Zweitens. Anwendungs-Know-how für einen verständigen und sicheren Umgang mit Informationstechnik. Wir sollten nicht vergessen, dass die jungen Menschen – Frau Schmitt-Promny hat das gesagt – zu starken Akteuren in der Nutzung und Anwendung der neuen Medien werden sollen – Subjekt statt Objekt.
Drittens. Informatische Grundkenntnisse für ein grundlegendes Verständnis von Algorithmen und deren Formulierung sowie für die Erstellung digitaler Angebote.
Diese digitalen Schlüsselkompetenzen umfassen also zentrale Ideen von Medienbildung und informatischer Bildung und gehen damit über die traditionelle Medienkompetenz hinaus. Da sind wir uns, glaube ich, eigentlich auch einig, dass das richtig ist.
Aus Sicht der Landesregierung und im Übrigen auch vieler anderer, sollte das nicht einem isolierten Lernbereich zugeordnet werden, sondern im Sinne einer Querschnittsqualifikation alle Unterrichtsfächer entlang der gesamten Bildungskette einbeziehen.
Hierüber besteht nicht nur in Nordrhein-Westfalen ein weitgehender Konsens, sondern auch länderübergreifend im Rahmen des KMK-Arbeitsprozesses zur Strategie „Bildung in der digitalen Welt“. Wie Sie wissen, war ich gestern auf der Kultusministerkonferenz in Bremen. Dort haben wir den Zwischenstand kurz erörtert, und wir sind zuversichtlich, dass wir als Kultusministerkonferenz im Dezember den Orientierungsrahmen für Deutschland insgesamt beschreiben können.
Eines wird dabei auch berücksichtigt werden: Wir müssen beachten, dass es sich um eine schrittige Vorgehensweise handelt. Wir haben hier – ebenso wie bei anderen Entwicklungsprozessen – Schulen, die schon gut ausgestattet sind, und wir haben Schulen, die erst anfangen. Wir haben Schulen, an die neu qualifizierte Kolleginnen und Kollegen kommen, die natürlich weniger Fortbildung benötigen als diejenigen, an denen ältere Kolleginnen und Kollegen arbeiten, die dann eine gute Fortbildung bekommen.
Hören wir doch auf, gleichförmig so zu tun, als wären alle Schulen an der gleichen Stelle. Wir müssen differenziert damit umgehen. Wichtig ist doch, dass die Kolleginnen und Kollegen diese Bereitschaft haben und die Lehrerinnen und Lehrer gute Angebote bekommen. An anderer Stelle habe ich deutlich gemacht, dass wir hier unsere Angebote stark ausweiten, und das ist auch richtig.
Ebenfalls habe ich deutlich gemacht – und das möchte ich auch hier noch einmal erwähnen –, dass wir als erstes Bundesland das Lehrerausbildungsgesetz verabschiedet haben, das die Grundlage für eine entsprechende Reform bildet und eine verbindliche Schwerpunktsetzung im Bereich der Medienkompetenz vorsieht.
Abschließend möchte ich die Debatte um den Stellenwert des Fachs Informatik hier etwas geraderücken. Schon heute richten zwei von drei Schulen mit gymnasialer Oberstufe in der Sekundarstufe II Informatikkurse zur Vertiefung ein. 20 % aller Schülerinnen und Schüler der Einführungsphase haben im letzten Schuljahr ein solches Angebot genutzt. Eine Vielzahl von Schulen bietet Informatikkurse beispielsweise im Wahlpflichtbereich auch in der Sekundarstufe I an.
So zu tun, als fände das alles überhaupt nicht statt, mögen diese Zahlen widerlegen. Zudem weise ich auch mit einem gewissen Stolz darauf hin, dass wir mit dem Projekt „Informatik an Grundschulen“ deutschlandweit Vorreiter sind.
Meine Damen und Herren, all dies zeigt, dass die Nachfrage nach Informatik steigt. Als Pflichtfach halten wir es aber für ungeeignet, und zwar nicht nur, weil diese Stunden – und das haben andere erfreulicherweise auch deutlich gemacht – anderen Fächern weggenommen würden, sondern weil wir das Ziel, die notwendigen Kompetenzen zu vermitteln, als eine jedes Fach angehende Aufgabe ansehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Ministerin Löhrmann. – Meine Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe deshalb die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Schule und Weiterbildung empfiehlt in Drucksache 16/12866, den Antrag Drucksache 16/10784 abzulehnen. Wir stimmen allerdings nicht über die Empfehlung des Ausschusses ab, sondern über den Antrag Drucksache 16/10784 selbst.
Deshalb darf ich fragen, wer dem Antrag der Piraten seine Zustimmung geben will. – Das ist die Piratenfraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, die FDP-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? – Bei Enthaltung des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 16/10784 mit großer Mehrheit abgelehnt ist.
„MegaStark“ oder eher schwach? Was hat die Landesregierung seit der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin am 29. Januar 2015 bisher erreicht?
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die FDP-Fraktion Herrn Kollegen Hafke das Wort. – Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist jetzt anderthalb Jahre her, dass wir in diesem Parlament Zeuge eines Lernprozesses werden durften. Die Landesregierung, Ministerpräsidentin Hannelore
Kraft selbst, hatte verstanden, dass die Digitalisierung ein wichtiges Thema ist, in der damaligen Sprache von Hannelore Kraft: megawichtig. – Die Regierungserklärung, die dieser Erkenntnis folgte, war dann leider bereits megadürftig: eine Aneinanderreihung von Verwaltungshandeln und eine wenig inspirierende Ansammlung kleiner Maßnahmen. Von einer Idee, einer Vision, gar von einer konsistenten Digitalstrategie war nichts zu hören – leider bis heute nicht.
Wir wollen die Landesregierung nicht nur an einer Regierungserklärung messen. Wir sind schon bereit, in die Tiefe zu gehen. Wir wollen schauen, was von den ganzen angekündigten Maßnahmen trägt. Diesen Versuch kann man so zusammenfassen: 54 Fragen, keine überzeugende Antwort.
Die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage dokumentiert deutlich: In den anderthalb Jahren seit Entdeckung der Digitalisierung durch die Landesregierung ist kein wesentlicher Fortschritt erfolgt, sind keine kraftvollen Projekte angeschoben worden.
Die Versorgung mit Breitband ist um gerade mal 5 % auf 76 % verbessert worden. Bis 2018 hat die Landesregierung flächendeckende Versorgung versprochen.
Da staunt man dann schon etwas. Wer rechnen kann, sieht recht schnell, dass die Ausbaugeschwindigkeit vervielfacht werden müsste, um das zu schaffen. Und dann hätten wir gerade mal das Notwendigste in Nordrhein-Westfalen, denn wir reden doch schon längst von Gigabitnetzen. In Nordrhein-Westfalen haben wir jedoch immer noch Gegenden, in denen schnelles Internet ein Traum ist. Das ist unwürdig, schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung und einfach eine Frechheit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
Sie kündigen in einem weiteren Schritt einen digitalen Aufbruch an. Haben Sie, meine Damen und Herren, diesen digitalen Aufbruch mitbekommen? An mir ist er vorbeigegangen. Es finden geheime Sitzungen und intransparente Teilnehmerkreise statt, und es gibt keine Veröffentlichungen. Das Thema „digitales Leitbild“ wurde vor anderthalb Jahren in der Bildung angekündigt. Bis heute liegt zwar ein Bericht vor – der ist irgendwo mal reingeplätschert –, aber das ist tatsächlich etwas wenig, um von einem kraftvollen Auftritt zu reden.
Ich könnte jetzt viele weitere Beispiele aufzählen, wo Ihre Antwort Ihre Tatenlosigkeit demonstriert. Ich möchte stattdessen über Lösungen sprechen. An dieser Stelle können wir Ihnen nämlich helfen. Wir legen im Hier und Heute zehn konkrete Punkte vor, an denen man mit einer Digitalisierungsstrategie anfangen kann. Das betrifft beispielsweise den Breitbandausbau. Wir wollen eine Glasfaser-first-Strategie und einen Glasfaserfonds. Es ist doch ein Witz, dass wir mit der Ertüchtigung veralteter Kupferkabel die Telekom pampern, wo wir – wie gesagt – schon über Gigabitnetze reden. Der Breitbandausbau gehört meines Erachtens auch als Staatsziel in die Landesverfassung.
Ich will jetzt nicht alle Punkte aufführen, sondern mir den herausgreifen, bei dem die Landesregierung am einfachsten handeln könnte, nämlich bei der Verwaltung. Es ist eine Farce, mit welchen Mitteln wir im heutigen Zeitalter noch unterwegs sind. Wenn Sie zum Beispiel als innovatives Unternehmen an einem Förderwettbewerb des Landes im Bereich „Speichertechnologien“ teilnehmen wollen, dann müssen Sie – und jetzt passen Sie auf – Projektskizzen mit einem formellen Mantelbogen in zweifacher Ausfertigung einreichen und ausdrucken und – jetzt kommt das innovative – eine Datenträger-CD beifügen. Mein PC hat nicht mal mehr ein CD-ROM-Laufwerk, das Lesen ist also teilweise gar nicht mehr möglich.
Oder wenn Sie den NRW.Kreativkredit beantragen wollen, dann brauchen sie 14 Seiten Antragsunterlagen ausgedruckt und unterschrieben, dazu Kopien von Steuerbescheid, Handelsregisterauszug, betriebswirtschaftlicher Auswertung, Jahresabschluss, Lebenslauf usw. Da kommt ein halber Baum an Papier zustande, bevor überhaupt irgendetwas passiert ist. Im Jahr 2016 kann das keine ernsthafte Lösung sein, wo man doch digital Konten eröffnen und andere Sachen auf den Weg bringen kann.
Meine Damen und Herren, die Regierung könnte vielleicht da anfangen, wo es am allereinfachsten ist, nämlich bei sich selbst und bei allem, was im Zuständigkeitsbereich der Ministerien liegt. Sie setzen sich
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das iPhone gibt es jetzt seit acht Jahren, und Sie sprechen von so großen Zeiträumen, wobei Sie gar nicht wissen, wie die Welt bis dahin aussieht. Ich glaube ernsthaft, dass hier eine vernünftigere Zielsetzung besser wäre. Ich sage Ihnen auch ganz deutlich, dass Sie in Ihren eigenen Häusern anfangen könnten, alles zu digitalisieren. Sie sollten Onlineportale statt Briefkästen, Scannen und Mailen statt Drucken und Schicken dort einführen. Die Vertreter auf den Regierungsbänken, die alles mit Papierstapeln vollstellen, könnten auch einfach mal digitaler Vorreiter werden. Zum Beispiel auch bei Hannelore Kraft sieht man die Papierstapel daneben.
Nehmen Sie sich ein Beispiel an Estland, wo es funktioniert. Ministerpräsidentin Kraft war ja dort auch zu Gast.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich würde mich freuen, wenn Sie eine entsprechende Tatkraft an den Tag legen, uns eine Strategie präsentieren und mit entsprechendem Tempo nach vorne gehen und nicht die Zeit bis zur Landtagswahl absitzen würden. – Vielen Dank und auf Wiederhören.
Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Schneider das Wort.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Besucherinnen und Besucher! Eigentlich sollte Valentino Rossi heute vor Ihnen stehen. Der italienische Motorradrennfahrer könnte Ihnen nämlich noch sehr viel besser als ich erklären, wie man am besten die Strecke vor sich in den Blick nimmt. Wer Erfolg haben will – und das hat der neunmalige Weltmeister zweifelsohne –, fokussiert nicht die Spitze seiner Füße so wie Sie, um den nächsten Schritt zu machen, oder, um im Bild zu bleiben: Er schaut nicht auf die paar Meter Asphalt vor sich.
Im Gegenteil: Er nimmt den Kopf nach oben und schaut auf den Ausgang der Kurve. Unserem peripheren Sehvermögen ist es nämlich zu verdanken, dass wir das Drumherum trotzdem wahrnehmen. Fokussiert sind wir aber besser auf den Punkt, zu dem wir wollen.
Ich erzähle Ihnen das so ausführlich, weil schon der Titel der Großen Anfrage, die wir gerade behandeln, erahnen lässt, wohin die FDP will. Ich zitiere: „Nordrhein-Westfalen in der digitalen Welt – ‚MegaStark‘ oder eher schwach?“. Das fragen Sie. Ich behaupte mal, dass es keiner der nun vorliegenden 54 Antworten bedurft hätte, damit Sie Ihr Urteil fällen oder einen Entschließungsantrag formulieren, so wie Sie das getan haben.
Die Reden der Opposition waren im Geiste schon geschrieben, bevor sich die Landesregierung um diese detaillierte Auflistung bemüht hat, die uns jetzt vorliegt und für die ich mich im Namen der SPD-Fraktion herzlich bedanken möchte.
Aus diesem Grunde möchte ich auch nicht bei einem Plenartheater mitmachen, bei dem die Rollen schon festgelegt sind: hier die Regierungskoalition, die alles über den Klee gelobt, und dort die Opposition, die alles so furchtbar den Bach runtergehen sieht – wir haben es gerade gehört. Insgeheim wissen wir ja, dass die Wahrheit meist irgendwo dazwischen liegt.