Protocol of the Session on December 12, 2012

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenig später sagen Sie, dass Sie auf Bundesebene den Spitzensteuersatz erhöhen, die Vermögensteuer einführen und die Erbschaftsteuer reformieren wollen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich fasse diese Auffassung von Politik einmal folgendermaßen zusammen:

Konsolidieren geht nur, wenn sie ohne Lastenverschiebung auf Dritte auskommt. Auf der Ausgabenseite ist in Nordrhein-Westfalen so gut wie nichts mehr zu machen, vor allen Dingen nicht beim Personal. Die Schuldenbremse lässt sich in NordrheinWestfalen also nur durch Einnahmeverbesserungen erreichen. Und das ist nicht die Sache des Landes, sondern ausschließlich Sache des Bundes.

Meine Damen und Herren, man könnte sagen, das ist Politik nach dem Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“

(Beifall von der CDU)

Noch viel schlimmer ist aber die Aussage, dass Sie haushaltspolitisch in Nordrhein-Westfalen nichts unternehmen und alles auf den Bund schieben wollen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir sollten einmal eine Debatte ohne ideologische Scheuklappen führen, uns in allen Fraktionen folgende Fragen stellen und in dieser Haushaltsberatung ehrliche Antworten darauf finden:

Wollen Sie den Studenten einen sozial ausgewogenen Beitrag zur Verbesserung der Studienbedingungen zumuten, ja oder nein? Sie haben anscheinend Nein gesagt. Glauben Sie nicht, dass es diesen Beitrag des Landes geben könnte, um zum Beispiel eine Schuldenbremse zu erreichen? – Meine Fraktion wird diese Frage in den Haushaltsberatungen beantworten und dementsprechende Anträge stellen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Wollen Sie von den Eltern einen sozial ausgewogenen Beitrag zu den Kindergärten? Jeder weiß, dass Sie bei der Abschaffung des Kindergartenbeitrages die höchsten Einkommen am meisten entlastet haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wollen Sie Demografiegewinne? Unsere Bevölkerung wird aufgrund der demografischen Entwicklung kleiner. Wollen Sie die Verwaltung unseres Landes an diese kleinere Bevölkerung anpassen?

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wollen Sie darüber hinaus Stellen abbauen und entsprechende kw-Vermerke ausbringen? Wollen Sie Förderprogramme kürzen? Denken Sie überhaupt noch über Effizienzgewinne bei den Landesbehörden und Landeseinrichtungen nach?

Ich habe Ihren Parteitag zum Teil in den Medien verfolgt. Wenn ich diese Aussagen und Ihre Reden im Landtag höre, gibt es für Sie eine Gruppe, die Sie einfach als die „Reichen“ bezeichnen. Die sollen für Mehreinnahmen des Staates sorgen, damit alles gut geht.

Ich muss Ihnen jetzt aber einfach diese Frage stellen: Wo fängt für Sie der Reiche an, um das alles zu erreichen? Fängt er bei Steinbrück an oder weit vorher? Wo müssen Sie die Einkommensgrenzen des Reichen ansetzen, wenn Sie alle Ihre Haushalte dadurch sanieren wollen?

Wie wollen Sie mit den Familienunternehmen umgehen? Wie wollen Sie mit Betriebsvermögen umgehen? Wie wollen Sie eine Vermögensteuer in

Deutschland einführen, die vor der Verfassung standhält, wenn man alle Probleme kennt, die mit Stichworten wie Einheitswert und Verkehrswert zusammenhängen? Mit welcher Behörde wollen Sie das machen?

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das ist doch mit der Grundsteuer und mit der Erb- schaftsteuer genauso!)

Ich bin auf eine Bundesratsinitiative von Ihnen gespannt, die in all diesen Fragen Aufklärung bringt. Sie haben sie schon oft angekündigt, aber sie ist ja bis heute nicht da.

Die SPD hat auf ihrem vorletzten Parteitag unter Federführung der nordrhein-westfälischen SPD, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ein Rentenreformprogramm beschlossen. Da hört sich für viele Menschen vielleicht gut an.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das ist gut!)

Nach Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums kostet das fast 70 Milliarden €. Dann sagen Sie bitte auch, woher dieses Geld kommen soll und wo für Sie der Reiche anfangen muss, um das alles zu finanzieren!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich will Ihnen sagen, wo das endet. Am Ende sind Sie mit Abgaben und Steuererhöhungen im Bereich unserer Angestellten und Facharbeiter angelangt, um das alles zu finanzieren. Dann kann ich meinen Kolleginnen und Kollegen nur zurufen: Jungs, haltet euer Portemonnaie fest! Frau Kraft ist politisch zu teuer für unsere Schicht!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Was mich in dieser Auseinandersetzung traurig macht, Herr Kollege Priggen, ist, dass Sie und Ihre Fraktion diese Politik verteidigen und mitmachen. Bei den Grünen war mir der Gedanke der Nachhaltigkeit immer ein sympathischer Ansatz.

(Zurufe: Och! Oh!)

Früher hat man das auch einmal Sparsamkeit genannt. Ich komme eher aus einem Milieu, in dem man das Sparsamkeit nannte.

Noch 2006 hat Ihre Fraktion ein mutiges Papier zur Haushaltskonsolidierung vorgelegt und wollte

1,7 Milliarden € einsparen, Stellen abbauen. Was ist nur daraus geworden? Aber vielleicht haben Sie all dies aufgegeben, weil auch die Häuser, die von Ihren Parteifreunden geleitet werden, in den letzten Jahren einen teilweise drastischen Personalaufbau bekommen haben.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Diese Haushaltsberatung im nordrhein-westfälischen Landtag findet in einer Situation statt, in der uns schlechte Nachrichten aus unserer Industrie er

reichen. Wir hoffen sicherlich alle, dass möglichst viel Opel in Bochum bleibt. Aber ob da noch Autos gebaut werden? Zurzeit sieht es so aus, dass Rüsselsheim, Kaiserslautern, Eisenach die Nase vorn haben und vor uns liegen. Man könnte auch sagen: Wir haben verloren.

Ich will das gar nicht personalisieren – das hätten Sie wahrscheinlich gemacht, wenn Sie noch in der Opposition wären –, aber das macht wieder einmal deutlich, dass wir alle guten Arbeitsplätze, die wir in der nordrhein-westfälischen Industrie haben, täglich neu verteidigen müssen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Gestern haben wir in den Nachrichten von den Verlusten bei Thyssen gehört. Ich will auch nicht darüber reden, dass der Weltökonom Steinbrück im Aufsichtsrat von Thyssen sitzt.

(Zuruf von der SPD: Oh!)

Auf jeden Fall sind die Verluste entstanden, als er da war.

(Lachen von der SPD)

Auch das macht deutlich, dass wir allen Grund zur Sorge haben und unsere industriellen Arbeitsplätze im Auge behalten müssen, obwohl wir stark sind.

Ich will die Arbeitsplätze in verschiedenen Branchen nicht gegeneinander ausspielen.

(Zuruf von der SPD: Aber?)

Aber für uns Arbeitnehmer sind industrielle Arbeitsplätze auch deswegen gute Arbeitsplätze, weil es gute Löhne gibt, die Wertschöpfung hoch ist und die Arbeitsbedingungen in der Regel sehr gut sind.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Unser Land Nordrhein-Westfalen hat seine Stärke durch seine industriellen Arbeitsplätze erlangt. Deswegen müssen wir doch eigentlich als Land alles tun, damit die Stimmung und die Situation für die Industrie in Nordrhein-Westfalen gut sind.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich glaube auch, dass uns das über das unterschiedliche politische Spektrum im Landtag hinweg einen könnte. Dann muss man aber auch dafür stehen, dass die Rahmenbedingungen nicht zu unterschiedlich sind. Deshalb: Klimaschutzpolitik muss man weltweit machen. Man kann sie zwar auch europäisch machen und vielleicht auf Bundesebene den einen oder anderen Akzent setzen, um Vorreiter zu sein. Aber Klimaschutzpolitik auf Bundesländer herunterzubrechen mit der Folge, dass unsere Industrie dann schlechtere Voraussetzungen hat als die in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz oder Hessen, ist keine Industriepolitik, sondern schlechte Politik, wenn Sie an industrielle Arbeitsplätze denken.