelle passiert ist.

(Beifall von der CDU)

Es sind nicht nur diese 60 Kommunen, die man jetzt teilweise um die Früchte ihrer mutigen politischen Entscheidungen bringt.

(Minister Ralf Jäger: Völliger Quatsch, Herr Laumann!)

Ich will Ihnen einen weiteren Punkt nennen:

(Zuruf von Dr. Robert Orth [FDP])

Ich bin sehr dafür, dass wir Solidarität haben. Da brauche ich von niemandem hier im Landtag Nachhilfeunterricht. Vollkommen klar ist, dass Gemeinden, die eine gute Entwicklung haben, auch einen Beitrag leisten müssen für Gemeinden, in denen es schwieriger ist.

Aber der Ausgleich heißt „Gemeindefinanzierungsgesetz“. Wenn wir hier eine Regelung haben, dass 23 % der Einkommensteuer erst einmal jeder Gemeinde zur Erledigung ihrer Aufgaben im Grundsatz zustehen, dann kann man da ja umverteilen.

Wenn aber die Regelung so aussieht, dass man von diesen 23 % keinen Euro mehr bekommt und noch zusätzlich Leistungen erbringen muss, dann wird Solidarität zu Sozialismus, und das verstehen die Menschen nicht.

(Beifall von der CDU)

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen – den sollte man gar nicht denken müssen –: Wie geht eigentlich die Energiewende in Nordrhein-Westfalen voran?

Darüber, dass wir aufgrund unserer bisherigen Bedeutung bei der Energiegewinnung sehr stark auch die Interessen von großen Energieversorgern, die hier viele Arbeitsplätze organisieren, im Auge haben müssen, gibt es zumindest zwischen der einen oder anderen Fraktion hier im Landtag eine Gemeinsamkeit, und dass bei dieser Energiewende auch der Ausbau der regenerativen Energien notwendig ist, ist auch keine Frage.

Ich sage Ihnen jetzt aber einmal Folgendes: Im Jahre 2012 sind in Nordrhein-Westfalen ganze 59 Windkraftanlagen genehmigt worden. Wenn in diesem Schneckentempo weitergemacht wird, weil man es im Hause des Umweltministers nicht schafft, mit den Umweltverbänden eine Übereinkunft in Bezug auf die Nutzungen zu erzielen, dann bedeutet das, dass Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen die Energiewende verhindert – zumindest im Hinblick auf den Ausbau der Windenergie.

(Beifall von der CDU)

Es gibt kein Bundesland, in dem es so wenige Genehmigungen für Windkraftanlagen gibt und wo es so schwierig ist wie in Nordrhein-Westfalen, und all die Leute, die jetzt in Nordrhein-Westfalen Bürgerwindparks organisieren, können ein Lied davon sin

gen. Wenn Sie zu diesen Leuten Kontakt hätten, dann wüssten Sie das auch.

(Beifall von der CDU)