Zu dem FDP-Antrag, den wir kurzfristig zugestellt bekommen haben: Der Ansatz ist grundsätzlich richtig, einen Rechtsanspruch zu schaffen. Aber wir haben im Antrag auch geschrieben, dass wir für eine Beratungsinfrastruktur sorgen. Ein Rechtsanspruch würde allerdings bedeuten, dass das nicht mehr über ESF-Gelder gefördert werden kann, da dann das Subsidiaritätsprinzip verletzt würde.
Meine Damen und Herren, das nun im Entwurf vorliegende, von NRW entwickelte Landesanerkennungsgesetz, das übrigens auch als Mustergesetzentwurf für die anderen Länder dient, ist ein gutes Gesetz für NRW und für die Bürgerinnen und Bürger, die bislang unter ihren Qualifikationen arbeiten müssen. – Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Anerkennungsgesetz kann einen Beitrag zur Fachkräftesicherung in diesem Land leisten; denn neben einer stärkeren Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Menschen ist auch die Gruppe der Migranten für die Si
Ein Anerkennungsgesetz wird dies sicher nicht allein lösen können. Es ist allenfalls ein Baustein, aber ein sehr wichtiger. Wir senden als Gesetzgeber die Botschaft an viele tausend Menschen in diesem Land: Wir brauchen euch, und wir brauchen euch mit euren Fähigkeiten und Fertigkeiten, und wir schauen nicht darauf, wo ihr diese Fähigkeiten erworben habt. Uns ist es egal, ob der Ausbildungsort am Bosporus oder am Baldeneysee liegt; entscheidend ist, was ihr könnt.
Wir wollen, dass diejenigen, die hier leben, sich mit ihren Fähigkeiten einbringen und entfalten können. Damit verbunden ist die Chance für viele Menschen, den sozialen Aufstieg zu schaffen, durch Leistung und Anstrengung sich selbst und der eigenen Familie eine Perspektive aufzuzeigen und ein besseres Leben zu ermöglichen. Das ist im Übrigen ein Grundmotiv christdemokratischer Politik.
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf setzt die Landesregierung von NordrheinWestfalen ein Bundesgesetz der christlich-liberalen Koalition in Berlin für die landesrechtlich geregelten Berufe um.
Wir hätten uns deshalb gewünscht, wenn NRW zu den ersten Bundesländern gehört hätte, die dieses Gesetz auf den Weg bringen. Abgesehen davon müssen wir feststellen, dass Sie keine Vorschläge und Anregungen zu diesem Gesetz, die wir in der Anhörung im Februar gehört haben, aufgenommen haben. Dort waren sämtliche Vertreter der Berufe, die es landesrechtlich umzusetzen gilt, zugegen und haben sich intensiv eingebracht. Ich will Ihnen auch sagen, dass wir uns Änderungen im Bereich der Anerkennung von Fachärzten gewünscht hätten. Dies haben Sie abgelehnt.
Es muss doch völlig klar sein: Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse darf nicht zulasten der Qualität gehen. Dies gilt gerade dort, wo es um Gesundheit geht. Deshalb gehört die Frage, wer sich Facharzt nennen darf, nicht ins Anerkennungsgesetz; denn hier gibt es ein funktioniertes und bewährtes Fachrecht, das die Grundlagen des Weiterbildungsrechts der akademischen Heilberufe regelt.
Das Prüfungs- und Anerkennungsverfahren ist Teil der ärztlichen Selbstverwaltung und hat sich bewährt. Wir sind der Meinung, wo Neurochirurg draufsteht, muss auch Neurochirurg drin sein. Das zu prüfen, ist Sache von Ärzten und ihrer Organisationen und kann nicht in irgendeiner Amtsstube der Bezirksregierung oder sonst wo festgelegt werden.
Wir bedauern es daher auch außerordentlich, dass die Landesregierung keinen intensiveren Kontakt zu den Ärztekammern gesucht hat, um zu einem qualitätsgesicherten Verfahren an dieser Stelle zu kommen.
Meine Damen und Herren, Sie haben in diesem Gesetz weitgehend auf eigene landespolitische Akzente verzichtet. Das nehmen wir Ihnen nicht übel, im Gegenteil. Wir sind der Auffassung, dass Sie eine ganz hervorragende Vorlage aus Berlin hatten.
Bei der positiven Wirkung, die dieses Gesetz haben wird, sehen wir auch darüber hinweg, dass SPD und Grüne es wieder einmal nicht unterlassen konnten, in einem Entschließungsantrag nach mehr Unterstützung durch den Bund zu rufen. Dieser Reflex ist uns allen in diesem Hause bekannt. Er nutzt sich ab, ändert an dieser Stelle aber nichts zu unserer Zustimmung zu diesem Gesetz. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kerkhoff. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Velte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über das Anerkennungsgesetz NordrheinWestfalen. Gleich vorweg: Wir beraten schon lange darüber, und wir können froh und glücklich sein, dass wir dieses Gesetz jetzt abschließend beraten können. Ich freue mich ganz besonders darüber, dass sich die CDU diesem Gesetzentwurf anschließt.
Das ist ja auch kein Wunder; denn der demografische Wandel ist ein breit diskutiertes Phänomen. Erst heute konnten wir darüber lesen, und gestern haben wir mehr darüber erfahren. Es ging um die Demografiekonferenz, auf der nicht wirklich klar geworden ist, wohin die Reise geht. Immerhin: Die Kanzlerin hat etwas Nettes gesagt. Sie sprach vom europäischen Binnenmarkt und mehr Offenheit für Zuwanderung. Darum geht es auch in dem Anerkennungsgesetz.
Innenminister Friedrich hat natürlich gewarnt. Deswegen können wir uns nicht immer so sicher sein, was da eigentlich gewollt wird.
Tatsächlich geht es im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung in Deutschland auch um die Frage des Fachkräftemangels. Und da ist das Anerkennungsgesetz ein Baustein, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. In Nordrhein-Westfalen stellen wir uns dieser Herausforderung. Deswegen ist es auch eine gute Grundlage für die landesrecht
„1 Million Zuwanderer 2012“, so titelte die „Rheinische Post“ am 8. Mai 2013. Allein diese Zahl zeigt, wie wichtig ein solches Gesetz ist; denn die Menschen kommen mit ausländischen Berufsabschlüssen. Sie kommen mit Berufserfahrungen in vielen Bereichen. Sie sind die Fachkräfte, die in Deutschland so dringend gebraucht werden. Dazu kommen – so sind die bundesweiten Schätzungen – 300.000 Menschen, von denen bislang erst 30.000, also nur 10 %, einen Antrag auf Anerkennung ihres Berufsabschlusses gestellt haben. Deswegen ist es wichtig, dass wir mit diesem Anerkennungsgesetz das Potenzial insbesondere der Migrantinnen und Migranten, die in Deutschland leben, nutzen und dass deren Abschlüsse anerkannt werden.
Häufig ist es bei vielen, die langjährig in Deutschland sind, so, dass sie weit unterhalb ihrer Qualifikation arbeiten bzw. gearbeitet haben oder – im schlimmsten Fall – mangels der Anerkennung ihrer Qualifikation arbeitslos sind. In Nordrhein-Westfalen betrifft das laut Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales schätzungsweise um 60.000 bis 80.000 Personen. Das Anerkennungsgesetz leistet einen Beitrag für die Integration dieser Menschen und sichert gleichzeitig die Qualität in den betroffenen Berufen und unserer Meinung nach auch bei den Ärzten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Signalwirkung. Die Kompetenzen von Migrantinnen und Migranten werden wertgeschätzt, und das im wahrsten Sinne des Wortes; denn es ist in keiner Weise einzusehen, dass sich eine ausländische Ingenieurin in Deutschland ein Taschengeld als Reinigungskraft verdienen muss, wo sie doch eigentlich als Ingenieurin dringend gebraucht wird.
In Deutschland werden formale Qualifikationen besonders wichtig genommen, auf jeden Fall wichtiger als in vielen anderen Ländern. Menschen mit Berufserfahrung, Wissen und Können, aber ohne formale Qualifikation – zum Beispiel der bergische Facharbeiter, ein feststehender Begriff, die ITExpertin – haben es deshalb oft schwer, in ihre Berufe einzusteigen.
Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, diese Vorerfahrungen, dieses Wissen zu nutzen, stärker zu gewichten und in das Anerkennungsverfahren einzubeziehen. Das wollen wir ausdrücklich. Deswegen sieht unser Entschließungsantrag auch vor, dass wir innovative Verfahren entwickeln, um diesen Menschen eine Möglichkeit in den Berufseinstieg zu gewähren.
Ein ganz wichtiger Punkt im Zusammenhang mit Qualifikation und Berufsanerkennung ist die Frage der Nachqualifizierung. Menschen, die es nicht im ersten Schritt schaffen, dass ihr Beruf anerkannt
wird, müssen die Möglichkeit haben, sich in diesem Beruf zu qualifizieren, die erforderliche Qualität nachzuweisen. Das geht auf unterschiedlichen Wegen, aber dazu wird auf jeden Fall eine Finanzierung benötigt.
Es ist glücklicherweise den Ländern im Bundesratsverfahren gelungen, dafür auch Geld vom Bund zu bekommen. Denn Nachqualifizierung, berufliche Teilhabe, Qualität gehören zur Willkommens- und Anerkennungskultur.
Bei der Bedeutung, die das Anerkennungsgesetz für die Menschen und für die Wirtschaft hat, liegt es natürlich nahe, Herr Dr. Stamp, über einen Rechtsanspruch auf Beratung nachzudenken. Das ist wichtig.
Nur: Leider ist es in allen Verhandlungen nicht gelungen, dafür eine Kofinanzierung zu bekommen. Jetzt haben wir das Problem – da meldet sich die Haushälterin in mir –, dass, wenn das Land Nordrhein-Westfalen diesen Rechtsanspruch definieren würde, erhebliche Kosten auf das Land alleine zukämen. Das können wir uns vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung leider nicht leisten. Dass ausgerechnet die FDP das jetzt so vorsieht, finde ich interessant. Ich würde mir aber wünschen, dass wir ehrlich über die Kosten reden.
Stattdessen machen wir etwas, was ich auch für sehr gut und wichtig halte: Wir richten ein flächendeckendes Beratungsnetzwerk ein, aber nicht mit Landesmitteln allein, sondern mit einer ESFKofinanzierung, die allerdings wegfallen würde, würden wir einen Rechtsanspruch begründen. Trotzdem können wir auf die 80 bis 90 Beratungsstellen für berufliche Entwicklungen stolz sein, die Migrantinnen und Migranten Unterstützung in ihren spezifischen Situationen geben können.
Ich freue mich, dass wir unter den ersten Bundesländern sind – leider nicht das erste aus Gründen der Diskontinuität –, die dieses Anerkennungsgesetz verabschieden. An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, wie wichtig dieses Gesetz für alle Personen ist, die im Ausland erworbene Qualifikationen mitbringen.
Ich möchte schließen. – Ich finde, wir sollten das Thema nicht parteipolitisch behandeln. Deswegen bin ich froh, dass wir aus Nordrhein-Westfalen neue Impulse in dieses Anerkennungsgesetz hineingegeben haben, sodass wir gemeinsam darüber abstimmen können. In diesem Sinne möchte ich mit Erlaubnis des Präsidenten am Ende meiner Rede ausnahmsweise die Kanzlerin von gestern zitieren. Sie hat gesagt: Wir gelten als abgeschlossen. – Wir in NRW versuchen, mit unseren Mitteln im Anerkennungsgesetz ein klein wenig dazu beizutragen, dass Deutschland weniger abgeschlossen ist.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP erachtet dieses Vorhaben sowohl arbeitsmarktpolitisch als auch integrationspolitisch als äußerst wichtig und begrüßt, dass die Landesregierung nunmehr ein Gesetz auf den Weg bringt, um die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen für die Berufe zu regeln, für die das Land zuständig ist.
Die erleichterte Anerkennung beruflicher Bildungsabschlüsse, die im Ausland erworben wurden, ist aus unserer Sicht ein unverzichtbarer Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es wichtig, dessen Folgen auf das Fachkräftepotenzial zu begrenzen.
Es ist eine ungeheure Verschwendung von fachlichem Potenzial, wenn Menschen, die in ihrem Herkunftsland gut ausgebildet wurden, hierzulande in Berufen tätig sind, die zum Teil weit unter ihrem Qualifikationsniveau liegen. Jedem von uns, jeder Kollegin, jedem Kollegen, wird es sicher schon passiert sein, dass er/sie irgendwo am Hauptbahnhof oder am Flughafen ankam und von einem afghanischen Arzt im Taxi gefahren wurde, womit ich jetzt nicht die Taxifahrer abwerten will. Aber das sind genau die Problemstellungen, die wir hier angehen müssen.