Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen könnte viel mehr, wenn die Menschen und die Betriebe endlich von überflüssigen Fesseln befreit würden.
Mehr Wohlstand und mehr Chancen für die Zukunft schaffen wir nur mit einer starken Wirtschaft. Dafür werden wir uns einsetzen, damit es endlich wieder in Nordrhein-Westfalen vorangeht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Nun gebe ich das Wort zu seiner geplanten letzten Rede Reiner Priggen. Bitte schön.
Lieber Präsident Uhlenberg, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so: nach 17 Jahren im Hohen Haus und vorher sechs Jahren Landesvorsitzender in der ersten Koalition mit Johannes Rau zum letzten Mal zu diesem Tagesordnungspunkt eine Rede. Bevor ich nachher einigen Personen danke, möchte ich Ihnen allen erst einmal einen Dank aussprechen, weil – das vielleicht auch für die Gäste, die oben sitzen: Es kommt einem immer so vor, als ob hier Gegner sitzen, Feinde, manchmal, wenn die Debatte sehr hart ist. Das ist nicht der Fall.
Wir sind Wettbewerber aus unterschiedlichen Fraktionen, aus unterschiedlichen Parteien. Wir haben unterschiedliche inhaltliche Vorstellungen, und darüber ringen wir, manchmal sehr hart, aber wir sind Wettbewerber in einem demokratischen System. Wir alle kennen es auch: Es gibt nicht nur ein zweites Mal, es gibt ein drittes und viertes Mal, dass man sich sieht. Und deswegen möchte ich mich als Erstes bei Ihnen, meinen Kollegen aus allen Fraktionen, bedanken.
17 Jahre sind natürlich eine lange Zeit. Das sind vier Koalitionen, einmal in der Opposition, und jede Rolle hat ihren Platz in unserem Spektrum. Das darf man nicht gering schätzen. Es gibt keine gute Regierung, wenn es nicht auch eine wirklich gute Opposition gibt, die ihre Pflicht auch wahrnimmt. Und das wechselt in
der Demokratie manchmal. Insofern gehört das alles zusammen. Das als Erstes und als Dankeschön. Ich komme zum Schluss noch auf ein paar einzelne Punkte.
Aber dann will ich jetzt auch in den demokratischen Wettbewerb einsteigen und mich nicht ganz zurücknehmen. Denn dann wären Sie auch enttäuscht.
Der erste Einstieg ist natürlich – lieber Herr Kollege Brockes, ganz kurz, und auch zu dem, was der CDUKollege gesagt hat –: Es ist ja immer spannend, wenn man sich vorbereitet und denkt: Wozu sagen die denn nichts oder wenig? – Jetzt will ich einfach nur sagen: Der Breitbandausbau war eine Zeit lang ein so intensives Hobby der CDU-Fraktion, dass wir manchmal im Wirtschaftsausschuss drei, vier Anträge gleichzeitig hatten, wo Sie uns getrieben haben. Wenn man dann aber guckte, was zu Ihrer Zeit war,
wenn man das vergleicht: Sie hatten für den Breitbandausbau im Haushalt des verehrten Präsidenten, damals Umweltminister, eine Million pro Jahr stehen.
Wir wissen alle, das ist keine hohe Geschwindigkeit, und das Netz wird ständig schneller. Aber wir haben es bei Johannes Remmel, als er das Haus Uhlenberg übernommen hat, gesteigert auf zwölf Millionen. Und dann ist dieser Etat in einer Kraftanstrengung noch mal aufgestockt worden, weil ja viele Anforderungen da sind.
Wir haben nicht nur gesagt, wir geben die Digitale Dividende – das, was wir vom Bund kriegen – weiter, sondern wir nehmen eigenes Geld in die Hand, und wir garantieren, dass nicht nur die reichen Kommunen, sondern auch die armen Kommunen, die die eigenen Mittel nicht haben, vom Land das Geld bekommen, damit niemand in die Situation kommt: Ich kann Breitband in meiner Kommune nicht ausbauen, weil ich dazu nicht in der Lage bin. Das haben wir gemacht, und jetzt liegen wir bei über 140 Millionen pro Jahr. Eine Million, zwölf Millionen, 140 Millionen, die kollegial umgesetzt werden von Herrn Duin und Herrn Remmel, ohne dass es Streit gibt, weil die das nämlich auch können!
Deswegen -– das ist gar keine Frage – ist dieser Punkt ja auch in der Aufmerksamkeitsfalle ein Stück nach hinten gegangen, weil es sich einfach nicht lohnte.
Was ich toll fand, Kollege Wüst: Sie haben eben angekündigt, die CDU werde eine echte, wirkliche Reform der Kommunalfinanzen machen.
Die haben noch in Erinnerung, wie die letzte Reform aussah. Ich kann mich gut erinnern – ich sage nur einen Punkt –: Anteile an der Grunderwerbsteuer weggenommen.
Wir haben sie zurückgegeben, und bei den Erhöhungen, die wir vorgenommen haben, hat es den kommunalen Anteil, so wie es früher der Fall war, immer gegeben. Das war nur ein Punkt, es gab viele andere Sachen. – Also, wenn die kommunalen Spitzenverbände das ernst nehmen
und genau wissen, so etwas kann kommen, dann wissen sie auch ganz genau, dass sie ihren Mitgliedern sagen: Bei Rot-Grün wissen wir, was wir haben, also lasst die Finger von allen Experimenten, macht lieber so weiter!
Dann will ich sagen: Für mich als jemand, der nun lange dabei ist, ist doch klar: Die Strategie des Schlechtredens ist gescheitert, krachend gescheitert. Man hatte ja manchmal den Eindruck, es gibt eine gewisse klammheimliche, ganz stille Freude bei Nullwachstumszahlen, und man hat auch ein Bedauern gespürt über Platz sechs beim Länderranking. Aber die Strategie ist völlig falsch. Sie sollten, wenn Sie kritisieren wollen, den Finanzminister kritisieren. Sie können sagen, der kann nicht mit Geld umgehen, der kauft zu viele CDs oder irgendwas, und dann können Sie sagen: Wir haben jemand, der kann das besser. – Sie können den Innenminister kritisieren. Bei dem ist das im Gehalt sowieso drin, er würde depressiv, wenn Sie ihn nicht mehr kritisieren. – Das können Sie alles machen.
Sie dürfen es nicht machen, denn es ist doch ganz einfach: Kein Firmenvorstand, kein Unternehmensvorstand würde das Produkt, was er verkaufen
Ich kenne ja Armin Laschet auch ein bisschen und schätze ihn; er ist ein lebensbejahender, optimistischer, positiver Mensch. Und wenn es denn so wäre, dass er im Juni hier zum Ministerpräsidenten gewählt werden würde, dann weiß ich doch, dass er am nächsten Tag seine Arbeit in der Staatskanzlei antreten würde –
ganz stolz, dass er dieses tolle, schöne Land mit seinen Menschen regieren darf. Da geht der doch nicht in einen Steinbruch, gebeugt unter der Last der Sünden,
sondern er geht mit Freude an die Arbeit. Das ist der Grundpunkt: Wir haben ein tolles Land. Dieses Herunterreden entspricht nicht dem Lebensgefühl der Menschen in unserem Land. Und deswegen sollten wir es ganz einfach sein lassen.
Wenn man mich fragen würde – ich komme ja ähnlich wie Kollege Duin aus dem Norden, aus dem Emsland –: Dieses Land habe ich immer als ein ganz tief solidarisches Land erlebt, weil dieses Land eine so lange Einwanderungsgeschichte hat. Ich fühle mich in der Stadt Aachen, in der ich jetzt lebe, außergewöhnlich wohl, weil ich das Gefühl habe, dass es in der Stadt eine demokratische Bürgerkultur gibt, die, wenn von rechts Leute kommen, auch aufsteht und sich artikuliert. Und das ist ein Gefühl, was stark ist in diesem Land, dass wir alle zusammen sagen: Wir können streiten, wir können ringen, aber es kann nicht sein, dass Menschen, die bei uns leben, weil sie eine andere Hautfarbe, Orientierung oder sonst was haben, in diesem Land verfolgt und benachteiligt werden! Das ist eine Kulturfrage.
Unser Land – ich habe ja in Aachen an einer unserer besten Hochschulen Maschinenbau studieren dürfen – hat eine beeindruckende industrielle Tradition. Dafür stehen – ich habe ja in einem Teil der Firmen selber noch als Ingenieur Projekte machen dürfen – Namen wie Krupp, Klöckner, Hoesch, Thyssen, Mannesmann, Gewerkschaft Schalker Eisenhütte, Ruhrkohle, Deutzer Motorenwerke – alles das steht dafür.
NRW war der Maschinenraum Deutschlands, und Nordrhein-Westfalen war die Kraftzentrale. Wir hatten die drei größten Stromkonzerne über ganz lange Zeit. Als ich studiert habe, waren die RWE-Leute die Götter, die wussten, wie man Strom macht. Mit RWE,
mit E.ON, mit der STEAG – alle drei sind mit der Kohle groß geworden, und alle drei haben die Erneuerbaren zunächst ignoriert. Sie haben sie zunächst lächerlich gemacht und bekämpft, und jetzt ringen sie um den Anschluss an die Energiewende. Deswegen ist das so wichtig.