Dass daraufhin die Rottweiler zu gefährlichen Kampfhunden gemacht wurden, Labradore aber weiterhin die kuscheligen Familienhunde blieben, soll mir bitte einmal jemand erklären. Nicht die Rassezugehörigkeit, sondern die gezielte Zuchtauswahl der Elterntiere und die nachfolgende Abrichtung eines Hundes auf gesteigerte Aggressivität machen dessen tatsächliche Gefährlichkeit aus.
Hinzu kommen die sogenannten Modehunde – Stichwort: Golden Retriever –, die aufgrund temporärer Überzüchtung vermehrt zu Aggressivität neigen. Folgt man wissenschaftlichen Publikationen, gelten die meisten der im Landeshundegesetz aufgeführten sogenannten gefährlichen Hunde als eher gelassene und ruhige Tiere.
Die Argumentation gegen die Rassen begründete sich unter anderem in dem Festbeißreflex und im reißenden Biss mancher Hunderassen. Doch beides hat ein Jagdhund auch, zum Beispiel der Setter, wobei bei den Jagdhunden auch noch der Kehlbiss hinzukommt.
Vergleicht man die Zahlen der gemeldeten Beißvorfälle in NRW zunächst einmal mit Niedersachsen, stellt man fest: Die haben dort gar keine Hunderasseliste. Die Statistik dort weist keine höheren Zahlen auf als die in unserem Land. Dort wird jetzt übrigens ein allgemeiner Hundeführerschein eingeführt, was ich für eine richtig gute Idee halte.
Wenn wir die Berichtergebnisse der Statistik aus den Jahren 2008 bis 2012 betrachten, erkennen wir: In manchen Jahren fällt die Statistik etwas niedriger aus, in manchen Jahren wieder etwas höher. Im Ganzen hat sich aber nicht viel geändert. Von einem relevanten Rückgang der Beißvorfälle seit 2002 kann keine Rede sein.
Kommen wir nun zu den Menschen und Organisationen, die sich mit der Problematik Tag für Tag auseinanderzusetzen haben: den Tierschutzorganisationen und den Tierheimen. Als ich mit der Leiterin des Bochumer Tierheims über dieses Thema sprach, erzählte sie mir, wie viele Hunde jede Woche nach Beißvorfällen bei ihr landen.
Da die Tierheime nicht verpflichtet sind, diese Beißvorfälle zu melden, wenn keine Strafanzeige vorliegt, fallen sie schon einmal komplett aus der Statistik heraus. Als ich zu ihr sagte, ich hätte gelesen, jeder siebte Schäferhund sei in einen Beißvorfall verwickelt, lächelte sie müde und sagte: Es sind wohl eher viel mehr.
Was hat die Rasseliste im Landeshundegesetz also gebracht? Wir haben jede Menge Tiere dieser Rassen in überfüllten Tierheimen sitzen, von wo sie kaum eine Chance haben, je wieder ein Herrchen zu finden. Viele Tiere wurden und werden eingeschläfert. Vereinigungen für solche Hunde in Not – wie Pitbulls, Molosser oder Staffordshire – sind wie Pilze aus dem Boden geschossen.
Die Prohibitionspolitik hat im Gegenteil zu einem Schwarzmarkt für solche Rassen geführt. Völlig verzüchtete Hunde mit richtigem Gefahrenpotenzial werden unter anderem aus dem Osten eingeschleust. Durch diese kriminellen Strukturen ist die Situation schlimmer geworden als vor 2002.
Die 40/20-Regelung ist hingegen ein Ansatz, den wir für äußerst effektiv und wesentlich besser geeignet zur Vermeidung von Unfällen und Beißvorfällen halten.
Man kann ja mit einem Zwanzigtonner im Straßenverkehr auch mehr Schäden anrichten als mit einem Klapprad.
Generell sollte es das Ziel im Sinne des Tierschutzes sein, Sachkunde von allen Hundebesitzern zu fordern. Ausgebildete Halter in Kombination mit registrierten verantwortungsvollen Züchtern ist als Zielzustand anzustreben. Verbotspolitik bringt uns hier wie an vielen anderen Stellen nicht weiter. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute einen Gesetzentwurf der Piratenfraktion, welcher das Landeshundegesetz aus dem Jahre 2002 modifizieren soll. Dieses Gesetz ist nun seit zehn Jahren in Kraft, und es gibt seitdem keine wesentliche öffentliche Diskussion, warum an diesem Gesetz etwas geändert werden soll.
Das Landeshundegesetz sieht nach einer Laufzeit von fünf Jahren eine Evaluation vor. Diese wurde Ende 2008 von der schwarz-gelben Landesregierung vorgelegt. Dabei musste die schwarz-gelbe Koalition eingestehen, dass sich das jetzige Landeshundegesetz, obwohl sie es damals engagiert bekämpft hatte, bewährt hat und eine Änderung nicht angebracht ist.
Ja. Insgesamt ist die Zahl der Beißunfälle – da ist meine Statistik ein bisschen anders als Ihre, aber das können wir dann ja in der weiteren Beratung abgleichen – deutlich zurückgegangen und die Unfallquote bei Pit Bull Terriern bei annähernd gleichem Bestand im Zeitraum von 2003 bis 2007 um mehr als 70 % gesunken. Auch die Beißstatistik aus dem Jahre 2012 zeigt deutlich, dass dieser Trend weiterhin anhält.
Wir werden der Überweisung in den zuständigen Ausschuss zustimmen, um die Bewährung dieser Regelung im Detail diskutieren zu können.
Um das Jahr 2002 gab es engagierte Diskussionen um viel zu viele Vorfälle mit gefährlichen Hunden, die schwere Verletzungen beim Menschen oder gar zum Tode von Menschen führten.
Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Brand von der Piratenfraktion zulassen?
Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Bezüglich der Statistik möchte ich fragen: Ist Ihnen bekannt, dass die SPD in Hessen im Jahre 2009 bereits die statistischen Ergebnisse bezüglich der Beißvorfälle sehr infrage gestellt hat?
Mit dem Landeshundegesetz wurden den Besitzern von Hunden Auflagen zur Haltung von gefährlichen Hunden auferlegt. Hunde ab einer Größe von 40 cm
oder einem Gewicht von über 20 kg sollten unter Kontrolle gehalten werden. Es wurde eine Liste von gefährlichen Hunderassen beschlossen.
Genau diese Liste soll nun nach Ansicht der Piraten aus dem Gesetz gestrichen werden. Die Erfahrung zeigt uns, dass im Grundsatz keine Hunderasse als gefährlich eingestuft werden kann. Es sind immer einzelne Hunde, die aufgrund ihrer Erlebnisse oder Abrichtung durch den Hundehalter zu gefährlichen Werkzeugen oder Waffen werden.
Vielen Dank, Herr Kollege. Ich kann mich noch sehr gut an die Diskussion im Jahre 2002 erinnern. Würden Sie mir recht geben, weil Sie ja gerade die Statistik benannt haben, dass die Beißvorfälle, die um 2002 gehäuft aufgetreten sind, überwiegend von den in unserer Liste in unserem Gesetz aufgeführten Hunden getätigt wurden?
So ist das Ergebnis meiner Recherche und meiner Erinnerung auch, dass es genau um diese Hunderassen damals ging.
Wie gesagt, es ist aber der Mensch am anderen Ende der Leine, der für das Verhalten seines Tieres Verantwortung trägt. Insofern ist es wahrscheinlich zielführender, die Hundehalter zu beobachten und deren persönliche Zuverlässigkeit zu überprüfen.
Andererseits es ist nun einmal eine Tatsache, dass ein Rottweiler einem Menschen mehr Schaden zufügen kann als beispielsweise ein Dackel. Dackel sind dafür im Durchschnitt lauter.
Das Landeshundegesetz verbietet das Abrichten oder Züchten von Hunden zu besonderer Aggressivität. Aber auch das können wir immer wieder beobachten, wenn Hunde für Kämpfe mit entsprechenden Wetten gehalten und ausgebildet werden. Das ist in jedem Fall illegal, aber diese Kämpfe finden leider statt, und diese Hunde werden dann auch in der Öffentlichkeit ausgeführt. Auch diesen Bereich müssen wir beleuchten.
Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz, aber wir müssen sicherstellen, dass die Menschen in unserem Land, soweit möglich, vor aggressiven Hunden geschützt werden. Das ist zum einen eine Frage von Belästigung von Passanten. Hier geht es um ordentliche Umgangsformen zwischen Hundehaltern und Nichthundehaltern. Wie in vielen Lebensbereichen ist auch hier der Respekt vor anderen Menschen die Grundlage des gemeinsamen Um
gangs. Bei gefährlichen Hunden, die neben einer Belästigung von Passanten auch zu einer im Zweifel tödlichen Gefahr für Kinder und Erwachsene werden, fordern die Menschen im Land zu Recht einen juristischen Schutz durch ein Landesgesetz.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt des Respektes, den ich hier nicht außer Acht lassen möchte: Der Respekt vor dem Tier, dem Hund, der uns anvertraut wird, sollte auch beachtet werden. Hunde müssen so erzogen werden, dass sie sich im Sozialverhalten mit anderen Hunden, aber auch mit fremden Menschen angemessen verhalten können. Ein Abrichten von Tieren zu Kampfmaschinen ist nicht mit einem artgerechten oder tierlieben Umgang in Einklang zu bringen und findet unsere Missbilligung.
Solange Sie noch nicht für mich den Maulkorberlass fordern, bin ich ja schon zufrieden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Piratenfraktion! Liebe Frau Brand, Ihr persönliches Erlebnis mit Hunden haben Sie geschildert. Wir wollen es den Menschen ersparen, dass ihnen so etwas widerfährt. Insofern glaube ich nicht, dass wir Ihrem Antrag in dieser Form nähertreten können. Denn es wurde gerade in der Diskussion schon gesagt: Die Beißvorfälle, die registriert sind, sind überwiegend diesen Hunderassen zuzuordnen, um die wir uns schwerpunktmäßig in diesen Regelungen gekümmert haben.
Insofern auch noch einmal der Hinweis: Wenn Sie für alle Hundehalter einen Lehrgang, eine Ausbildung fordern, dann ist dies auch eine Überzeichnung in einem gewissen Sinne, denn Sie würden für Möpse, für Yorkshire Terrier, für Chihuahuas im Endeffekt den Hundeführerschein fordern. Ich halte das ebenfalls für überzogen.