Protocol of the Session on June 5, 2012

Bei der Diskussion um die Verfassungsänderung zur Absenkung des Wahlalters sowie der Änderung der Quoren für Volksbegehren sind wir gerne dabei. Bei dem einen oder anderen taucht jetzt aber vielleicht die Frage auf: Was hat das mit der Restrukturierung der WestLB zu tun?

Möchte man dem vorliegenden Gesetzentwurf irgendetwas Positives abgewinnen, muss man ihn einfach unter dem Blickwinkel der Bürgerbeteiligung lesen und verstehen: Dieses Gesetz ermöglicht die Teilhabe der Bürger an den Erfolgen und Misserfolgen der Politik, genauer gesagt im Falle der WestLB: eigentlich den Misserfolgen der Politik.

(Beifall von den PIRATEN)

Diese neue Form der Bürgerbeteiligung hat die Landesregierung in ihren einleitenden Worten zu ihrer Gesetzesbegründung geschickt versteckt. Dort heißt es lapidar: Zur Umsetzung des sogenannten Verbundbank-Konzepts führt das Land eine Kapitalmaßnahme durch und übernimmt Haftungen.

Dieser lapidare Satz belastet den Steuerzahler mit nicht kalkulierbaren und uns als Parlamentariern

nicht bekannten Risiken. Der eindeutige Verlierer in dem von Ihnen ausgehandelten Modell sind die Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen. Neben der neuen Form der Bürgerbeteiligung haben Sie, Frau Ministerpräsidentin, sich damit auch gleich für eine neue Form von Sozialismus entschieden, nämlich den Sozialismus für Reiche, bei dem Investoren vor den Verlusten ihrer Hochrisikoanlagen geschützt werden.

Gewinne werden privatisiert, Verluste werden sozialisiert. Damit hat NRW seinen eigenen kleinen ESMVertrag. Die mit diesem Ermächtigungsgesetz verbundene Selbstentmachtung des Parlaments lehne ich strikt ab.

(Beifall von den PIRATEN)

Entscheidend ist bei der ganzen Diskussion: Wie hoch ist der Abschreibungsbedarf der von der Regierung selbst als toxisch eingestuften Wertpapiere? Wobei man bei dem Wort „Wertpapiere“ den Wortbestandteil „Wert“ in Anführungszeichen setzen muss, denn von „Wert“ ist nicht mehr viel zu sehen. Aber wie hoch dieser voraussichtliche Abschreibungsbedarf ist, erfährt die Öffentlichkeit nicht. Das wiederum wird – wie der Kollege Börschel eben korrekt angeführt hat – hinter verschlossenen Türen in irgendwelchen Ausschüssen diskutiert. Die Öffentlichkeit erfährt davon nichts. Wir fordern ganz klar Transparenz an dieser Stelle.

(Beifall von den PIRATEN)

Letztlich kann das wahrscheinlich alles nur ein Untersuchungsausschuss klären. Ich sehe aber, ehrlich gesagt, hier nur 20 Abgeordnete, die unbelastet genug wären, um einem solchen Ausschuss zuzustimmen.

Zum Schluss noch ein Vorschlag zur Güte: Wenn Sie NRW schon in eine Verlustbeteiligungsgesellschaft umwandeln wollen, dann gründen Sie doch einfach eine Rest-LB AG & Co. KG, dann könnten Sie alle Menschen als Kommanditisten in diese KG aufnehmen und man könnte die Verluste, die daraus wahrscheinlich resultieren, zumindest steuermindernd geltend machen. Vielleicht können sogar Herr Lindner und die FDP diesem Vorschlag zustimmen.

(Beifall von den PIRATEN)

Bedauerlich ist, dass Ihnen ausgerechnet jetzt die Fußball-Europameisterschaft in die Quere kommt, sodass viele Leute von diesem revolutionären Vorschlag gar nichts mitbekommen. Das ist wirklich bedauerlich.

(Zurufe von der SPD und der CDU)

Ich hätte mir gewünscht, dass dieses Projekt die öffentliche Aufmerksamkeit bekommt, die ihm zusteht.

Frau Ministerpräsidentin, die letzte Legislaturperiode endete mit einer Farce, die neue beginnt mit ei

ner Farce. Das ist zwar auch eine Art von Kontinuität;

(Beifall von den PIRATEN und der CDU)

ich denke aber, das ist nicht die Art, die sich die Wähler gewünscht haben.

Wir bleiben dabei: lieber einen albernen Namen als lächerliche Politik. – Bei Ihrer Politik weiß ich allerdings nicht, ob ich lachen oder weinen soll. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind damit am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Interfraktionell ist Überweisung des Gesetzentwurfes Drucksache

16/16 an den Haushalts- und Finanzausschuss verabredet. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisung durch die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen, FDP und Piraten angenommen.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende unserer heutigen Sitzung.

Die nächste Sitzung findet statt am Mittwoch, den 20. Juni 2012. Die Uhrzeit wird noch rechtzeitig mitgeteilt.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Nachmittag.

Die Sitzung ist geschlossen.