Protocol of the Session on February 15, 2017

Wir nehmen die Ministerpräsidentin beim Wort. Wir messen sie heute an ihren eigenen Maßstäben. Die folgenden Zahlen sind Ist-Zahlen, also Fakten, wie die Ministerpräsidentin damals schon festgestellt hat. Es sind auch nicht irgendwelche Ist-Zahlen, sondern es sind Ihre Ist-Zahlen. Sie stammen aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5487 meines Kollegen Robert Stein.

Ende 2016 waren demnach in der gesamten Landesverwaltung über 7.800 Stellen unbesetzt. Davon waren Ende 2016 im gesamten Schulbereich über 4.300 Stellen unbesetzt. Fast 1.000 Beamtenplanstellen waren bei der Polizei Ende 2016 unbesetzt. Der gesamte Geschäftsbereich der Justiz und die Angestellten bei der Polizei sind in diesen Zahlen noch nicht einmal enthalten. Der Grund dafür ist ganz simpel: Die Landesregierung war nicht in der Lage, die Stellenbesetzungen zu beziffern.

Wir vergleichen also nur Ihren Plan für 2016 mit Ihrem Ergebnis 2016, und ich stelle fest: Ihr Plan besteht nur aus Fantasiezahlen. Bei uns sagt man aber so schön: Entscheidend ist nun mal auf dem Platz.

(Beifall von der CDU)

Wie häufig hat sich die Ministerpräsidentin mit den neuen Stellen für Schulen und Polizei gerühmt? Wie häufig hat sie die Schaffung von Sollstellen als großen Erfolg dieser Landesregierung verkauft? Ich erinnere an das Zitat von Frau Ministerpräsidentin Kraft: Sollzahlen sind oft Fantasiezahlen. Ist-Zahlen sind Daten und Fakten. – Ihr eigener Maßstab wird Ihnen jetzt zum Verhängnis. Sie haben nämlich

nichts vorzuweisen. Die gesamte Stellenbesetzung im Schulbereich Ende 2015 im Vergleich mit Ende 2016 offenbart: Die rot-grüne Koalition hat 336 Bedienstete im gesamten Schulbereich netto abgebaut.

Sie haben unsere Schulen in den letzten zwölf Monaten personell geschwächt, und das bei den Herausforderungen, die wir an unseren Schulen haben. Rot-Grün hat also Personal abgebaut.

(Beifall von der CDU)

Es wundert daher überhaupt nicht, dass die Klagen, die wir aus dem ganzen Land zum Thema „Unterrichtsausfall“ hören, immer stärker werden.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das stimmt doch gar nicht!)

Aber eines ist bei der rot-grünen Koalition immer sicher: Die Ministerien wachsen und wachsen. – Zwischen Ende 2015 und Ende 2016 hat sich die Zahl der Ministerialbediensteten um fast 320 erhöht. Das, was die Schulen verloren haben, stecken Sie also lieber in Bürokratie. Das hilft dem Land auch tatsächlich weiter.

Zudem ignorieren Sie die regionale Ungleichheit, die wir bei den offenen Stellen haben. Frau Ministerin Löhrmann, Sie haben vom Duisburger Schuldezernenten Mitte Dezember 2016 einen dramatischen Brief erhalten, der Ihnen klargemacht hat, wie viele Lehrerstellen in der Stadt Duisburg fehlen. Er hat Ihnen konkrete Vorschläge gemacht, wie man gegen diesen Lehrermangel vorgehen kann. Denn es sind die schwächsten Kinder, die in den sozialen Brennpunkten des Ruhrgebiets keinen Unterricht bekommen. Auf diesen Brief haben Sie bis heute nicht geantwortet.

(Beifall von der CDU)

Frau Kollegin.

Da meine Redezeit beendet ist – ich könnte dazu noch viele weitere Beispiele geben –, möchte ich Ihnen ganz klar sagen: Stellen unterrichten nicht, und Stellen sind auch nicht gut für unsere innere Sicherheit, sondern das sind nur die Köpfe, die tatsächlich da sind. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Vogt. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Gebhard.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben uns heute mit einem Eilantrag der CDU zu befassen. Seinem Namen

wird der Eilantrag insoweit gerecht, als er offenbar sehr eilig verfasst worden ist. Er ist von einer Oberflächlichkeit und Unsachlichkeit, wie ich es selten erlebt habe.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Diese Oberflächlichkeit ist umso ärgerlicher, als der Eilantrag von Ihnen ja bereits – der Beitrag von Frau Vogt hat es gerade bestätigt – vor Wochen eingestielt wurde. Am 4. Januar ließen Sie Ihren Abgeordnetenkollegen Stein eine entsprechende Kleine Anfrage stellen, um Ihnen entsprechendes Material für ebendiesen Antrag zu liefern. Warum Sie daraus keinen ordentlichen Antrag gemacht haben oder machen wollten, weiß ich nicht. Das entzieht sich meiner Kenntnis. Aber Sie haben eben mal schnell aus der Hüfte geschossen.

Die in der Kleinen Anfrage gestellten Fragen sind entlarvend und eigentlich nur Neulingen zu verzeihen. Warum sich Herr Kollege Kaiser dann nicht selbst dazu äußert, sondern nur in der Presse, das müssen Sie untereinander ausmachen. Aber vielleicht wollte er Sie eben vorschicken.

Mit dieser Kleinen Anfrage wollten Sie zum Stichtag 1. Januar 2017 die Zahlen der besetzten und unbesetzten Stellen haben. Die kundigen Abgeordneten wissen, dass wir am 14. Dezember 2016 den Haushalt 2017 beschlossen haben, das heißt vor ungefähr zwei Monaten. Der Haushalt für 2017 sieht über alle Ressorts 4.378 neue Planstellen und Stellen vor. Kann sich irgendjemand hier im Raum vorstellen, dass man diese Stellen mal eben über die Weihnachtstage zum 1. Januar besetzt bekommt? Warum wählt man einen solchen Stichtag? Ich kann es Ihnen sagen: weil Sie händeringend nach Wahlkampfthemen suchen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Aber das Thema an sich ist viel zu ernst. Darum will ich mich nicht auf dieses Niveau begeben, sondern mich differenziert damit auseinandersetzen.

In fast allen Personalbereichen zwingt uns die vorhandene Altersstruktur im öffentlichen Dienst in Verbindung mit dem demografischen Wandel, Vorsorge zu treffen, um zukünftig über ausreichend Personal zu verfügen. Dieser Aufgabe stellen wir uns.

Fangen wir mit der Finanzverwaltung an, Frau Vogt; die haben Sie ganz ausgelassen. Im Jahr 2010 haben wir von Ihnen die Regierungsverantwortung übernommen. Sie sind neu im Parlament, daher können Sie sich vielleicht nicht so genau daran erinnern, aber Sie sollten es zur Kenntnis nehmen. 2005 bis 2010 war – und dafür haben Sie sich gerühmt – eine Zeit des Personalabbaus, dadurch hat sie sich ausgezeichnet. 2010 gab es in der Finanzverwaltung 200 Steueranwärter im mittleren Dienst und 420 Finanzanwärter im gehobenen Dienst. Wir haben die

Ausbildungszahlen Jahr für Jahr nach oben gefahren. Den 620 Anwärtern, die es insgesamt im Jahr 2010 gab, stehen heute 1.227 gegenüber. Die Zahl hat sich fast verdoppelt. Das ist das geeignete Mittel, um tatsächlich Stellen besetzen zu können. Man muss die Menschen entsprechend selbst ausbilden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Schauen wir uns den Polizeibereich an. Als Ralf Jäger das Innenressort übernahm, fand er in seiner Schublade ein gut geschütztes, will sagen: von seinem Vorgänger nicht beachtetes Gutachten vor, das prognostizierte, dass sich die Polizeistärke aufgrund steigender Pensionierungszahlen bereits im Jahr 2026 um über 1.500 reduzieren würde. Wir haben uns dieser Problematik gestellt und angenommen und die Zahl der Kommissaranwärterinnen jedes Jahr deutlich erhöht, inzwischen von 1.100 jährlich auf 2.000. Wir werden dies bis 2023 entsprechend fortsetzen, damit wir dann eben nicht 1.500 weniger, sondern 1.500 mehr haben.

(Vereinzelt Beifall von der SPD – Beifall von Norwich Rüße [GRÜNE])

Darüber hinaus haben wir entsprechende Anreize geschaffen, dass Beamtinnen und Beamte ihre Pension hinausschieben, und wir haben den Angestelltenbereich verstärkt.

Ich komme abschließend zum Bereich Schule. Leider habe ich nicht die Zeit, den gesamten Bereich aufzudröseln, dafür haben wir eine zu kurze Redezeit vereinbart. Aber ich will darauf eingehen.

Im Jahr 2015 haben wir bereits mit dem ersten Nachtrag 674 zusätzliche Stellen bereitgestellt, mit dem zweiten Nachtrag weitere 2.625. Da das schon in der zweiten Hälfte des Jahres war, war klar, dass sie erst zu Beginn des Jahres 2016 umgesetzt werden konnten. 2016 kamen inklusive der Nachtragshaushalte noch einmal 2.918 Stellen hinzu, und für 2017 haben wir weitere 1.767 Stellen geschaffen. Das heißt, innerhalb von 24 Monaten haben wir einen Aufwuchs um 7.984 Lehrerstellen. Das muss auch einmal anerkannt werden. Es ist ein enormer haushalterischer Kraftakt,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

die Mittel bereitzustellen, um das leisten zu können. Die wollen jetzt in der Tat besetzt werden.

Frau Kollegin.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Selbst einem Laien leuchtet doch ein, dass allein die handwerkliche Umsetzung bei einer so großen Anzahl von Stellen schon eine Herausforderung ist. Dass Sie darüber hinaus in Ihrer Zeit noch eine neue Lehrerausbildung verabschiedet

haben, die ein Leck verursacht hat, das dazu führt, dass nicht ausreichend ausgebildete Lehrer vorhanden sind, sollten Sie auch wissen.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen: Vergleichen Sie doch einmal die Stellenbesetzungsquote, die wir jetzt haben, mit der, die in Ihrer Regierungszeit bestand. Damals lag sie zwischen 86 und 97 %.

Frau Kollegin, Sie haben jetzt über eine Minute überzogen.

Wir sind trotz Erhöhung und Ausweitung dieser Stellen auch bei 97 %, und darauf sind wir stolz. – Danke schön.

Vielen Dank. – Herr Kollege Abel von den Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 6. Februar 2017 hat der Unterricht des neuen Schuljahres begonnen. Seit dem letzten Jahr haben wir hier im Hohen Haus mit mehreren Nachtragshaushalten Stellenneubesetzungen für Lehrerinnen und für die Polizei verabschiedet.

Die im Schulkonsens vereinbarte Regelung, dass der Demografiegewinn im System bleibt und dadurch Qualitätsgewinne umgesetzt werden, beruhte auf der Annahme, dass wir in naher Zukunft weniger Schülerinnen zu erwarten haben. Wir haben aber, wie Sie alle wissen, meine Damen und Herren, seit 2015 40.000 neue Schülerinnen dazubekommen.

Wir haben mehr als ein halbes Duzend Nachtragshaushalte auf den Weg gebracht und aufaddiert 7.300 Stellen im Bereich Schule geschaffen. Wie zu jedem Schulausschuss in den letzten Jahren hat die Schulministerin zu Beginn des Halbjahres die aktuellen Zahlen zur Lehrerinnenversorgung vorgestellt, so auch am 8. Februar, meine Damen und Herren von der CDU. Von den 2.650 zusätzlichen Stellen für dieses Schuljahr sind 1.950 Stellen im Besetzungsverfahren. Das heißt, ein Viertel der Stellen ist derzeit unbesetzt.

Ja, diese Zahl kann den Haushaltsgesetzgeber nicht zufriedenstellen. Wir können damit nicht zufrieden sein, denn wir wollen die besten Bildungschancen für unsere Kinder.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen sind aus unserer Sicht folgende Maßnahmen notwendig: 9.000 Ausbildungsplätze für Lehramtsanwärterinnen und -anwärter müssen bereitgestellt werden; frühzeitige Bewerbungsmöglichkeiten von ausgebildeten Lehrkräften am Ende des Vorbereitungsdienstes noch während der Prüfungsphase;

unverzügliche Einstellungsmöglichkeiten, sobald die Stelle frei und besetzbar ist; regelmäßige kurzfristige Listenziehung für die Lehrereinstellung; Werbung an Grundschulen zur Aufstockung von Teilzeitverträgen oder zur vorzeitigen Rückkehr aus Beurlaubungen, zum späteren Eintritt in den Ruhestand, zur Gewinnung von pensionierten Lehrkräften, auch mit finanziellen Anreizen; Einstellung im Seiteneinstieg in andere Schulformen, wobei die Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger in der Regel zu ausgebildeten Lehrkräften weiterqualifiziert werden und – zum Schluss – Verwendung der Mittel aus nicht besetzten Stellen für befristete Aushilfs- und Vertretungsmöglichkeiten.

Meine Damen und Herren, alle diese Maßnahmen laufen bereits. Sie zeigen Erfolg. Die Schulministerin hat Ihnen das am 8. Februar vorgestellt.