Protocol of the Session on September 16, 2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen Ihre Unterstützung, wir brauchen die Unterstützung des Parlaments, von allen Fraktionen, um in Berlin für die notwendigen Rahmenbedingungen zu sorgen. Wir stehen parat, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. – Herzlichen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/12854. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? Damit ist der Antrag Drucksache 16/12854 angenommen mit Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion der Piraten gegen die Stimmen der CDU und der FDP-Fraktion.

(Zurufe von der SPD: Und Enthaltungen bei der CDU!)

Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen: einige Enthaltungen bei der CDU-Fraktion.

Ich rufe auf:

7 Berlin/Bonn-Gesetz im Interesse von Bund,

Land und Region nachhaltig realisieren: die Bundesstadt Bonn als Regierungs- und UNStandort stärken

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion der FDP und der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/12834

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die SPD Frau Kollegin Hendricks das Wort.

Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal freue ich mich, dass es uns gelungen ist, mit diesem gemeinsamen Antrag …

(Allgemeine Unruhe)

Frau Kollegin, einen Moment! – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn jemand den Plenarsaal verlassen muss, dann ist das sein gutes Recht. Aber machen Sie es bitte geräuschlos und stellen Sie die Gespräche ein. – Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Zunächst einmal freue ich mich, dass wir mit diesem Antrag die gemeinsam gefundene Positionierung in der Region im Landtag verdeutlichen und die Landesregierung auffordern, sich bei der Bundesregierung für die Belange der Region einzusetzen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und Dr. Joachim Stamp [FDP])

Ich möchte daran erinnern, dass Johannes Rau das Bild des Berlin/Bonn-Gesetzes immer mit zwei Pfeilern verdeutlicht hat: dass Berlin die Hauptstadt des vereinten Deutschlands ist und dass die Bundesstadt Bonn weiterhin Sitz von Ministerien und der Mehrzahl ihres Personals bleibt.

Man muss wissen, dass die Bundesrepublik von Anfang an zwei politische Zentren hatte. Davon hat Berlin in den ersten 40 Jahren der Republik in umfänglicher Weise profitiert. Mit den beiden politischen Zentren, Bonn und Berlin, ist es zudem gelungen, die deutsche Einheit zu ermöglichen und seit 1991 das Ansehen Deutschlands in der Welt als wirtschaftlich starkes, demokratisches und freiheitliches Land wachsen zu lassen.

Diese zwei deutschen Zentren haben der Republik genützt. Sie waren eine intelligente Lösung und dürfen keine Übergangslösung sein.

(Beifall von Ilka von Boeselager [CDU])

Auf der Grundlage des Berlin/Bonn-Gesetzes hat sich eine effektive Arbeitsteilung zwischen Bonn und

Berlin entwickelt. Bonn hat sich zu einem hervorragenden Dienstleister zur Vorbereitung vieler Entscheidungen für Deutschland bewährt. Diese Arbeitsteilung fällt mit jährlich 8 Millionen € deutlich günstiger aus – das wissen wir aus den Berichten des Bundesrechnungshofes – als ein Komplettumzug.

Bonn hat in der Zwischenzeit 18 Organisationen der Vereinten Nationen. Gerade in diesem Jahr sind zwei weitere Organisationen hinzugekommen. Und in der Region Bonn besteht ein deutschlandweit einzigartiges Kompetenzzentrum von bundesweiten Bundeseinrichtungen, Entwicklungsorganisationen, NGOs, 70 Organisationen, Behörden und Institutionen, die dem Bund zugeordnet sind, und den Ministerien als Ankerpunkt. Zudem ist die Universität Bonn ein wichtiger Ankerpunkt: Wir haben caesar, wir haben Forschungseinrichtungen, wir haben die Humboldt-Stiftung.

All dies braucht aber Verlässlichkeit. Trotzdem wir das Berlin/Bonn-Gesetz seit 2008 sukzessive ausgehöhlt. Von der zugesicherten Mehrheit der Bediensteten des Bundes sind nur noch 35 % übriggeblieben. Und viele andere Institutionen bangen um die Zukunft in Bonn. Das ist Unsicherheit. Die müssen wir beenden.

(Vereinzelt Beifall von der SPD und der FDP)

Bonn und seine Region brauchen weiterhin aktive Bemühungen zur Ansiedlung neuer UN-Institutionen. Wir brauchen aber auch Änderungen etwa im Gaststaatgesetz; das hat die Positionierung aus der Region mit aufgenommen.

Zurzeit erarbeitet ein Arbeitskreis der Bundesbeauftragten für den Bonn-Ausgleich Zukunftsperspektiven für die Arbeitsteilung zwischen den bundespolitischen Zentren. Die Bundesregierung muss endlich den schleichenden Umzug der Ministerien stoppen. Doch mit dem Erhalt des Status quo allein ist es nicht getan.

Es erfordert, dauerhafte Perspektiven in Bonn zu schaffen und sicherzustellen, dass ein Verbleib in Bonn nicht infrage gestellt ist. Das muss alles schnell passieren. Dazu braucht es eine konstruktive Debatte der Beteiligten.

Das einstimmig in der Region verfasste Positionspapier begrüßen wir ausdrücklich. Ich sage das noch einmal: Das ist auch der Anstoß dafür, dass wir heute hier diskutieren und noch mal deutlich machen können, dass wir dahinterstehen, zumal die Region und Bonn darin jetzt mit einer Stimme sprechen und damit eine gute Grundlage für den Austausch mit der Bundesregierung gegeben ist.

Im Sinne der Fortführung der erfolgreichen föderalen Tradition in der Bundesrepublik nützt diese Weiterentwicklung nicht nur der Region, sondern vor allen Dingen Deutschland insgesamt.

Johannes Rau hat 1975 nicht nur klar formuliert, dass alle Vereinbarungen auf zwei Pfeilern liegen, sondern er hat auch gesagt:

„Es darf kein Zweifel daran bestehen, dass dieser Beschluss in allen Punkten gilt. … Nur mit diesen beiden Pfeilern ist der Beschluss tragfähig. Wer einen der beiden Pfeiler als Attrappe begreift, bringt die gesamte Konstruktion zum Einsturz.“

Meine Damen und Herren, in diesem Sinne bitten wir die Landesregierung, die Region zu unterstützen. – Ich bedanke mich.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hendricks. – Für die CDU-Fraktion spricht Freifrau von Boeselager.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hendricks hat es gesagt: Wir sind sehr froh, dass wir einen gemeinsamen Antrag hinbekommen haben. Dennoch bin ich betroffen, dass wir schon wieder hier über das Berlin/Bonn-Gesetz diskutieren müssen. Wir haben es im letzten Jahr am 5. November zum letzten Mal gemacht. Ich erinnere auch noch an unseren Antrag, den wir gestellt haben: „20 Jahre UN-Stadt Bonn“.

Ich denke, es ist eine existenzielle Frage für den Großraum Bonn, für den Rhein-Sieg-Kreis und für das Nachbarland Rheinland-Pfalz, aber ebenso für die Bundesrepublik Deutschland. Es muss uns gelingen, den Substanzverlust jetzt zu stoppen; denn sonst steuern wir in eine andere Staatlichkeit. Auch unsere guten NRW-Kontakte nach Brüssel würden zum Schaden für Deutschland aufs Spiel gesetzt.

Gerade in den letzten Monaten feiern wir historische Jahrestage: 20 Jahre UN-Stadt Bonn. Der Beschluss des Deutschen Bundestages zur Vollendung der Einheit Deutschlands jährt sich zum 25. Mal. NordrheinWestfalen hat im August Geburtstag gehabt und ist 70 Jahre alt geworden.

Zu jedem dieser Jubiläen stellen wir fest, wie wertvoll die darin verwurzelten historischen Prozesse für Nordrhein-Westfalen sind. Sie wirken in einem erfolgreichen Föderalismus, um den uns unsere Nachbarn doch beneiden. Sie lassen auch jene Zeiten vergessen, als es in Berlin noch Obrigkeitsverhältnisse gab, in der preußischen Rheinprovinz oder in der preußischen Provinz Westfalen.

Die ewigen Bonn-Berlin-Debatten laufen konträr zu den jüngeren Erfolgsgeschichten, die wir haben. Die Menschen in meiner Heimat, dem Rhein-Sieg-Kreis, und auch in der Bundesstadt Bonn, sind es, ehrlich gesagt, leid. Die stichhaltigen Argumente, die unser gemeinsamer Antrag jetzt wieder bündelt, liegen glasklar auf dem Tisch – und nicht erst seit heute.

Aber die Sorgen sind nochmals größer geworden. Frau Hendricks hat eben betont, dass ja schon immer ein schleichender Prozess stattgefunden hat, Positionen abzubauen. Jetzt hat die Bundesbauministerin – bedauerlicherweise kommt sie aus Nordrhein-Westfalen – eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um hier weiter zu verschlanken. Das zwingt dazu, wie Goethe einmal gesagt hat: Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns herum immer wieder gepredigt wird.

Deshalb war es uns als CDU-Fraktion wichtig, in den Standpunkten nicht vage zu bleiben. Ich denke, der heutige Antrag ist ein gutes Ergebnis. Vor allen Dingen ist er für die gesamte Region parteiübergreifend. Das ist auch nicht immer so einfach, Kolleginnen und Kollegen, das hinzubekommen. Aber bis nach Mainz ist man sich einig, dass es ganz entscheidend für die Zukunft bei uns in der Region und in ganz NordrheinWestfalen ist, hier zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, die auf Dauer Bestand hat.

Wir sind entschlossen, zum Berlin/Bonn-Gesetz deutlich Flagge zu zeigen und bei einer dauerhaften und fairen Arbeitsteilung das kraftvolle zweite bundespolitische Zentrum zu bleiben. Die Grammatik dazu ist, dass beide Verabredungen gelten. Denn die Regierungsfunktionen sind für den erfolgreichen Ausgleich lebensnotwendig.

Das zeigt sich auch in dem von der Region erarbeiteten Positionspapier. Als Standort für Entwicklungspolitik, nationale, internationale und supranationale Einrichtungen wird Bonn auch weiterhin nur in dem Maße funktionieren können, wie die ministeriellen Ansprechpartner für diese zukunftsweisenden Themen und Fragestellungen auch physisch in Bonn vorhanden und vertreten sind.

Die dauerhafte und faire Arbeitsteilung ist leistungsstark und politisch richtig: für die Region, für unser Bundesland und für die Republik.

Ich denke, wir sollten hier ein starkes Zeichen setzen. Alle hier im Parlament sollten zustimmen und die Landesregierung auffordern, in diesem Sinne für uns in Berlin zu votieren. – Danke.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Frau von Boeselager. – Für die Fraktion der Grünen spricht der Kollege Becker.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal schließe ich mich ausdrücklich meinen beiden Vorrednerinnen an und betone, dass ich froh bin, dass wir jetzt doch zu einem gemeinsamen Antrag gekommen sind. Das sah ja vom Frühjahr bis zum Frühsommer nicht immer so aus.

Dass wir jetzt zu diesem gemeinsamen Antrag gekommen sind, hat jedenfalls aus meiner Sicht unter anderem den wesentlichen Grund, dass die Region ihre Hausaufgaben gemacht hat, wie sie es in der Vergangenheit übrigens schon oft getan hat, dieses Mal allerdings ein bisschen spät, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.

Sie hat nun mit allen Fraktionen, mit allen Parteien, mit zwei Landräten, mit einem Oberbürgermeister und mit den verschiedenen Bundestags- und Landtagsabgeordneten ein gemeinsames Papier auf den Weg gebracht, in dem sie nicht nur beschreibt, warum es aus ihrer Sicht wichtig ist, dass Bonn und die Regionen Rhein-Sieg und Ahrweiler weiter Standort der entsprechenden Ministerien und Folgeinstitutionen bleiben, sondern in dem sie auch darauf hinweist – und das ist aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Punkt –, dass die Institutionen zwingend darauf angewiesen sind, dass die Ministerien ihren Hauptsitz in Bonn behalten. Wenn viele Institutionen nämlich nicht mehr in Bonn bzw. in der Region blieben, wären sie für die gesamte Republik und somit auch für Nordrhein-Westfalen unwiederbringlich verloren, weil sie in andere Länder Europas oder gar darüber hinaus umziehen würden.

Ich finde, das ist ein sehr wichtiger Punkt. Es ist auch deswegen ein wichtiger Punkt, weil es deutlich macht, dass diejenigen, die in Berlin – ich glaube, in Berlin würde man Raffke sagen – immer wieder versuchen, alles nach Berlin zu ziehen – entgegen die seinerzeitigen Vereinbarungen –, der Republik insgesamt und nicht nur dem Land Nordrhein-Westfalen und der Region Schaden zufügen würden.